Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

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Moderator: jogiwan

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jogiwan
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Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Beitrag von jogiwan »

Voll das Leben - Reality Bites

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Obwohl sie als Jahrgangsbeste die Abschlussrede in ihrem College hält, muss Lelaina wenig später wie auch ihre Freunde die bittere Erfahrung machen, dass die Arbeitswelt nicht unbedingt auf ambitionierte Studenten wartet. Und so arbeitet Lelaina wenig später als Praktikantin in einer Morgenshow und filmt nebenher ihre Freunde, wie sie ihre Existenzängste und sonstigen Befindlichkeiten in die Kamera sprechen um irgendwann einmal daraus eine prämierte Dokumentation über die Generation X zu machen. Bis es soweit ist, lassen aber Probleme wie Geldknappheit und Arbeitslosigkeit nicht lange auf sich warten und auch in Sachen Liebe muss sich die junge Frau schon bald zwischen Bauchgefühl und Vernunft entscheiden...

„Reality Bites“ ist ja auch so ein Kultfilm aus den Neunzigern, der sich knapp zwei Jahrzehnte später eher als dramaturgische Luftnummer entpuppt und noch dazu schlecht gealtert scheint. Statt das Leben und die Existenzängste der Generation X zu portraitieren, gibt es in Ben Stillers lahmen Streifen auch ein eher unglaubwürdiges Figuren-Karussell mit ihren Luxus-Problemchen, dass noch dazu auch noch sehr an der Oberfläche verhaftet bleibt. Gesellschaftlich relevante Themen wie mangelnde Zukunftsperspektiven, Ausbeutung am Arbeitsplatz, Aids und dergleichen werden zu Lasten einer vollkommen vorhersehbaren Liebesgeschichte untergeordnet und natürlich entscheidet sich die mit dem „realen Leben“ scheinbar hoffnungslos überforderte Drama-Queen Lelaina am Ende nicht für den dumm-doofen Yuppie und ein finanziell abgesichertes Leben, sondern für den chaotischen Philosophen, der noch weniger auf die Reihe bekommt. So war das damals einfach und diese Generation hatte einfach noch die Möglichkeit, sich ihre Probleme selbst zu schaffen, ehe das Internet kam und den Rest erledigte. Man wird als Zuschauer auch die ganze Zeit das Gefühl nicht los, dass in „Reality Bites“ ausgerechnet die langweiligste Figur von allen ins Zentrum der Geschichte gestellt wird. Dabei ist Winona Ryder zwar einfach süß anzusehen und auch die „ehrlicheren“ Homevideoszenen wissen zu gefallen, aber der Rest ist ein nur in Ansätzen stimmiger, und ansonsten eher trivialer und auch ziemlich verklärter Blick auf die Neunziger und eine Generation, die sich selbst einfach viel zu wichtig genommen hat und neben viel Product-Placement kaum Nachhaltiges zu bieten hat.
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jogiwan
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Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Beitrag von jogiwan »

Gefahr im Verzug

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David ist Musiklehrer und abgebrannter Lebemann, der eines Tages durch einen neuen Job den reichen Industriellen Graham Tombsthay, dessen Gattin Julia und Tochter Vivianne kennenlernt, der er Gitarrenunterricht geben soll. Während sich Julia dem jungen Mann sofort und ohne große Umschweife an den Hals wirft und dieser mit ihr eine Affäre beginnt, treten fast zeitgleich zwei weitere Personen in das Leben des jungen Mannes. Edwige ist die undurchschaubare und etwas exzentrische Nachbarin der Tombsthays, die David immer etwas zu neugierig erscheint und Daniel, der David eines Tages bei einem Überfall zu Hilfe kommt und dem jungen Mann seine Freundschaft anbietet. Wenig später häufen sich die seltsamen Zufälle und ehe sich David versieht, ist er in einem Spiel aus Intrigen, Lügen und Sex verstrickt, in dem er kühlen Kopf bewahren muss und bei dem es schlussendlich um sein Leben und seine Existenz geht…

