bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

Euer Filmtagebuch, Kommentare zu Filmen, Reviews

Moderator: jogiwan

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buxtebrawler
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Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

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Oase der Zombies
Robert Blabert und ein paar seiner Freunde suchen in ihren Ferien in der nordafrikanischen Wüste nach dem legendären Schatz, den Rommels Truppen während ihres Rückzuges im Zweiten Weltkrieg zurücklassen mussten. Bei dem Versuch ihn auszugraben, erwachen die dort begrabenen Landser zu neuem Leben. Lediglich ein Liebespaar kann dem einsetzenden Massaker der Zombies entkommen....
„Das sind doch bloß Wüstenfrösche!“ (Nein – höchstens Wüstenfüchse.)

1983, nur ein Jahr nach dem bereits unfassbar miesen „Diamonds of Kilimandjaro“, drehte der spanische Viel- und Billigfilmer Jess Franco („Faceless“, „Die Säge des Todes“) in spanisch-französischer Koproduktion den Zombie-Film „Oase der Zombies“, der sich leider (anti-)qualitativ in exakt derselben Region einsortiert.

Im Verlaufe des Zweiten Weltkriegs schossen sich englische und nazideutsche Soldaten in einer nordafrikanischen Oase gegenseitig über den Haufen. Da sie einen millionenschweren Goldschatz mit in den Tod nahmen, versuchen Jahrzehnte später ein paar Goldgräber, diesen zu heben. Jedoch wird dieser noch immer von der untoten Wüstendivision bewacht und so nimmt das Unheil seinen Lauf. Als später neue Goldsucher die Oase aufsuchen, wiederholt sich das Spielchen.

„Wir machen Molotow-Cocktails, wie in der Schule!“ (Na klar!)

Was Franco mit „Oase der Zombies“ abgeliefert hat, spottet eigentlich jeder Beschreibung. Im Prolog hält er zunächst unverhohlen auf die Hot-Pants zweier Mädels, um im weiteren Verlauf mittels ruckeliger und ungelenker Kameraführung eine hirnrissige Geschichte auf ebenso hirnrissige Weise zu erzählen. Die unbeweglichen Zombiemasken passen dabei prima zum schauspielerischen Niveau seiner Darsteller (trotz Namen wie Manuel Gélin („Ein mörderischer Sommer“) und Eduardo Fajardo („Django“)), die rar gesäten Spezialeffekte sind zum Abwinken schlecht. Einmal wird ins Gekröse gegriffen, ansonsten ausschließlich ins Klo. Die wenigen Zombieattacken werden zusammengehalten von einer unfassbar lausigen „Story“, die zum Einschlafen langweilig abgerissen wird und vor unlogischem Schwachsinn auch abseits der Zombiethematik nur so strotzt. Die unmotiviert heruntergeratterten Dialoge sind ein Fall für sich und zumindest hin und wieder für unfreiwillige provozierte Schmunzler gut. Die gesamte einschläfernde Angelegenheit wirkt vollkommen lieblos und unmotiviert, dazu extrem dilettantisch vor die Füße gerotzt. Für die Kriegsszenen bedient er sich bei Ausschnitten eines anderen Films und verwendet ein und dieselben gleich mehrmals. Dramaturgisch ist „Oase der Zombies“ mit seinen Rückblenden und ständigen Wiederholungen eine absolute Nullnummer, woran auch der nervende Orgel-Soundtrack nichts ändert – auch wenn er noch so sehr versucht, Spannungsmomente zu betonen. Wo nichts ist, kann auch nichts betont werden.

„Ich bin‘s, ich bin‘s, huhu, ich bin‘s, ja, ich bin’s!“ (Wer?)

Da tragen ausgetrocknete afrikanische Zombies Regenwürmer im Gesicht spazieren, werden chronologische Gesetzmäßigkeiten einfach ebenso ignoriert wie Sitten, Gebräuche und Kulturen, da werden statt Zombies schlecht modellierte Puppen in die Kamera gehalten, angezündet und die Zombies bei Tageslicht mir nichts, dir nichts weggeblendet und dergleichen mehr. Vor allem aber wird sogar der Trash-Fan nicht nur grob fahrlässig, sondern geradezu vorsätzlich gelangweilt bis zum Gehtnichtmehr. Nein, sich dieses idiotische Machwerk anzuschauen, ist wahrlich kein Spaß. Vollkommen seelenlos ist Franco hier zu Gange, von dessen filmischer Obsession und seinem Faible für Abseitigkeiten, Fetisch und Erotik nichts, aber auch gar nichts zu sehen ist. „Oase der Zombies“ ist ein lieblos zusammenverhunzter Billigststreifen auf unterem Amateurniveau, der im Prinzip lediglich mit seinem spaßigen Prolog und kurzzeitig mit einigen seiner Unzulänglichkeiten unterhält, bevor er sich wieder an Arbeitsverweigerung grenzend mühsam durch seine rund 80 Minuten quält. Jedes weitere Wort wäre eine noch weniger zu rechtfertigende Zeitverschwendung als das Ansehen des Films, ein potentielles Publikum sei nun genug gewarnt. So haben wir nicht gewettet, Jess.
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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The Dead Pit
Ein wahnsinniger Gehirnchirurg, der seine Patienten für seine Experimente reihenweise umbrachte, wird von einem Kollegen getötet und zusammen mit seinen Opfern in einem stillgelegten Trakt der Nervenheilanstalt eingemauert. Zwanzig Jahre später wird das Grab durch ein Erdbeben geöffnet und der Arzt kehrt als Untoter zurück - mit ihm das Zombieheer seiner Opfer - und macht sich auf die Suche nach frischen Gehirnen...
„Wieso entwickelt sich ein lustiger, harmloser Irrer in einen gefährlichen Verrückten?“

Brett Leonard wurde Anfang der ‘90er als Regisseur des mit gemeinhin gemischten Gefühlen aufgenommenen und von Stephen King verklagten US-Science-Fiction-Films „Der Rasenmäher-Mann“ bekannt. Drei Jahre zuvor schuf er im endenden ‘80er-Jahrzehnt mit „The Dead Pit“ einen deftigen Horrorfilm als sein Regiedebüt.

Bei Gehirnchirurg Dr. Ramzi (Danny Gochnauer) sind selbst einige Synapsen durchgebrannt: Er führt in seinem geheimen Laboratorium unterhalb einer Psychiatrie grausame Experimente an lebenden Patienten durch. Doch Dr. Swan (Jeremy Slate, „Der unsichtbare Dritte“) erwischt seinen Kollegen eines Tages und macht mit einem sauberen Schuss zwischen die Augen kurzen Prozess. Anschließend mauert er Ramzi mitsamt dessen Labor ein und hüllt den Mantel des Schweigens über die Vorgänge. 20 Jahre später jedoch fallen die Ankunft der Amnesie-Patientin Jane Doe (Cheryl Lawson, „The Vineyard“) und ein Erdbeben schicksalhaft zusammen, die Versiegelung zu Dr. Ramzis Horrorlabor öffnet sich… und siehe da: Auch als Untoter ist Ramzi nicht müde geworden, zu Spritze und Skalpell zu greifen und sich auf die Suche nach neuen Gehirnen zu begeben. Jane scheint in irgendeinem besonderen Bezug zu Ramzi zu stehen, doch ihre alptraumhaften Visionen verkünden ihr noch nicht die volle Wahrheit.

„Für Tote sind die ganz schön clever!“

Für sein Regiedebüt lässt sich Leonard nicht lange mit Nebensächlichkeit aufhalten und beginnt direkt mit grausamen Bildern fragwürdiger „Akupunkturmaßnahmen“ und ganzer Leichenberge. Seine hübsche und zeigefreudige Hauptdarstellerin (sonst übrigens hauptsächlich als Stuntfrau tätig) lässt er von wahnsinnigen Alpträumen plagen, die düstere Szenerie taucht er in kalte Blau- und giftige Grüntöne. Eine enervierende, dissonante Musik- und Geräuschkulisse voll Gewimmer, Gestöhne und Geschrei begleitet das jeder rationalen Vorstellungskraft entrückte Treiben, expressionistische Schattenspiele schlagen eine Brücke zu den Klassikern des Genres. Der irre, untote Chirurg mit leuchtend roten Augen ist der hochgradig und konsequent bösartige Antagonist dieses Horror-Infernos, das die Zustände und Gestalten im Irrenhaus gnadenlos überzeichnet, bisweilen fast komisch, im Zusammenhang mit der Handlung aber vor allem beunruhigend wahnsinnig erscheinen lässt. Diesen Wahnsinn unterstreicht die Kameraführung durch schräge Perspektiven, die den Film zusätzlich ungemütlich und bedrohlich entfremdet wirken lassen. Verfolgungsjagden durch Krankenhausgänge werden in schönsten ‘80er-Neonfarben ausgeleuchtet. Details wie Frontalansichten in Türspionperspektiven und Weitwinkeloptik sind nur ein Beispiel für die originelle, kreative Kameraarbeit. Zu einem optischen Leckerbissen machen „The Dead Pit“ natürlich auch die Splattereffekte, die besonders anfänglich zwar zeitweise qualitativ lediglich Mittelmaß aufweisen, jedoch stetig besser werden und sich sogar stets effektiver, im Genre aber nicht allzu häufig anzutreffender „Bodymelt“-Effekte bedienen.

