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Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Verfasst: Mo 2. Mai 2016, 19:24
von jogiwan
Shortbus

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Halbwegs anspruchsvolle Filme mit authentischen Sex-Szenen gibt es ja mittlerweile gar nicht so wenig und das europäische Arthouse-Publikum gibt sich in diesem Punkt ja ohnehin offen und frei von falschen Vorurteilen. Das es aber einen amerikanischer Streifen benötigt um Sex unbefangen, leidenschaftlich und positiv einzufangen, hätte ich persönlich ja nicht gedacht, aber im Gegensatz zu Ulrich Seidl & Konsorten ist John Cameron Mitchell ein sehr optimistischer Film mit traurigen und lustigen Momenten gelungen, der doch sehr explizit daherkommt und sich dennoch nicht nur auf seine sexuellen Momente verlässt. Schon der Auftakt lässt nichts offen und ehe man sich versieht, sieht man die vorerst noch unbekannten Figuren in sehr eindeutigen Momenten, ehe sich die Personen als interessant, lebhaft, menschlich und durchaus problembehaftet offenbaren. In einem Club namens „Shortbus“ für sexuelle Offenheit und gesellschaftliche Außenseiter treffen sie alles aufeinander und haben eine gute Zeit und bekämpfen so ihre ganz persönlichen Dämonen. Zwar löst Sex sicher nicht alle Probleme der Welt, aber ein bisschen knattern hat ja noch nie geschadet und miteinander zu schlafen heißt ja auch sich näher zu kommen und das hat gerade in Zeiten, in der die Gesellschaft immer mehr auseinander zu driften scheint, ja auch noch nie geschadet.

Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Verfasst: Di 3. Mai 2016, 19:58
von jogiwan
Richy Guitar

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Auf „Richy Guitar“ muss sich wohl leider wirklich niemand etwas einbilden und irgendwie kann man gut nachvollziehen, dass Herr Farin und Herr Bela nicht auf das Teil angesprochen werden wollen. Abgesehen von den durchaus interessanten Berlin-Locations und als Zeitdokument taugt der Streifen ja nicht wirklich und präsentiert mit Richard einen eher unsympathischen Charakter, der auch nicht so wirklich als Identifikationsfigur taugt und eher leidlich versucht mit Pump und Fünf-Finger-Rabatt seine Musikkarriere in Gang zu bringen. Neben der Erkenntnis, dass sich manche Träume nicht erfüllen gibt es eher seltsame Begebenheiten am laufenden Band, einen wenig wertschätzenden Umgang mit Freunden, Freundin und Kollegen und auch Richards angebliche Begeisterung und Leidenschaft für Musik überträgt sich nie so wirklich auf den Zuschauer. Als großer Musikfilm- und Deutschploitation-Fan möchte man den Streifen ja eigentlich gut finden, aber Regisseur Michael Laux lässt nahezu keine Gelegenheit aus, seine Protagonisten in ein eher fragwürdiges Licht zu rücken und sein gesamtes Werk sehr leidenschaftslos und dröge in Szene zu setzen. Mehr Musik hätte jedenfalls nicht geschadet und zum Glück ist aus zwei der Darsteller ja doch noch was geworden - dass Herr Laux danach aber keinen weiteren Film mehr realisiert hat, verwundert hingegen etwas weniger.

Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Verfasst: Mi 4. Mai 2016, 19:35
von jogiwan
Fright Night - Die rabenschwarze Nacht

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„Fright Night“ hat man als Horrorfan mit ehemaligem Videotheken-Pass ja als spaßige 80er-Vampir-Horrorkomödie im Bewusstsein und daher hatte ich gestern bei der Neusichtung auf Blu-Ray auch im Vorfeld keine Bedenken. Leider ist Tom Hollands Streifen aber abgesehen von den hübschen Tricks im Finale recht schlecht gealtert und die eher behäbig erzählte Geschichte leidet auch etwas darunter, dass von Anfang an klar ist, dass es sich bei dem Nachbarn um einen Vampir handelt und die Figuren doch etwas farblos daherkommen. Chris Sarandon ist als Blutsauger auch nicht gerade die beste Wahl und „Fright Night“ braucht mit seiner nicht ganz so originellen Geschichte aus Teen-Angst und Vampir-Gothic dann einfach viel zu lange, bis er in Fahrt kommt und aus der Geschichte hätte man sicher wesentlich mehr herausholen können. Im letzten Drittel und dem turbulenten Finale passt dann aber alles und die liebevollen und handgemachten Effekte und das Monster-Make-Up brauchen sich hingegen nicht hinter anderen Produktionen zu verstecken und bereiten dem Fan auch knapp 30 Jahre nach Entstehung noch immer große Freude. Irgendwie ist „Fright Night – Die rabenschwarze Nacht“ ja dann auch wieder irgendwie nett, aber auch nicht mehr und ich hatte das alles auch irgendwie wesentlich stimmiger in Erinnerung.

Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Verfasst: Do 5. Mai 2016, 20:25
von jogiwan
Vampire Office

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„Vampire Office“ ist einer dieser Filme mit origineller Grundidee, die man eigentlich gut finden möchte und dennoch leidet die Mischung aus „The Office“ und Vampirfilm leider unter akuter Beißhemmung und lässt den Horrorkomödienfan im Großen und Ganzen auch eher unbefriedigt zurück. Die Geschichte über Vampire, die sich hinter der biederen Fassade eines Großraumbüros verstecken und nach Jahrzehnten friedlicher Co-Existenz aufgrund einer Alzheimer-Erkrankung ihres Bosses auf einmal mit menschlichen Arbeitskollegen konfrontiert werden ist ja nicht wirklich lustig und schafft es auch nicht aus seiner originellen Grundidee eine runde Sache zu machen. Trotz skurriler Figuren und Momente wirkt die ganze Sache immer sehr zerfahren und konstruiert und alles was Dean Matthew Ronalds an eigenen Ideen dem Vampir-Mythos hinzufügt um der Sache Glaubwürdigkeit zu verleihen, wirkt entbehrlich, nebensächlich und verleiht seinem „Netherbeast Incorporated“ mit ständigen Erklärungen fast schon einen „Die Sendung mit der Maus“-Charakter. Am Ende wird’s dann auch noch etwas spannend und für eine ungewöhnliche Love-Story ist ebenfalls noch Platz und trotzdem fehlt dem eher blutarmen und kostengünstig inszenierten Spektakel eindeutig Witz und Biss. Kann man gucken – muss man aber nicht!

Imprint

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Takashi Miikes Beitrag zur „Masters of Horror“-Serie ist ja vor allem dadurch bekannt, dass dieser Episode aufgrund seiner durchaus herben Bilder und Abtreibungsthematik seinerzeit die Kabelkanal-Ausstrahlung verweigert wurde. Während die Optik ja durchaus interessant und vor allem asiatisch-exotisch daherkommt, ist die etwas verworren erzählte Geschichte aber nicht ganz so der Bringer und präsentiert einen amerikanischen Mann in vergangenen Jahrhunderten auf der Suche nach seiner Prostituierten, die kurz davor wegen einem vermeintlichen Diebstahl grausam gefoltert wurde. Dabei spart Nadel-Fetischist Miike nicht mit drastischen Bildern und setzt dem Ganzen immer noch hübsch einen oben drauf, bis am Ende alles in Richtung Bodyhorror kippt. Je mehr ich aber in die Welt der „Nikkatsu“-Filme eintauchte und ohne dem Überraschungseffekt der ersten Sichtung wirkt Miikes „Imprint“ aber dann auch nicht mehr ganz so originell und ist mir irgendwie für meinen Geschmack auch zu sehr auf den westlichen Gorehound zugeschnitten. Der bekommt hier dann auch einen plakativen Vertreter aus der WTF-Ecke vor den Latz geknallt, der hübsch auf die Kacke haut und sich dennoch immer einen Tick zu sehr auf seine Torture-Porn-Momente verlässt, während sich Miike wohl heute noch über die entsetzten Blicke der Produzenten ins Fäustchen lacht...

Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Verfasst: Fr 6. Mai 2016, 19:55
von jogiwan
Queen of Blood

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Eines schönen Herbsttages entsteigt eine Vampir-ähnliche und unbekleidete Frau einem Teich und wird von einem trauernden Einsiedler gefunden und mit in dessen spärlich möblierte Holzhütte genommen. Dort versorgt dieser die namenlose Frau mit frischer Kleidung und wird dennoch wenig später von ihr ermordet. Fortan streift die junge Frau blutverschmiert und wortlos durch die herbstliche und entlegene Gegend und ermordet scheinbar zu Nahrungszwecken wahllos Menschen, bis sie auf einen zwielichtigen Prediger trifft, der ebenfalls schon einige Frauen auf den Gewissen hat…

