bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

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buxtebrawler
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Der tödliche Freund
Das junge Computergenie Paul Conway (Matthew Laborteaux) und seine Mutter Jeannie (Anne Twomey) ziehen in eine neue Stadt. Paul findet bis auf seine Nachbarin Samantha (Kristy Swanson), die mit ihrem gewalttätigen Vater zusammenlebt, kaum Freunde. Pauls ganzer Stolz ist sein Roboter BB, der mit einer hohen künstlichen Intelligenz ausgestattet ist. Doch zwei Ereignisse werfen Paul aus der Bahn: BB wird von der widerlichen Nachbarin Elvira Parker (Anne Ramsey) irreparabel zerstört. Kurz darauf stürzt Samantha nach einem Schlag von ihrem betrunkenen Vater die Treppe hinunter und stirbt an den Folgen des Sturzes. Paul begeht eine Verzweiflungstat: Er stiehlt Samanthas Leiche und setzt ihr BBs Intelligenzchip ein. Doch die auf diese Weise zum Leben erweckte Samantha wendet sich auf tödliche Weise gegen die ehemaligen Feinde von sich und BB...
Zwischen seinen Horrorklassikern und größer angelegten Genre-Produktionen war sich US-Regisseur Wes Craven („A Nightmare on Elm Street“) auch nie für kleine B-Filme oder auch TV-Produktionen zu schade. Sein Teenage-Science-Fiction-Horror-Film „Der tödliche Freund“ nach dem Roman „Friend“ aus der Feder Diana Henstells erschien 1986, zwischen „Chiller – Kalt wie Eis“ und „Die Schlange im Regenbogen“, und wirkt wie eine böse „Nummer 5 lebt!“-Variante.

Technik-Crack Paul Conway (Matthew Laborteaux, „Tödliche Fracht“) ist mit seiner Mutter Jeannie (Anne Twomey, „Last Rites – Im Fegefeuer der Sünden“) in eine neue Stadt gezogen und freundet sich mit der Nachbarstochter Samantha (Kristy Swanson, „Ferris macht blau“) an, die unter ihrem gewalttätigen Vater (Richard Marcus, „Enemy Mine – Geliebter Feind“) leidet, der ihre Freundschaft zu Paul missbilligt. Paul hat einen mit künstlicher Intelligenz ausgestatteten Roboter entwickelt, den er BB nennt, der jedoch von der garstigen Nachbarin Elvira Parker (Anne Ramsey, „Die Goonies“) zerstört wird. Als Samantha von ihrem betrunkenen Vater die Treppe heruntergeprügelt wird, ins Koma fällt und schließlich stirbt, fasst Paul einen folgenschweren Entschluss: Er stiehlt Samanthas Leiche und pflanzt ihr die KI-Chips BBs ein. Doch das Wesen, das er dadurch schuf, hat nicht mehr viel mit der Samantha gemein, die er kannte: In aggressiver Weise geht es gegen Mrs. Parker und Samanthas Vater vor...

Eine juvenile Außenseiter-Liebe geht hier einher mit modernen Frankenstein’schen Motiven, dem Science-Fiction-Thema sich verselbständigender Technik und daraus resultierendem Horror. Fast sämtliche Charaktere sind überzeichnet und auf ihre jeweilige Weise extrem. So richtig ernstnehmen kann man „Der tödliche Freund“ daher kaum, zumal der Science-Fiction-Anteil reichlich naiv und wenig glaubwürdig wirkt. Schon früh verliert Paul die Kontrolle über seinen BB, der ein Eigenleben entwickelt. Von daher sollte es für ihn absehbar gewesen sein, welche Katastrophe er heraufbeschwört, doch treibt ihn die Verzweiflung dazu. Das Heranwachsenden in einer feindlichen Umgebung, in der die Erwachsenen sich gegen ihn und sein junges Glück verschworen zu haben scheinen, wird zwar nur grob umrissen, zählt aber zu den Stärken des Films.

Weitere Pluspunkte sind die Horrorsequenzen, die nach dem harmlos erscheinenden und tatsächlich an Familienfilme à la „Nummer 5 lebt!“ erinnernden Auftakt umso überraschender wirken. Ein blutiger Alptraum Samanthas, in dem sie ihren Vater ersticht, macht den Anfang, es folgen blutige Operationsszenen und schließlich das brutale Vorgehen des Samantha/BB-Hybridwesens. Unappetitlich ist die verkohlte Leiche Samanthas Vaters anzusehen und die berüchtigte Basketballszene zählt wohl zu den übertriebensten, damit aber auch amüsantesten Splatterszenen aus nicht als Horrorkomödie deklarierten Filmen überhaupt. Andererseits hat Craven „Der tödliche Freund“ doch eher langatmig inszeniert und wird es spätestens dann arg trashig, wenn Kristy Swanson als Samantha-Roboter versucht, die ruckartigen mechanischen Bewegungsabläufe eines Roboters zu imitieren, ihr die Maskenabteilung aber kaum optische Veränderungen beispielsweise in Richtung eines Androiden spendierte. So stackst Swanson betont ausdruckslos durch die Szenerie, sieht dabei nach wie vor wenig furchterregend aus und soll den Höhepunkt der sämtliche Fragen der Logik außer Acht lassenden Handlung darstellen. Dazu passt es dann auch irgendwie, dass die finale Pointe keinerlei Sinn ergibt.

„Der tödliche Freund“ ist somit ein Stück naive, trashige, comichafte Teenage-Fantastik mit einigen überraschenden Gewalt-Eruptionen, die durchaus unterhaltsam und amüsant ausfällt, bei der jedoch vieles nicht so recht zusammenpassen will. Unverkennbar ist dieser Film aber ein Kind seiner Zeit und stellt auf seine spezielle Art ein sehenswertes Kuriosum dar.

P.S.: Wunderschöner, doppeldeutiger Alternativtitel: „Amiga mortal“
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Die Zeit mit Monika
Mitten im grauen, lärmenden Stockholm haben Harry und Monika zueinander gefunden und träumen von einem besseren Leben. Harry ist Lehrling und wird nur herumkommandiert, Monika leidet unter den beengten Wohnverhältnissen zu Hause und unter ihrem Job als Verkäuferin. Als Harry wegen Zuspätkommens gekündigt wird und Monika im Streit von ihren Eltern fortläuft, beschließen die beiden spontan, mit dem Motorboot von Harrys Vater einfach die Stadt zu verlassen. Da gerade der Mittsommer anbricht, verbringt das Paar an der idyllischen, beinahe menschenleeren Küste eine freie und paradiesische Zeit. Doch eine Rückkehr in die Stadt ist unvermeidlich, da das Geld aufgebraucht und Monika schwanger geworden ist. Dem Alltag mit einem Neugeborenen und vielen Einschränkungen ist aber vor allem die impulsive Monika nicht gewachsen...
„Ich will diesen Sommer genießen, so wie er ist!“

Der schwedische Filmemacher Ingmar Bergman („Die Jungfrauenquelle“) war immer für einen Skandal (aus heutiger Sicht mitunter eher Skandälchen) gut, so auch als er im Jahre 1953 für sein Liebesdrama „Die Zeit mit Monika“ eine Erzählung Per Anders Fogelströms verfilmte und damit einen großen Erfolg landete, der manch Sittenwächter-Gemüt erhitzte.