Dem Zuschauer bietet sich ein bunter Strauß unterschiedlicher Genre-Motive, angefangen beim an weit verbreitete, recht reale menschliche Ängste appellierenden „Krankenhaushorror“, der sich aus dem Ausgeliefertsein ggü. sog. „Halbgötter in weiß“ ergibt, über Zombie-Attacken, wenn der irre Chirurg seine Lobotomieopfer zum Tanze lädt, bis hin zu Okkult-Horror-Versatzstücken. All das passt mal mehr, mal weniger gut zusammen, spielt in jedem Falle hinter Stil und grimmiger Stimmung des Films die zweite Geige, kümmert sich gar nicht erst um offene Fragen wie beispielsweise nach dem Grund für Ramzis Untoten-Zustand und steuert auf ein meinem ersten Eindruck nach nur wenig Sinn ergebendes Ende zu. Ohne diese Drehbuchschwächen wäre „The Dead Pit“ ein hochgradig verstörender Genre-Leckerbissen, der zu Unrecht ein verhältnismäßig unpopuläres Dasein fristet. Aber auch in dieser Form handelt es sich um ein absolut beachtliches Regiedebüt eines noch ungezähmten Filmemachers und Genrefreunds, das für manch schlaflose Nacht gesorgt haben dürfte und zu den härteren Vertretern seiner Gattung zählt. Get into the pit – to lose your brain!
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Das Phantom der Oper
In den Katakomben unter der Pariser Oper lebt das Phantom (Julian Sands), aufgewachsen als Waisenkind unter Ratten. Es sorgt in feiner Regelmäßigkeit für Tod und Verderben unter denjenigen, die seinen Ratten Leid zufügen. Eines Tages dann trifft das Phantom auf die junge Opernsängerin Christine (Asia Argento) - und verliebt sich...
„Medusa wird dich stets in mein Königreich führen“

Die Geschichte hinter dieser „Das Phantom der Oper“-Adaption ist angeblich die, dass auf eine Umfrage in Italien nach dem bevorzugten Stoff für eine Neuverfilmung und dem favorisierten Regisseur hierfür hin „Das Phantom der Oper“ und Dario Argento („Inferno“, „Profondo Rosso“) genannt wurden. So stellte man dem Meister des Giallo und des besonderen Horrorelebnisses um die zehn Millionen Dollar Produktionsbudget zur Verfügung und beauftragte den Franzosen Gérard Brach, das Drehbuch zusammen mit Signore Argento zu verfassen. Dabei heraus kam im Jahre 1998 eine sehr eigenwillige Interpretation der klassischen Novelle Gaston Leroux‘:

Im 19. Jahrhundert lebt in den Pariser Katakomben unter der Oper abgeschottet von der Außenwelt ein Mann, der seinerzeit dort ausgesetzt, aber von Ratten (!) aufgezogen wurde. Sein Kontakt zur übrigen Menschheit beschränkte sich bislang darauf, Rattenjägern den Garaus zu machen. Doch als er eines Tages auf die Nachwuchs-Opernsängerin Christine (Asia Argento, „Aura – Trauma“) trifft, entwickelt er zutiefst menschliche Gefühle und verliebt sich in sie...

Wenn es schon um die x-te „Phantom der Oper“-Verfilmung geht, ist es sicherlich eine gute Idee, die Geschichte zu variieren, eine eigene Interpretation zu wagen. Dass dabei etwas ganz Wunderbares herauskommen kann, bewies beispielsweise Brian De Palma mit seinem Geniestreich „Das Phantom im Paradies“. Wenn nun auch ausgerechnet der italienische Giallo- und Horror-Meister Dario Argento die Regie übernimmt, der elf Jahre zuvor mit einem der besten ’80er-Gialli, die Rede ist von „Opera“ alias „Terror in der Oper“, bereits unter Beweis gestellt hatte, wie sehr er eine Oper in einen Ort des ästhetisch herausregenden Schreckens verwandeln kann, ist die Erwartungshaltung entsprechend hoch.

Doch, mit Verlaub: Was ist das bitteschön für eine unfassbar miese Story? Die Idee mit dem Rattenmann gibt nichts her, ergibt keinerlei Sinn! Da wird also ein Mensch von Ratten aufgezogen – wie auch immer das möglich sein soll – und wirkt dennoch vollkommen zivilisiert, sieht weitestgehend normal aus, spricht normal, weiß sich zu benehmen, wenn es darauf ankommt, hat Klavierspielen gelernt (!) und es sich allgemein gemütlich dort unten eingerichtet!? Und wie es der Zufall so will, verfügt derjenige auch noch über übernatürliche Kräfte wie Telepathie und das Erlangen von Kontrolle über fremde Gedanken!? Wer soll Argento und Brach diesen Mumpitz bitte abnehmen?! Manch weit hergeholte Zombie-, Außerirdischen- oder Mad-Scientist-Story wirkt dagegen wie eine Ausgeburt an Logik, Nachvollziehbarkeit und Intelligenz. Man wird gewusst haben, warum man Kindheit und Jugend des Phantoms nicht zeigt, sondern lediglich per Texttafel erläutert. Argentos Phantom sieht, gespielt von Julian Sands („Arachnophobia“), mit seinem nackten Oberkörper und wallendem, offenen Blondhaar aus wie die kitschige Phantasie eines pubertierenden Mädchens, verhält sich im krassen Gegensatz dazu jedoch so unfassbar und übertrieben grausam, dass es schwerfällt, Mitgefühl für es zu entwickeln. Mit nachvollziehbarem Verhalten haben es die Charaktere aber ohnehin nicht so, besonders im Finale geht es munter wankelmütig drunter und drüber.

Das Erscheinungsbild des Films wirkt für Argento-Verhältnisse, insbesondere verglichen mit seinen kreativen bis experimentellen, entfesselten Arbeiten der vorausgegangenen Dekaden, unspektakulär und wenig außergewöhnlich. Das ist nicht schlimm. Schlimm sind aber die scheußlichen Kostüme und das geschwollene Gelaber – und das sage ich als Gothic-Horror-Freund! Bis an den Rand der Erträglichkeit wird versucht, den Pomp und Schmonz aus dem Opernambiente herauszupressen und in seine Mitte eine Asia Argento zu positionieren, die zwar fantastisch aussieht und ihre Rolle prinzipiell recht gut spielt, der ich die Opernsängerin aber ebenso wenig abnehme wie die Bullette aus „The Stendhal Syndrome“. Die meisten Charaktere wurden zudem auf alberne, anbiedernde Weise komödiantisch überzeichnet, fast alles wird permanent ironisiert, der Film nimmt sich kaum ernst, ist dabei aber – abgesehen vom „Rattensauger“, jenem wahnwitzigen Kammer- bzw. Katakombenjäger-Gefährt – leider nie witzig; quasi ein auf Spielfilmlänge ausgedehntes „Servus-Syndrom“ (wie ich in Anlehnung an Argentos Regiedebüt den fast immer grottigen (Ausnahme: „Tenebrae“), i.d.R. aber, wenn überhaupt, geringen Humoranteil seiner Filme zu bezeichnen pflege). Daraus ergibt sich ein Overacting der Schauspieler, das schon ein gewisses Fremdschämpotential aufweist.

