Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt
Verfasst: Do 16. Okt 2025, 16:21
DELIRIA ÖVER DÜSSELDÖRF
Pt. II: Sonne, Sand und schwarzes Leder

Der Tod trägt schwarzes Leder
Nach meiner Erstsichtung notierte ich wie folgt:
Pt. II: Sonne, Sand und schwarzes Leder

Der Tod trägt schwarzes Leder
Nach meiner Erstsichtung notierte ich wie folgt:
Nach meiner Zweitsichtung ergänzte ich:buxtebrawler hat geschrieben: ↑Di 28. Sep 2010, 13:17„Der Tod trägt schwarzes Leder“ von Massimo Dallamano, veröffentlicht 1974, ist eine außergewöhnliche Symbiose aus Giallo und Poliziesco, die mitnichten von einer in Lack und Leder gehüllten Femme fatale handelt (wie es angesichts des Titels meine erste Assoziation war), sondern die Geheimnisse um einen mordenden, lederoveralltragenden Mopedfahrer mit Hackebeilchen zum Thema hat. Dabei beginnt der Film etwas unvorteilhaft mit einer aufgeknüpften Leiche eines pubertierenden Mädchens, die ohne Schwierigkeiten als Plastikpuppe zu erkennen ist. Die sich nach und nach offenbarende Geschichte um einen Callgirlring minderjähriger Mädchen sowie der Umstand zartbusiger weiblicher Nacktheit lässt eine bedenkliche spekulative Richtung erahnen, die das Drehbuch aber überraschend zugunsten polizeilicher Ermittlungsarbeiten inkl. einer emanzipierten Staatsanwältin und politisch-kritischen Kommentaren verlässt – denn während auf der Straße junge Rebellen wüten, führt die Spur in die Oberschicht… Dadurch erhält Dallamanos Film einen gewissen inhaltlichen Anspruch, der ihn von reine Schauwerte präsentierenden Gialli oder gewaltverherrlichenden Poliziesci wohltuend abhebt. Der Killer indes ist wenig zimperlich und sorgt für manch wohldosierte Blutspritzerei, während ein genialer Soundtrack fast schon für Wohlfühlatmosphäre sorgt. Die schauspielerischen Leistungen sind ordentlich, Mario Adorf bekommen wir in einer ungewöhnlichen Nebenrolle als emotional aufgewühlten Polizisten zu sehen, lediglich die jungen Mädchen wirken etwas hölzern. Letzteres mag aber auch mit der deutschen Synchronisation zusammenhängen, die ich auch bei den abgespielten Tonbandaufnahmen von sexuellen Handlungen bis hin zu Vergewaltigungen als etwas befremdlich empfand. Mich vermutlich auf dem falschen Fuß erwischt hat das Finale des Films, das vollkommen giallountypisch ausfiel, also entgegen meiner Erwartungshaltung keinen ausgeklügelten respektive an den Haaren herbeigezogenen Plottwist anbietet. Bei näherer Betrachtung mag aber gerade darin der Clou, die Pointe liegen. Ein (Halb-)Giallo wäre natürlich kein (Halb-)Giallo, wenn sich nicht auch hier ein paar Logiklücken (und Goofs) eingeschlichen hätten. In Anbetracht der gelungenen Inszenierung, die auf allzu künstlerisches Geschwurbel verzichtet und einer Dramaturgie, die keine Langeweile aufkommen lässt und sich zeitweise sogar recht rasant gibt, fallen ein paar Kleinigkeiten aber nicht weiter ins Gewicht. Somit ist „Der Tod trägt schwarzes Leder“ sicherlich ein empfehlenswerter Italo-Thriller, der nicht nur Die-Hard-Giallo- oder Poliziesco-Freaks anspricht.
Zunächst war ich also von der Machart dieses Genrehybriden überrascht und nahm anscheinend den inhaltlichen Anspruch nicht sonderlich ernst. Später hatte ich mich stärker mit der sexuellen Revolution beschäftigt, somit auch mit den konservativen Reaktionen auf diese, und wähnte, diese in diesem Film wiederzuerkennen. Während meiner Drittsichtung und vor dem Hintergrund der aktuellen Debatte um die Epstein Files, die Magdebürger Lars auch in seiner Einführung erwähnte, machte der Film einen wiederum anderen Eindruck auf mich, der stark in Richtung solchen Machtmissbrauchs tendierte, womit das Ende dann auch stimmig und rund erscheint - und ich vermutlich nah an der intendierten Wirkung bin. Logiklücken fielen mir hingegen keine mehr auf, dafür empfand ich die Kameraarbeit als umso beeindruckender. Auch hier geht's also einen Punkt nach oben!buxtebrawler hat geschrieben: ↑Mi 25. Jan 2012, 20:40 Besonders aufgefallen ist mir bei der Zweitsichtung im Kino, während der ich den Film übrigens wesentlich Poliziesco-lastiger als giallig emfpand, wie der Film eine vermutlich damals dank Pille & Co. grassierende Panikwelle konservativer Kreise aufgegriffen bzw. mitgeschürt hat, für die das Erwachen der Sexualität junger Mädchen und ihr selbstbewusster Umgang damit unweigerlich in Tod und Verderben führen mussten![]()
Umso ungewöhnlicher in diesem Zusammenhang die obrigkeitskritische Aussage des Films. Also auch hier ein Zwitter.