Stockholm in den frühen 1950ern: Der 19-jährige Porzellanlager-Lehrling Harry (Lars Ekborg, „Der Schlafwagenmörder“) hat es satt, sich herumkommandieren und schikanieren zu lassen, schmeißt hin und brennt mit der 17 Jahre jungen Verkäuferin Monika (Harriet Andersson, „Dogville“) durch, die in beengten Wohnverhältnissen mit ihrer Familie lebt und davon ebenso die Nase voll hat wie von ihrem Job, ihrem alkoholkranken Vater (Åke Fridell, „Wilde Erdbeeren“) und den sexuellen Übergriffen, denen sie sich ausgesetzt sieht. Mit dem Motorboot Harrys Vaters lassen sie die Stadt und damit ihre Sorgen hinter sich, um einen Sommer der Liebe in der ländlichen Idylle Schwedens zu verleben. Doch diverse Umstände, u.a. Monikas Schwangerschaft, zwingen die beiden, in die Stadt zurückzukehren…

„Die Zeit mit Monika“ fängt jugendlichen Freiheitsdrang in Kombination mit Träumereien von romantischer, großer Liebe ein – ein Dauerthema, seinerzeit der nordeuropäischen Nachkriegsjugend,
die unter dem Eindruck der spießigen Prä-Rock’n’Roll-‘50er stand. Der zeitliche Kontext ist verantwortlich für die Harmlosigkeit, mit der Harrys und Monikas Ausbruch vonstatten geht, den man heutzutage am ehesten als etwas abenteuerliches Nehmen einer Auszeit betrachten würde, das gesellschaftlich auf wesentlich breitere Akzeptanz als damals stößt. Harrys und Monikas Entscheidung wirkt nachvollziehbar, wobei schon früh beispielsweise durch das Auftauchen Monika Ex-Freunds Hinweise auf Monikas generell unsteten Lebenswandel gegeben werden. Im Gegensatz zu Harry ist Monika ein freches junges Ding, wie es gerne mal Jungs den Kopf verdreht. Was die beiden schließlich in ihrem Sommer miteinander erleben, ist einerseits schwer romantisch: Zwei sich liebende junge Menschen, auf sich allein gestellt in der freien Natur, die mit dem Nötigsten auszukommen bereit sind, weil sie schließlich einander haben. Andererseits ist das gerade aus heutiger Sicht derart unspektakulär und zudem in schwelgerischen Bildern so unaufgeregt von Bergman dokumentiert, dass die überbetonte Idylle, die lange Zeit ohne nennenswerte Probleme auskommt, durchaus einschläfernd wirken kann. Auch kleine Gaunereien zur Nahrungsbeschaffung sind eher belächelnswert als aufsehenerregend. Größter Aufreger war seinerzeit, als Nacktszenen noch skandalumwittert waren, der Moment, als Monika einmal durchs Bild huscht, wie die für all die ansehnlichen Schwedinnen verantwortliche nordische Gottheit sie schuf. Etwas kurios mag es auch anmuten, dass ausgerechnet unsere zwei Aussteiger in ihren Dialogen von einem ganz bürgerlichen gemeinsamen Leben träumen. Doch dies ist bereits ein Indiz für den Bruch, den ihre Zweisamkeit erleiden wird.

Denn die (Achtung, Spoiler!) spannende Wendung und gleichzeitig Ausdruck einer Bergman gern nachgesagten tendenziell negativen Weltsicht ist das famose Scheitern der Beziehung des Paars, sobald es sich der gesellschaftlichen Realität mit ihren Herausforderungen und Zwängen stellen muss. Während sich Harry nach der von seiner Tante (Dagmar Ebbesen, „Lektion in Liebe“) initiierten Hochzeit ihnen wie ein echter Mann stellt und bereit ist, für seine junge Familie zu sorgen, indem er einer geregelten Arbeit nachgeht, ist Monika genervt und gelangweilt von ihrer Rolle als Hausfrau und Mutter und beginnt, Harry zu betrügen. Verzweifelt versucht Harry, die Ehe noch zu retten, doch letztlich lässt Monika ihn mit dem gemeinsamen Baby sitzen. Damit wird „Die Zeit mit Monika“ zur pessimistischen Momentaufnahme eines leidenschaftlichen Sommertraums und seiner gegenteiligen, weitaus nachhaltiger währenden Folgen, aber auch zu einer Warnung vor zu früher Heirat und Schwangerschaft, denn dass Monika alles andere als reif für das von ihr im Sommer noch so verklärt ausgemalte Eheleben ist, ist nur allzu offensichtlich, doch wurde auch Harry sich erst zu spät seiner Verantwortung bewusst: Er hätte sie nicht zu einem solch frühen Zeitpunkt schwängern dürfen. Somit scheitert Harrys Glück an einer Femme fatale, für die Harry nur einer von vielen, ein schönes Sommerabenteuer, war. Die harsche Entromantisierung jungen Liebesglücks steht im krassen Kontrast zu einem Großteil des Films, dürfte sich jedoch näher an der Realität orientieren als so mach naive Schmonzette.

Für diesen Film wurde Harriet Andersson entdeckt, die zu einer gefragten Schauspielerin aufstieg und auch weiterhin mit Bergman zusammenarbeitete. Wer ihrem unbedarften, frechen Spiel aufmerksam zusieht, mag sich vielleicht geneigt fühlen, Harry die eine oder andere Warnung zuzurufen oder schlicht zu hoffen, dass es gutgeht. Dass dem ist eben nicht so ist, macht „Die Zeit mit Monika“ zu einem ernüchternden Statement zum Erwachsenwerden mit all seinen zerplatzenden Träumen, das zwar aufgrund Bergmans fast vollständigem Verzicht auf spannungssteigernde Elemente aus heutiger Sicht etwas angestaubt wirkt, dessen Grundthematik aber kaum überholt ist.
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Der Psycho-Ripper
Als der junge Richard feststellt, dass die Liebe der hübschen Beverly nur käuflich ist, tötet er sie in einem Anfall von Wahnsinn. Richard versucht in der Anonymität New Yorks unterzutauchen - doch geblendet von Gewalt und Dekadenz wird er zum Psychopathen, jederzeit bereit zu töten...
„Ich hatte sie schon sehr lange beobachtet, aber ich traute mich nie, ’reinzugehen. Ich... ich wollte sie schon immer treffen. Sie gefiel mir.“

Der New Yorker Filmemacher Joseph Zito begann seine Regie-Karriere Mitte der 1970er und war ungefähr ein Jahrzehnt lang ein vielversprechender Thriller- und Horror-Regisseur, bevor er sich ab Mitte der 1980er auf militaristischen US-Action/Propaganda-Müll verlagerte. Dem Slasher-Subgenre bescherte er „The Prowler“ und den vierten „Freitag der 13.“. Sein Debüt war der Thriller „Patty - Die meistgesuchteste Frau Amerikas“, auf den unter dem Pseudonym Joseph Bigwood 1979 mit dem vorliegenden „Der Psycho-Ripper“ ein weiterer Thriller folgte.

„Ich wünschte, sie wäre ein ganz normales Mädchen gewesen, die ich irgendwo kennen gelernt hätte. Aber so hat sie mich nur angeekelt. Ich weiß auch nicht, was in mir vorgegangen ist. Ich wollte das alles nicht. Nein, ich hab es wirklich nicht gewollt.“

Der verklemmte, junge Richard (Ian Scott) kommt nicht damit klar, dass er für Beverly (Judith-Marie Bergan, „Patty - Die meistgesuchteste Frau Amerikas“) nur einer von vielen ist, denn die Dame ist die örtliche Prostituierte, bei der bzw. in die auch Sheriff Ryan (James Johnson, „Assault – Anschlag bei Nacht“) gern einmal einkehrt. Im Affekt stößt er sie aus einem Fenster, woraufhin sie verstirbt. Richard lässt die Leiche verschwinden und flieht per Anhalter nach New York, wo er auf den Geschmack gekommen zu sein scheint und weitere Morde an leichten Damen verübt. Doch der Sheriff ist ihm auf den Fersen…

„Ich darf mich in dieser Stadt nicht länger anwichsen lassen!“

Der Richards Tötungsserie eröffnende Totschlag an der Prostituierten Beverly ist ein spannend inszenierter Auftakt, der auf einen harten Psycho-Thriller schließen lässt. Nach ca. einer Viertelstunde entkommt Richard per Anhalter New York und beginnt, aus dem Off zu sprechen. „Der Psycho-Ripper“ wird zum Großstadt-Thriller; Zito zeichnet, seine Heimatstadt pessimistisch als Moloch der Gewalt und der Kriminalität, womit sein Film zu einer ganzen Reihe düsterer, wenig lebensbejahender Thriller zu zählen ist, die den „Big Apple“ als Drehort ausgewählt haben. Der eher episodische Verlauf erinnert hin und wieder an Slasher-Filme, ohne jedoch deren Horroraspekt auszureizen: Richard lernt eine Lucy (Blair Trigg) kennen, die ihn fahrlässigerweise mit nach Hause nimmt – es soll ihre letzte Nacht werden. Er lebt in einem Motel, wo er sich mit der benachbarten Dealerin Candice (Rita Ebenhart) anfreundet und Nancy (Betsy Ranlow), die Prostituierte von Gegenüber, regelmäßig durchs Fenster beobachtet. Er stürzt sich auch ins Nachtleben, besucht Strip-Bars etc. Schließlich kommt es zum Streit mit Candice, der Sheriff Ryan auf Richards Spur führt. Und als er auf Nancy losgehen will, gerät er an eine überraschend wehrhafte Frau… „Der Psycho-Ripper“ ist weder blutig noch sonstwie grafisch sonderlich hart oder explizit, dafür aber recht schmuddelig und vor allem unwohlig atmosphärisch, düster und humorlos. Das Ende kommt sehr abrupt und schlägt eine Brücke zu Richards erster Tat, auf seine psychologischen Hintergründe jedoch wird kaum eingegangen – diese lassen sich allenfalls erahnen. Obwohl der Film aus Richards Sicht erzählt wird, bleibt er doch fremd. In dieser Hinsicht hat beispielsweise ein „Maniac“ eindeutig die Nase vorn, den Sleaze-Gehalt übertrumpft Fulcis „New York Ripper“ etc. „Der Psycho-Ripper“ bleibt einfach gestrickt und gewinnt mit seinem fast ausschließlich aus „No-Names“ bestehendem Darsteller-Ensemble (Hauptdarsteller Ian Scott beispielsweise kommt ansonsten lediglich auf ein paar TV-Einsätze) auch keine Blumentöpfe, versprüht aber zusätzlichen spröden Charme.