Aufzupeppen versucht man diesen Trümmerhaufen immer wieder durch derbe und selbstzweckhafteste Splatterszenen, die so überhaupt nicht zum Ton des Films passen wollen und zudem zu einem nicht geringen Teil aus dem Computer stammen. Ein wenig Wiedergutmachung bekommt der tapfere Zuschauer in Form einiger wirklich ansprechend gelungener Erotikszenen. Und Rattenphobiker können sich an bizarren Szenen eines mit Ratten übersäten Phantoms in pikanten Posen ergötzen und sich kräftig gruseln. Der Tierschützer in mir erkennt ferner mit etwas Wohlwollen eine rattenfreundliche Aussage bzw. die kritische Betrachtung der menschlichen Hatz auf die possierlichen Nager mit dem schlechten Ruf. Die Musik stammt von Il Maestro Ennio Morricone, kann also schlecht nicht gewesen sein, wirklich hängen blieb von ihr aber erst einmal nichts.

Viel mehr positive Worte kann ich aber leider nicht über Argentos bis zum Zeitpunkt der Veröffentlichung schlechtesten Film verlieren, dafür aber quasi-zusammenfassend verlautbaren, dass sowohl Atmosphäre als auch Dramaturgie des Films so sehr im Argen liegen, dass auch bei grundsätzlichem Gefallen an Idee, Ausrichtung und Humor dieser Adaption nicht mehr als eine durchschnittliche Einstufung möglich wäre. Die Tragik und die düstere Außenseiter- bzw. „Schöne und das Biest“-Romantik des Stoffs gehen unter in einer überkandidelten Umsetzung, die wie eine unfreiwillige Parodie wirkt. Der gute Dario hätte es bei „Opera“ belassen sollen.
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The Cold Hour

„Wer ist Gott?“ – „Das ist so ein Kerl, der uns verlassen hat.“

Zehn Jahre nach seinem Spielfilmdebüt „Fotos“ drehte der spanische Regisseur Elio Quiroga mit „The Cold Hour“ seinen zweiten Film in Spielfilmlänge, einen Endzeit-Horrorfilm, zu dem er auch das Drehbuch verfasste. Eine Gruppe von neun Menschen unterschiedlichen Alters und Geschlechts lebt nach einem verheerenden Krieg von der Außenwelt abgeschnitten in einem unterirdischen, bunkerähnlichen Gebäudekomplex. Die Bewohner können ihren Zufluchtsort nicht verlassen, da gleich zwei unterschiedliche, gefährliche Wesen nach ihrem Leben trachten: Von einem hochgradig ansteckenden Virus infizierte, zombieähnliche Kriegsopfer sowie mysteriöse, immateriell erscheinende Wesen, die von Wärme angezogen werden, weshalb man immer wieder Strom und Heizung drosselt und dadurch die titelgebende „kalte Stunde“ erzeugt. Doch als die Nahrungs- und Medizinvorräte zu Neige gehen, muss man den Komplex verlassen – und sieht sich prompt den lauernden Gefahren ausgesetzt. Verlustreiche Gefechte nehmen ihren Lauf…

In den jüngeren vergangenen Jahrzehnten haben die Spanier immer wieder unter Beweis gestellt, dass sie etwas von atmosphärischer Genrekost verstehen und in eben diese Kerbe schlägt auch der zunächst einmal eher unauffällige Beitrag Quirogas. Mit einem vergleichsweise geringen Budget wagte sich dieser an einen klaustrophobischen Endzeit-Thriller, der seine Protagonisten zunächst völliger Isolation und schließlich tödlichem Kreaturenhorror aussetzt. Der lebensfeindlich wirkende Bunkerkomplex ist fast die gesamte Spielzeit über der Ort des Geschehens und dürfte maßgeblich dazu beigetragen haben, mit dem Budget zu haushalten. Überdeckt mit einem giftigen Grünfilter gewinnt der Film eine fremdartige, surreale Note, die dadurch verstärkt wird, dass man sich in Bezug auf die chronologische Einordnung der Handlung bedeckt hält. In welchem Jahr der Film spielt, um welchen Krieg es geht und was genau geschehen ist, erfährt der Zuschauer nicht; die futuristische Situation steht im Kontrast zu Uralt-Cartoons und ebenso alt wirkenden Nachrichtensendungen bzw. politischen Propagandasendungen voller Zynismus, die die TV-Geräte empfangen. Das Informationsdefizit des Zuschauers perfekt macht der Umstand, dass „The Cold Hour“ zunächst aus Sicht des kleinen Jungen Jesus (Omar Muñoz, „Beneath Still Waters“) erzählt wird, der seinen Alltag innerhalb der Gruppe per Videokamera dokumentiert.

Doch keine Sorge, „The Cold Hour“ ist nicht der x-te pseudodokumentarische „Found Footage“-Beitrag und schon gar kein „[•REC]“-Plagiat. In sehr ruhigem Erzähltempo versucht Quiroga über weite Strecken zunächst einmal, den Zuschauer mit den Charakteren vertraut zu machen und seine Neugier zu wecken, der nur sehr gemächlich für ihn neue Informationen erhält und stattdessen immer tiefer in die triste, kalte, aussichtslose Stimmung des Films hineingezogen wird. Dabei wird das Publikum lange – beinahe zu lange – auf die Folter gespannt, denn die Kreaturen, von denen soviel die Rede ist, bekommt es erst nach zwei Dritteln der Spielzeit erstmals zu Gesicht. Bis dahin wirkt „The Cold Hour“ bisweilen sehr bemüht in die Länge gezogen, denn bei allem sozialen Mit-, Über- und Gegeneinander mangelt es doch letztlich an einem wirklich interessanten Subplot. Eifersüchteleien brechen sich Bahn, die minderjährige, doch langsam geschlechtsreife Ana (Nadia de Santiago) scheint von einem älteren Bewohner verführt zu werden, doch richtig zwingend oder konsequent wird nichts davon. Erst, als es zur Konfrontation mit den Kreaturen kommt, wird es grafischer, etwas blutig und splatterig, steigt der Actionanteil und dezimiert sich die Gruppe schließlich gegenseitig in Anbetracht des zerrütteten Verhältnisses untereinander und der eskalierenden Extremsituation – wenn auch nicht immer 100%ig nachvollziehbar und zudem in dunklen Gängen nicht in voller Explizität.

Das Finale sodann führt den Pessimismus des Films konsequent zu Ende und hält als Pointe eine Überraschung parat, doch viele Fragen bleiben ungeklärt. Das ist so schlimm aber nicht, denn längst ist der gut geschauspielerte (populärstes Ensemble-Mitglied des ohne bekanntere Namen auskommenden Films dürfte Silke Hornillos Klein in der Rolle der Mari sein) „The Cold Hour“ unangenehm unter die Haut des aufmerksamen Zuschauers gekrochen und hat dort seine Eiseskälte entfacht. Quiroga hat mit Sicherheit John Carpenters „Das Ding aus einer anderen Welt“ gesehen, reicht mit seinen Möglichkeiten natürlich längst nicht an dessen unvergleichliche Atmosphäre heran, begibt sich aber – abgesehen von Carpenters wilden, entfesselten Mutations-Spezialeffekten – in ähnliche Fahrwasser, die „The Cold Hour“ zu einem sehenswerten, kleinen, zunächst recht unscheinbaren Genrefilm machen, der die Fantasie des Zuschauers anregt und die Selbstzerstörung der Menschheit in dystopischer Science-Fiction-Manier thematisiert, geraubte Kindheiten zeigt und wehrlose, unschuldige Opfer eindringlich ins Bewusstsein rückt.
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FBI jagt Phantom
Angesehene Wissenschaftler begehen mit einem mal Diebstähle in wissenschaftlichen Instituten. Ein Agent der NSA wird auf diesen merkwürdigen Fall angesetzt. Eine Spur führt ihn in das Haus eines Professors, der von einem Besucher aus dem All gegen einen Roboterklon ausgetauscht wurde. Und er ist nicht der einzige Android. Mit Hilfe einer attraktiven Kollegin nimmt der Agent den Kampf gegen die heimliche Alieninvasion auf.
Hugo Grimaldis nach der Ostblock-Produktion „Der schweigende Stern“ aus dem Jahre 1960 zweite Regiearbeit, diesmal unter alleiniger Verantwortung, ist die diesmal in US-amerikanischer Produktion entstandene Mischung aus Science-Fiction-Film und Agententhriller „FBI jagt Phantom“ aus dem Jahre 1965.

