Braveheart - Mel Gibson (1995)

Moderator: jogiwan

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Maulwurf
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Braveheart - Mel Gibson (1995)

Beitrag von Maulwurf »

Ihr müsst jetzt alle ganz mutig sein, aber ich wahrscheinlich noch viel mehr. Am Besten geh' ich gleich mal in Deckung ... :oops:

Braveheart
Braveheart
USA 1995
Regie: Mel Gibson
Mel Gibson, Sophie Marceau, Patrick McGoohan, Catherine McCormack, Brendan Gleeson, Angus Macfadyen, James Robinson, Sean Lawlor, Sandy Nelson, James Cosmo, Sean McGinley, Alan Tall


Braveheart.jpg
Braveheart.jpg (118.2 KiB) 596 mal betrachtet
OFDB

Vor kurzem hatte ich das außerordentliche „Vergnügen“, PIRATES OF THE CARRIBEAN 5 – SALAZARS RACHE nebenbei mithören zu müssen. Als ich dann nur wenig später BRAVEHEART gesichtet habe, fiel mir der Unterschied zwischen einem guten und einem schlechten Film auf. Mehr noch: Ich sah, was BRAVEHEART zu einem wirklich guten Film macht, und ihn vom sinnbefreiten Blockbuster-Getöse der späten 2010er-Jahre unterscheidet.

SALAZARS RACHE ist atemlos, ist ein unaufhörliches Dauerfeuer aus Aktionen, und wenn mal ausnahmsweise nicht so viel passieren sollte, weil zum Beispiel ein Segelschiff in Fahrt gezeigt wird, dann bläst stattdessen die pompöse und aufgeblasene Musik zum Angriff. Die Dauerbeschallung gibt ein gnadenloses und unaufhörliches Tempo vor, möglicherweise passend für die Generation YouTube, aber mit einer Erzählung in Form eines Films, mit Gefühlen und spannenden und abwechslungsreichen Sinneseindrücken hat das doch eher weniger zu tun.

BRAVEHEART hingegen vertraut auf die Macht seiner exzellenten Bilder. Mel Gibson weiß als Regisseur genau, wie seine Bilder auf das Publikum wirken, und lässt sie stehen, auf dass sie in den Geist den Betrachters eindringen können. Die Bilder erschlagen nicht, sie wirken und beeindrucken. Eindringlich und nachhaltig bleiben sie oft noch tage- oder gar wochenlang im Kopf des Betrachters.
Dazu bildet die Musik eine harmonische Verbindung, untermalt der Score von James Horner nur in den notwendigen Passagen einen pittoresken Hintergrund, vor dem sich die Figuren und die Geschichte ausbreiten können. Mel Gibson vertraut auf seine Bilder, und lässt vor allem in der ersten Hälfte des Films auch nicht viele Dialoge zu. Seine Charaktere, und hier stimmt dieser Begriff tatsächlich einmal, reden nicht mit vielen Worten, und sie müssen auch nicht jede ihrer Handlung mühsam erklären. Die Interaktion findet über Blicke und Handlungen statt, und es fällt gar nicht auf, wie natürlich der Film dabei wirkt. Keine überflüssige Geschwätzigkeit, kein Feuerwerk aus Sinneseindrücken nur um seiner selbst, keine mehrfachen Erklärungen und Erläuterungen. Stattdessen ein Fluss, bestehend ausschließlich aus Bildern und Empfindungen. Ein Film in der Tradition der ganz großen Hollywood-Dramen, die ihre Geschichte auf narrativer, genauso wie auf bildlicher Ebene meisterhaft erzählen konnten, ohne den Zuschauer dabei in einen Zustand der Schockstarre versetzen zu müssen. Und auch wenn der Atem gegen Ende ein wenig arg pathetisch wird, so reiht sich dieses Pathos doch hervorragend ein in eine Reihe mit Filmen wie DOKTOR SCHIWAGO oder LOVE STORY. Klassiker, die genau den gleichen dramatischen Ablauf wie BRAVEHEART zeigen. Sensibilisierendes und hochemotionales Gefühlskino, bei dem auch Tränen fließen dürfen. Zu Herzen gehende Geschichten …

