Tod in Venedig - Luchino Visconti (1971)

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Moderator: jogiwan

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purgatorio
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Tod in Venedig - Luchino Visconti (1971)

Beitrag von purgatorio »

Tod in Venedig

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Deutscher Titel: Tod in Venedig
Originaltitel: Morte a Venezia

Regie: Luchino Visconti
Produktionsland: Italien / Frankreich (1971)

Darsteller: Dirk Bogarde, Romolo Valli, Mark Burns, Nora Ricci, Marisa Berenson, Carole André, Björn Andrésen, Silvana Mangano, Leslie French, Franco Fabrizi, Antonio Appicella, Sergio Garfagnoli

Story:
Der deutsche Komponist und Dirigent Gustav von Aschenbach (Dirk Bogarde) reist nach Venedig, um Abstand vom hektischen Alltag zu gewinnen. Dort beobachtet er die Ankunft des 15jährigen Polen Tadzio (Björn Andresen), von dem er sich erotisch angezogen fühlt. Von Aschenbach ist jedoch unfähig, sich dem Jungen zu nähern.
(via ofdb)

Viscontis Deutsche Trilogie:
Die Verdammten
Tod in Venedig
Ludwig II.
Im Prinzip funktioniere ich wie ein Gremlin:
- nicht nach Mitternacht füttern
- kein Wasser
- kein Sonnenlicht
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jogiwan
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Re: Tod in Venedig - Luchino Visconti (1971)

Beitrag von jogiwan »

Nach einem körperlichen und nervlichen Zusammenbruch reist der deutsche Komponist Gustav von Aschenbach nach Venedig um am Lido di Venezia weitab von seiner Heimat Erholung zu suchen. Aschenbach ist jedoch durch und durch selbstdiszipliniert und so schafft er es nicht wirklich im Urlaub zu entspannen. Das ändert sich, als er eines Tages den Jungen Tadzio erspäht, der mit seiner Familie ebenfalls Urlaub im luxuriösen Strandhotel macht. Aus der Neugier an dem Heranwachsenden und seine unbeschwerte Art das Leben zu genießen wird jedoch bald mehr und Aschenbach erliegt der Faszination den Jungen, dem das Interesse des alternden Mannes ebenfalls nicht verborgen bleibt. Aschenbach beginnt sein bisheriges Dasein mit all seinen selbstauferlegten Zwängen zu hinterfragen und schafft es dennoch nicht, sich dem Jungen zu nähern, während sein angegriffener Gesundheitszustand und Gerüchte über den Ausbruch einer Cholera-Epidemie die wiederentdeckte Lebensfreude ebenfalls bedrohen und schlussendlich ein Ende setzen.

Viscontis Verfilmung der Novelle von Thomas Mann gilt ja als großer Klassiker der Literaturverfilmung und überträgt die Geschichte über einen alternden Mann, der im Urlaub dem unerreichbaren Charme eines Jünglings als Sinnbild für verpasste Chance im Leben erliegt auf sehr zurückhaltende Weise. Auf den ersten Blick passiert in dem Streifen ja nicht wirklich viel und der Zuschauer fühlt sich selbst lange Zeit wie ein Beobachter, der seinen Blick über die Gäste in einer opulenten Hotel-Lobby schweifen lässt. Später folgen Rückblenden über ein Leben, dass voller Disziplin und selbstauferlegten Regeln geführt wurde, was schlussendlich auch zum Zusammenbruch des Komponisten geführt hat. Doch die Versuche noch einmal seine Jugend zurück zu erlangen sind zwangsläufig zum Scheitern verurteilt und Aschenbach stirbt schlussendlich alleine am Strand und gibt sich ein letztes Mal seinen Illusionen hin. Alles natürlich eher dramatische und erwachsene Kost, die hier jedoch nicht allzu schwer serviert wird, auch wenn der Genre-Freud mit dem ruhig erzählten und unspektakulären Werk wohl weniger Freude haben wird. Plakative Momente gibt es keine, dafür jedoch Nicoletta Elmi in einer kurzen Szene und auch Eva Axan aus „Suspiria“ schaut kurz vorbei. Der Jüngling Tadzio, dessen Aussehen ja Segen und Fluch zugleich war hat es ja dann 48 Jahre später noch zu einer eindrucksvollen Rolle in Ari Asters „Midsommar“ geschafft und dessen Leben ist ja nebenher auch noch Thema der Oscar-nominierten Doku „Der schönste Junge der Welt“. Aber zurück zu „Der Tod in Venedig“ - wer dieser Art von Filmen aufgeschlossen ist kann dann auch 130 elegischen Minuten lang einer Urlaubsreise ohne Wiederkehr beiwohnen und wird dabei auch so wie ich seine Freude haben.
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Salvatore Baccaro
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Re: Tod in Venedig - Luchino Visconti (1971)