Außerirdische Machthaber entsenden den hünenhaften Dr. Kolos (Richard Kiel) auf die Erde, damit dieser wichtige menschliche Wissenschaftler in Androiden klont, mit denen die Macht über die Erde erlangt werden soll. Die Spur führt NSA-Agent Glenn Martin (George Nader) und seine Kollegin zur Burg Dr. Dornheimers (George Macready, „Junges Blut für Dracula“), dessen Roboterklon federführend in der Vorbereitung zur Invasion ist…

„Body Snatchers“ trifft auf „James Bond“ in Grimaldis Genre-Bastard, der das aus Don Siegels Genreklassiker bekannte Replizieren von Menschen in äußerlich identische, jedoch gefühl- und emotionslose Wesen vermengt mit einem chauvinistischen Geheimagenten als Hauptrolle vom Schlage eines Bond-Sunnyboys. Herausgekommen ist ein recht durchschnittlicher, vermutlich höchst unfreiwilliger Trash-Film, der von vornherein erklärt, was da gerade auf der Erde vor sich geht, die außerirdischen Invasoren vorstellt, ihre finsteren Pläne erläutert und damit der Handlung den Großteil potentieller Spannung raubt. Auch Mr. Martin im Stile eines „Columbo“ dabei zu beobachten, wie er den eigenartigen Phänomenen auf die Schliche kommt und den gleichen Wissensstand erlangt wie der Zuschauer, gestaltet sich nicht sonderlich aufregend, denn als wäre es quasi das Selbstverständlichste der Welt, hegt er verdammt schnell den richtigen Verdacht hinsichtlich menschenähnlicher Roboter. Der geneigte Trash-Freund darf sich stattdessen an bizarrem Verhalten der Protagonisten, die ebensolche bizarren Dialoge plappern, erfreuen, sowie an wahnsinnig schlechten Stunt-Choreographien und fragwürdigen schauspielerischen Leistungen.

Für Science-Fiction-Fans hat „FBI jagt Phantom“ hingegen wahrlich nicht viel zu bieten, denn die Sause spielt ausschließlich auf Mutter Erde, die außerirdischen Aggressoren sehen komplett menschlich aus, lediglich die Kulissen inkl. einer Raumstation mit ihren typischen, sinnlos vor sich hin blinkenden Lichtern und einem geheimen, unterirdischen Höhlensystem weisen visuell auf das Genre hin – in naiver und bereits damals altbackener Weise. Das Trash-Herz indes lacht, wenn die ach so übermenschlichen Androiden mit ihren albern modellierten Porzellanschädeln (!) bei Stürzen auf den Boden zerplatzen wie Kloschüsseln auf dem Polterband – die Erdbevölkerung erzittert vor Angst ob derart mächtiger Invasoren! (*räusper*) Den familienfreundlichen, unglaublich weit (aus den Untiefen des Alls eben) hergeholten Kitschfaktor besorgt die Nebenhandlung, in der sich unser Dr. Kolos in die blinde Nichte (Dolores Faith, „The Phantom Planet“) Dornheimers verliebt und damit dann auch das sich in Sachen Unlogik um die eigene Achse drehende und vergnügt Purzelbäume schlagende Finale einleitet, das zumindest in der von mir gesehenen deutschen Kinofassung eine erschreckend abrupte und alberne Pointe bietet.

Inhaltlicher Leerlauf, Klischees und Vorhersehbarkeit machen aus „FBI jagt Phantom“ (der im Original wesentlich sinnvoller „The Human Duplicators“ heißt und mit dem FBI nichts zu tun hat) ein leidliches Trash-Vergnügen, das in seinem Vollbild-Format und seiner extrem billigen Machart auch gar kein rechtes Kinogefühl aufkommen lassen will. Dafür kann er aber durchaus von filmhistorischem Interesse sein, denn immerhin schlüpfte Hauptdarsteller Nader kurz darauf in seine erste „Jerry Cotton“-Rolle und erlangte dadurch Popularität. Sein Gegenspieler Dr. Kolos wird von niemand Geringerem als Richard Kiel gespielt, der es in den 1970ern als „Beißer“ mit dem „echten“ James Bond zu tun bekam.
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Im Land der Raketenwürmer
Der Name täuscht: `Perfection` ist ein mieses Kaff in der Wüste Nevadas - und zudem auf einem Nest urzeitlicher Riesenwürmer gelegen. Die stinkenden Riesenwürmer bohren sich mit rasender Geschwindigkeit durch die Erde und grapschen mit ihren krallenbesetzten Tentakeln nach allem, was sich bewegt. Abgeschnitten von der Außenwelt, versuchen die Bewohner von Perfection ihre Haut zu retten, angeführt ausgerechnet von den stinkfaulen, aber cleveren Nichtsnutzen Val (Kevin Bacon) und Earl (Fred Ward)
„Heiliger Bim...“

Nach einigen Kurzfilmen drehte US-Regisseur Ron Underwood („Mein großer Freund Joe“) im Jahre 1990 mit „Im Land der Raketenwürmer“ seinen ersten Film in Spielfilmlänge und landete mit seiner ca. elf Millionen Dollar teuren B-Movie-Hommage einen respektablen Überraschungserfolg.

Im Wüstendörfchen Perfection in Nevada schlagen sich Val McKee (Kevin Bacon) und Earl (Fred Ward) mit Gelegenheitsarbeiten durch. Eines Tages treffen sie auf die Geologin Rhonda LeBeck (Finn Carter, „Unsichtbare Bedrohung“), die seismographische Aktivitäten untersucht und eben jene in verstärktem Maße in und um Perfection feststellte. Bald trifft man auf abgeschlachtete Tiere und menschliche Leichen und wird schließlich mit den Verursachern des Spuks konfrontiert: urzeitlichen Riesenwürmern, die unter dem sandigen Wüstenboden leben und blitzschnell mit ihren krallenbesetzten Tentakeln und gierigen Riesenschlünden hervorpreschen, um sich ihre Opfer zu greifen. Zusammen mit den wenigen Bewohnern Perfections versucht man, sich in einer schier ausweglosen Situation der Angreifer zu erwehren...

Der zu seinem Entstehungszeitpunkt anachronistisch anmutende Monster-Horrorflick „Im Land der Raketenwürmer“, besser bekannt unter seinem Originaltitel „Tremors“, orientiert sich stark an klassischen B-Movies, die gefährliche Riesenkreaturen in ihren Mittelpunkt stellten. Dabei bedienen sich Underwood und seine Co-Autoren einer augenzwinkernden Ironie und leicht komödiantischen Note, statt sich bzw. den Film bierernst zu nehmen, wohlweislich ohne ihn bis in Absurde zu veralbern. In Bezug auf seine klassischen Elemente macht „Im Land der Raketenwürmer“ alles richtig, indem er sein Hauptaugenmerk sowohl auf grandios gestaltete, in Handarbeit entstandene, faszinierende Kreaturen voll bedrohlichen Potentials als auch auf eine hochspannende Dramaturgie richtete, die arglose und bisher wenig heldenhaft in Erscheinung getretene, verschlafene Wüstenkaffbewohner in den verlustreichen Kampf gegen eine unbekannte, unberechenbare Gefahr schickt. Doch Underwood geht noch einen Schritt weiter und veredelt seine Monsterparty mit einer herausragenden Kameraarbeit, die beispielsweise rasante subjektive Kamerafahrten aus Sicht der „Tremors“ bietet und das karge Wüstenambiente als lebensfeindlichen Ort zielführend einfängt. Die Schauspielerriege wurde handverlesen und ideal besetzt. Mit dem bereits damals nicht unpopulären Kevin Bacon in der schelmischen Hauptrolle, der zehn Jahre zuvor in „Freitag, der 13.“ seinen Horrorfilm-Einstand gab, im „Tremors“-Erscheinungsjahr auch in „Flatliners“ zu sehen sein sollte und später in anspruchsvolleren Filmen wie „Eine Frage der Ehre“ und „Sleepers“ überzeugte, verfügte man über einen zugkräftigen Namen; ihm zur Seite steht Fred Ward („Die letzten Amerikaner“), der mit Bacon ein ungleiches, sich gegenseitig die Bälle zuspielendes Duo bildet. In weiteren Rollen glänzen u.a. Michael Gross („Manchmal kommen sie wieder 2“) als den typischen amerikanischen Waffennarr karikierenden Burt Gummer und Victor Wong („Die Fürsten der Dunkelheit“) als Ladenbesitzer ostasiatischer Herkunft Walter Chang. Nicht fehlen dürfen sich und andere unüberlegt in Gefahr bringende Arschlochkinder, die an den Nerven der Zuschauer zerren.

