La Corona di Ferro - Alessandro Blasetti (1941)

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Salvatore Baccaro
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La Corona di Ferro - Alessandro Blasetti (1941)

Beitrag von Salvatore Baccaro »

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Originaltitel: La Corona di Ferro

Produktionsland: Italien 1941

Regie: Alessandro Blasetti

Cast: Massimo Girotti, Gino Cervi, Rina Morelli, Luisa Ferida, Elisa Cegani, Paolo Stoppa, Primo Carnera, Osvaldo Valenti


Es war einmal in einer märchenhaft-mittelalterlichen Vergangenheit: Zwei Königreiche haben lange Jahre in blutigem Streit gelegen. Nun endlich hat eine entscheidende Schlacht König Licinius als Sieger aus dem Konflikt hervorgehen lassen. Dem unterlegenen Artace unterbreitet Licinus indes ein Friedensangebot: Sollte dieser die bisher bestehenden Grenzen zwischen den Reichen akzeptieren, werde er ihn nicht nur am Leben lassen, sondern seinen verbliebenen Soldaten zudem freien Abzug gewährleisten. Sedemondo, der Bruder Licinius‘, der schon lange mehrere Augen auf den Thron geworfen hat, befiehlt einem Scharfschützen, Licinius per Pfeil und Bogen über den Haufen zu schießen. Natürlich ist nach der Machtergreifung Sedemondos auch Licinius‘ Versprechen an Artace keinen Pfifferling mehr wert: Dessen Volk wird versklavt, und Sedemondo fusioniert die beiden Reiche mit Gewalt. Doch damit ist der Machthunger des Halunken noch längst nicht gestillt: Als er davon erfährt, dass sich eine magische Eisenkrone, die ihre Kraft aus einem in ihr eingearbeiteten Nagel aus dem Kreuze Christis schöpft, in den eigenen Landesgrenzen befinden soll, lässt er auch die heilige Fracht transportierende Delegation kurzerhand niedermetzeln und eignet sich das Kleinod, das der Kaiser von Byzanz eigentlich als Friedenszeichen dem Papst in Rom hatte senden wollen, kurzerhand selbst an. Glücklich wird er mit der Krone jedoch nicht. Wie ihm eine im Wald hausende Seherin verkündigt, bringt diese nämlich nur dem Rechtschaffenden Glück und Reichtum, - verworfene Gesellen wie Sedemondo dürfen dahingehend mit einer Pechsträhne nach der andern rechnen. Um sich von der Eisernen Krone zu befreien, schafft er sie an die Außengrenzen seines Herrschaftsgebiets, wo sie auf wundersame Weise in der Erde versinkt. Sein Handlanger, der Bogenschütze Farkas, wird abbestellt, fortan darüber zu wachen, dass die unheilvolle Reliquie nicht wieder auftauche, und ihm neuerliche Scherereien bereite, - denn, hat die fortwährend spinnende und von Täubchen umflatterte Seherin ihm versichert: An dem Tag, an dem sich die Krone aus ihrem Erdgrab erhebt, wird es mit seiner Herrschaft vorbei sein.

Dabei braut sich im heimischen Schloss schon die nächste Katastrophe zusammen: Besagte Seherin hat Sedemondo eine wahrhaft schlimme Zukunft ausgemalt. Die Witwe des getöteten Licinius soll einen Knaben zur Welt bringen; die Frau Sedemondos wiederum eine Tochter; beide werden sich ineinander verlieben, was sowohl zum Tod von Sedemondos Tochter als auch zu seinem eigenen Sturz führen wird. Als Sedemonds Frau und die Witwe Licinius‘ von dieser Prophezeiung hören, handeln sie schnell, und vertauschen ihre Säuglinge. Jahrelang wiegt sich Sedemondo in dem Glauben, der kleine Arminius sei sein eigener Sohn, während er seine Tochter Elsa für seine Nichte hält. Eines Tages, als die Kinder schon eine Weile den Windeln entwachsen sind, fliegt das Täuschungsmanöver der beiden Frauen auf. Um der grausigen Zukunftsvision der alten Weisen zu entgehen, weiß sich Sedemondo keinen andern Ausweg, als einen Diener zu beauftragen, Arminius ins abgelegene Tal der Löwen zu bringen, um ihn dort entweder eigenhändig zu töten oder den Wildkatzen zum Fraß vorzuwerfen. Da es der Diener jedoch nicht übers Herz bringt, einen wehrlosen Knaben zu ermorden, überlässt er ihn seinem Schicksal, ohne sich davon überzeugt zu haben, dass die Löwen ihn auch wirklich zum Abendessen verspeisen, - was diese natürlich nicht tun, sondern ihn stattdessen, wie einst Romulus und Remus, mütterlich-liebevoll zu säugen beginnen. Außerhalb menschlicher Gesellschaft wächst Arminius somit zu einem wortwörtlichen Naturburschen heran.

