The Banshees of Inisherin - Martin McDonagh (2022)

Moderator: jogiwan

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fritzcarraldo
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The Banshees of Inisherin - Martin McDonagh (2022)

Beitrag von fritzcarraldo »

Langeweile pur
The Banshees of Inisherin
IMG_20230102_224614.jpg
IMG_20230102_224614.jpg (6.44 MiB) 238 mal betrachtet
(Irland, GB, USA 2022)
Schauburg Bremen. Sneak Preview. OmU
Regie: Martin McDonagh
Mit Colin Farrell, Brendan Gleeson, Kerry Condon, Barry Keoghan.
Was die Filme von Martin McDonagh angeht bin ich ja immer etwas zwiegespalten
7 Psychos mag ich gar nicht, Brügge sehen und sterben fand ich so lala und Three Billboards Outside Ebbing, Missouri ist schon sehr großartig.
Banshees of Inisherin reiht sich jetzt aus meiner Sicht hinter Three Billboard ein, aber nur knapp und ist daher, man ahnt es schon, wirklich toll.
Die Überschrift bezieht sich daher natürlich nicht auf den Film an sich, sondern auf das Thema "Langeweile". Inisherin, die irische Insel, auf der diese schwarze Komödie spielt, ist zwar wunderschön und ebenso von McDonagh in Szene gesetzt, aber es ist auch nichts los. Man arbeitet und sitzt dann im Pub. Tag für Tag. Und der Ausgangspunkt der Geschichte ist, dass Colm (Gleeson) seinem Freund Pádraic ( Farrell) vorwirft, verdammt langweilig zu sein, ihn daher "nicht im Leben voranbringt" und er daher die Freundschaft beendet, was Pádraic nun überhaupt nicht versteht. Dies alles geht dann soweit, dass Colm Pádraic androht sich selbst zu verstümmeln, falls dieser jemals wieder mit ihm redet. Man ahnt es schon, alles wird noch weiter eskalieren.
Wir befinden uns in den 1920ern Jahren. Auf dem Festland tobt der Bürgerkrieg und irgendwie ist die eigenwillige Story auch eine Metapher für den Irland-Konflikt. Vielleicht nicht nur, aber es liegt natürlich nahe. Das ganze kommt sehr märchenhaft rüber. Eine Banshee ist in der keltischen Mythologie eine Fee, die den Tod ankündigt. Im Film läuft die Einsiedlerin Mrs. McCormick ständig umher und scheint eben diese Rolle einzunehmen. Ausserdem ist Colm Musiker und schreibt irgendwann das titelgebende Musikstück. Märchen evtl. auch Fabel-Motive stehen im Vordergrund, denn es gibt auch viele Tiere im Film. Pferde, Kühe und ein Zwergesel. Sie sind immer da und scheinen auch eigentlich mehr zu wissen, als die eigenartig handelnden menschlichen Wesen. So wirkt die Geschichte dann auch seltsam entrückt, auch wegen der wunderschönen Bilder der irischen Insel und des wunderschönen Scores von Carter Burwell (Miller´s Crossing). Wie auch schon in Three Billboards gibt es zwischendurch den schwärzesten Humor bis hin zu Gewalttätigkeiten. Die Figuren verstehen oft nicht was sie tun oder was um sie herum vorgeht, vielleicht noch die Schwester Pádraics (Kerry Condon, Better Call Saul), aber sie möchte dem Ganzen eher entfliehen. Zu erwähnen wäre auch noch der Sohn des Insel-Polizisten, hervorragend gespielt von Barry Keoghan (Green Knight, Killing of a Sacred Deer), der immer wieder den Launen und der Gewalt des Vaters hilflos ausgeliefert ist.
Ein schöner und zwiespältiger Film und der erste wirkliche Höhepunkt 2023.
Zuletzt geändert von fritzcarraldo am Do 5. Jan 2023, 21:26, insgesamt 5-mal geändert.
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Blap
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Re: The Banshees of Inisherin - Marin McDonagh (2022)

Beitrag von Blap »