In der zweiten Hälfte scheint Gibson seinen Bildern dann nicht mehr so ganz zu trauen, die Dialoge werden mehr, und die zarte Liebesgeschichte zwischen William Wallace und Prinzessin Isabelle scheint eher den Gepflogenheiten des massentauglichen Kinos geschuldet als der Schlüssigkeit der Geschichte. Als Kontrast fällt aber gleichzeitig auf, was für einen rauen Ton Gibson oft anschlägt. Seine Figuren sind schmutzig und verkommen, die Haare ungepflegt und die Fingernägel dreckig. Interessant, dass die Bösewichter in diesem Film oft die saubere Kleidung tragen, während die Guten meist von einer Schmutzschicht überzogen sind. Trau schau wem …
Aber bezüglich des rauen Tons meine ich vor allem die Kampf- und Actionszenen. Für einen Mainstream-Film, der solch einen gigantischen Erfolg hatte (was bei der Entstehung logischerweise auch beabsichtigt war), sind die Schlachten und Kämpfe ausgesprochen blutig inszeniert. Da werden in Großaufnahme Körperteile durchtrennt und Körper zerstückelt und aufgespießt, dass es nur so eine Pracht ist. Zwar meist nur für ganz kurze Momente, aber vor allem in der Masse dafür wiederum umso intensiver. Gibson zeigt uns die Abgründe des Spätmittelalters in Großaufnahme, und scheut vor kaum einer körperlichen Grausamkeit zurück. Dazu eine ziemlich deftige Portion menschlicher Niedertracht, und fertig ist ein grausam-düsteres Bild einer Zeit, die in den letzten Jahrzehnten stark überromantisiert wurde. Ein überaus realistisch wirkendes Schlachtenepos, das dem Heile Welt-Getue der Mittelaltermärkte fast wohltuend blutig gegenüber gestellt wird.

Aber letzten Endes ist es genau diese Mixtur aus grausamen Bildern, dreckstarrenden Settings und emotional, ja fast zärtlich, dargebrachten Blicken und Gesten, die einen Film zu einem Meisterwerk macht. Diese Mixtur berührt uns, weil sie im wirklichen Leben so ähnlich vorkommt, und obwohl, nein richtiger: Weil(!) sie Hollywood’sch überhöht wird, bahnt sich die Mischung aus Härte und Gefühl, aus dreckigem Äußeren und strahlendem Inneren, den Weg in unser Herz. BRAVEHEART ist ein Film der berührt. Das Schicksal William Wallace‘ lässt die wenigsten kalt, und der Weg bis zu diesem Schicksal spricht die Intelligenz und die Gefühlswelt der Zuschauer an. So werden große Filme gemacht, und nicht durch eine zweistündige Kakophonie um ihrer selbst willen.

8/10

Und jetzt Feuer frei auf den Maulwurf ... :palm:
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jogiwan
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Re: Braveheart - Mel Gibson (1995)

Beitrag von jogiwan »

Ich muss ehrlich gestehen, dass ich den nie gesehen hab. Diese Ritter, Räuber und Helden aus dieser verklärt düster-romantisch-verklärten Zeiten, als Männer noch richtige Männer sein durften sind ja irgendwie nicht so mein Dings. Das liegt wohl daran, dass ich als sehr junger Mensch dutzende Male mit "Highlander" gequält wurde... :) Hier kommt ja auch dazu, dass der Regisseur und Hauptdarsteller ja auch nicht so mein Favourite ist. Eine Sperre für vier Wochen ist hier wohl trotzdem angebracht - oder was meinen die anderen? :???:
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buxtebrawler
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Re: Braveheart - Mel Gibson (1995)

Beitrag von buxtebrawler »

jogiwan hat geschrieben: Mi 13. Jan 2021, 07:56 Eine Sperre für vier Wochen ist hier wohl trotzdem angebracht - oder was meinen die anderen? :???:
Würde zumindest zu den 4/10 passen, die der Film verdient hat. ;) Ich notierte im Jahre 2007:

"Ich ließ mich erweichen... Fazit: Ärgerliche Ein-Mann-Show Gibsons. Unrealistisch, menschenverachtend, gewaltverherrlichend, verklärend, stellenweise zu albern und viel zu lang - und dazu auch noch Gibsons dümmliche Mimik. Aber immerhin schöne Naturaufnahmen (an der schottischen Landschaft konnte selbst Gibson nichts versauen), pathetischer Soundtrack und gute Kameraarbeit...

Nachtrag: Wie ich soeben erfuhr, drehte man nicht einmal in Schottland, sondern in Irland. Oh Mann..."

Aber Maulwurf steht damit ja bei Weitem nicht allein auf weiter Flur - "Braveheart" wird ja generell sehr abgefeiert, ob nun im Mainstream oder vom Genre-Publikum.