Unterm Strich sicherlich kein weltbewegendes, aber ein mit vielen interessanten Ansätzen gespicktes, dreckiges Frühwerk Zitos, das als sein desillusorisches Konzept Sex ausschließlich mit Macht und Gewalt assoziiert, dadurch trotz gewisser Freizügigkeit bar jeder Erotik scheint und auf das Zito mit seinen Slashern aufbaute.
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Liane, das Mädchen aus dem Urwald
Der Südosten Afrikas: Eine wissenschaftliche Expedition entdeckt zufällig eine junge, weiße Frau. Die Forscher beschließen die junge Frau mit aufs Schiff nach Hamburg zu nehmen, da diese eindeutig europäischer Abstammung ist. Auf der Reise nach Deutschland stellt sich dann auch heraus, dass das Mädchen "Liane" heisst und ihr einziger noch lebender Verwandter der reiche Reeder Amelongen ist. Lianes Rückkehr ruft jedoch auch Neider hervor, und so gerät Liane unversehens in ein Intrigenspiel um das Vermögen ihres Großvaters.
Die „Tarzan“-Filme hatten vorgemacht, wie man im Rahmen exotischer Abenteuerfilme durchaus auch etwas nackte Haut und die eine oder andere mehr oder weniger subtile erotische Komponente auch in prüden Zeiten an der Zensur vorbei unterbringen konnte. 1956 betraute man für die deutsche Arca-Filmproduktion GmbH „Liane, das Mädchen aus dem Urwald“ den österreichischen Abenteuer- und Komödien-Filmer Eduard von Borsody („Dany, bitte schreiben Sie“) mit der Verfilmung des im „Bild“-Boulevard- und Propagandablättchen abgedruckten Romans aus der Feder Anne Day-Helvegs.

Im afrikanischen Urwald stößt eine wissenschaftliche Expedition auf ein weißes Mädchen (Marion Michael, „Bomben auf Monte Carlo“), das einträchtig mit den Eingeborenen zusammenlebt. Man fängt sie und bringt sie per Schiff nach Hamburg, denn es scheint sich bei ihr um die lange Jahre verschollene Enkeltochter des vermögenden Hamburger Reeders Amelongen (Rudolf Forster, „Im Stahlnetz des Dr. Mabuse“) zu handeln. Doch dadurch sieht der Neffe Amelongens (Reggie Nalder, „Hexen bis aufs Blut gequält“) sein Erbe in Gefahr und greift zu unlauteren Methoden, um es sich doch noch zu sichern und nicht an das Mädchen aus dem Urwald zu verlieren…

Man nehme einen gut gewachsenen Backfisch, einige (Archiv-)Aufnahmen afrikanischer Ureinwohner, wilder Tiere und exotischer Natur, etwas Liebelei und Kriminalität – und fertig ist der Unterhaltungsfilm. Ganz so einfach ist es natürlich nicht. „Tarzan“ hin oder her, die bei den Dreharbeiten noch minderjährige Blondine Marion Michael oben ohne, nur mit Lendenschurz bekleidet, sich unbeschwert im Urwald verdingend zu zeigen, rief die Sittenwächter auf den Plan und führte zu einem ausgiebigen Hin und Her die FSK-Freigabe betreffend. Die Nacktheit der Afrikanerinnen hingegen schien egal zu sein und wurde als Selbstverständlichkeit angenommen, die FSK-Prüfer unterstellten ihnen „keine sexuelle Reizwirkung“. Der Film spiegelt ein aus heutiger Sicht unschwer als gewohnheitsrassistisch zu erkennendes Bild von Schwarzafrikanern wider, die wild und unzivilisiert fleißig musizieren, Giftpfeile abschießen oder vor der Überlegenheit des weißen Mannes fliehen, wenn sie sich nicht gerade von ihm versklaven lassen. Dass es sich bei ihnen um Menschen handelt, ist keinesfalls Konsens der Expedition. Zu den Sympathieträgern der Forscher avancieren Thoren (Hardy Krüger, „Hatari“) und Dr. Jacqueline (Irène Galter, „Die Sonne in den Augen“). Als ein wilder Stamm Thoren und seinen Anhang überfällt, wird er vom Urwaldmädchen Liane aus seiner misslichen Lage befreit – der Moment ihres Kennenlernens. Zwischen ihm und Dr. Jacqueline, einer Ärztin in Hot Pants, hat sich eine Romanze entwickelt, die nichts mit den sexistischen Attacken zu tun hat, denen sich Dr. Jacqueline sonst ausgesetzt sieht. Jedoch hat sie eine Zusage vom Tropeninstitut bekommen und muss nach Hamburg. Vorher aber wäscht sie Liane, schneidet ihr die Haare und steckt sie in Kleidung – und als Ausdruck der unfassbaren Naivität des Films gefällt’s Liane!

Seinen ersten Ortswechsel vollzieht von Borsody, wenn Reeder Amelongen seinen Neffen aufgrund des Zeitungsartikels über den Fund des Urwaldmädchens konsultiert und damit die Kriminalhandlung parallel zur Abenteuergeschichte ihren Lauf nimmt. Liane soll zusammen mit Jacqueline nach Hamburg, will aber bei Thoren bleiben, in den sie sich offenbar verliebt hat… Also tritt man letztlich zusammen die Reise an, inklusive Lianes Diener und Bewacher Tanga [sic!] (Jean Pierre Faye). Der Film verlagert nun komplett seine Handlung in die Hansestadt, wo Liane langsam sprechen und die Zivilisation kennenlernt, während der Amelongen-Neffe ein falsches Spiel spielt und aus Angst um sein Erbe falsche Zeugen kauft, ja letztlich gar vor Mord nicht zurückschreckt. Die Krimihandlung wird jedoch bewusst wenig dominant gehalten und mit einigen netten alten Bildern Hamburgs (noch mit Straßenbahn) sowie Lianes in Unterwäsche im Garten gewürzt. Ein kitschiges Happy End bringt Liane letztlich in ihren Urwald zurück.

Die Naivität des Films, die insbesondere in den Vorstellungen der Sozialisation und des Überlebens im Urwald sowie der Reaktionen auf das Eingreifen von außen zu finden ist, habe ich bereits angesprochen, zu ihr gesellt sich eine Harmlosigkeit, die ihn schwer für tiefergehende Kritik greifbar macht. Die Sympathieträger des Films machen sich kaum des Rassismus verdächtig, Liane wird zwar dem Dschungel entrissen, kehrt aber auch wieder in ihn zurück und hat zwischenzeitlich kaum etwas auszustehen, ihr Interesse an Thoren wird nie zu einem echten Problem, besteht in erster Linie aus pubertärer Schwärmerei, mit der Thoren und Jacqueline stets souverän umzugehen wissen, Sexszenen o.ä. gibt es keine. Der im Prinzip einzig wahre Konflikt ist der erbschaftsstreitbedingte um den Neffen, dessen Eskalation am Ende recht schnell abgespult wird. Die in Hamburg spielenden Szenen wirken mitunter reichlich steif und erinnern bisweilen an abgefilmtes Theaterspiel. Was bleibt, ist ein leidlich unterhaltsames, oberflächliches Filmchen, das nicht einmal sein Abenteuer-Sujet wirklich konsequent ausfüllt und auf den großen Culture Clash ebenso verzichtet wie auf einiges andere, was aufregend hätte werden können. Knackpunkt war und bleibt in erster Linie die Inszenierung Lianes, auf deren (vermeintlich) exotischen Erotikfaktor selbstredend spekuliert wurde. Dass sich ein als minderjährig-unbedarft charakterisiertes Mädchen, deren Sexualität erst angesichts attraktiver weißer Europäer zu erwachen scheint, hilflos und schutzbedürftig mal mehr, mal weniger offensiv an Thoren heranschmeißt, mag indes beim einen oder anderen Zuschauer an pädophile Neigungen appellieren, doch wie bereits erwähnt belässt es der Film dabei und führt die Rolle Thorens nicht in Versuchung, die in Väterlichkeit verharrt. Dass ein 15-, 16-jähriges Mädchen sich seines Körpers und seiner Reize häufig bewusst ist, ist hingegen Normalität und daraus Pädophilen-Vorwürfe zu stricken, wäre sicherlich ebenso fragwürdig wie der gerade aus heutiger Sicht verklemmt anmutende Film, der sich damals seine Nischen suchte, um ein wenig nackte Haut auf die Leinwand bringen zu können, ohne ansonsten allzu sehr anzuecken. Unterm Strich ein in erster Linie filmhistorisch interessantes Sittendokument seiner Entstehungszeit.
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Die schwarzen Zombies von Sugar Hill
Als ihr Freund brutal von Gangstern aus der Gegend ermordet wird, schwört Sugar Hill (Marki Bey) auf Rache. Mit Hilfe der alten Voodoo-Hexe Mama Maitresse (Zara Cully) bittet sie Baron Samedi (Don Pedro Colley) inständig darum, den Tod ihres Freundes zu rächen. Im Gegenzug zu ihrer Seele, gewährt der Herr der Toten Sugar eine kleine Zombiearmee, mit der ihr Anliegen nun zum Kinderspiel werden müsste...
„Zünftiges Zombie-Voodoo-Vehikel“ (Oliver Kalkofe)