Michel Devilles doppelbödiger Thriller aus dem Jahr 1985 ist eigentlich ein Paradebeispiel, wie man Erotik, Thriller und Arthouse unter einen Hut bekommt und man dabei auch zugleich anspruchsvoll, unverkrampft und unterhaltsam zu Werke gehen kann. Die Geschichte beginnt ja recht harmlos und mit einem neuen Job stürzt sich der eigentlich sympathische Musiklehrer David in eine Affäre mit einer verheirateten Frau. Wenig später geschehen jedoch merkwürdige Dinge im Umfeld des Mannes und ein Netz aus Lügen und Intrigen zieht sich scheinbar immer enger um den Hals des Musiklehrers zusammen. Dabei ist „Gefahr im Verzug“ nicht nur zugleich zurückhaltend und spannend erzählt, sondern auch sehr schön in Szene gesetzt, originell geschnitten und bietet interessante und vielschichtige Figuren und eine geschickt konstruierte Geschichte, die bis zum Ende unvorhersehbar bleibt. Alles ganz, ganz großartig und eigentlich ideal für Leutchen, die eine gute europäische Produktion auch entsprechend zu schätzen wissen. Ich hätte mir jedenfalls nicht gedacht, dass sich hinter dem etwas seltsamen deutschen Titel, dem Cover und der DVD zum Ramschpreis, ein derartiges Juwel versteckt.
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jogiwan
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Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Beitrag von jogiwan »

Der Flug des Navigators

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Am Abend des 4. Juli im Jahre 1978 geht der zwölfjährige David in den Wald um seinen Bruder abzuholen. Als er nach einem Sturz kurz bewusstlos wird und nach Hause geht, findet er im Haus seiner Eltern fremde Personen und muss auf der Polizeistation erfahren, dass er acht Jahre verschwunden war und zwischenzeitlich für tot erklärt wurde. Das Wiedersehen mit seinen Eltern ist herzlich, allerdings der kleine Bruder zwischenzeitlich älter als er und auch die Ärzte sind ratlos, wo der Junge die letzten acht Jahre abgeblieben sein könnte. Auch David ist ratlos und als er immer wieder eine innere Stimme hört und sein Unterbewusstsein scheinbar über seltsame Informationen außerirdischen Ursprungs verfügt, wird auch die NASA auf den Jungen aufmerksam, die zur gleichen Zeit mit einem notgelandeten UFO beschäftigt ist.

Unterhaltsamer Sci-Fi-Abenteuerfilm aus dem Hause Disney, der mit seinen Themen natürlich voll und ganz auf abenteuerlustige Jungs der Altersklasse 9 – 99 zugeschnitten ist und auch den Rest der Familie begeistern sollte. Die Geschichte über David, der im Sommer 1978 verschwindet und im Jahre 1986 um keinen Tag gealtert wieder auftaucht ist ja eine grundsympathische Sache im Fahrwasser von „E.T.“ und auch die Effekte zwischen Großrechner und Jim Hensons Puppenkiste machen auch nach dreißig Jahren noch großen Spaß. Natürlich ist der kultige Streifen aus den Achtzigern von Beginn bis zu seinem Happy-End ein fantastisches Abenteuer der harmlosen Sorte, aber wer hätte sich in jungen Jahren nicht selbst gewünscht, eine derartig fantastische Reise zu unternehmen, einmal um die Welt zu reisen und abends dann wieder mit der Familie am Tisch zu sitzen und Pizza zu bekommen. Für David geht dieser Wunsch ja in Erfüllung und sein Trip mit dem glänzenden Raumschiff dürfte ja mit seinem herzlichen Finale auch heute noch bei kleinen Menschen für glänzende Augen und staunende Münder sorgen und lediglich der vollends abgeklärte Zyniker dürfte sich am naiven Verlauf der Geschichte und den nicht mehr ganz zeitgemäßen Tricksereien stoßen. Sicher der richtige Film um sich mit eigenen, oder ausgeborgten Kindern einen schönen Nachmittag zu machen, oder einfach nur ein paar hübsche Erinnerungen aus der eigenen Jugend aufzufrischen.
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jogiwan
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Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Beitrag von jogiwan »