Wie ein beliebtes Kinderspiel erscheint dann auch die Belagerungssituation, auf die die Konfrontation mit den „Raketenwürmern“ (ein Hoch auf die deutsche Titelgebungskreativität!) hinausläuft, jedenfalls dann, wenn man partout nicht den Boden berühren darf und sich von Hausdach zu Anhöhe oder umgekehrt rettet. Doch das nur am Rande, denn es überwiegt der Actionanteil: Burt Gummer und seine Frau, die über ein beachtliches Waffenarsenal verfügen, eröffnen ein wahres Schützenfest auf die schleimigen Wüstenbewohner und auch anschließend wird viel geballert und in die Luft gesprengt, vornehmlich natürlich die Riesenwürmer, was recht unappetitliche Folgen hat. Auch hier macht es sich das Drehbuch nicht allzu einfach und verlangt seinen Protagonisten die eine oder andere überlebenswichtige List ab, denn so plump die Viecher auch aussehen, ganz doof sind sie nicht. Nun mag man dabei evtl. ein Plädoyer für Waffenbesitz und Bombenbasteleien erkennen, wahrscheinlicher aber ist die karikierende Intention in Anbetracht der unwahrscheinlichen Übertreibungen, die aus „Im Land der Raketenwürmer“ ein sehr unterhaltsames, kurzweiliges Kreaturen-Action-Spektakel machen. In eine ähnliche Kerbe schlagen sollte eventuell der heroische Orchester-Soundtrack, der mir persönlich aber weniger passend erscheint und einen individuelleren Score mit Wiedererkennungswert vermissen lässt. Schon besser ins Ambiente ordnet sich da die hin und wieder erklingende Country-Musik ein.

Unterm Strich ist „Im Land der Raketenwürmer“ ein überraschend gut funktionierender Film nicht nur für Genrefreunde geworden, der in vielerlei Hinsicht sehr sorgfältig geplant und umgesetzt wurde und auch heute noch den Beweis antritt, dass diese naheliegenden Ideen, die auch schon Jahrzehnte zuvor funktionierten, in einer Variante irgendwo zwischen Konservatismus, Selbstironie und zeitgemäßem Handwerk durchaus noch immer neue Generationen von Filmfreunden begeistern können. Auf der anderen Seite ging man schon sehr auf Nummer sicher und ließ ungenutzten Raum übrig, den andere womöglich mit noch einigen kruderen und abgefahreneren Ideen ausgefüllt hätten. Doch wie dem auch sei, in jedem Falle bieten sich Underwoods Wüstenwürmer hervorragend als ein schöner Eröffnungsfilm für ein zünftiges Kreaturen-Special an, zu dem Knabbergebäck und Bierchen noch mal so gut munden.
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Elvira’s Haunted Hills
Elvira (Cassandra Peterson), diesmal nicht in der Rolle der “Movie Macabre”-Moderatorin, sondern als Showgirl im Jahre 1851, strandet mit ihrer Zofe auf einem abgelegenen Schloss in Transsylvanien. Sie wird dort nicht gerade mit offenen Armen empfangen, denn sie ist der verstorbenen Gräfin wie aus dem Gesicht geschnitten, ein Umstand, der besonders den Grafen (Richard „Riff Raff“ O’Brien) sehr irritiert und seine neue Angetraute auch nicht grad Luftsprünge machen lässt. Da auf des Grafen Familie ein Fluch liegt und das Gemäuer von Geistern heimgesucht wird, ist bald schon der Teufel los.
„Dieser Ort birgt gesundheitliche Risiken für Sie!“

Lange Zeit war „Elvira – Herrscherin der Dunkelheit“ aus dem Jahre 1988 der einzige Spielfilm um die schrille, von Cassandra Peterson gespielte US-TV-Horror-Hostess und schillernde Nachtgestalt im Gothic-Dress. Doch im Jahre 2001 war es dann soweit und US-Regisseur Sam Irvin („Alien Desperados“) konnte den zweiten „Elvira“-Film mit Peterson umsetzen. Für die Hommage an bzw. Parodie auf Roger Cormans Edgar-Allan-Poe-Verfilmungen aus den 1960ern, deren Hauptrollen zumeist Genre-Ikone Vincent Price übernahm (dem dieser Film auch gewidmet wurde), verschlug es das Drehteam in die rumänischen Karpaten.

Wir schreiben das Jahr 1851: Elvira möchte zusammen mit ihrer Zofe Zou Zou ( Mary Jo Smith, „Austin Powers - Spion in geheimer Missionarsstellung“) nach Paris, um dort ihr Varieté zu eröffnen. Doch statt in die Stadt der Liebe verschlägt es sie auf das Schloss Lord Hellsubus’, denn Elvira sieht dessen verstorbener Ehefrau frappierend ähnlich. Auf dem transsilvanischen Anwesen angekommen, gerät Elvira zwischen die Fronten der kauzigen Familie, in einen alten Familienfluch und in zahlreiche gruselige Abenteuer...

„Frivolität – Dein Name ist Weib!“

Der groben Inhaltsangabe lässt sich bereits entnehmen, dass es sich um keine klassische Fortsetzung handelt. Während der erste „Elvira“-Film in der damaligen Gegenwart spielte, wurde „Elvira’s Haunted Hills“ stilecht im 19. Jahrhundert angesiedelt. Cassandra Peterson hatte zum Drehzeitpunkt die 50-Jahres-Grenze bereits überschritten, die Kombination aus ihrer natürlichen Schönheit, ihrer Ausstrahlung und der Arbeit der Visagisten zaubert jedoch die vollbusige Gothic-Fetischistin mit divenhaftem Habitus auf den Schirm, die man aus den 1980ern kennt. Wer Elvira nicht kennt – während sie in den USA Kultstatus besitzt, blieb sie hierzulande weitestgehend Insidern vorbehalten – und darüber hinaus bisher kaum einen Gothic-Horrorfilm gesehen hat, wird sich vermutlich fragen, was all das überhaupt soll und mutmaßlich nur schwer Zugang zum Geschehen finden. Fans der charismatischen Goth-Queen sowie humorbefähigte, aufgeschlossene Subgenre-Freunde hingegen dürfen sich an Anachronismen (Elvira nennt einen Glatzkopf „Kojak“...), vielen lustigen Sprüchen, klassischem Slapstick und schlüpfrigen Zoten in liebevoll gestalteten Kulissen des ausladenden Schloss-Ambientes ebenso erfreuen wie an sich ständig gegenseitig ankreischenden Frauen sowie Spezialeffekten wie einer Enthauptung, vielen Skeletten, Totenschädeln und einer Zweiteilung durch das Pendel des Todes.

Damit wären wir auch beim eigentlichen Kernthema des Films, denn mit zunehmender Spielzeit offenbart sich, wie bewusst augenzwinkernd das Gothic-Horror-Subgenre mitsamt seinen Klischees durch den Kakao gezogen (am penetrantesten dabei sicherlich das „sporadisch-dramatisch“ auftauchende Unwetter-Gewitter) und die Handlung speziell mit zahlreichen Poe’schen Motiven angereichert wird. Da gibt es viel zu entdecken, einige nette Details erschließen sich sicherlich nur der o.g. Zielgruppe. Andererseits wird, der bemüht hohen Gag-Dichte geschuldet, immer wieder die Grenze zur puren Alberei überschritten und kann nicht wirklich die Rede davon sein, dass Irvin eine spannende Dramaturgie aufzubauen gelingen würde – zwischendrin gibt es sogar ein wenig Leerlauf. „Elvira’s Haunted Hills“ stellt nun einmal erwartungsgemäß seine Hauptdarstellerin in den Mittelpunkt und wird zu einer Art Poe-Revue; diesem Konzept ordnet sich alles andere unter – wenngleich manch Nebendarsteller und -darstellerin, allen voran Richard O’Brien („The Rocky Horror Picture Show“) als Lord Hellsubus, einige starke, dominante Szenen auf den Leib geschnitten bekamen, die sie zeitweise auf Augenhöhe mit Elvira zeigen. Und auch, was bis zum Erreichen eines beachtlichen Nervfaktors überstrapaziertes Overacting betrifft, hat man schon viel Schlimmeres gesehen als diese meines Erachtens grundsympathischen, sich in Anbetracht Elviras ursprünglicher Breitenstreuung vielleicht für viele irritierend an ein spezielles Publikum richtende Horror-Komödie. Zum Ende dreht man noch einmal richtig auf, bis – Achtung, Spoiler! – das Schloss wie die Titanic versinkt. Höhepunkt ist aber zweifelsohne Elviras Gesangs- und Tanzdarbietung, inklusive eines unglaublichen Texts. Allein dafür lohnt sich das Anschauen schon.
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23 - Nichts ist so wie es scheint
In einer Zeit zunehmender Verunsicherung sieht der 19jährige Karl Koch die Welt um sich herum in Unordnung. Fasziniert von der fiktiven Romanfigur Hagbard Celine macht sich der sensible Jugendliche auf die Suche nach den Hintergründen politischer Mechanismen und entdeckt Dinge, die ihn an eine weltweite Verschwörung glauben lassen. Karls Begabung, sich in globale Datennetze einzulinken, und sein unerschütterlicher Glaube an die Gerechtigkeit treiben ihn in die Arme des KGB. Abhängig von Pillen und Koks leidet er zunehmend unter Wahnvorstellungen. Die Mächte des Bösen scheine schon weltweit vernetzt, während Karl und seine Freunde noch an der Langsamkeit ihrer Heimcomputer verzweifeln. Die Grenzen zwischen Tag und Nacht verschwimmen. Karl verliert auf seiner tragischen Odyssee die Kontrolle über sein Leben. Als das Vertrauen zu David, seinem besten Freund, zerbricht, ist Karl auf sich allein gestellt. Je näher er dem Ziel seiner Suche zu kommen scheint, desto schwieriger wird die Rückkehr in ein normales Leben.
„Der 23. ist ein guter Tag zum Sterben!“