Paul Maslanskys einzige Regiearbeit blieb die 1974er-US-Zombie-Blaxploitation „Die schwarzen Zombies von Sugar Hill“, die in Samuel-Z.-Arkoff-Produktion entstand.

„So groß meine Liebe auch war – mein Hass ist viel stärker!“

Gangsterboss Morgan (Robert Quarry, „Die Rückkehr des Dr. Phibes“) will sich den erfolgreichen Nachtclub „Haiti“ unter den Nagel reißen, doch Besitzer Langston (Larry Don Johnson) zeigt sich unbeeindruckt. Das kostet ihn sein Leben, als ihn Morgans Schläger totprügeln. Seine Freundin Diana Hill (Marki Bey, „Der Hausbesitzer“) will Morgan und seine Bande nicht ungesühnt davonkommen lassen und schwört Rache: Sie konsultiert Voodoo-Priesterin Mama Maitresse (Zara Cully, „Die Glut der Gewalt“), die sie an Baron Samedi aus dem Jenseits weiterempfiehlt, der im Tausch gegen Dianas Seele seine Zombiesklaven aus dem Totenreich auf die Gangster abrichtet…

„Wenn ich genau wüsste, wer es war, würde ich einen nach dem anderen in den Tod schicken – ganz genüsslich!“

Die rituellen Tänze und die Soul-Nummer „Supernatural Voodoo Woman“ des Auftakts entpuppen sich als Darbietung im „Club Haiti“ und wer sich fragt, ob dieser möglicherweise auf dem ominösen „Sugar Hill“ liegt, sieht sich getäuscht: „Sugar“ ist der Spitzname Diana Hills, des zuckersüßen afroamerikanischen Racheengels. Mit überdrehter Negerstimme macht der Anführer von Morgans Erpresser- und Schlägertrupp Langston klar, dass der Club den Besitzer wechseln sollte, woraufhin die Situation mit den genannten Folgen eskaliert. Ein Bulle mit Afro-Frisur (Charles Krohn, „Futureworld - Das Land von Übermorgen“) schaltet sich ein, doch wenngleich dieser Dianas Ex ist und wieder Interesse an ihr bekundet, hat sie wenig Vertrauen in herkömmliche Strafverfolgung, sucht mit Mama Maitresse eine alle Klischees einer Voodoo-Priesterin erfüllende alte Dame im Wald auf und beantwortet ihr einige Quizfragen, während der Film Tieraufnahmen und Kunstnebel zeigt. Die alte Vettel ruft den Dämon Baron Samedi ganz ohne Telefon an, woraufhin Maslansky uns den geschminkten, ein wenig an Sid Haig erinnernden Don Pedro Colley („Rückkehr zum Planet der Affen“) mit Stock und Zylinder im Wald erscheinen lässt. Dieser hat auch seine Bräute dabei, redet, lacht irre (was er beständig tut) und entpuppt sich als wahrer Frauenheld… Samedi lässt schließlich seine Zombies aus dem Erdboden steigen, die dort offenbar verscharrt waren.

„So groß meine Liebe auch war – mein Hass ist viel stärker!“

Szenenwechsel, der Hafen: Ein Anflug von Sozialkritik findet in den Film, wenn der Chef (und Mitglied von Morgans Bande) mit dem vertrauenserweckenden Namen „Tank“ die Anheuerer malträtiert und ausbeutet. Sugar taucht im weißen Einteiler auf, ihre Zombies töten Tank, der Zuschauer bekommt lediglich eine Blutlache zu sehen. Nein, gruselig ist hier ganz und gar nichts, eher eine alberne Kostümschau, doch sein vermeintliches Zombiehorror-Sujet scheint der Film ohnehin nicht wirklich ernstzunehmen. Stattdessen lässt er sich Diana einen Catfight mit der weißen, mit rassistischen Beleidigungen um sich werfenden Bettgespielin Morgans liefern. Allen anderen geht es jedoch per Voodoo-Zombie-Power an den Kragen. Delinquenten werden Schweinen zum Fraß vorgeworfen, gezwungen, sich selbst zu erstechen oder von Hühnerfüßen angegriffen. In einer besonders kruden Szene wird Morgan das Herz eines seiner Handlanger zugestellt, was trotz seiner eher schlotzigen Erscheinungsform sofort als solches von seinem Betthupferl identifiziert wird. Schließlich knöpft man sich noch den Ganoven mit der schrillen Stimme im Massagesalon vor, während Bulle Merrill selbst nach Aufsuchen eines Voodoo-Experten nichts mehr ausrichten kann.

„Ich will nicht deine Seele, ich will dein Fleisch!“

Blaxploitation in Form eines Voodoo-Gangster-Rache-Zombie-Films, das bedeutet in diesem Falle einmal mehr weiße Produzenten, die sich an einem auf die „schwarze Community“ zugeschnittenen Filmchen versuchen und dafür eine ordentliche Breitseite Afro-Ami-Klischees abfeuern. Was auf manch Zuschauer vielleicht unheimlich funky und groovy wirkt, ist letztlich nichts anderes als überkandidelte ‘70er-US-Maskerade inkl. einiger schlimmer Modesünden, die von einem echten Horrorfilm ebenso weit entfernt ist wie „Blacula“ von Christopher Lee. Die Zombies mit ihren Spinnweben auf dem Kopf und den Flipperkugeln auf den Augen sind dabei gar nicht das Problem. Es ist der Unwillen, überhaupt eine gruselige Stimmung zu erzeugen in einer auf ihre selbstbewusst auftretende und attraktiv anzuschauende Hauptrolle ausgerichteten Groteske, die in ihren Horror-Momenten wie eine Geisterbahn-Parodie wirkt. Vielmehr versucht „Die schwarzen Zombies von Sugar Hill“ ein Lebensgefühl zu vermitteln, das es vermutlich nie gab und die 1970er im schwarzen Milieu abzubilden, wie sie nie waren – das allerdings trotz allem Verzicht auf narrative Finesse, jeglichen Anspruch und irgendeinen erkennbaren Belang auf mitunter beschwingt-charmante, immer mal wieder komische Weise, die dieser naiven Trash-Unterhaltung gut tut und zum Hirnausschalten und Berieselnlassen einlädt.
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Das Grauen kam um Mitternacht
Kurz nach dem Raketenstart von Major John Corcoran wird dessen Schiff von einem Einschlag beschädigt und kehrt unverrichteter Dinge per Crash zur Erde zurück. Als sein Team das Raumschiff bergen will, ist nicht viel davon übrig, doch Corcoran ist weder tot noch lebendig - stattdessen leben in seinem Blut jetzt offenbar amöbenhafte Kreaturen. Und dann ist da noch ein außerirdischer Besucher, der mit dem Schiff zur Erde gekommen ist und nun Einlaß in die Labore begehrt - das Alien steht offenbar mit Corcoran in Verbindung...
„Schnell sind wir bei der Hand, wenn es gilt, etwas zu zerstören!“

„Night of the Blood Beast“ aus dem Jahre 1958 ist eine dieser „American International Pictures“-Produktionen der Corman-Brüder Gene (hier erstmals offiziell als Produzent genannt) und Roger, die im Double Feature mit einem weiteren Reißer im Autokino liefen und über ein karges Budget verfügten, ein klassischer B-Science-Fiction-Horror-Movie also. Mit der Regie betraute man Bernard L. Kowalski („Die letzte Mahnung war aus Blei“). Das gezeichnete Plakatmotiv, in dem eine riesige Bestienpranke einen abgerissenen Kopf hält, sieht großartig aus und dürfte manch Neugierigen ins Kino gelockt haben, hat aber nicht das Geringste mit dem Film zu tun. Ebenso wenig mit dem ursprünglichen Film zu tun hat die deutsche Kinofassung des „Mercator Filmverleihs“ um Bodo Gaus, der sie nicht wie manch anderen Importfilm mit einem Pro- und/oder Epilog verlängerte, sondern kräftig die Schere ansetzte und das zusammengestauchte Resultat mit einer Art Kurzfassung eines ganz anderen Kreaturenspektakels, nämlich „Attack of the Giant Leeches“, anreicherte. Auf die Idee brachte ihn vermutlich der identische Hauptdarsteller.

