Nordsee ist Mordsee - Hark Bohm (1976)

Moderator: jogiwan

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fritzcarraldo
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Nordsee ist Mordsee - Hark Bohm (1976)

Beitrag von fritzcarraldo »

Nordsee ist Mordsee
1571230.entity.jpg
1571230.entity.jpg (51.8 KiB) 183 mal betrachtet
Deutschland 1976
Regie: Hark Bohm
Besetzung:
Uwe Enkelmann (Uwe Bohm): Uwe Schiedrowsky
Marquard Bohm: Uwes Vater
Herma Koehn: Uwes Mutter
Dschingis Bowakow: Dschingis Ulanow
Katja Bowakow: Katja Ulanow
Rolf Becker: Polizist
(Wikipedia)

"Der 14-jährige Uwe lebt in einer Hamburger Vorstadtsiedlung. Von seinen Eltern hat der Junge außer Stress nicht viel zu erwarten. Um an Geld zu kommen, knackt er Automaten, seinen Frust lässt er an anderen aus. Zu ihnen gehört auch Dschingis, sein Erzfeind.

Uwe Bohm ist Uwe
Uwe flüchtet vor dem Frust.
Eines Tages aber schließen die beiden Kontrahenten Frieden. Sie freunden sich an, denn sie erkennen, dass sie die gleichen Probleme haben und von den gleichen Träumen und Hoffnungen getrieben werden. Am Ende stehlen sie ein Segelboot um gemeinsam abzuhauen: in Richtung Nordsee. Einer vermeintlich besseren Zukunft entgegen."

Quelle: https://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/ ... 71326.html

"Das ist nicht möglich!"
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fritzcarraldo
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Re: Nordsee ist Mordsee - Hark Bohm (1976)

Beitrag von fritzcarraldo »

Nordsee ist Mordsee
35mm
Hark Bohms berühmtes Jugenddrama. Toller Coming of Age Film im Hamburg der 70er. Kein Glamour, nur Hochhäuser, Armut, Gewalt und Ausgrenzung.
Dazu die vorher unmöglich erscheinende Freundschaft zwischen Dschingis und Uwe, die sich erst schlagen, streiten und dann annähern. Wir sehen zunächst mit viel Lokalkolorit in Hamburg-Wilhelmsburg wie trist sich das Leben dort gestaltet. Aber wie Udo Lindenberg es in seinem Song auch schon ganz zu Anfang ankündigt, Uwe und Dschingis wollen nicht nur raus, sie wollen abhauen. Und so zeigt dieser wunderbare Film dann die Flucht der beiden. Dabei ist der Schluss dann nur noch pures Gold!
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sid.vicious
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Re: Nordsee ist Mordsee - Hark Bohm (1976)

Beitrag von sid.vicious »

sid.vicious hat geschrieben: Fr 22. Feb 2019, 12:45
Sofern ich die Helden der Karl May-Western, die Antihelden des Italo-Western sowie die Rebellen in der populären Musik außer Acht lasse, kann ich festhalten, das meine ersten wahren Helden in Hark Bohms „Nordsee ist Mordsee“ die Welt der Lichtspiele sowie mein Herz enterten. Dschingis, der asiatische Junge, der von seinen Mitschülern gehänselt wird, da er nicht in ihr Bild passt, und Uwe, der stets beweisen will, dass er der Größte ist, dabei jedoch immer tiefer in einen prekären Kladderadatsch hineinrutscht. Zwei (erst spinnefeind und später zu Freunden werdende) Jugendliche, die ihr Drang nach Freiheit sprich die Flucht aus einem sie anwidernden Umfeld zusammenschweißt. Beide Charaktere offerieren dem jungen Publikum ein immenses Identifikationspotential, um deren Leiden und Wünsche mit Situationen zu verbinden, die es in ähnelnder Weise (und sei es nur auf kognitiver Ebene) selber durchlebt hat. Denn Dschingis und Uwe mögen zwar nicht wissen was sie wollen, aber sie wissen definitiv, was sie nicht wollen und das macht sie zu Rebellen, zu den sympathischen Außenseitern der Lichtspiele, die sich gegen ihre Eltern stellen, durchlebtes Leid nicht billigend in Kauf nehmen und schlussendlich die Flatter machen.