Weitere Jahre ziehen ins Land: Elsa, die von ihrem Vater mit Argusaugen bewacht wird und das Leben eines Vögelchens im Goldkäfig führt, soll endlich verehelicht werden. Hierzu möchte der König alle Edelmänner seines Reichs zu einem festlichen Turnier einladen, dessen Hauptgewinn die Hand seiner Tochter darstellt. Inzwischen hat der zum Mann gewordenen Arminius sein Löwental ebenfalls verlassen. Rebellen, angeführt von Tundra, der Tochter König Artaces, durchziehen die verlassene Gegend, um Vorbereitungen dafür zu treffen, ihr geknechtetes Volk aus der Gewalt Sedmondos zu befreien. Arminius, der sich schlagartig in Tundra verliebt, verspricht ihr, sie mit seinen naturgestählten Muskeln bei ihrem Vorhaben zu unterstützen. Inkognito verschlägt es ihn infolgedessen an den Hofe Sedmondos, wo sein Herz ein zweites Mal aufblüht, als ihm die als Dienstmagd verkleidete Cousine Elsa über den Weg läuft. Es entwickelt sich nicht nur eine tragweitenreiche-tragische Dreiecksliebesgeschichte zwischen dem Tarzan aus dem Löwental, der in ihren Gefühlen betrogenen Rebellenführerin und der in Arminius einen Strohhalm erkennenden Elsa, mit der sie sich aus ihrer tristen Existenz unter der Fuchtel des übermächtigen Vaters retten zu können glaubt.

LA CORONA DI FERRO, ausgezeichnet auf den 9. Filmfestspielen von Venedig mit dem Coppola Mussolini, von Regisseur Alessandro Blasetti jedoch stets als pazifistische Parabel verteidigt, deren König Sedemondo ein wenig verhohlenes Zerrbild des Duces selbst sein soll, ist so etwas wie die absolute Antithesis zum nur zwei Jahre später mit Luchino Viscontis OSSESSIONE so richtig an Fahrt aufnehmenden neorealistischen Stil: Es dominieren gemalte Kulissen, pseudo-mittelalterliche Studiobauten, künstliche Bäume, verpflanzt in die großen Hallen der kurz zuvor gegründeten Cinecittà; die Darsteller agieren theatralisch, deklamieren ihre Texte, lassen sich ihre Emotionen theatralisch auf den verzerrten, verliebten, verwunderten Gesichtern spiegeln; der Orchesterscore Alessandro Cicogninis schwelgt ebenso sehr im Pathos wie die an historistischen Gemälden orientierten Bildkompositionen, mit denen Blasetti eine Welt heraufbeschwört, in der die Scheidelinien zwischen Gut und Böse zumindest meistens relativ einfach zu bestimmen sind; nicht zuletzt wirkt das Drehbuch, an dem insgesamt fünf Autoren mitgewirkt haben, förmlich überladen mit narrativen Versatzstücken aus dem Fundus europäischer Märchenschätze, sodass die durchweg komplex miteinander verstrickten Handlungsstränge unter der Fülle an vertrauten Motiven mehrmals nahezu zusammenzubrechen drohen. Auch wenn LA CORONA DI FERRO nicht zuletzt dadurch in die italienische Filmgeschichte eingegangen ist, dass für Sekundenbruchteile die blanke Brust einer Statistin erspäht werden kann, (wohlgemerkt angeblich der erste Busenblitzer der Kinohistorie des Stiefellandes), haben wir es mit keinem besonders sinnlichen Streifen zu tun, - genauso wenig wie man Blasettis Epos unterstellen kann, dass er sein Sujet auch nur partiell mit einem Hauch von Ironie behandelt. Es wirkt vielmehr vollkommen ernstgemeint, wenn uns Texttafeln, die aufgemacht sind wie die halbvergilbten, aufwändig handverzierten Seiten eines mittelalterlichen Folianten, den weiteren Fortgang der Geschichte erzählen, wenn unsere Helden mit ganz großen Gesten und Worten solche Konzepte wie Freiheit und Schicksal heraufbeschwören, oder wenn Heil und Segen letztlich ausgerechnet mit einer Reliquie in Zusammenhang steht, die einen Kreuzessplitter Golgathas in sich birgt. Dabei halte ich es gar nicht für zu weit hergeholt, die eigenartige Mischung aus Naivität und Heroismus LA CORONA DI FERROs mit späteren Blockbuster-Monumenten wie Peter Jacksons LORD-OF-THE-RINGS-Verfilmungen zu vergleichen, - zumal beide Werke ihre Figuren, ihre Szenerien, ihre Erzählmuster ganz offenkundig aus dem genau demselben Traditions-Pool fischen. Und dass sich LA CORONA DI FERRO in vielerlei Belangen – vor allem in Gestalt seines unbezwingbaren, irgendwo zwischen Harlekin und Ursus oszillierenden Helden, der allein unter Wildtieren aufwächst, und, kaum zurückgekehrt in die Zivilisation, sein Volk aus der Knechtschaft zurück ins Licht führen muss – anschlussfähig an die italienischen Sandalenfilmchen der 50er und 60er erweist, (wenn auch ohne auch nur einmal einen Fußbreit in deren Trash-Pfützchen vorzudringen), liegt auf der Hand, und macht dieses unterhaltsame Märchen für Erwachsene umso spannender.
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fritzcarraldo
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Re: La Corona di Ferro - Alessandro Blasetti (1941)