Rana - Hüter des blutigen Schatzes

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Tomaso Montanaro hat geschrieben:Rana ist ein unbedarfter aber nicht unsympatischer Mittsiebziger-Monsterstreifen.
Da Bill Rebane seine Sache nicht allzu ernst nimmt und die Darsteller mitunter durch gnadenloses Overacting zu unterhalten wissen, ist dieses Werk für Trashfans gewiss keine schlechte Wahl.

Normalos: 3/10 Punkten oder weniger
Trashfans: mindestens 5/10 Punkten
Wie Thomaso schon oben geschrieben hat, ist „Rana – Hüter des blutigen Schatzes“ ein etwas unbedarfter, aber nicht unsympathischer Monster-Trash, der jedoch auch weit davon entfernt ist, ein guter Film zu sein. Obwohl eigentlich alle dafür notwendigen Zutaten vorhanden sind, kommt Bill Rabanes Abenteuer einfach nie so richtig in die Gänge und das titelgebende Monster bekommt man ebenfalls viel zu selten und erst gegen Ende vor die Linse. Stattdessen gibt es eine lahme Geschichte, viel Natur, etwas Schmodder und die neuerliche Erkenntnis, dass man früher wohl recht wahllos irgendwelche Filme aus der Horrorecke der Videothek indiziert hat. Mit Ruhm hat sich hier jedenfalls niemand bekleckert und aus der Kiste der Monsterfilme gibt es einfach viel bessere Streifen, mit denen man sich vergnüglich die Zeit totschlagen kann. Wem „Frogs“ zu langweilig war, kann hier ja mal einen Blick riskieren, aber statt Geheimtipp oder unterschätze Genre-Perle ist „Rana“ eher ein Fall für den anspruchslosen Allesgucker und ähm… Genre-Spezialisten, die sich hier so herumtreiben. Auch die neu veröffentlichte DVD ist leider alles andere als prickelnd und selbst so ein mäßiges Monsterfilmchen hätte irgendwie eine bessere Qualität verdient.

Otto - Der Katastrofenfilm

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Nachdem er bei seiner Geburt (wieder einmal) von seinen Eltern ausgesetzt wird, landet der frisch geborene Otto in den Armen eines alternden Seebären, der dem Jungen beim Heranwachsen mehr schlecht als recht mit seinen Lebensweisheiten zur Seite steht. Am Sterbebett verspricht Otto, dessen Traum zu verwirklichen und in Hamburch an Bord des Luxus-Liners „Queen Henry“ zu gehen um die Welt zu bereisen. Dummerweise ist das Kreuzfahrtschiff jedoch das Spekulationsobjekt böser Firmen und soll wenig später auch auf den Grund des Meeres versenkt werden. Dank der hübschen Sonja und einem quirligen Pinguin kommt man dem Komplott auf die Spur, womit die titelgebende Katastrophe noch lange nicht abgewendet ist…
jogiwan hat geschrieben:Mit so einem Werk vergeht einem auch gleich die Lust auf den eigentlich noch anstehenden „Katastrofenfilm“, den ich ja auch als sehr schlecht in Erinnerung habe - aber die Aufgabe, den zu sichten, darf dann ohnehin eher mein diesjähriges Schrott- und Re-Use-Wichtelopfer übernehmen. ;)
Ende der Neunziger standen ja Katastrophenfilme a la „Armageddon“, „Deep Impact“ und „Titanic“ beim Zuschauer hoch im Kurs, sodass sich findige Produzenten wohl dachten, dass es eine gute Idee wäre, derartiges Bombast-Kino mit dem unverwüstlichen und komödiantischen Urgestein der deutschen Unterhaltungsbranche zu verbinden. Herausgekommen ist Ottos fünfter Kinostreich, für den dieses Mal auch augenscheinlich ein richtig fettes Budget zur Verfügung stand. Geholfen hat es leider wenig und trotz einer passablen Optik und jeder Menge CGI geht Ottos Kreuzfahrtkatastrophe ja ziemlich baden. In „Otto – der Liebesfilm“ hatte man ja bereits die letzten Gags der Bühnenprogramme auf wenig originelle Weise verbraten und für dieses Teil hier, hat man den Rest recycelt und mit einer losen Rahmenhandlung über Versicherungsbetrug und den in Ottofilmen üblichen Parodien auf popkulturelle Werke auf witzlose Weise zusammengetackert. Passieren tut zwar viel, aber zum Lachen gibt es herzlich wenig und der Streifen zeigt auch sehr eindeutig, dass im neuen Jahrtausend die Zeit für Ottos Kalauer-Humor aus den Achtzigern auch schon mehr als abgelaufen war und die Jugend dicht auf den Fersen, mit denen er ja wenige Jahre später mit „7 Zwerge – Männer allein im Wald“ wieder an alte, kommerzielle Kinoerfolge anknüpfen sollte.
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Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Beitrag von jogiwan »

