Decoder
In einer namenlosen Stadt wandelt Decoder durch die neon-durchfluteten Straßen um mit seinem Kassettenrecorder sperrige Alltagsgeräusche aufzunehmen, die er zuhause durch Filter und Modulatoren jagt um noch seltsamere Klänge zu fabrizieren. Während er die ewig fröhlichen und dauergrinsenden Gesichter in den Burger-Ketten beobachtet, vermutet Decoder, dass ein Zusammenhang zwischen der berieselnden Fahrstuhlmusik in den Läden und den gleichgeschalteten Menschen gibt und mit seiner Vermutung sticht er prompt in ein Wespennest. Wenig später beginnt er mit Gleichgesinnten das System zum Kippen und während ihm eine mysteriöse Organisation einen Agenten auf den Hals hetzt, bricht in der Stadt das Chaos aus…
Durchaus interessanter, aber doch auch sehr sperriger und nicht einfach zu guckenden Avantgarde-Underground-Streifen aus deutscher Produktion und dem Jahr 1984, in der sich die damalige Industrial-Szene in Hamburg die Klinke in die Hand gibt um gemeinsam ihre Subversivität zu zelebrieren. Die Geschichte über einen Überwachungsstaat, der seine Bewohner mittels „Easy Listening“-Musik unter Kontrolle hält, stammt ja von einer Idee von Willam S. Burroughs, der in dem Film neben der „echten“ Christiane F. ebenfalls einen kurzen Auftritt hat und wird von Regisseur Muscha in Clip-artigen Bildern und Schnitten eingefangen, die ebenfalls mit herkömmlichen Sehgewohnheiten brechen und durch ihre interessante Bildsprache, Settings und Ausleuchtung bestechen. Insgesamt betrachtet ist „Decoder“ sicher kein einfacher Film, oder etwas, dass jemals die breite Masse erreichen wird. Vielmehr ist der Streifen ein experimentelles Midnight-Movie mit Noise, Nonsens, Paranoia, Cyberpunk und Chaos, dass anderswo auch Kultstatus besitzt, während hierzulande ja leider kaum jemand diesen Streifen zu kennen scheint.
Cafe Flesh
Fünf Jahre nach dem dritten Weltkrieg ist die Menschheit in zwei Gruppen unterteilt. 99 % der wenigen Überlebenden sind sogenannte „Sex Negatives“, bei denen Sex körperliches Unwohlsein hervorruft, während die restlichen 1 % noch Spaß an der Vereinigung zwischen Mann und Frau empfinden können. Diese „Sex Positives“ werden dazu gezwungen vor den geifernden und neidvollen Blicken der „Sex Negatives“ ihre Akte auf offener Bühne zu vollführen, damit auch diese ihren Kick bekommen, der ihnen selbst auf tragische Weise verwehrt bleibt. Im Cafe Flesh trifft sich allabendlich eine Gruppe von seltsamen Menschen um die sehr extravaganten Performances und zynischen Moderationen zu genießen, die in dem Lokal aufgeführt werden.
Der eigenwillige Erwachsenenfilm „Cafe Flesh“ taucht ja immer wieder in diversen Listen auf, wenn es um schräge, seltsame oder postapokalyptische Filme aus den Achtzigern geht. Der Streifen von Regisseur Stephen Sayadian ist auch ein sehr bizarrer Streifen, der zwar einige Kopulationen bietet, aber mit dem Grundton seines Films in eine andere Richtung geht. Dieser ist zynisch und abgeklärt und bietet eine Menschheit nach dem Atomkrieg, die zum Spannen verdammt ist und sich dennoch nach körperlicher Liebe verzerrt. Dabei hat „Cafe Flesh“ nicht nur eine sehr extravagante Optik, Settings und Kostüme, die nicht verheimlichen, dass Herr Sayadian aus der Werbung kommt, sondern aufgrund ihres begrenzten Schauplatzes auch an experimentelles Revue-Theater erinnert. Sonderlich erotisch fand ich den Streifen ja persönlich nicht und „Cafe Flesh“ bietet mit seinem zynischen und dramatischen Grundton über eine zweigeteilte Menschheit nicht nur Unterhaltung für mittlere Körperregionen, sondern regt auch zum Nachdenken an und zeigt auf gelungene Weise, dass Porno, Originaltiät und Anspruch sich nicht gegenseitig ausschließen müssen.