
Die beiden Detectives Hei und Bong sind erfolgreiche Polizisten der Hongkonger Polizei und gleichzeitig ziemlich beste Freunde. Echte Buddies, wie es sie sonst fast nur in US-amerikanischen Polizei-Vehikeln gibt. Gemeinsam mischen sie die Unterwelt von Hongkong auf, und haben dabei auch immer die gleichen Ansichten und Vorgehensweisen: Ein Vergewaltiger und Folterer, dessen noch lebendes Opfer im Zimmer nebenan gefunden wird, bekommt einen Golfschläger in die Fresse, immer und immer wieder, während alle Polizisten des Einsatzes außenrum stehen und zuschauen. Die moralische Empörung in Gestalt eines einzelnen Cops, der sich in US-Filmen als gesetzestreuer Gegenpol positioniert, fehlt hier völlig. Spannend! Anders. Und die Frage wird aufgeworfen, inwieweit ein HK-Film aus dem Jahr 2006 hier bereits die Sicht der chinesischen Partei beinhaltet …
Als Bong nach diesem Einsatz morgens nach Hause kommt findet er seine Freundin mit aufgeschnittenen Pulsadern. Den ehernen Gesetzen der Drehbuchautoren folgend kündigt er seinen Job auf, wird zum Privatdetektiv ohne Lizenz und zum Alkoholiker. Hei gibt ihm aus Freundschaft ab und zu einen Auftrag, so auch jetzt, zwei Jahre nach den beschriebenen Ereignissen: Der Schwiegervater Heis, Chow Yuen Sing, wurde bestialisch ermordet, und Heis Frau Susan findet die Umstände des Todes reichlich merkwürdig. Außerdem ist Susan der festen Meinung, dass sie verfolgt wird, ja dass sie sogar in ihrer eigenen Wohnung überwacht wird. Bong ermittelt also in zwei Richtungen: Hier der Mord an Susans Vater, dort die paranoiden Wahnvorstellungen Susans. Die sich schnell als überhaupt nicht wahnhaft herausstellen, sondern ausgesprochen handfest werden. Und weil Bong selbst mit komplett versoffener Birne immer noch ein erstklassiger Ermittler ist, findet er Details über den Raubmord an Chow heraus, die mit der offiziellen Darstellung nicht das Geringste zu tun haben. Und den wahren Mörder zu weiteren Taten provozieren …
Von Media Asia kann man keine Filme erwarten, die besonders brutal, aggressiv, provokant oder irgendwie den Rahmen sprengend sind. Das ist bekannt, das ist Fakt. Entsprechend trifft auf CONFESSION OF PAIN auch keines dieser Attribute zu, stattdessen aber der Film punktet mit ganz anderen Merkmalen. Da ist zum einen die ruhige und gleichmäßige Stimmung, die wie eine Mischung aus einem Liebesfilm von Wong Kar-Wai und einem Gangsterfilm von Andrew Lau (ups, der ist ja tatsächlich einer der beiden Regisseure) wirkt. Diese ruhige Stimmung, die romantische Liebe gekonnt neben kurze und heftige Gewalt setzt, macht sehr viel aus, und ermöglicht sogar den Zugang zu den oft wackeligen Actionszenen sowie dem recht wilden Ritt durch die verschiedenen Zeitebenen der Erzählung: Wenn Bong im Haus des Mordopfers steht und versucht die Tat zu rekonstruieren, dann sehen wir ihn in Farbe inmitten einer Schwarzweiss-Szenerie stehen. Wir sehen den tatsächlichen Mörder, der tatsächlich recht früh bekannt gegeben wird, und müssen zuschauen wie er seine Opfer tötet. Immer und immer wieder müssen wir dem Tod Chows zusehen, und wir spüren das Entsetzen Bongs über diese schreckliche Tat. Optisch ein echter Leckerbissen, emotional eine Achterbahnfahrt! Allerdings hat diese Tat ihren Ursprung in einem Massaker knapp 30 Jahre vorher, und auch hier werden wir wieder durch Zeit und Raum geschleudert, und nicht immer ist gerade ersichtlich wie und wo wir uns nun befinden. Mit ein wenig Konzentration auf die Handlung ist das aber durchaus machbar, und der erwähnte ruhige Fluss der Story kann dann zwischen diesen Momenten wieder für Ausgleich sorgen. Man merkt einfach, dass hier zwei erfahrene Profis auf dem Regiestuhl saßen, die genau wussten, wie auch komplex erzählte Geschichten so aufbereitet werden können, dass es nachgerad Freude macht zuzuschauen.
Damit ergibt sich für CONFESSION OF PAIN fast eine Ausstrahlung wie bei einem alten italienischen Giallo: Wir haben interessante grafische Spielereien, eine verzwickte Handlung, deren Verlauf zwar früh abzusehen ist, die aber trotzdem ihre Spannung aufrecht erhält, großartige Schauspieler, eine nicht immer logisch ablaufende Story (Widerspricht sich da gerade was? Nein, nicht wenn man sich auf Gialli bezieht …), und ein fast märchenhaftes Setting in einem sehr stylischen und fast menschenleeren Hongkong. Ein Film, wie ihn auch ein, sagen wir, Sergio Martino 45 Jahre früher hätte machen können. Wie gesagt hat CONFESSION OF PAIN keine Ecken und Kanten, es ist kein Cops vs. Thugs-Film mit bildgewaltigen Shootouts und zutiefst ergreifenden Sterbeszenen, 2006 war so etwas im Hongkong-Kino sowieso kaum noch vorstellbar. Aber als einigermaßen intelligenter und vor allem atmosphärischer Thriller mit hohem Abtauchfaktor kann der Film sehr wohl empfohlen werden.