Cassandra - Omen des Bösen

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Cassandra, die Tochter eines erfolgreichen Fotografen und einer Modedesignerin wird eines Tages von mysteriösen Visionen gequält, in denen sich eine junge Frau in dem Landhaus ihrer Eltern Selbstmord begeht. Als Cassandra ihren Eltern Fragen stellt, reagieren diese jedoch ausweichend und erst als sie auch den Mord an einem Model vorausahnt, mit dem ihr Vater eine Affäre hat, erfährt sie von einem schrecklichen Geheimnis aus der Vergangenheit, dass die gesamte Familie nun wieder einzuholen scheint…

„Cassandra – Omen des Bösen“ ist eigentlich ein netter kleiner Slasher/Thriller mit übernatürlichen Momenten und einer jungen Frau, die von schrecklichen Alpträumen, Visionen und Vorahnungen geplagt wird. Dabei sind dem australischen Regisseur Colin Eggleston („Long Weekend“) auch ein paar nette Sequenzen gelungen, in denen Spannungsmomente hübsch bis zum Äußersten ausgereizt wird und auch die Geschichte hält für den Zuschauer ein paar nette Überraschungen bereit, auch wenn das Ende ein Stück weit in bester Cassandra-Manier vorauszuahnen ist. Leider gibt es zwischendurch aber auch immer wieder ein paar kleinere Durchhänger und so schnell und überhastet wie der Streifen in seinen düsteren Visionen geschnitten ist, so langsam ist er oftmals in seinen anderen Szenen, in denen oftmals etwas unnötig Tempo herausgenommen wird. Sonderlich logisch erscheint „Cassandra – Omen des Bösen“ auch nicht und der Streifen kann sich auch nicht so recht entscheiden, ob er jetzt eher Horror, Thriller oder Familiendrama sein möchte und so ist er trotz alledem weder das Eine, noch das andere. Ich mag aber einfach Filme mit derartiger Thematik bzw. düsteren Visionen und Vorahnungen und so hat mich auch dieser – zugegeben - etwas durchschnittliche Beitrag aus Down Under nicht enttäuscht.