Major John Corcoran (Michael Emmet, „Immer jagte er Blondinen“) stürzt auf der Rückkehr von einer Raumfahrtexpedition mit seiner Rakete ab. Seine Kollegen von der Raumfahrtbehörde bergen ihn und wähnen ihn tot. Doch Corcoran weist keine Anzeichen einer Leichenstarre auf und findet tatsächlich ins Leben zurück. Es stellt sich heraus, dass er nicht allein aus dem All zurückkam, sondern eine außerirdische Kreatur mitbrachte, die zwar Menschen tötet, jedoch von Corcoran verteidigt wird – er steht unter telepathischem Einfluss des Extraterrestrischen...

Nach 15 Minuten bietet der Schwarzweiß-Film die erste Monster-Attacke, die jedoch lediglich in Form von Schatten zu sehen ist. Bis zum ersten richtigen Auftritt der Lebensform muss der Zuschauer eine knappe halbe Stunde warten. Die Zeit wird überbrückt mit dem durchaus gelungenen Herbeiführen düsterer, klaustrophobischer Stimmung im Inneren der Forschungsstation, wo sich die Männer und Frauen aufhalten. Unterm Mikroskop sind putzig animierte Blutkörperchen zu sehen, Corcoran weist so etwas wie Bisswunden auf, passable todernst spielende Schauspieler machen Lust auf große, gar schreckliche zu lüftende Geheimnisse. Doch noch knapp 40 Minuten schlägt die Stunde Bodo Gaus’ und statt die visionäre Idee der US-Fassung zu zeigen, dass Corcoran außerirdische Embryonen in seinem Körper trägt (lange Jahre vor „Alien“, in den 1950ern, wird ein für die US-Raumfahrtbehörde arbeitender Mann von einem Alien schwanger – und das auch noch vorehelich! Skandal!), lässt er Corcoran zu einer ausgedehnten Rückblende ausholen, die dieser damit begründet, dass seine Kollegen noch an der Existenz außerirdischen Lebens zweifeln. Man bekommt nun also einen hektischen Zusammenschnitt aus „Attack of the Giant Leeches“, dem jeglicher Bezug zur eigentlichen Handlung fehlt und den Corcoran spielenden Michael Emmet zu allem Überfluss in der Rolle eines unsympathischen Feiglings und Schwerenöters zeigt, die vollkommen von seiner Rolle als Corcoran divergiert. Danke, Bodo, dafür sollte man dir posthum beide Hände abhacken!

Zurück in der Forschungsstation bzw. an den von Filmemachern seinerzeit so gern frequentierten Bronson-Höhlen darf man sich dann aber wieder am gemessen an den „Leeches“ ganz gut aussehenden Man-in-Suit-Monster erfreuen (übrigens ein wiederverwerteter Strahlenschutzanzug aus „Teenage Cave Man“). Dass diese eher plumpe Erscheinung allerdings Teil einer technisch ach so fortschrittlichen Zivilisation sein soll, fällt indes zu glauben schwer und so entsteht ein extremer Kontrast, als das zerlumpte, schwerfällige Etwas im Finale mit ganz normaler Stimme in unserer Sprache sich zu erklären beginnt: Die von ihm Getöteten würden in ihm weiterleben und im Zuge des Fortschritts solle man sich doch ebenfalls von ihm töten lassen, um Unsterblichkeit zu erlangen und seiner Zivilisation zu erlauben, die Erde zu besiedeln (oder so ähnlich). Das wirkt nicht nur arg trashig, sondern wird auch dem bisherigen Verlauf des Films nicht ganz gerecht, der in erster Linie Kritik an den spontanen Tötungsvorhaben der Männer äußerte, die Corcoran stets zu verhindern suchte – man solle nicht blind und wild drauflosschießen, sondern den Dialog suchen, immerhin handele es sich um einen intelligenten, weit gereisten Besucher. Diese fortschrittliche Herangehensweise innerhalb eines Science-Fiction-Films, wie sie beispielsweise schon fünf Jahre zuvor ein Jack Arnold in „Gefahr aus dem Weltall“ demonstrierte, wird davon konterkariert, das Wesen tatsächlich zu einem mit sinistren Absichten zu erklären, das es zu bekämpfen gilt. Mit der durch die Absorption einhergehenden Zerstörung individuellen Lebens erinnert der Film an „Die Dämonischen“ und positioniert sich letztlich irgendwo zwischen den Stühlen des typischen Paranoia-Kinos der 1950er und -60er. Wohlwollend könnte man die These aufstellen, „Night of the Blood Beast“ kritisiere die inneramerikanische Aggression gegen alles Fremde sowie die finsteren Pläne möglicher Invasoren gleichermaßen, realistischer ist aber vermutlich die Einschätzung als nicht ganz durchdachte Schnellproduktion, die manch Genretypisches aufgriff und neu zusammensetzte. Dass man dabei mitunter aber angenehme Eigenkreativität mitbrachte, habe ich bereits erwähnt und die schöne Kameraarbeit, die ein paar kleinere Fahrten unternimmt und spannende Perspektiven bietet, trägt ebenfalls ihren Teil dazu bei, diesen Film zu einem soliden, charmanten Science-Fiction-Abenteuer, das ein typisches Kind seiner Zeit ist, zu machen. Meine Benotung (5/10) bezieht sich auf die deutsche Fassung...
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buxtebrawler
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Außer Atem
Michel Poiccard - ein Gauner, Rebell, Draufgänger auf der Jagd nach seinem Vergnügen. In einer gestohlenen Luxulimousine ist der auf dem Weg nach Paris. Doch er gerät in eine Geschwindigkeitskontrolle. Ein Polizist stellt ihn - und wird vom Michel kaltblütig erschossen. Auf der Flucht vor dem Gesetz taucht er bei Patricia, einer Zeitungsverkäuferin, die Journalistin werden will, unter. Er versucht Geld für die gemeinsame Flucht nach Italien zu beschaffen. Aber der Kreis der Polizei wird immer enger. Patricia wird verhört. Und sie muss sich entscheiden: Karriere oder Liebhaber?
„Franzosen sind Hosenscheißer!“

Das Langfilmdebüt des französischen Regisseurs Jean-Luc Godard, das komplett in Schwarzweiß gedrehte Kriminal-/Liebesdrama „Außer Atem“ aus dem Jahre 1960, zählt zu einem der bedeutendsten Werke der Nouvelle Vague und bedient sich eines eigenwilligen Stils. Das von Godard bearbeitete Drehbuch stammt von François Truffaut. Die folgenden Zeilen enthalten massive Spoiler:

Michel Poiccard heißt eigentlich Laszlo Kovacs (Jean-Paul Belmondo, „Angst über der Stadt“) und schlägt sich als Kleinkrimineller und Draufgänger durchs Leben. Doch als er mit einem gestohlenen Fahrzeug auf dem Weg nach Paris ist, gerät er in eine Polizeikontrolle und erschießt einen Polizisten. In Paris kommt er bei der US-amerikanischen Studentin Patricia (Jean Seberg, „Das Attentat“) unter, die er aus Südfrankreich kennt, und verliebt sich in sie. Sie beginnen eine Liebelei, doch ist sie sich ihrer Gefühle nicht sicher. Als der Arm des Gesetzes schließlich nach Michel greift, verrät sie ihn an die Polizei…

„Das Angenehme ist nicht das Einschlafen, sondern das Aufwachen neben einem Mädchen!“