Im Übrigen bin ich der Ansicht, dass sich Gibson nach den "Mad Max"-Filmen wohl besser aus dem Filmgeschäft zurückgezogen hätte...
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Blap
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Re: Braveheart - Mel Gibson (1995)

Beitrag von Blap »

jogiwan hat geschrieben: Mi 13. Jan 2021, 07:56 Das liegt wohl daran, dass ich als sehr junger Mensch dutzende Male mit "Highlander" gequält wurde... :) Hier kommt ja auch dazu, dass der Regisseur und Hauptdarsteller ja auch nicht so mein Favourite ist. Eine Sperre für vier Wochen ist hier wohl trotzdem angebracht - oder was meinen die anderen? :???:
Hm, Highlander gedisst, Mel Gibson verunglimpft. Da sind vier Wochen Sperre eine recht milde Strafe. Aber weil du es bist, stimme ich diesem Akt der Gnade gern zu.

:engel: :opa:
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Maulwurf
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Re: Braveheart - Mel Gibson (1995)

Beitrag von Maulwurf »

buxtebrawler hat geschrieben: Mi 13. Jan 2021, 09:27 Unrealistisch, menschenverachtend, gewaltverherrlichend, ...
Wo ist das Problem? :mrgreen:

buxtebrawler hat geschrieben: Mi 13. Jan 2021, 09:27 Nachtrag: Wie ich soeben erfuhr, drehte man nicht einmal in Schottland, sondern in Irland. Oh Mann...
Einspruch! Ich kenne und liebe Schottland sehr, und kann den ein oder anderen Drehort benennen, zumindest mal für die großen Panorama-Schwenks.

Und Mel Gibson geht eigentlich immer. Filme wie PAYBACK oder GET THE GRINGO sind einfach nur klasse. Sogar WAS FRAUEN WOLLEN finde ich einfach nur geil. 4 Wochen Sperre? Oh je oh je ... :( Kann ich das vielleicht mit einer ernstgemeinten und ausgesprochen wohlwollenden Begutachtung von THE RAMRODDER wiedergutmachen? Mit Bildern selbstverständlich ...
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Re: Braveheart - Mel Gibson (1995)

Beitrag von Blap »

Maulwurf hat geschrieben: Mi 13. Jan 2021, 09:36 Und Mel Gibson geht eigentlich immer.
Fakt. "Force of Nature" muss noch her.
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Re: Braveheart - Mel Gibson (1995)

Beitrag von jogiwan »

Maulwurf hat geschrieben: Mi 13. Jan 2021, 09:36
buxtebrawler hat geschrieben: Mi 13. Jan 2021, 09:27 Unrealistisch, menschenverachtend, gewaltverherrlichend, ...
Wo ist das Problem? :mrgreen:
Ich glaub, der Bux will uns mit seiner umgekehrten Psychologie nur alle anfixen... :kicher:
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Re: Braveheart - Mel Gibson (1995)

Beitrag von buxtebrawler »

jogiwan hat geschrieben: Mi 13. Jan 2021, 09:42
Maulwurf hat geschrieben: Mi 13. Jan 2021, 09:36
buxtebrawler hat geschrieben: Mi 13. Jan 2021, 09:27 Unrealistisch, menschenverachtend, gewaltverherrlichend, ...
Wo ist das Problem? :mrgreen:
Ich glaub, der Bux will uns mit seiner umgekehrten Psychologie nur alle anfixen... :kicher:
Der Film basiert ja auf historischen Ereignissen, transportiert diese aber auf eine extrem fragwürdige, zudem unangenehm anbiedernde, gefällige Weise. :thdown:

Bzgl. der Drehorte muss ich Maulwurf aber recht geben, meine damaligen Informationen waren offenbar falsch.
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Re: Braveheart - Mel Gibson (1995)

Beitrag von purgatorio »

Mel Gibson geht immer. Menschlich wohl ein Arsch, im Film aber immer gut :cool: Und BRAVEHEART sollte man nicht ernst nehmen. Der Film ist unterhaltsam, brutal, bietet Emotionen auf ganzer Linie. Man nennt das Entertainment. Fertig, aus. Und als Zitateschatz wird dieser Streifen wohl zeitlos bleiben. "Schönes schottisches Wetter - der Regen fällt fast lotrecht." :lol: Kein Regenschauer, der nicht durch mich mit diesem Zitat bedacht wird :opa:
Im Prinzip funktioniere ich wie ein Gremlin:
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- kein Wasser
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