„Queen of Blood“ des Ex-Fangoria-Redakteurs Chris Alexander ist nicht nur ein Streifen ohne jegliche Dialoge, sondern steht wohl ganz im Zeichen des Schaffens von Jean Rollin, der ja zu Lebzeiten bekanntlich ein Faible für weibliche Vampire und untote Frauenfiguren hatte. Leider ist das Ergebnis im Falle von Chris Alexander aber nicht sonderlich originell und die bisweilen recht schön eingefangenen und herbstlichen Bilder nebeliger Pferdekoppeln und eine Hauptdarstellerin im blutverschmierten Totenhemd helfen recht wenig, wenn man im Grunde keine richtige Geschichte zu erzählen hat. Der ständige Einsatz von Zeitlupe verlangt dem Zuschauer trotz kurzer Laufzeit von knapp 77 Minuten auch viel Geduld ab und ohne Dialoge wirken auch die Western-haften Settings ebenfalls etwas zu bemüht auf anspruchsvoll getrimmt. So richtig begeistern konnte ich mich das Ergebnis dann auch nicht und der Prequel zu Alexanders auf der IMDB ebenfalls nicht sonderlich gefeierten „Blood for Irina“ ist wohl eher was für Fans des „Skinny Puppy“-Sängers Nivek Ogre, der hier einen mordenden Prediger darstellt und Leutchen, die sich an entschleunigten und bedeutungsschwangeren Bildern mit mystischen Touch erfreuen können, während ich bei Lust auf einen ruhigen und poetischen Horrorfilm wohl eher weiterhin die Werke des Herrn Rollin vorziehen werde.

Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Verfasst: Sa 7. Mai 2016, 19:42
von jogiwan
Miss Lovely

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„Miss Lovely“ ist ein für sein Entstehungsland doch sehr ungewöhnlicher Streifen, der mit einem semi-dokumentarischen Stil das Leben von Sonu beschreibt, der gemeinsam mit seinem Bruder für dubiose Geldgeber im Indien der Achtziger schundige Horror- und Sexfilme produziert, die in Indien jedoch per Gesetz verboten und auch gesellschaftlich verpönt sind. Als Sonu davon träumt, einen richtigen Liebesfilm zu inszenieren, in dem seine große Liebe die Hauptrolle spielen soll, riskiert er viel und lernt bald die Schattenseiten des zwielichtigen Underground-Filmbusiness kennen. Obwohl die dafür verwendeten und leider nur sehr kurzen Filmszenen durchaus interessant wirken, macht „Miss Lovely“ aus seiner Geringschätzung für diese Werke und dessen Entstehungsumfeld leider keinen großen Hehl und auch die Zensurpolitik und Möglichkeiten sorgen dafür, dass der Streifen trotz interessanter Thematik auch zumindest in Punkto präsentierten Szenen immer harmlos bleibt. Trotzdem ist Ashim Ahluwaila ein interessanter, dramatischer und teilweise beklemmender Streifen jenseits jeglicher Bollywood-Romantik gelungen, der zwar keine geradlinige Story erzählt und inhaltlich viel offen lässt, aber nebenher auch sehr viel über die Probleme und Missstände der indischen Gesellschaft mit ihren fragwürdigen Moralvorstellungen und strikter Zensurpolitik aussagt. Das hätte zum Beispiel ein Ulrich Seidl, der mir bei der Sichtung immer wieder in den Sinn kam, unter den vorgegebenen Bedingungen der indischen Filmbehörde wohl auch nicht besser hinbekommen.

Blood for Irena

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In einem heruntergekommenen Motel an einem Strand lebt Vampir Irena in einem kleinen Zimmer und macht sich nachts auf die Suche nach neuen Opfern. Dabei wird sie von einem mysteriösen Mann beschützt, der ihr ergeben scheint und die Leichen der ausgesaugten Beute beseitigt. Doch Irena leidet und wird gequält von Erinnerungen aus der Vergangenheit, dem ewigen Kreislauf aus Jagen und Töten und einem Körper, der auch zunehmend zu sterben scheint. Während Irena aber nichts anderes übrigbleibt, als weiter an ihrem Treiben festzuhalten, wächst in ihr den Entschluss mit diesem Leben Schluss zu machen und findet in einer todessehnsüchtigen Prostituierten die ihrer Meinung nach richtige Kandidatin um ihren grausamen Fluch loszuwerden…