Wer anhand der Inhaltsbeschreibung zu glauben geneigt ist, es handele sich um eine Romantikschmonzette voll tiefer zarter Gefühle mit tränentreibendem tragischem Ausgang, liegt falsch. Vielmehr handelt es sich um eine französische Interpretation klassischen Bogart-Film-noir respektive eine Ehrerbietung an denselben. Poiccards großes Idol scheint Humphrey Bogart als verwegener, draufgängerischer Macho zu sein, den er in Kleidung und Verhalten zu imitieren versucht. Vor einem Plakat Bogarts streicht er sich über die Lippen, er hält sich für einen Frauenhelden, raucht Kette und nimmt in seinem Narzissmus das Leben nicht sonderlich ernst bzw. scheint den Sinn für die Realität verloren zu haben. In der Tat gerät auch er an einen Typus der Femme fatale, ein gängiges Motiv des pessimistischen Film noir. Die kurzhaarige Schönheit Patricia verdreht ihm den Kopf und verkörpert einen für das Entstehungsjahr ungewöhnlichen, selbstbewussten und eigensinnigen Frauentyp. Sie möchte ihr Studium abschließen, jobbt nebenher als Zeitungsverkäuferin, strebt offenbar Unabhängigkeit an. Sie lässt sich gern von Michel lieben, hat jedoch ganz andere Pläne als an dessen Seite nach Italien zu fliehen.

„Ich will nicht in dich verliebt sein, Michel!“

Michel wiederum scheint so von sich eingenommen, dass er gar nicht recht auf die Idee kommt, dass sie nicht in ihn verliebt sein könnte, ihn vielleicht gar für das halten könnte, was er eigentlich ist: ein Verlierer. Um sich zu beweisen, dass sie ihn nicht liebt, verrät sie ihn schließlich an die Polizei. Ob sie es für das Beste für ihn hielt, ob sie damit auch ihr Gewissen erleichtern wollte, sie sich verpflichtet fühlte, den Polizistenmörder zu verraten, sie mit seiner Tat haderte – darüber verrät uns Godard nichts, vielmehr scheint er als naheliegendsten Beweggrund einen ebenfalls recht ausgeprägten Egoismus der jungen Dame anzubieten. Doch Patricias Entscheidung selbst fällt wesentlich nachvollziehbarer aus, als Michels Reaktion auf die bevorstehende Verhaftung: Er greift zum Revolver und lässt sich erschießen, schleppt sich die Straße hinunter und spricht während seiner letzten Begegnung mit seiner Angebeteten im Sterben jene berüchtigten Worte: „Du bist wirklich zum Kotzen!“ Weshalb er so reagierte, bleibt ebenfalls offen; möglich wäre, dass er aus einer Art Liebeskummer heraus eine Todessehnsucht entwickelte.

Godard lässt Michel einerseits erst Selbstgespräche führen und dann direkt zum Zuschauer sprechen, was die Illusion einer filmischen Realität empfindlich stört, um andererseits einen peinlich genauen Realismus verfolgen, der auf sämtliche Studiokulissen verzichtet, ausschließlich Originalschauplätze aufsucht und natürliches Licht verwendet. Dass sein sehr dialogreicher Film ursprünglich zweieinhalb Stunden lang geriet, zwang ihn zu radikalen Schnittmaßnahmen, die er nicht zu vertuschen versuchte: Sichtbar für jeden Zuschauer finden nicht nur innerhalb einzelner Szenen, sondern gar innerhalb einzelner Dialoge sog. Jump Cuts statt, die hier aus der Not heraus geboren später zu häufig und gern bewusst eingesetzten Stilmitteln avancierten. Klassisches Hollywood-Erzählkino jedenfalls sollte „Außer Atem“ keinesfalls werden und so wird dem Zuschauer auch keinerlei wirkliche Identifikationsfigur angeboten. Statt eines tragischen, bemitleidenswerten Helden präsentiert man in Michel eine betont schnoddrige Hauptrolle, die sexistische Sprüche von sich gibt, sich wie die Axt im Walde aufführt, stiehlt, lügt und betrügt, in Nackt-Zeitschriften blättert etc. Auch die Liebesszenen fallen fast bar jeder Erotik aus und bieten stattdessen (pseudo-)philosophische Dialoge. Der Schnitt indes verhindert jegliche Sperrig- und Langatmigkeit und versieht den Film in Kombination mit dem beschwingten Jazz-Soundtrack mit einer gewissen Spritzigkeit. Auch schauspielerisch ist „Außer Atem“ bestimmt von Leichtigkeit; die großen Gesten lässt Belmondo seinen Michel suchen, aber nicht finden.

All das macht Godards Debüt zu einem Film der Gegensätze, der mehr eine Demonstration originellen Filmemachens denn ein auf eine Aussage oder emotionale Wirkung hin zugeschnittenes Melodram geworden ist – wenngleich die viel- und auch von mir gespoilerte Pointe sicherlich überraschend wäre, würde sie nicht fast jeder Auseinandersetzung mit dem Film vorangestellt werden. Ein zeitgenössisches Publikum jedoch dürfte sich etwas schwer damit tun, ohne Weiteres zu erkennen, was 1960 an diesem Werk als revolutionär galt und evtl. Schwierigkeiten bekommen, es hinsichtlich seiner filmhistorischen Relevanz einzuordnen.
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Ausflug in das Grauen
Irgendwo in den weiten Wäldern Nordamerikas geht ein unheimlicher Schlitzer um. Vornehmliche Opfer sind unbedarfte Camper und pubertierende Teenager, die sich im Wald einige vergnügliche Stunden bereiten wollen. Wer sich nicht schnell genug auf einen Baum retten kann, wird gnadenlos dahingemetzelt...
„Wenn du erst mal richtig Angst hast, kannst du nicht mehr klar denken!“

1981, irgendwann zwischen den ersten beiden „Freitag der 13.“-Fortsetzungen, erschien mit „Ausflug in das Grauen“, auch bekannt als „Don’t Go in the Woods (…alone!)“, ein Backwood-Slasher von US-Regisseur James Bryan („The Executioner“), der selbst bei vielen Fans des Subgenres durchfällt und einer jener berüchtigten beschlagnahmten Video Nasties wurde:

In den Wäldern Utahs hat es jemand auf Camper, Wanderer und andere Freiluftfreunde abgesehen: Brutal meuchelt er seine Opfer. Als eine Gruppe von Freunden zu einem Camping-Ausflug aufbricht, gerät sie ebenfalls ins Visier des Serienmörders. Wer wird überleben? Und was wird von ihnen übrigbleiben…?

„Er ist Anthropologe!“ – „Tatsächlich? Gesprochen hat er aber wie Sie und ich!“

So viel zur äußerst simpel gestrickten Handlung; und man verzeihe mir bitte die Anspielung auf „The Texas Chainsaw Massacre“, womit „Ausflug in das Grauen“ bis auf sein Backwood-Sujet nicht viel gemein hat. Noch bevor man die junge Camper-Gruppe kennenlernt, erwischt es im Prolog bereits jemanden, dem vor seinem Ableben ein Arm ausgerissen wird – durch wen oder was bleibt unbekannt. Subgenretypisches Point-of-View-Geglotze aus dem Walddickicht weist auf ein Whodunit?-Konstrukt und damit auf einen möglicherweise spannenden Handlungsverlauf hin. Tatsächlich darf man sich eine Zeitlang Gedanken darüber machen, wer oder was denn nun genau da sein Unwesen treibt, während ein Tourist mit seiner Mutter umherschleicht und beide ebenfalls zu Opfern werden. Reichlich halbherzig scheint man den Verdacht zwischenzeitlich auf einen Bären lenken zu wollen, denn ein Szenenwechsel ins Sheriffbüro gibt den Anwesenden Gelegenheit, über eben jene Gattung zu palavern; zumindest so lange, bis ein Typ mit schlimmer Pornofrisur den Polizisten eröffnet, dass sie jetzt aufs Land müssten. Dort suchen sie den verschwundenen Anthropologen, bei dem es sich um das bedauernswerte Opfer aus dem Prolog handelt.