Braindead

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Gestern hatte ich spontan noch große Lust auf „Braindead“, dessen letzte Sichtung ja auch schon wieder einige Jahre zurückliegt. Peter Jacksons Funsplatter-Film ist aber auch 24 Jahre nach Entstehung noch immer der große Meilenstein des Genres, dem auch heutzutage meines Erachtens noch immer kein Streifen das Wasser reichen kann, auch wenn es viele mehr oder minder talentierte Regisseure probiert haben. Splatterfilme gibt es ja viele, aber keiner vereint herausgerissene Eingeweide und abgetrennte Körperteile so perfekt und schlüssig mit Spaß, Situationskomik und einer sympathischen Liebesgeschichte über ein schusseliges Muttersöhnen und einer feurigen Spanierin im Neuseeland der Fünfzigerjahre. Das einzig traurige an dem Streifen ist die Tatsache, wie in deutschen Landen mit ihm umgegangen wurde und die Humorlosigkeit, mit der manchen Menschen diesem Streifen begegnet sind. Wer dieser spaßigen „Over-the-Top“-Partyfilm ernst nimmt, ist ja selber schuld und mittlerweile wäre es auch echt an der Zeit, dass sich in diesem Punkt mal etwas tut. Hier gibt’s auch aus Nostalgiegründen nicht viel zu meckern und auch wenn ich mittlerweile kaum noch Splatterfilme gucke – „Braindead“ geht immer.
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Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Beitrag von jogiwan »

Misery

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Dass man es sich mit seinen Fans keinesfalls verscherzen sollte, ist ja eine Erkenntnis, die in Zeiten von Facebook, Instagram und Co. ja tagtäglich in Form von mehr oder minder großen „Shitstorms“ bewiesen wird. Im Falle von Rob Reiners „Misery“ ist die Situation ja ähnlich und die übergroße Fan-Liebe einer Frau zu den schwülstigen Romanfiguren eines Schriftstellers kippt ins Gegenteil, als die psychotische Annie erfährt, dass ihr Idol Paul Sheldon die Titelfigur seiner Misery-Romane kurzerhand in seinem letzten Roman ins Jenseits befördert hat um künstlerisch neu durchzustarten. Dummerweise liegt dieser zu dem Zeitpunkt mit gebrochenen Beinen und bewegungsunfähig im Bett der ehemaligen Krankenschwester, nachdem er in den verschneiten Bergen einen Autounfall hatte. Was danach folgt ist ein gelungenes Zwei-Personen-Psychoduell in einem abgelegenen Haus, bei dem rasch klar wird, dass der verunfallte Schriftsteller dabei ganz schlechte Karten hat. Den Oscar für Kathy Bates gab es ja vollkommen verdient und die Schauspielerin verkörpert ihre Rolle auch mit so einer Inbrunst, dass es dem Zuschauer auch ganz anders werden kann. „Misery“ zählt ja nicht zu Unrecht zu den besten Stephen King-Verfilmungen und die Geschichte ist auch sehr spannend erzählt und bietet für den Zuschauer auch durchaus unangenehme Momente, in denen die Hilflosigkeit des Schriftstellers auch sehr eindringlich in Szene gesetzt wird und sich auf den Zuschauer überträgt. Das Finale ist ebenfalls packend und knackig inszeniert und so ist „Misery“ auch ein Streifen, der immer wieder mal gerne in den Player wandert und dabei sogar wirklich mit jedem Mal besser wird.
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Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Beitrag von jogiwan »

Angst essen Seele auf

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Emi ist eine bescheidene und dennoch herzensgute Witwe, die als Putzfrau arbeitet und eines Tages in einer Gastarbeiterkneipe vor dem Regen Zuflucht sucht. Dort lernt sie den wesentlich jüngeren Marokkaner Ali kennen, der ebenso wie die vereinsamte Frau auf der Suche nach Liebe und Geborgenheit zu sein scheint. Die Beiden verstehen einander und wenig später sind sie zum Missfallen ihrer Umgebung ein Paar. Eine Deutsche, die mit einem Gastarbeiter eine Affäre hat und diesen sogar ehelicht, ist im sittenstrengen und biederen Deutschland der Siebziger jedoch ein gröberer Skandal und wenig später schlägt den Beiden auch die Abneigung, Neid und Hass ganz unverblümt ins Gesicht. Doch Emi versucht stark zu bleiben und ignoriert das Unverständnis ihrer Kinder, die Feinseligkeit der Nachbarn und das ständige Getuschel, dass das Paar begleitet. Monate später scheint man sich an das Paar gewöhnt zu haben und ein friedlicherer Alltag kehrt ein, als Ali sich zunehmend fremdbestimmt und unverstanden fühlt und die Liebe zwischen den ungleichen Partnern neuerlich hart auf die Probe gestellt wird.