Beitrag von Salvatore Baccaro »

Den müsste ich tatsächlich auch längst mal wieder sehen. Meine letzte Sichtung liegt ungefähr so lange zurück wie die Lektüre der Mann-Novelle, die ich seinerzeit grausig fand - (und wie wenig ich mit Thomas Mann harmoniere, das beweist mir derzeit in regelmäßigen Abständen eine Ringvorlesung zu diesem Heros des deutschen Bildungskanon) -, wohingegen ich Viscontis Verfilmung vor fünfzehn bis zwanzig Jahren zumindest ästhetische Qualitäten abtrotzen konnte. Die (äußerst gelungene) Doku zum Leben und Leiden Björn Andrésens habe ich übrigens letztes Jahr auf dem Braunschweiger Filmfest gesehen: Da gibt es eine längere Passage mit Originalaufnahmen des Jünglings-Castings, das Visconti für die Rolle des Tadzio betrieben hat, die ich mehr als problematisch, - um nicht zu sagen: kaum erträglich! - fand.

Ansonsten bin ich gespannt, wie viele Filme mit Venedig-Bezug Jogi Ende des Jahres zutage gefördert haben wird... :popcorn:
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jogiwan
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Re: Tod in Venedig - Luchino Visconti (1971)

Beitrag von jogiwan »

Salvatore Baccaro hat geschrieben: Di 7. Jun 2022, 13:47 Den müsste ich tatsächlich auch längst mal wieder sehen. Meine letzte Sichtung liegt ungefähr so lange zurück wie die Lektüre der Mann-Novelle, die ich seinerzeit grausig fand - (und wie wenig ich mit Thomas Mann harmoniere, das beweist mir derzeit in regelmäßigen Abständen eine Ringvorlesung zu diesem Heros des deutschen Bildungskanon) -, wohingegen ich Viscontis Verfilmung vor fünfzehn bis zwanzig Jahren zumindest ästhetische Qualitäten abtrotzen konnte. Die (äußerst gelungene) Doku zum Leben und Leiden Björn Andrésens habe ich übrigens letztes Jahr auf dem Braunschweiger Filmfest gesehen: Da gibt es eine längere Passage mit Originalaufnahmen des Jünglings-Castings, das Visconti für die Rolle des Tadzio betrieben hat, die ich mehr als problematisch, - um nicht zu sagen: kaum erträglich! - fand.

Ansonsten bin ich gespannt, wie viele Filme mit Venedig-Bezug Jogi Ende des Jahres zutage gefördert haben wird... :popcorn:
Ich hab den auch vor ca. 20 Jahren mal gesehen und fand die Verfilmung damals hochgradig irritierend in Hinblick auf die Tatsache, dass sich hier ein alter Mann in einen jungen Knaben verliebt und das alles so unkommentiert hingenommen wird. Ich hab das seinerzeit völlig in den falschen Hals bekommen. Jetzt empfand ich den Jungen ja schon mehr als Sinnbild für verpasste Chancen in Leben und den Fakt, dass man die Zeit nun einmal nicht mehr zurückdrehen kann und so ist es ja wohl auch intendiert. Aber dennoch das nächste Mal lieber nochmal aufn "Zauberberg" :lol:
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jogiwan
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Re: Tod in Venedig - Luchino Visconti (1971)

Beitrag von jogiwan »

wenn man schon mal am Lido de Venezia ist, dann schaut man auch gerne beim "Hotel des Bains" vorbei, der ja als Vorlage und Kulisse diente. Perfekte Lage am Strand mit riesigen Areal, aber leider seit einem Jahrzehnt geschlossen, auch wenn es wohl Bestrebungen gibt, dieses Juwel zu erhalten und zu revitalisieren...
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