„Ich bin so schrecklich, dass sogar ich Angst vor mir hab‘!“

Bevor es den nächsten Campern, diesmal luxuriöseren im möblierten Wohnwagen, an die Krägen geht, bedient man noch liebgewonnene Klischees wie die gar scharöckliche Geschichte am Lagerfeuer. Der Bösewicht latscht unbehelligt weiter durch die Wildnis, wie weitere Point-of-View-Szenen suggerieren. Urplötzlich verlässt James Bryan jedoch anscheinend die Lust auf dieses Versteckspiel, denn nach gerade einmal 33 Minuten enttarnt er seinen Schlitzer, der in seiner Fellkleidung aussieht wie ein Statist aus „Hügel der blutigen Augen“. Nun gut, ab jetzt also mit offenem Visier. Die Situation eskaliert weiter, als der Film sich an seine Campergruppe erinnert und ihre Mitglieder sich zunächst untereinander derbe Späße liefern lässt, bevor ihnen das Lachen gründlich vergeht. Ein wehrhaftes Exemplar der Zeltbewohner bringt kurzerhand den Falschen um, unser böser Waldschrat wirft mit Stöcken. Von den Überlebenden bleibt ein Mädel allein zurück und versucht, in der Wildnis zu überleben wie ein ausgesetztes Tier. Peter (Jack McClelland) und Ingrid (Mary Gail Artz) werden ins Krankenhaus gebracht, aus dem er flieht, um seine Freundin zu suchen. Das Finale wird eingeläutet, als Freiwillige, Peter und die Polizei im Wald nach dem Unhold suchen, ein Rollifahrer fährt warum auch immer dort auch herum und sogar Ingrid wurde aus dem Krankenhaus wieder an den Ort des Geschehens gefahren! All das hinterfrage ich besser gar nicht erst; interessieren würde mich indes, wie man es schafft, trotz kurzer Spielzeit und dieses finalen Aufgebots noch Längen unterzubringen…

„Ausflug in das Grauen“ ist ein sehr fragmentarischer Backwood-Slasher, der reichlich eigenwillig zusammengesetzt erscheint. Vornehmlich ging es wohl um das mehr oder weniger willkürliche Aneinanderreihen spekulativer Tötungsszenen, bei denen man anfänglich lediglich Blutgespritze zu sehen bekommt, die später jedoch an grafischer Härte gewinnen. Dass die Protagonisten in Slasher-Filmen wenn überhaupt nur marginal charakterisiert werden, ist kaum überraschend; wie hier jedoch quasi zusammenhanglos die Opfer eingeführt werden, nur um kurz darauf einen gewaltsamen Todes zu sterben, erscheint schon besonders unmotiviert. Durch sein gefühlt stets gleichbleibendes Tempo macht sich gar aller Gewalt zum Trotz eine gewisse Monotonie bemerkbar, statt einer Spannungskurve sozusagen eine, ähem, „Unspannungsgerade“ – die gegen Ende sogar noch abfällt. Weshalb sich der Missetäter im Wald aufhält und was ihn dazu treibt, brutal alles umzubringen, was ihm an Humanoidem begegnet, kann allenfalls erahnt werden. Kannibalistische Motive sind nicht zu erkennen, mutmaßlich geht es ihm um die Verteidigung seines Reviers. Die meines Erachtens dann doch recht gelungene Schlusspointe gibt jedoch Hinweise, dass es sich ursprünglich um ein im Wald vergessenes oder ausgesetztes Kind gehandelt haben könnte, das auf sich allein gestellt in der Wildnis aufgewachsen ist. Man belässt es bei Andeutungen und versucht gar nicht erst, so etwas wie eine Hintergrundgeschichte (die sich beim Campen am Lagerfeuer gut machen würde…) zu entspinnen.

Wie auch immer dem sei, unmissverständlich appelliert „Ausflug in das Grauen“ an menschliche Urängste vor dem im Wald lauernden Etwas, vor der mehr oder weniger unberührten Natur und dem ihr Ausgeliefertsein etc., doch gelingt es nicht, daraus atmosphärisch Kapital zu schlagen – zu unbeholfen ist der Film handwerklich und schauspielerisch ausgefallen, der zumindest mit seinem dreckigen Look für ein Mindestmaß an Authentizität sorgt. Reichlich seltsam mutet auch der Billig-Elektro-Sample-Soundtrack an, der die eine oder andere Szene in Richtung unfreiwilliger Komik drängt. Ganz anders dagegen der über dem Abspann gesungene Song, der augenzwinkernd und hörenswert ist. Auch der finale Wahnsinn vor der Schlusspointe erinnert angenehm an „Hügel der blutigen Augen“, wie allgemein der Härtegrad nach einiger Zeit beachtlich ist. Die Dialoge sorgen für manch Schmunzler, ebenso diverse abwegige Ideen. Nein, ganz so schlecht, wie er in der Regel gemacht wird, ist „Ausflug in das Grauen“ nicht – solange man ein Herz für Lowest-Budget-Slasher hat und seinem Hirn auch gern einmal eine Auszeit gönnt. Zum Berieselnlassen an einem verkaterten Wochenende gar keine so schlechte Wahl. Wer nächtens bei Kerzenschein Gruselstimmung erzeugen möchte, greift aber besser zur Subgenre-Konkurrenz...
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Blaues Hawaii
Als Chad Gates (Elvis Presley) nach abgeleistetem Armeedienst in seine Heimat nach Hawaii zurückkehrt, will ihn seine Mutter (Angela Lansbury) unbedingt dazu bringen, in der Firma seines Vaters (Fred Gates) eine Karriere zu starten. Doch Chad steht der Sinn mehr nach seiner Freiheit, seinem Surfbrett, dem Strand und unbeschwerten Stunden mit seiner hübschen Freundin Maile (Joan Blackman). Da dennoch etwas Geld in die leeren Taschen gelangen soll, heuert Chad kurzerhand in dem Reisebüro, in dem auch Maile beschäftigt ist, als Touristenführer an...
„Glauben Sie, dass Sie eine Lehrerin mit vier Teenagern zufriedenstellen können?“

Der achte Spielfilm mit Rock’n’Roll-Star Elvis Presley ist gleichzeitig sein erfolgreichster: Die Musik- und Liebeskomödie „Blaues Hawaii“ wurde im Frühjahr 1961 an Originalschauplätzen auf dem US-Inselstaat gedreht, Regie führte Norman Taurog („Café Europa“).

Chad Gates (Elvis Presley) hat seinen Militärdienst abgeleistet und kehrt nach Hawaii zurück, wo seine Zukunft bereits vorgezeichnet scheint: Er soll in das Ananas-Unternehmen seines Vaters (Roland Winters, „Eine Handvoll Hoffnung“) einsteigen. Doch sehr zum Leidwesen seiner Mutter (Angela Lansbury, „Die tollkühne Hexe in ihrem fliegenden Bett“) steht ihm danach nicht der Sinn. Viel lieber verdingt er sich mit seinen hawaiianischen Freunden am Strand, surft über die Wellen, singt fröhliche und romantische Lieder und lässt es sich mit seiner jungen Freundin Maile (Joan Blackman, „Kid Galahad - Harte Fäuste, heiße Liebe“) gutgehen. Um das nötige Kleingeld zu verdienen, nimmt er einen Job als Touristenführer im Reisebüro an, in dem auch Maile angestellt ist.

„Touristen sind keine Menschen!“

„Blaues Hawaii“ zeigt weitestgehend eine Heile-Welt-Idylle, wie sie vermutlich üblicherweise in den verklärten Vorstellungen vom Inselleben existiert. Vorsichtig angedeutet wird jedoch ein Generationskonflikt zwischen Chad und seinen vermögenden Eltern, vornehmlich seiner Mutter, die er nach seiner Rückkehr zunächst gar nicht aufsuchen mag und schließlich nicht gewillt ist, den für ihn vorgezeichneten Weg zu gehen – er möchte Unabhängigkeit und auf eigenen Beinen stehen. Wirklich eskalieren wird diese Meinungsverschiedenheit jedoch nie, dafür ist „Blaues Hawaii“ schlicht zu sehr Teenie-Wohlfühlkomödie, in der – und das wiederum finde ich interessant – in den prüden Frühsechzigern Chad seine Maile aus Spaß (!) eifersüchtig macht, indem er kurzerhand mit einer anderen knutscht (!!) und ihr schließlich ein fröhliches Lied darüber singt, dass er in den zwei Jahren seiner Abwesenheit „fast immer“ treu war! Dies ist sicherlich nicht als Vorläufer der „freien Liebe“ oder einer sexuellen Revolution zu werten, sondern dürfte vielmehr Ausdruck männlichen Chauvinismus sein.