Nachdem ich tags zuvor mit „Queen of Blood“ ja quasi das Prequel gesehen habe, stand gestern „Blood for Irina“ auf dem Programm mit dem Ex-Fangoria-Redakteur Chris Alexander 2012 erstmalig als Filmemacher in Erscheinung trat. „Blood for Irena“ ist dabei ziemlich eindeutig eine Hommage an die Filme des Jess Franco, erinnert inhaltlich an seinen 1975 gedrehten „Female Vampire“ und ist im Abspann auch „Lina“ gewidmet, wobei wohl Lina Romay gemeint sein wird. Dennoch ist der Streifen abermals nicht sonderlich gelungen, verzichtet auf Dialoge und verlässt sich lieber auf Zeitlupe und Bildern von vermüllten Hinterhöfen, nebelverhangenen Industrievierteln und eine Protagonistin, die mit überdimensionaler Jackie-O-Brille durch nächtliche Gassen streift . Die Geschichte und Zusammenhänge darf sich der Zuschauer selbst zusammendenken, sodass die obige Inhaltsangabe auch nur auf meinen Empfindungen basiert und keinen Anspruch auf Richtigkeit erhebt. Mit knapp 70 Minuten ist das Ergebnis zum Glück auch eher zeitschonend ausgefallen und man kann sich mit entsprechendem Wohlwollen auch durch die Handlung mit seinen gequälten Figuren und bedeutungsschwangeren Bildern treiben lassen. Mit etwas Fachkenntnis und einem Auge für hübsch abgefuckte Locations würde so etwas aber wohl jeder zusammenbringen, aber zumindest ist mit „Queen of Blood“ schon eine Steigerung bemerkbar und vielleicht wird das ja noch was mit der Karriere, wenn Herr Alexander die übergroßen Vorbilder hinter sich lassen kann und etwas mehr Eigenständigkeit wagt.

Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Verfasst: So 8. Mai 2016, 19:30
von jogiwan
E.N.D. The Movie

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Am „Day Zero“ mutiert eine junge Frau durch verunreinigtes Kokain zu einem Zombie-Monster und attackiert in weiterer Folge ihren Lover auf der Toilette eines römischen Clubs. Dies ist der Anfang einer ganzen Epidemie, die sich in weiterer Folge in Italien ausbreiten wird. Am „Day #1“ wissen die Mitarbeiter eines Beerdigungsinstituts aber noch nichts von dem kommenden Kollaps des Landes und der Zombie-Invasion. Am „Day #1466“ ist das Land bereits von Zombies verseucht, während ein junger Mann versucht, eine hochschwangere Frau in Sicherheit zu bringen. Am „Day #2333“ hat man die Hoffnung bereits aufgegeben, der Invasion Herr zu werden und in dem unter Quarantäne gestellten Italien beginnen auch die mutierten und unverwundbaren Monster Intelligenz zu entwickeln, sich neu zu sozialisieren und gegen Eindringlinge zu wehren…

Ein aktueller Zombie-Film aus Italien ist ja mittlerweile etwas mit Seltenheitswert und der Episodenhorror „E.N.D.“ ist überraschenderweise für eine Low-Budget- und Indie-Produktion eigentlich ganz ordentlich ausgefallen. Vor allem die Episoden „Day #1“ und „Day #2333“ überraschen mit einer originellen Geschichte und Herangehensweise, während sich in „Day #1466“ zur eher sehr konventionellen Geschichte nicht nur ein paar Geschmacklosigkeiten, sondern auch ein paar misslungene CGI-Effekte eingeschlichen haben, die im Gesamtbild eher unnötig erscheinen. Der Rest ist mit eher langsamen Zombies (also nicht die aus der Hochleistungs-Sportler-Ecke) ein Untoten-Film für Fans der alten Schule und obwohl hier vier unterschiedliche Regisseure am Werk waren, ist am Ende doch eine durchaus homogene Mischung entstanden, die in drei Episoden („Day Zero“ ist ja als Intro zu sehen) die unterschiedlichen Aspekte und Auswirkungen einer Zombie-Pandemie in Italien beleuchten. Auslöser des Projekts war dabei wohl die Episode „Day #1“ die als Kurzfilm „E.N.D.“ bereits 2013 Aufmerksamkeit erregte und hier in die Handlung aus drei verschiedenen Zeit- und Handlungsebenen neu verwendet wurde. Der kurzweilige und recht flott erzählte „E.N.D. The Movie“ schafft es dem mittlerweile doch schon sehr ausgelutschten Zombie-Thema neue Facetten abzuluchsen und Freunde von Low-Budget-Filmen, Episoden-Horror und Untoten-Fans können daher durchaus einen Blick riskieren, ohne groß enttäuscht zu werden.