„Angst essen Seele auf“ ist ja nicht nur einer von Fassbinders bekanntesten Filmen, sondern auch ein Streifen, der in seiner Thematik der sozialen Ausgrenzung und Unterdrückung leider noch immer aktuell ist. Hier geht es um eine Liebe zwischen einer älteren Frau und einem jüngeren Gastarbeiter, die dennoch gegen alle Widrigkeiten und Anfeindungen Bestand hat. Die Vorurteile, Abneigung und Ressentiments gegenüber fremden Kulturen und anderen Randgruppen scheinen sich dabei in vierzig Jahren wenig geändert zu haben und wenn die Putzfrauen ganz offen unter sich über „die dreckigen Fremden, die Frauen vergewaltigen und von unserem Geld leben“ reden, dann unterscheidet sich das im Grunde wenig von den Dingen, die heutzutage von bestimmten Gruppen in sozialen Medien verbreitet werden oder an manchen Stammtischen diskutiert wird. Dabei verzichtet Fassbinder aber zugunsten eines fast schon dokumentarischen und nüchternen Stils auf eine Wertung oder den moralischen Zeigefinger und spricht mit seinen beiden vielschichtigen Hauptfiguren auch andere Probleme und Ursachen an, die das Glück von innen bedrohen. Eine weitere Besonderheit an „Angst essen Seele auf“ ist auch die Tatsache, dass nahezu der gesamte Verlauf des Streifens bereits vier Jahre zuvor in einer Szene in dem Streifen „Der amerikanische Soldat“ von einer Darstellerin erzählt wird, auch wenn das bittere Ende der damaligen Erzählung dem Zuschauer hier wenigstens erspart bleibt. Aber auch ohne ist „Angst essen Seele auf“ ein beklemmendes und betroffen machendes Zeugnis kleinbürgerlicher Befindlichkeiten, an denen sich trotz vierzig Jahren Wohlstand und Fortschritt wenig geändert zu haben scheint.
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Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Beitrag von jogiwan »

Katzenauge

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„Katzenauge“ ist ja ein netter, wenn auch etwas harmloser Episoden-Grusler von Regisseur Lewis Teague aus dem Jahr 1985, der zwei Jahre zuvor mit „Cujo“ bzw. dem tollwütigen Bernhardiner schon eine sehr solide King-Verfilmung abgeliefert hat. Dieser hat auch zu Beginn einen kurzen Cameo-Auftritt, während es danach um eine streunende Katze geht, die alle drei Episoden über unkonventionelle Raucherentwöhnung, eifersüchtige Spieler und atemberaubende Kobolde lose miteinander verbindet. Dabei sind die jeweiligen Episoden zwar allesamt nicht der Burner, aber schon sehr solide und vor allem kurz und knackig und teils auch hübsch schwarzhumorig in Szene gesetzt, sodass man als aufgeschlossener King-Film-Fan auch keinen großen Grund zum Meckern hat. Zwar sind es sicherlich nicht die besten Kurzgeschichten, die für diesen Film ausgesucht wurden und darstellerisch und inszenatorisch bewegt sich „Katzenauge“ ebenfalls im Mittelfeld und ist mit zweckmäßig am besten beschrieben, aber vor allem die letzte Episode mit dem Kobold ist doch recht hübsch getrickst und hat auch noch Drew Barrymore. Mit Nostalgie-, Katzen- und King-Bonus kommt „Katzenauge“ auch locker übers Mittelfeld hinaus und der Streifen macht auch einfach Spaß – vor allem, wenn man ihn noch von früher kennt!
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Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Beitrag von jogiwan »