Gesungen wird natürlich viel; im Stile eines Musicals beginnt „der King“ immer wieder unvermittelt, das eine oder andere Lied zu schmettern, meist in Begleitung instrumentierender und/oder mitsingender Freunde. Das interpretierte Material ist meist durchaus hörenswert und reicht von lustigen Nummern wie „Almost Always True“ über rock’n’rollige Stücke bis hin zu hawaiianischer Folklore. Nicht zu vergessen natürlich die Liebeslieder, denn wenn Elvis Mailes Großmutter „Can’t Help Falling in Love“ vorsingt und natürlich Maile damit meint, sollte das niemanden unberührt lassen. Ebenfalls typisch Musical ist natürlich der Kitsch und ob aller aufgesetzter und durchchoreographierter Fröhlichkeit der Fremdschämfaktor, der mit der einen oder anderen Darbietung einhergeht. Auch der komödiantische Faktor wirkt oftmals sehr bemüht und hat außer ein paar lauen Gags nicht viel zu bieten.

Im Rahmen seiner Tätigkeit als Reiseführer bekommt es Chad schließlich mit einer Lehrerin und vier ihrer Schülerinnen zu tun, von denen eine ein aufsässiger, griesgrämiger Backfisch ist, der ihn schließlich – na klar – zu verführen versucht. Obwohl sich Schlawiner Chad weder mit der jungen Dame, noch mit ihrer Lehrerin etwas zu schulden kommen lässt, ruft ausgerechnet dies die Eifersucht seiner Maile auf den Plan. Doch keine Sorge, alles wird gut und am Ende wird tatsächlich geheiratet. Uff… Zuvor jedoch zettelt Chad noch eine Massenschlägerei an, die ihn seinen Job kostet. Den idyllisch-harmonischen Gesamteindruck der hawaiianischen Existenz vermag auch dies jedoch nicht zu trüben. Schon zu Beginn wecken pittoreske Aufnahmen der Insel und ihrer Küste das Fernweh, das exotische Flair sowie leichtbeschürzte Damen (und Herren) tragen ihr Übriges dazu bei. Die Handlung bleibt seicht und leicht verdaulich und ist keinesfalls Hauptaugenmerk des Films. Seltsamerweise scheinen die Schauspieler trotz Original-Drehorten häufiger vor Studiohintergründen mit unbeweglichen Wolken und Wellen zu agieren, evtl. sieht Hawaii aber auch in der Realität einfach aus wie gemalt… Presley scheint sich in seiner Rolle während seiner nach „Café Europa“ zweiten Zusammenarbeit mit Regisseur Taurog jedenfalls sichtlich wohl zu fühlen, seine Maile ist wirklich ganz eine Niedliche und Angela Lansbury darf kräftig chargieren und damit die Rolle einer naiven, reichen Mutter mit eingeschränktem Weltbild, die „nur das Beste“ für ihren Sohn will, karikieren.

Einen Vergleich mit anderen Elvis-Filmen kann ich nicht anstellen, da ich schlicht keine weiteren kenne, aber als in Ordnung gehende Unterhaltung für einen verkaterten Sommer-Sonntag, an dem man völlig erschossen gleich im Bett liegen bleibt, erfüllt „Blaues Hawaii“ sein Soll; Fans des Kings werden sich an ihrem Liebling erfreuen, mehr als ganz leichte Muse sollte aber niemand erwarten.
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Der unheimliche Mr. Sardonicus
Der Arzt Cargrave (Ronald Lewis) wird von seiner Jugendliebe nach Böhmen bestellt, um dort den stets maskiert auftretenden Baron Sardonicus (Guy Rolfe) zu behandeln, welcher entstellte Menschen um sich herum zu lieben scheint. Der Grund für Cargraves Anwesenheit ist ein Muskelstarrkrampf, der Sardonicus ein diabolisches, ummenschliches Dauergrinsen verliehen hat, als er wegen eines Lotterieloses den Sarg seines Vaters öffnete. Da der Baron droht, bei Nichterfolg der Behandlung auch Jugendliebe Maud zu entstellen, verfällt Cargrave auf einen riskanten Plan...
„Der Baron ist ein ungewöhnlicher Mann mit seltsamen Gewohnheiten!“

Im gleichen Jahr wie seinen fulminanten „Psycho 2.0“, gemeint ist natürlich der Psycho-Schocker „Mörderisch“, brachte der Marktschreier des US-Horror-Thrills, Mr. William Castle, die Gothic-Horror-Revue „Der unheimliche Mr. Sardonicus“ in die Kinos. Das war 1961 und die dem Film zugrunde liegende Kurzgeschichte Ray Russells war zuvor im „Playboy“ erschienen. Als besonderes Gimmick ließ Castle diesmal das Publikum abstimmen, welches Ende es lieber möchte: eines, in dem dem Unhold Gnade widerfährt oder eines, das ihn abstraft. Überlieferungen zufolge gab es gar kein gnädiges Ende – genauso wenig wie ein Publikum, das es hätte sehen wollen…

Mediziner Dr. Cargrave (Ronald Lewis, „Ein Toter spielt Klavier“) ereilt der Ruf seiner Jugendliebe Maude (Audrey Dalton, „Alarm für Sperrzone 7“), die ihn nach Böhmen bittet, damit er ihren Mann Baron Sardonicus (Guy Rolfe, „Dolls“) behandelt. Seit dieser an einer Art Gesichtslähmung erkrankte, als den Sarg seines Vaters öffnete, um ein dort hineingeratenes Lotterielos zurückzubekommen, trägt er stets eine ausdrucklose Maske vor seinem entstellten Antlitz. Seinen Frust lebt er durch Folterungen seiner Mitmenschen aus. Cargrave lässt er keine Wahl: Entweder er behandelt ihn oder Maude wird ebenfalls entstellt…

Gentleman-like wie eh und je eröffnet William Castle seinen Film höchstpersönlich, indem er sich mit einer Ansprache an die Zuschauer wendet und ihnen die Geschichte eines Ghuls ankündigt – obwohl Baron Sardonicus auch mit viel Phantasie als keiner zu definieren ist. Im Anschluss lernt man Dr. Cargrave an seiner Wirkungsstätte im London des Jahres 1880 kennen, bevor er sich auf die Reise zu Maude und Sardonicus begibt. Ganz dem Subgenre verpflichtet trifft er auf ein opulentes Anwesen in Form eines alten Schlosses, das die Schwarzweiß-Bilder in atmosphärischen Nebel hüllen, auf einen buckligen, einäugigen Diener (Oskar Homolka, „Sabotage“), später auf einen Folterkeller und ein geheimes Zimmer. Gute Voraussetzungen also für einen Gruselschinken der alten Schule. Dieser versucht den Zuschauer zunächst mit an jungen Mädchen saugenden Blutegeln zu schockieren, hält sich ansonsten aber in Sachen Schrecken eher bedeckt. Castle setzt vielmehr auf die geheimnisumwitterte Aura Sardonicus‘ hinter seiner Maske, den der Zuschauer nach und nach kennenlernt.

Dies geht schließlich in eine Rückblende über, die zeigt, was dem Baron zustieß. Und fürwahr, der Anblick des toten Vaters ist ein echter Schock, warum auch immer er bereits kurz nach seinem Tod bis auf die Knochen abgenagt ist. Unterschiedlich aufgefasst werden dürfte die Enthüllung Sardonicus‘ Gesichts. Auf mich jedenfalls wirkte das an Batmans Joker erinnernde, jedoch weitaus größere bizarre Dauergrinsen, das Sardonicus sogar Sprechen neu lernen lassen musste und ihn seine Nahrung nur noch schlürfen lässt, durchaus verstörend. Sein Name leitet sich übrigens von einem tatsächlich existierenden Krankheitsphänomen ab, dem Risus sardonicus, einer bakteriell hervorgerufenen Muskelverkrampfung, die zu einem hämischen Grinsen führt, das der Betroffene nicht mehr lösen kann.

In guter alter Schauermär-Manier ist dieser Mr. Sardonicus also im Grunde eine tragische Figur. Dessen sind sich Russell und Castle bewusst, wenn sie die medizinisch gewichtete Geschichte – u.a. findet die damals anscheinend neue Erfindung der Spritze zur direkten Injektion in die Blutbahn Erwähnung – letztlich in eine psychosomatische verwandeln, die Sardonicus keine Erlösung bietet. Einwandfrei geschauspielert und ohne Längen oder grobe Schnitzer inszeniert vermengt „Der unheimliche Mr. Sardonicus“ in Poe-Manier klassischen Grusel mit erschreckenden medizinischen Phänomenen und menschlicher Tragödie, von Castle comichaft (aber nicht komisch) und unter Berücksichtigung von Genrestandards unterhaltsam und liebevoll auf die Leinwand gebracht – und ob der wiederum Castle-typischen Bizarrerie länger im cineastischen Gedächtnis verweilend.
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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