Der deutsche Regisseur Hans-Christian Schmid („Nach fünf im Urwald“) beschreibt in seinem 1998 veröffentlichten dramatischen Thriller „23 – Nichts ist so wie es scheint“ das Leben des deutschen Hackers Karl Koch (gespielt von August Diehl in seinem Spielfilm-Debüt) bis hin zu seinem tragischen, bis heute unaufgeklärten Tod. Der Hannoveraner Koch war federführend involviert in den sog. „KGB-Hack“ zu Zeiten des Kalten Kriegs, im Zuge dessen zwischen 1985 und 1989 westliche Computersysteme ausspioniert und die Informationen an den sowjetischen Geheimdienst KGB verkauft wurden. Schmid und sein Co-Autor Michael Gutmann haben einige Namen sowie aus dramaturgischen Gründen die Handlung im Vergleich zu den realen Ereignissen ein wenig verändert.

Koch war besessen von der „Illuminatus!“-Trilogie der US-amerikanischen Autoren Robert Shea und Robert Anton Wilson, die verschiedene Verschwörungstheorien aufgreift und in einer fiktiven Abenteuergeschichte um einen sich „Hagbard Celine“ nennenden Anarchisten miteinander vermengt. „Hagbard Celine“ war auch das Pseudonym, das sich der idealistische Hacker und „Chaos Computer Club“-Mitglied Karl Koch zulegte, als er der Maxime folgend, dass alle Informationen frei sein sollten und nur dadurch ein ausgeglichenes Kräfteverhältnis der Weltmächte hergestellt werden könne, zusammen mit befreundeten Hackern Zugang zu geheimen Informationen verschaffte. Teil der Gruppe war ein dubioser Drogenhändler, der Koch beständig mit Kokain versorgte, damit dieser die günstigen nächtlichen Telefontarife nutzen konnte. Koch Drogenkonsum und seine Isolation von der Außenwelt verschlechterten seinen psychischen wie physischen Gesundheitszustand rapide, bis er sich nicht zuletzt durch Schuldgefühle in Hinblick auf die Kernkraftwerk-Katastrophe in Tschernobyl 1986 gezwungen sah, seine Spionagetätigkeiten einzustellen. Doch der Rest der Gruppe machte unbeirrt weiter. Nachdem die staatlichen Geheimdienste der Gruppe auf die Schliche gekommen waren, wurde Kochs verbrannte Leiche im Mai 1989 aufgefunden. Er war bereits seit ca. einer Woche tot, stab also womöglich am 23. Mai – 23-jährig. In Anbetracht vieler auf einen 23. fallenden politischen Ereignisse und Morde hielt Koch die „Illuminatus!“-Theorien bzgl. des Geheimbunds der Illuminaten für wahrscheinlich…

Das Schöne an Schmids Film ist, dass er dem Zuschauer keinerlei Vorkenntnisse abverlangt. Er beginnt mit einer Szene Kochs kurz vor seinem Tod und steigt unmittelbar danach in seine ausgedehnte Rückblende ein, die den eigentlichen Film ausmacht. In wunderbar rekonstruierten ‘80er-Kulissen und unterlegt von hochgradig geschmackssicherer Musik jenes und des vorausgegangenen Jahrzehnts (Deep Purple, Iggy Pop, Ton Steine Scherben …) hat es zunächst den Anschein, als wolle Schmid zeigen, wie ein Polithippie, ein Sponti, ein Anarcho oder wie auch immer man die studentischen Protestler bezeichnen möchte, auf die Verschwörungstheorien eines fiktiven Romans hereinfällt. Doch schnell fallen die Dialoge positiv auf, von denen tatsächlich jeder einzelne interessanten Inhalts ist, ohne geschwätzig zu werden oder gekünstelt herbeikonstruiert zu wirken. Aus den Gesprächen und der chronologischen Einordnung der Handlung ergeben sich viele eingeflochtene historische Fakten, beispielsweise das Attentat auf den schwedischen Politiker Olof Palme und eben eine ganze Reihe weiterer rätselhafter Ereignisse, die bis heute die Verschwörungstheoretiker bedienen, ohne dass es eindeutige Antworten gäbe. Das macht aus „23 – Nichts ist so wie es scheint“ trotz seines über weite Strecken komödiantischen Tons zu einem spannenden Polit-Thriller, wenn Koch und seine Freunde voll ins Hackergeschäft einsteigen. Gleichzeitig erfährt der Zuschauer viel über die damalige Aufbruchsstimmung im Hinblick auf Telekommunikationstechniken, die das Hacken erst ermöglichten. Manch älterem Computer-Freak dürfte angesichts dessen das Herz aufgehen, weniger Technikaffine bekommen anschaulich und verständlich die damaligen Hack-Methoden erklärt und entwickeln ein Bewusstsein für die technischen Hintergründe sowie Verständnis für die Faszination, die diese auf manch jungen Menschen seinerzeit ausgeübt haben – und es bis heute tun.

„23 – Nichts ist so wie es scheint“ ist aber auch die Geschichte eines persönlichen Dramas, das gleichberechtigt behandelt wird. Es zeichnet den politisch motivierten Aufbruch mit anschließendem psychischen wie physischen Verfall Karl Kochs nach, dem alles über den Kopf wächst und der aufgrund seiner Kokainabhängigkeit (verbreitete Nebenwirkung: Paranoia) nicht mehr zwischen Realität und Wahn zu unterscheiden vermag. Und der in jungen Jahren einen viel zu frühen Tod findet. Schmid hält sich bedeckt, was die Todesursache betrifft und hält sich auch mit eindeutigen Antworten auf die Frage zurück, was auf Kochs Verfolgungswahn zurückzuführen ist und was ganz reale Gefahren waren. Dadurch muss sich Schmid nicht dem Vorwurf stellen, selbst aktiv Verschwörungstheorien zu schüren, wenngleich er nachhaltig zum Nachdenken über selbige aufruft, aber auch zur Reflexion einer möglicherweise verschwendeten Jugend, einer zu distanzlosen Selbstaufgabe im Strudel der Weltpolitik.