Incompresa - Missverstanden

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Liest man die Inhaltsangabe von „Incompresa“, so liegt natürlich die Vermutung nahe, dass Asia Argento mit ihrem dritten Film ihre eigene und anscheinend nicht einfache Kindheit verfilmt hat, auch wenn die Regisseurin dem in einigen Interviews bereits eine Absage erteilt hat und der Streifen auch nicht rein autobiografisch erscheint. Im Falle der von allen Seiten ungeliebten und unverstandenen Aria ist die Mutter erfolgreiche Pianistin und der Vater Schauspieler, die sich aus Ego- und Erfolgsgründen kaum um die Jüngste der Familie kümmern, die auch sonst im Leben keinen nennenswerten Anschluss oder Bezugspersonen findet. Und so bleibt die von Giulia Salerno exzellent dargestellte und von allen so unverstandene Aria auch stets für sich alleine, einsam und tut Dinge, die bei ihrem Umfeld noch weniger auf Gegenliebe stoßen. Dabei erscheint „Missverstanden“ in vielen Momenten wie eine Ansammlung sehr subjektiver Jugenderinnerungen, die aufgrund ihres stets auf hip getrimmten Achtziger-Looks auch etwas zu verklärt erscheinen und im Verlauf seiner episodenhaften Handlung auch keine anderen Sichtweisen zulässt. In vielen Momenten wirkt das statt glaubwürdiger Aufarbeiten der eigenen Vergangenheit auch eher wie eine bittere Abrechnung mit einem Leben, dass man sich so nicht gewünscht hat und auch die trotzig erscheinende Ansage am Ende des Streifens erscheint für eine mittlerweile Vierzigjährige wenig versöhnlich. Ohne Interesse an der Person und diesem Hintergrund wären die Stimmen zu dem durchschnittlichen "Coming-of-Age"-Drama wohl auch weit verhaltender und so ein filmischer Stinkefinger in Richtung eigener Familie ist wohl auch nicht der richtige Weg um im Leben Frieden zu finden.
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Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Beitrag von jogiwan »

Behind the Mask

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So unterschiedlich können die Meinungen sein und ich als bekennender Slasher-Fan fand „Behind the Mask“ ja ganz ordentlich bzw. originell und hier merkt man auch, dass sich jemand seine eigenen Gedanken zu den Mechanismen und Klischees des Genres gemacht hat, dass mittlerweile ja auch schon knapp 35 Jahre auf dem Buckel hat. Was in bester „Mann beißt Hund“-Manier als Doku von ein paar Studenten über einen ambitionierten und aufstrebenden Serienmörder beginnt, wandelt sich im letzten Drittel dann aber zu einem handelsüblichen Slasher, der ironisch-amüsanten Sorte in dem alles geboten wird, was man sich von einer derartigen Produktion erwartet. Gelungen fand ich auch, dass dieses Wackelkamera-Dingens nur solange durchgezogen wird, wie es für die Geschichte notwendig ist und der Streifen dann auf herkömmliche Spielfilm-Erzählweise wechselt. Natürlich ist „Behind the Mask“ dabei schon aufgrund seiner Geschichte auch immer etwas augenzwinkernd gemeint und die Wendung nach zwei Drittel seiner Laufzeit kann man als Genre-Spezi natürlich schon vorherahnen, aber ansonsten fand ich das Teil für eine Indie-Produktion ja schon gelungen. Ein interessanter Beitrag zum Genre, der sich auf amüsante Weise den Grundregelnd dieser Filme nähert und diese auf spaßige Weise persifliert, ohne dass dabei ein heimeliges Slasher-Feeling zu kurz kommt.
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