Uwe Enkelmann (Bohm), dessen Jugend keine einfache war, antwortete in einem Interview auf die Frage: was die Menschen an „Nordsee ist Mordsee“ berühren würde:

„Weil die zwei Jungs was machen, was sich die anderen nicht trauen. Die laufen ja nicht nur weg, sondern widersetzen sich ihren Eltern. Sie sagen, ich hau ab, weil ihr mir auf den Keks geht. Und ich hau richtig ab, nicht nur so ein bisschen. Die wollen ja eigentlich auch eine Familie, wie jedes Kind. Aber sie haben keine. Oder keine, die funktioniert. Du wünschst dir, dass es entspannt ist zu Hause, dass die Eltern sich nicht mehr prügeln, sondern sich verstehen.“
Ich habe den Film schon zig Mal geschaut, aber letzten Samstag erstmals von 35 mm. Der Rotstich hat mich nicht gestört, der stört mich auch bei den 35mm Kopien der Italo-Western, von denen einige einen Rostich aufweisen, absolut nicht. Denn 35mm Sichtungen sagen mir zig Mal mehr zu als das Ultra HD Gedönse.
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fritzcarraldo
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Re: Nordsee ist Mordsee - Hark Bohm (1976)

Beitrag von fritzcarraldo »

sid.vicious hat geschrieben: Mo 23. Jun 2025, 16:04
sid.vicious hat geschrieben: Fr 22. Feb 2019, 12:45
Sofern ich die Helden der Karl May-Western, die Antihelden des Italo-Western sowie die Rebellen in der populären Musik außer Acht lasse, kann ich festhalten, das meine ersten wahren Helden in Hark Bohms „Nordsee ist Mordsee“ die Welt der Lichtspiele sowie mein Herz enterten. Dschingis, der asiatische Junge, der von seinen Mitschülern gehänselt wird, da er nicht in ihr Bild passt, und Uwe, der stets beweisen will, dass er der Größte ist, dabei jedoch immer tiefer in einen prekären Kladderadatsch hineinrutscht. Zwei (erst spinnefeind und später zu Freunden werdende) Jugendliche, die ihr Drang nach Freiheit sprich die Flucht aus einem sie anwidernden Umfeld zusammenschweißt. Beide Charaktere offerieren dem jungen Publikum ein immenses Identifikationspotential, um deren Leiden und Wünsche mit Situationen zu verbinden, die es in ähnelnder Weise (und sei es nur auf kognitiver Ebene) selber durchlebt hat. Denn Dschingis und Uwe mögen zwar nicht wissen was sie wollen, aber sie wissen definitiv, was sie nicht wollen und das macht sie zu Rebellen, zu den sympathischen Außenseitern der Lichtspiele, die sich gegen ihre Eltern stellen, durchlebtes Leid nicht billigend in Kauf nehmen und schlussendlich die Flatter machen.

Uwe Enkelmann (Bohm), dessen Jugend keine einfache war, antwortete in einem Interview auf die Frage: was die Menschen an „Nordsee ist Mordsee“ berühren würde:

„Weil die zwei Jungs was machen, was sich die anderen nicht trauen. Die laufen ja nicht nur weg, sondern widersetzen sich ihren Eltern. Sie sagen, ich hau ab, weil ihr mir auf den Keks geht. Und ich hau richtig ab, nicht nur so ein bisschen. Die wollen ja eigentlich auch eine Familie, wie jedes Kind. Aber sie haben keine. Oder keine, die funktioniert. Du wünschst dir, dass es entspannt ist zu Hause, dass die Eltern sich nicht mehr prügeln, sondern sich verstehen.“
Ich habe den Film schon zig Mal geschaut, aber letzten Samstag erstmals von 35 mm. Der Rotstich hat mich nicht gestört, der stört mich auch bei den 35mm Kopien der Italo-Western, von denen einige einen Rostich aufweisen, absolut nicht. Denn 35mm Sichtungen sagen mir zig Mal mehr zu als das Ultra HD Gedönse.
Genauso isses! Das dachte ich auch am Samstag.
Und irgendwann ging es dann auch mit dem Rotstich fand ich.
"Das ist nicht möglich!"
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