Verdacht - Alfred Hitchcock (1941)

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Verdacht - Alfred Hitchcock (1941)

Beitrag von buxtebrawler »

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Originaltitel: Suspicion

Herstellungsland: USA / 1941

Regie: Alfred Hitchcock

Darsteller(innen): Cary Grant, Joan Fontaine, Cedric Hardwicke, Nigel Bruce, May Whitty, Isabel Jeans, Heather Angel, Auriol Lee, Reginald Sheffield, Leo G. Carroll, Billy Bevan, Ben Webster, Lumsden Hare, Gertrude Hoffman, Hilda Plowright, Faith Brook, Leonard Carey u. A.
Als die schüchterne Lina (Joan Fontaine) im Zug den freundlichen Johnnie Aysgarth (Cary Grant) kennenlernt, ist es bald um sie geschehen. Doch nach ihrer Heirat findet sie bald heraus, daß Johnnie ein windiger Playboy ist, der von dem geliehenen Geld seiner Freunde lebt. Als auch noch einer von Johnnies Freunden unter mysteriösen Umständen stirbt, kommt ihr der Verdacht, daß ihr Mann ein Mörder sein könnte. Und sie sein nächstes Opfer...
Quelle: www.ofdb.de

Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Re: Verdacht - Alfred Hitchcock (1941)

Beitrag von buxtebrawler »

„Hören Sie jetzt endlich auf, an mir herumzufrisieren!“

„Verdacht“, eine eigentümliche Mischung aus Screwball-/Romantic-Comedy und Psycho-Thriller aus dem Jahre 1941, ist eine frühe US-Produktion des britischen Meisterregisseurs Alfred Hitchcock („Der Mann, der zuviel wusste“). Das Ergebnis ist ein ganz anderes, als es Hitchcock vorgeschwebt hatte, und basiert damit eher lose auf Anthony Berkeleys Romanvorlage „Vor der Tat“.

„Guten Abend, Mutzibutzi!“

Die schüchterne Lina (Joan Fontaine, „Rebecca“) lernt auf einer Zugfahrt Johnnie Aysgarth (Cary Grant, „Leoparden küsst man nicht“) kennen, einen attraktiven, charmanten Herrn. Sie fühlt sich zu ihm hingezogen und trifft ihn bald auf einem Jägerball wieder, woraufhin sie sich schließlich näherkommen und gegen den Willen Linas Vaters überstürzt heiraten. Doch das junge Eheglück bekommt schnell erste Risse: Lina muss sich eingestehen, dass Johnnie ein windiger Habenichts ist, der keine Gelegenheit auslässt, ohne Arbeit an Geld zu kommen. Als sein Freund Beaky (Nigel Bruce, „Die Abenteuer des Sherlock Holmes“) unter ungeklärten Umständen ums Leben kommt, geht Lina sogar vom Schlimmsten aus: Sie vermutet, ihr Ehemann könnte ein Mörder sein. Bald wähnt sie sich ihres Lebens nicht mehr sicher…

Hitchcock lässt seinen Film wie eine leichte Romanze beginnen: Johnnie geriert sich als Charmeur und hat einen Schlag bei den Frauen, auch Lina verfällt ihm. Er gibt ihr das das Gefühl, sich ausschließlich für sie zu interessieren, macht sich aber zunächst rar und sie damit ganz verrückt. Die deutliche Warnung ihres Vaters, der Johnnie für einen Taugenichts hält, schlägt Lina in den Wind. Nachdem sie zusammengekommen sind, sind sie ganz süß miteinander und klappern gemeinsam ganz Westeuropa ab. Anschließend zieht sie zu ihm in sein opulentes Heim. Erst jetzt erfährt sie, dass er gar kein Geld hat – er erwartet von ihr, dass sie die Wohnung zahlt, und entpuppt sich als arbeitsscheuer Hallodri. Bis hierhin handelt es sich um eine eher amüsante Romanze mit ernstem Unterton, der nach und nach in den Vordergrund rückt. Das Zusehen macht Spaß, weil Cary Grant in seiner Rolle gekonnt zwischen charmantem Lebemann und wenig ehrlichem, möglicherweise düstere Geheimnisse mit sich herumtragenden Tunichtgut changiert. Die Chemie zwischen ihm Joan Fontaine stimmt weitestgehend, wenngleich ihre Naivität heutzutage etwas arg anmutet. Aber immerhin reden wir hier von einem Film aus den frühen 1940ern.

Probleme und Schicksalsschläge geben sich im weiteren Verlauf die Klinke in die Hand: Johnnie hatte einen Job angenommen und wurde wegen Veruntreuung von Geld entlassen – was Lina erst nach sechs Wochen erfährt. Verständlicherweise will sie ihn daraufhin verlassen, doch als ihr Vater stirbt, bleibt sie bei ihrem Mann. Etwas viel auf einmal? Möglich, aber dadurch bleibt der Film dann eben doch glaubhaft, weil Linas Verhalten nachvollziehbar psychologisch motiviert erscheint. Beim Scrabble malt sie sich visualisiert aus, dass Johnny seinen Freund Beaky umbringt. Ab jetzt wird’s spannend, denn aus dem Film ist nun ein Psycho-Thriller geworden. Als Beaky tatsächlich überraschend in Paris stirbt, sieht sich Lina in ihren Befürchtungen bestätigt.

Wer keine Spoiler verträgt, hört bitte spätestens jetzt auf zu lesen und sieht sich, sofern neugierig geworden, den Film einfach an. Für alle anderen: Hitchcock hatte ein von der Romanvorlage abweichendes, aber nicht minder böses Ende im Sinn, das produktionsseitig jedoch verworfen wurde. Durch das neue Happy End und den Umschnitt ist „Verdacht“ auf psychologischer Ebene zwar weiterhin ein Film über Zweifel, Paranoia und darüber, dem eventuell Falschen mit Haut und Haar zu verfallen, doch im Gegensatz zu beispielsweise Hitchcocks späterem Film „Das Fenster zum Hof“ erweisen sich die Verdächtigungen hier als falsch. Dies ist die eigentliche Überraschung der Handlung – vielleicht gar überraschender, als es das böse Ende hätte sein können –; ein Effekt, der dadurch verstärkt wird, dass Hitchcock eigentlich auf ein anderes Ende hingearbeitet hatte. Durch die Änderungen gerät beispielsweise die Suspense-artige Szene, in der Johnnie seiner Frau ein Glas Milch serviert (durch unheimliche Beleuchtung besonders hervorgehoben), zum roten Hering.

Neben der Lesart, in der Rezeption ungerechtfertigten Zweifeln erlegen und Vorurteilen oder gar dem Wahn verfallen zu sein, kann man sich aber auch schlicht an der Nase herumgeführt fühlen, insbesondere bei etwaiger Kenntnis des Romans. Der viel mit eingeblendeten Briefen, Telegrammen, Notizen und ähnlichen Schriftstücken (dankenswerterweise meist in Form deutscher Inserts) arbeitende Film dürfte auch als Genre-Cocktail nicht jedem munden, denn atmosphärisch hat Hitchcock in seiner Karriere ganz andere Kaliber gedreht. Technisch mit kleinen Abstrichen sehr gut gemacht und durchweg unterhaltsam, wenn auch auf unterschiedliche Art, ist „Verdacht“ aber allemal.
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