Die gemütliche DELIRIA-LITERATUR-LOUNGE

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Blap
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Re: Die gemütliche DELIRIA-LITERATUR-LOUNGE

Beitrag von Blap »

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• Hunde von Riga (Henning Mankell, 1992)

In einem Rettungsboot werden zwei Leichen gefunden. Zunächst kann deren Identität nicht geklärt werden, vermutlich stammen sie aus der Sowjetunion, eventuell aus dem Baltikum. Wallander übernimmt die Ermittlungen und hofft darauf, diese nach Osteuropa abgeben zu können. Tatsächlich entwickelt sich zunächst alles in diese Richtung, doch so schnell kann der schwedische Kommissar den Fall nicht abschütteln. Bald führt ihn das undurchsichtige Treiben nach Lettland, einer Anfrage der dortigen Behörden folgend, mitten in einen Sumpf aus Gefahr, Tristesse und Korruption ...

In den frühen Neunzigern überschlugen sich die Ereignisse. Die Sowjetunion befand sich im Zerfall, die baltischen Staaten strebten nach Unabhängigkeit. Mankell hängt mit dem zweiten Wallander Roman am Puls der Zeit, wobei ihn die damalige Schnelligkeit der Ereignisse teils überholt. Aus heutiger Sicht ein sehr interessantes Zeitdokument, auch Abseits des Kriminalfalls fängt Mankell die Stimmung zwischen Aufbruch und Resignation gekonnt ein. Alte Seilschaften wollen ihre Machtpositionen verteidigen, da wird auch nicht vor Morden zurückgeschreckt.

Wallanders Charakter verfestigt sich vor dem geistigen Auge des Lesers. Der Kommissar hadert mit seinem Job, ringt mit Problemen in seinem dienstlichen und privaten Umfeld. Vielleicht macht dies einen entscheidenden Teil des großen Erfolges der Bücher und zahlreichen Verfilmungen aus, Kurt Wallander ist kein Übermensch, eher ein normaler Durchschnittsbursche, dem sein oft harter Arbeitsalltag zusetzt. Er ist als cleverer Ermittler gezeichnet, dennoch unterlaufen ihm Fehler, überdies ist er mit mancher Situation schlicht überfordert.

Mankell bleibt dem Stil des ersten Romans treu, die Sprache ist einfach und auf den Punkt gebracht. Übrigens macht es durchaus Sinn, sich die Bücher in der richtigen Reihenfolge zu gönnen. Zwar funktioniert das zweite Werk auch eigenständig, es werden jedoch immer wieder kleine Verweise auf den vorherigen Roman eingestreut. Daher werde ich mich brav an die Chronologie halten, wozu den Lesespaß unnötig einschränken/gefährden.

"Mörder ohne Gesicht" war ein guter Einstieg und machte Lust auf mehr. "Hunde von Riga" festigt das Verlangen nach weiteren Erzählungen um Wallander, ich freue mich auf "Die weiße Löwin".
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