Darkness surrounds Roberta

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Nach einem Überfall und einer Vergewaltigung ist die hübsche Kunst-Studentin Roberta traumatisiert und hat ihre künstlerische Karriere auf Eis gelegt um gemeinsam mit der Prostituierten Dora Freier auszurauben. Diese unterstützt mit dem Erlös aus den nächtlichen Raubzügen ihren drogensüchtigen Bruder, während Roberta nach außen hin das brave und gelangweilte Leben einer Politikergattin führt. Als sie eines Tages eine grauenvoll verstümmelte Leiche gefunden wird und Roberta einen Brief mit kompromittierenden Fotos erhält ist das erst der Auftakt zu einer ganze Reihe von Mordfällen im Umfeld der jungen Frau und während die Polizei mit Hochdruck ermittelt, gerät auch Roberta ins Visier des maskierten Killers, der mit der jungen Frau seine ganz eigenen Pläne verfolgt…

Neo-Giallo aus der Low-Budget-Ecke gibt es ja viele und die meisten davon sind ja leider eher mehr schlecht als recht ausgefallen. Auch die ersten Minuten von „Darkness surrounds Roberta“ lassen Schlimmes erahnen und dennoch bekommt der Streifen relativ rasch die Kurve und überzeugt trotz kostengünstiger Machart mit hübschen Handlungsort, einer sehr konstruierten und dennoch soliden Geschichte mit halbwegs sympathischen Figuren und einer Auflösung, die eher für Stirnrunzeln sorgt. Also durchaus Zutaten, die auch aus einem derartigen Streifen aus den Siebzigern stammen könnten und beim Fan wohlige Erinnerungen an Giallos mit Handschuh-Mördern und Rasiermessern hervorrufen. Wer bei dem Wort „Low Budget“ nicht gleich Ausschlag bekommt, wird jedenfalls mit Giovanni Pianigianis Werk durchaus gut bedient und selbst ich als Person, die Neo-Giallos ja oftmals nicht so positiv gegenübersteht muss neidlos zugestehen, dass hier dank guter Geschichte doch vieles richtig gemacht wird und nicht nur plump kopiert oder die Gore-Keule geschwungen wird. Hinter Werken wir „Tulpa“ oder manchen Spät-Argento muss sich „Darkness surrounds Roberta“ ja nicht unbedingt verstecken und mit etwas mehr Kohle für die Ausstattung und Technik, sowie etwas gestraffter Laufzeit würde der Streifen sicher auch bei der breiteren Masse gut ankommen.

Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Verfasst: Mo 9. Mai 2016, 19:57
von jogiwan
Wolfzeit

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Da macht der Michi Haneke einen Endzeit-Film und nimmt dann (fast) alles Reißerische aus seinem Streifen heraus. Zurück bleiben Unsicherheit, Hilflosigkeit und schlechte menschlichen Charaktereigenschaften, die in Krisenzeiten hervorbrechen. Auch wenn Haneke die Zeit und die Ursachen seines Szenarios nur andeutet, ist „Wolfzeit“ eigentlich der Film zur vermeintlichen Asylkrise und zeigt eine junge Familie, die sich in einer schwierigen Zeit durchschlagen muss, in der das eigene Leben vom Wohlwollen anderer abhängt, denen das eigene Wohl aber immer näher ist, als der Andere. Das ist zwar nicht sonderlich schön, aber leider nachvollziehbar und aktueller denn je, wenn in episodenhaften Momenten ein Bild der Hoffnungslosigkeit, Einsamkeit und Verzweiflung gezeichnet wird. Sozusagen die andere Seite, in der Menschen mit Hoffnung auf ein besseres und gewaltfreies Leben angefeindet, als Bittsteller geduldet oder gleich ins primitive oder kriminelle Eck gestellt werden. „Wolfzeit“ macht diese existenziellen Ängste für den Zuschauer spürbar und auch wenn der Streifen keine Antworten bietet, so bleibt am Ende wenigstens noch ein kleiner Funken Hoffnung zurück. Ein dennoch sehr unbequemer und teils beklemmender Streifen.

Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Verfasst: Di 10. Mai 2016, 19:10
von jogiwan
Das Gasthaus zur Wollust

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Marta betreibt gemeinsam mit ihren an den Rollstuhl gefesselten und impotenten Gatten ein heruntergekommenes Hotel am Meer, das jedoch keine Zimmer an Touristen vermietet. Viel mehr hat sich dieses Etablissement auf die Erfüllung sexueller Phantasien verschrieben, dass seine Zimmer auch nur an zahlungskräftige Stammkunden überlässt, die von Martas zwielichtigen Freund vermittelt werden und stets besonderes Interesse an dem hübschen Stubenmädchen Laura hegen. Als eines Tages der Maler Andrea auf der Bildfläche erscheint und sich mit seinem Wunsch nach einem Zimmer nicht abwimmeln lässt, bekommt dieser auch eher widerwillig ein Zimmer vermietet um nach Außen den Schein eines normalen Hotels zu wahren. In den darauffolgenden Tagen wird Andrea Zeuge von den seltsamen Vorgängen und während sich Laura in den zurückhaltenden Mann verliebt, betrachtet Marta argwöhnisch das Treiben und versucht einen Keil zwischen die Beiden zu treiben, ehe auch Andrea seine eigentlichen Ziele offenbart…

Über die schweizerische VÖ zu „Gasthaus zur Wollust“ ist in den vergangenen Wochen ja sehr viel diskutiert und gestritten worden und ob man für einen derartigen Film und seltenen Schweinkram auf lediglich gebrannter Disc sein Geld ausgeben möchte, muss ja wohl jeder für sich selber entscheiden. Bruno Gaburros sleaziger Streifen ist jedenfalls eher ein Drama mit einigen HC-Elementen, der mit seiner Geschichte über die Vorgänge in einem als Hotel getarnten Bordell schon noch die Kriterien eines herkömmlichen Spielfilms erfüllt und seine wenigen Hardcore-Elemente durchaus gelungen in seine Handlung integriert. Dabei handelt der Streifen wieder einmal von den üblichen Figuren wie lüsternen Männern und dauergeilen Frauen, sowie den gemeinsamen Spielarten der Liebe, wobei auf zu plakative Momente, Ejakulationen und jedwede Gewalt verzichtet wird. Jeder der Darsteller macht sich ja auch nicht nackig und Carlo de Mejo muss ebenfalls nicht seinen Mann stehen, sondern sorgt mit seinem Erscheinen für eine Prise Mystery in der bisweilen etwas drögen und sich auch etwas wiederholenden Handlung über verlorene Seelen, zwielichtige Gestalten und sexuellen Ausschweifungen. „Gasthaus zur Wollust“ ist dann wohl auch ein eher durchwachsenes und zweckmäßig inszeniertes Erotikdrama aus der obskuren Ecke, das trotz seiner ansehnlichen Mädels wohl doch eher den eingefleischten Italo- und Erwachsenenfilm-Fan ansprechen wird und seinen Ruf zum Teil sicher auch eher seiner Seltenheit, als seiner filmischen und inhaltlichen Qualitäten zu verdanken hat.

Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Verfasst: Mi 11. Mai 2016, 19:21
von jogiwan
The Last Horror Movie

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„The Last Horror Movie“ ist irgendwie schon ein fieses kleines Stück Film im Stil von "Mann beißt Hund", dass mit der direkten Ansprache des Serienmörders auch immer geschickt mit der Erwartungshaltung des interessierten Publikums spielt und diese vorführt. Dabei ist der hoffnungslos selbstverliebte und ziemlich arrogante Max wohl fraglos ein A-Lo sondergleichen, der sich anderen weit überlegen fühlt und mit dem man wohl auch nicht auf ein Bier gehen wollen würde. Dummerweise hat er mit einigen seinen Ausführungen aber nicht so unrecht und so ertappt man sich im Verlauf des Streifens selbst auch immer wieder bei eigenen und moralisch fragwürdigen Gedanken. Leider wirkt der vermeintlich „Slasher“-Gag als Auftakt doch etwas lahm und auch das auf ein vergangenes Videotheken-Zeitalter zugeschnittene Finale funzt in Zeiten von DVD und Streaming leider nicht mehr. So kann sich der Zuschauer auch beruhigt zurücklehnen und das „Manifest“ des Killers in aller Ruhe verfolgen, anstatt sich zu fragen, ob Max um die Ecke nicht bereits mit dem Messer wartet um ihn zum Star seiner nächsten Doku zu machen. „The Last Horror Movie“ hat zwar seine Schwachpunkte ist aber ansonsten hübsch böse.