Schmid und seinem Team ist ein mit hervorragenden, talentierten Jungschauspielern besetzter Film gelungen, der emotional berührt und aufrüttelt, der Wissen vermittelt, der Fragen stellt – vor allem unbequeme. Ein Film, der den Zuschauer genauso mitreißt, wie es Koch und seine Freunde seinerzeit mitgerissen hat. Ich weiß nicht, inwieweit Fakten für den Film geändert wurden, damit alles besser zusammenpasst, puzzleartig ineinandergreift, dramaturgisch effektiv wird. Deshalb tue ich mich mit einer abschließenden Bewertung auch etwas schwer, denn je weniger Verfälschung Schmid gebraucht hat, desto positiver möchte ich das Ergebnis bewerten. Ich kann mir lebhaft vorstellen, dass „23 – Nichts ist so wie es scheint“ die gleiche Kraft auf ein jüngeres Publikum ausüben kann, wie sie die „Illuminati!“-Trilogie auf den jungen Karl Koch hatte. Auch mich hat er unmittelbar dazu bewogen, mich etwas näher mit den realen Überlieferungen vertraut zu machen, ein wenig zu recherchieren und mich zu informieren – und hat zumindest kurzzeitig für ein unwohliges, gruseliges Gefühl der Paranoia beim Zubettgehen nach der Filmsichtung gesorgt. Die Botschaft Karl Kochs jedenfalls, die auch die Botschaft des Films ist, ist richtig: Mit Informationsfreiheit steht und fällt letztlich jede ernstzunehmende Demokratie, die sich auch wirklich als eine solche schimpfen darf. Ob der kleine Prozentsatz Menschen, der den größten Teil des Reichtums und Einflusses unter sich aufgeteilt hat und seine Interessen mit Gewalt durchzusetzen beliebt, nun Teil einer jahrhundertealten, großangelegten Verschwörung ist, die sich immer wieder in der Zahl „23“ äußert, oder ob schlicht über lange Zeit gewachsene Machtstrukturen aus kapitalistischem Interesse entsprechende besitzstandswahrende Systeme aufrecht zu erhalten versuchen, ist dabei für mich zweitrangig. Wie bis heute mit dem Drang nach Informationsfreiheit umgegangen wird, hat jüngst medienwirksam der Fall Julian Assange bewiesen, was die Thematik dieses Films nach wie vor in bedauerlicher Weise brandaktuell erscheinen lässt. Schmids Film ist ein schönes Beispiel eines ambitionierten, intelligenten deutschen Films von internationalem Format, von dessen Brisanz und Courage ich mir noch viel mehr Beiträge wünschen würde.
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The 3 Faces of Terror
Diese Bahnfahrt werden Sie niemals vergessen... Sandra (Ambre Even), Marco (Riccardo Serventi) und Carlo (Emiliano Reggente) haben es sich im Nachtzug gerade so richtig gemütlich gemacht, als ein vierter Passagier ihren Schlaf stört. Es ist Professor Peter Price (John Phillip Law), der sie mit seinen Theorien über Hypnose und Gedächtnisforschung ganz in seinen Bann zieht. Hätten sie doch nur das Abteil gewechselt, denn nun sind sie die hilflosen Opfer seiner grausamen Psycho-Experimente. Gelähmt vor Angst spielen sie unfreiwillig die Hauptrollen in drei makabren Episoden aus den tiefsten Tiefen ihres Unterbewusstseins. Dabei muss Sandra im Körper der hübschen Schauspielerin Barbara die grauenvollen Machenschaften eines verrückten Schönheitschirurgen über sich ergehen lassen, nachdem ihre beiden Freunde zuvor schon Bekanntschaft mit dem leidvollen Schicksal zweier Grabräuber machen durften, denen ein etruskischer Fluch zum Verhängnis wurde. Gemeinsam müssen die drei dann auch noch erleben, wie ein harmloser Campingausflug zum Kampf gegen eine blutsaugende Bestie ausartet... dabei ist es doch alles nur Einbildung, oder? Hoffentlich zieht einer von ihnen die Notbremse, bevor es zu spät ist. (Quelle: Pressetext)
Sergio Stivaletti war/ist einer DER italienischen Spezialeffekt-Künstler, der manch Klassiker aus den Horror- und Giallo-Genres mit seinen blutigen Arbeiten veredelt hat. 1997 nahm er erstmals auf dem Regiestuhl platz, um nach Lucio Fulcis Tod den Film „Wax Mask“ fertigzustellen. Erst 2004 folgte seine zweite und bis dato letzte Regiearbeit, der selbstproduzierte Episodenhorrorfilm „The 3 Faces of Terror“. Dieser verneigt sich in seinem Originaltitel „I tre volti del terrore“ vor Mario Bavas italienischem Subgenre-Klassiker „I Tre volti della paura“ alias „Die drei Gesichter der Furcht“ und ist wiederum zumindest, was seine Rahmenhandlung betrifft, ein Quasi-Remake des britischen „Amicus“-Klassikers „Die Todeskarten des Dr. Schreck“:

Sandra (Ambre Even), Marco (Riccardo Serventi Longhi, „Wax Mask“) und Carlo (Emiliano Reggente) reisen per Nachtzug, als ein mysteriöser Passagier (John Phillip Law, „Sindbads gefährliche Abenteuer“) zu ihnen stößt und ihnen eröffnet, sie mittels seiner Metallkugel hypnotisieren und ihnen individuelle Erlebnisse aus ihrer Vergangenheit wieder vor Augen führen zu können. Die drei lassen sich auf das Experiment ein: Während sich Marco als Grabräuber, der Opfer eines alten Fluchs wird, wiederfindet, sieht sich Sandra mit einem wenig vertrauenserweckenden plastischen Chirurgen konfrontiert und wird Carlo Teil eines unvorsichtigen Trios, das allen Warnungen zum Trotz einen dann doch nicht so idyllischen See aufsucht und dabei auf ein reptilienartiges Monstrum stößt. Doch was hat all das mit dem Leben der Nachtreisenden zu tun, die sich an nichts Derartiges erinnern können...?

Von vornherein sieht Stivalettis Film nicht nach hochbudgetierter Kinoproduktion aus, die man 2004 auch einfach nicht von einem kleinen italienischen Genrefilm erwarten durfte. Die gruselige Musik mit ihrem Kindergesang sorgt aber bereits für erste Gänsehautschauer und das Sujet mit seinem Zugabteil lässt wohlige Erinnerungen an Episodenhorrorklassiker aufkommen; der Name des Hypnotiseurs, „Peter Price“ (Peter Cushing? Vincent Price?) unterstreicht den Hommagen-Charakter, schnell fühlt man sich als Genrekenner trotz nicht wirklich guter deutscher Synchronisation und mit Ausnahme John Phillip Laws weitestgehend unbekannter Darsteller zuhause. Für seine erste Episode arbeiten Stivaletti und sein Team in visueller Hinsicht mit düsteren, gedeckten Farben, Zeitlupen und einem Splattereffekt, für den übrigens wie auch für die restlichen Spezialeffekte diesmal nicht der Meister persönlich verantwortlich zeichnet. Atmosphärisch beginnt der Reigen zunächst ein wenig dröge, wird dann aber recht schnell ziemlich ansprechend. Dazu bei trägt die musikalische Untermalung mit ihren sakralen Gesängen, überhaupt wird die Musik sehr dominant. Das führt sogar zur Überbetonung einzelner Szenen, beispielsweise wenn für idyllische Momentaufnahmen ebenso pittoreske Klänge ertönen. Dass im Gegenzug offensichtlich plätscherndes Wasser keine passenden Laute von sich gibt, sondern hinter den Dialogen Ruhe wie an einem sprichwörtlichen stillen See herrscht, ist möglicherweise einer etwas schluderigen Synchronisationsarbeit geschuldet. Höhepunkt der ersten Episode, die in Hinblick auf ihre erzählte Geschichte nicht sonderlich innovativ vorgeht und stattdessen Subgenre-typisch moritatisch-moralisch-comichaft konzipiert wurde, ist sodann eine unheimlich gut handgefertigte Werwolf-Verwandlungsszene. Diese bietet viel fürs Auge und bringt das Herz des Genrefreunds zum Lachen. Außerdem vermengt sie für diese Episode die klassischen Motive des Mumien/Pharaonenfluchs und der Werwolf-Thematik durchaus angenehm miteinander. Eine Episode, die mehr fürs Auge als fürs Hirn bietet und deren Thema subtile Zwischentöne sicherlich nicht sind, die aber prima unterhält. Einen Gastauftritt absolviert übrigens Soundtrack-Pate Claudio Simonetti von „Goblin“.

„Sie sollten sich ein wenig umsehen, meine Liebe – denn das Schlimmste steht Ihnen noch bevor!“

Ganz andere Wege werden mit Episode Nummer 2 beschritten: Die beinahe surreal anmutende „Mad Scientist“-Geschichte beginnt mit Szenen des Drehs zum fiktiven Film „Demons 7“ unter der Regie Lamberto Bavas, der die ersten beiden und einzig echten „Demons“-Teile in den glorreichen 1980ern drehte und anschließend mit ansehen musste, wie ein italienischer Horrorfilm nach dem anderen als weitere „Demons“-Fortsetzung zu vermarkten versucht wurde. Zu Bavas selbstironischem Gastauftritt passt die an die in den 1960ern stilistisch neuartige Ästhetik seines Vaters Mario angelehnte („bavaeske“) Ausleuchtung der Räume, durch die die Protagonistin schleicht, deren Freundin genauso aussehen möchte wie sie. Der Soundtrack schaltet um auf heftige Techno-Musik mit Frauengestöhn, während die Kamera unwirkliche Situationen in den Gängen und Räumen der Schönheitschirurgie u.a. mittels schräger Kameraperspektiven alptraumhaft einfängt. Der Horror ist schließlich perfekt, wenn Sandra ihre eigene Operation bei vollem Bewusstsein erlebt, wobei die Geräuschkulisse des Werkzeugs schlimmer ist als die Bilder es sind, denn es wird geschickterweise die subjektive Sicht des Opfers eingenommen, die genügend Unwohlsein erzeugt und krude Splatterszenen überflüssig macht. Oberflächlichkeit und Schönheitswahn werden in der Realität und der Natürlichkeit entrückten Bildern und Tönen thematisiert und zu einem im wahrsten Sinne des Wortes plastischen Alptraum vermengt.