Beitrag von fritzcarraldo »

Die eiserne Krone
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Italian 1941
Terza Visione Frankfurt Filmmuseum
Italienische 35mm Fassung mit englischen Untertiteln.
Prä-Peplum mit Mittelalter-Fantasy-Einschlag. Trotz düsterer Vorgeschichte geht die zweite Hälfte des Films dann doch Richtung Abenteuerfilm. Sehr schön Film.
"Das Leben ist noch verrückter als Scheiße!" (Joe Minaldi -Burt Young- Es war einmal in Amerika)

"J&B straight and a Corona!"
(Patrick Bateman, American Psycho)

https://www.latenight-der-fussball-talk.de
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karlAbundzu
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Re: La Corona di Ferro - Alessandro Blasetti (1941)

Beitrag von karlAbundzu »

Krieg im Mittelalter, König, zwei Kinder, eins wird dem Tode geweiht, wächst bei Löwen auf, kommt nach 20 Jahren wieder, unterstützt die versklavte Bevölkerung, kann alles klären. Dazu märchenhaftes, übernatürliches.
Oberflächlich betrachtet schönes Sonntagnachmittag Abenteuer Programm. Ein giwetzter Held, mit Körperaction und Humor, Schöne Schlosszenen mit Fechtereien, Massenkriegsszenen. Aber auch dekadente Feiern mit nacktem Fleisch, die Kriegsszenarien und anderes sind wirklich brutal, der König eine durchaus widersprüchliche Person als wohlwollender tapsiger Vater einerseits, als gieriger kriegstreibender dekadenter Herrscher andererseits.
Das hat Schauwerte, ist als Abenteuerkino sehr gut konsumierbar, aber eben mit Ecken und Kanten, und mit den starken bestimmenden Frauenfiguren und der immer durchscheinenden Aussage, dass Frieden der anzustrebende Zustand ist, und der Tyrann zu vertreiben ist, bedenkt man Zeit und Ort der Entstehung, wirklich bemerkenswert. Wie sagte der der Regisseur später: Göbbels behauptete, ein deutscher Regisseur wäre für diesen Film erschossen worden.
Toll.
jogiwan hat geschrieben: solange derartige Filme gedreht werden, ist die Welt noch nicht verloren.
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