„Was war das bloß?“ – „Nur ein Monster!“

Die dritte und letzte Episode setzt wiederum auf klassischen Monsterhorror, bedient sich ein wenig des jugendlichen Leichtsinns und der Angst vor den Konsequenzen aus selbigem, versprüht dabei gewissermaßen typisches US-Horror-Kolorit, das an Stephen King und Konsorten erinnert und gut gehütete bzw. gänzlich unentdeckte Geheimnisse einer weitläufigen, provinziellen Natur zum Inhalt hat, die sich als stärker und langlebiger als der Mensch erweist. Passend dazu ertönt rockiger, aufpeitschender ’80er-E-Gitarren-Sound, unbedarfte jugendliche bzw. adoleszente Aufbruchsstimmung suggerierend. Doch was bereits bei den vorausgegangenen Episoden irritierte, fällt hier besonders auf: Die Geschichte wird nicht bis zu ihrem Ende erzählt, sie scheint abrupt mittendrin zu stoppen. Dies wiederum erweist sich als gewollte Besonderheit des Films, der erst am Ende das Finale aller drei Episoden präsentiert. Dabei wird man dann doch noch Zeuge einer detaillierten, unappetitlichen Gesichtstransplantation, eines animierten Monsters der guten alten Schule und schließlich einer gemeinen Schlusspointe, die die – zugegebenermaßen nicht unbedingt unvorhersehbare – Auflösung des ganzen Spuks bietet.

Stivaletti ist mit „The 3 Faces of Terror“ ein mich positiv überraschender, abwechslungsreicher Genrefilm gelungen, der bei mir als erklärtem Freund des comichaften Episodenhorrors offene Türen einrennt. Seinem zeitweise etwas billigen Look setzt er handwerkliches wie erzählerisches Geschick entgegen, erzeugt eine morbide Grundstimmung, die den Film durchzieht und meistert den Spagat zwischen Hommage und eigenständigem, auch ohne Genrevorkenntnisse gut genießbarem Werk.
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Body Melt
In der Vorstadtidylle Pebbles Court geht das Leben seinen gewohnten Gang. Just jene Gegend wählt die Firma Vimuville aus, um ein Produkt zu testen. Der Einsatz einer neuartigen Körperdroge hat jedoch fatale Auswirkungen auf die Bewohner: Mutation und körperlicher Zerfall führen unweigerlich zum Tod.
„Familien sind manchmal eine merkwürdige Sache…“

Mit „Body Melt“ versuchte sich im Jahre 1993 der Australier Philip Brophy an der Verfilmung von vier seiner Kurzgeschichten. Doch anstatt einen Episodenhorrorfilm daraus zu machen, wählte er für seine Low-Budget-Horror-/Splatter-Komödie ein herkömmliches, wenn auch mit rund 75 Minuten relativ kurzes Spielfilmformat und versucht, in seiner bis dato anscheinend einzigen Regiearbeit seine Geschichte zu einem homogenen Film zusammenzufügen.

Ein australische Fit- und Wellness-Unternehmen hat das neue Vitaminpräparat „Vimuvil“ entwickelt und testet dieses heimlich an den Bewohnern der idyllischen Vorstadt-Siedlung Homesville. Der Chemiker, der das gerade noch verhindern wollte, wird kurzerhand mit „Vimuvil“ zu Tode gespritzt, denn die Nebenwirkungen sind erheblich: Halluzinationen und erhöhter Sekretausstoß aus der Nase sind der Anfang, körperliche Mutationen und schlussendliches Zerplatzen des Körpers besiegeln zumeist das Ende der Probanden…

Direkt zu Beginn lassen nackte Haut ein sleaziges Vergnügen erhoffen und aus heutiger Sicht altertümliche PC-Grafiken Erinnerungen an (bei einer heutigen Sichtung) Retro-Cyberspace-Sausen wie „Tron“ oder „Der Rasenmäher-Mann“ wach werden, lehrt aber auch mittels seines Elektro-Disco-Soundtrack ein wenig das Fürchten. Nun, bis auf den sich schnell abnutzenden Billig-Soundtrack finden sich diese Elemente leider fortan nicht mehr wieder in Brophys freiwillig trashigem Film, der vorgibt, ein deftiger Seitenhieb auf Fitness- und Körperkult-Wahn zu sein. So ist die Homesville-Siedlung dann auch tatsächlich eine Art neuzeitliches „Plesantville“, immerhin fünf Jahre, bevor Gary Ross seinen gleichnamigen Film drehte. Doch statt eine Art „Street Trash“ in kleinbürgerlichem, mittelständischem Vorstadt-Ambiente abzufeuern, verzettelt sich Brophy mit seinem episodenhaften Aufbau, innerhalb dessen er seine Ekel-Effekt-Schau anbringen möchte. Der vermeintliche rote Faden der Story reißt immer wieder, „Body Melt“ wirkt fragmentarisch und unzusammenhängend, bekommt keine wirkliche Dramaturgie auf die Kette und verliert sich in Nebenkriegsschauplätzen und einer Vielzahl unwichtiger Charaktere, ergeht sich in infantilem Humor, statt sein Hauptaugenmerk auf ein akzeptables Handlungs-Grundgerüst zu legen und in hoher Frequenz sein Effektfeuerwerk zu zünden.

Ein Nebenhandlungsstrang wie beispielsweise der um die tumben Jugendlichen Sal und Gino aus Melbourne, die im Outback landen und dort auf eine inzestiöse Familie stoßen, wird mit Ach und Krach und mehr schlecht als recht in den filmischen Rahmen hineingepresst und verpufft letztlich wie so vieles andere in der Belanglosigkeit. Derweil stellt das Drehbuch eigens aufgestellte Regeln auf den Kopf, verheddert sich in Widersprüchen und ist erzählerisch allgemein einfach eine ziemliche Gurke. Das mag aber alles nicht von primärem Interesse sein, denn immerhin verspricht der Filmtitel allseits beliebte, jedoch nicht allzu häufig anzutreffende Körperschmelzeffekte, die stets ein echter Hingucker sind. In der Tat setzt „Body Melt“ verstärkt auf seinen Ekelfaktor. So bekommt man Bilder einer Obduktion vorgesetzt, sieht, wie eine Rippe aus einem Körper herausmassiert (!) wird und eine sich verselbständigende Plazenta. Viele Spezialeffekte sind nicht schlecht gemacht, oftmals aber dennoch eher mittelprächtig (obwohl angeblich vom SFX-Team von „Braindead“, was ein Blick in die IMDb aber nicht bestätigt) und einen „Fun-Splatter“-Overkill à la „Braindead“ oder eine absurde Schmelzorgie wie im bereits oben erwähnten „Street Trash“ sollte man nicht erwarten. Selbst in den 75 Minuten gibt es viel Leerlauf, der eben durch das schwache Drehbuch entsteht.

Zugute halten kann ich „Body Melt“ neben manch ansehnlichem Spezialeffekt aber seine mitunter originelle Kameraarbeit und kunterbunte Farbgebung, die immer wieder zwischen allen Albernheiten durchblitzenden satirischen Momente sowie einen gewissen Skurrilitätsbonus. Als für Genrekenner leicht verdaulicher, nebenher laufen könnender Einstieg in einen Splatter-Abend mit Freunden oder aber vielleicht ein „Aussieploitation“-Special hat er durchaus seine Qualitäten für Liebhaber des schlechten Geschmacks und Niveau-Limbos. Und dass sich in der Besetzungsliste zahlreiche australische Seriensternchen, u.a. aus der Seifenoper „Neighbours“, befinden, die sich für einen Film wie diesen offensichtlich keinesfalls zu schade waren, macht das Ganze irgendwie doch noch ein bisschen bemerkenswert.
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