Trailer vor kurzem im Kino gesehen, machte neugierig. Gleeson sowieso immer geil, Farrell meist unterschätzt. Schon wegen den beiden Burschen interessant für mich.
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fritzcarraldo
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Re: The Banshees of Inisherin - Marin McDonagh (2022)

Beitrag von fritzcarraldo »

Blap hat geschrieben: Mi 4. Jan 2023, 11:33 Trailer vor kurzem im Kino gesehen, machte neugierig. Gleeson sowieso immer geil, Farrell meist unterschätzt. Schon wegen den beiden Burschen interessant für mich.
Farrell ist hier richtig großartig!
Wie er versucht, das alles zu verstehen wo es oft nichts zu verstehen gibt. Das ist meiner Meinung nach großes Schauspiel.
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Blap
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Re: The Banshees of Inisherin - Martin McDonagh (2022)

Beitrag von Blap »

In "meinem" Kino läuft der Streifen noch nicht. Grummel ...
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buxtebrawler
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Re: The Banshees of Inisherin - Martin McDonagh (2022)

Beitrag von buxtebrawler »

Über diesen Film haben gestern sogar die "Tagesthemen" berichtet. Aber ist der Kinostart nicht erst morgen? Gab's in Bremen eine Vorpremiere, fritz?

Edit: Ach, gerade woanders gelesen, dass du in der Sneak warst.
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Diese Filme sind züchisch krank!
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fritzcarraldo
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Re: The Banshees of Inisherin - Martin McDonagh (2022)

Beitrag von fritzcarraldo »

Genau. Kinostart ist der 5.1.23.
Wir waren mal wieder in der Sneak Preview.
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fritzcarraldo
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Re: The Banshees of Inisherin - Martin McDonagh (2022)

Beitrag von fritzcarraldo »

Hier dann auch mal der Trailer:

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karlAbundzu
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Re: The Banshees of Inisherin - Martin McDonagh (2022)

Beitrag von karlAbundzu »

Colm und Padraic sind zwei alte Freunde, die täglich zusammen in den Pub gehen. Bis eines Tages, und hier setzt der Film an, Colm Padraic meidet, und ihm die Freundschaft kündigt. Padraic versteht die Welt nicht mehr.
Das ist der Grundplot und daraus entwickelt sich einiges.
Farrell spielt den naiven ungebildeten Kerl, der mit seiner Schwester im Haus seiner Eltern lebt und sich um die wenigen Tiere kümmert. Gleeson den vielleicht weiter herum gekommenen Musiker mit eher schwermütiger Seele. Und die beiden machen das toll, Padraic mit verzweifelten Versuchen des Verstehens, Colm auf seiner Suche nach dem Sinn und gegen die Depression. Aussen und innen spielt eine große Rolle, auch wenn ich das nur in Ansätzen beschreiben kann. Klar, oberflächlich vielleicht ein Bild für Depression. Wir haben hier Häuser, mit wenigen kleinen Fenstern, in denen Mensch und Tiere gerne hineinschauen, aus denen aber kaum heraus geschaut wird. Eigentlich nur im Pub, wo sich durch das Fenster in zwei Richtungen betrachtet wird. Wir haben die Insel, getrennt vom Festland, auf dem auch noch sicht- und hörbar Bürgerkrieg herrscht, auch diese Trennung ist nur schwer zu überwinden, allerdings eher wegen eigener Abhängigkeiten zu der Insel.
Gespielt ist das brillant von den beiden Hauptdarstellern, dazu in den anderen Rollen sehr gute Darsteller und Charakterköpfe. Gefilmt auch wunderbar (Die irische Insel gibt aber auch einiges her.) und der Sound von Coen-Regular Burwell super.
Erzählt ist das auch toll: Von leicht komödiantisch bis bitter lustig zu verzweifelt hart. Und man geht die ganze Zeit mit. Stark.
Empfehlung.
jogiwan hat geschrieben: solange derartige Filme gedreht werden, ist die Welt noch nicht verloren.
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Salvatore Baccaro
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Re: The Banshees of Inisherin - Martin McDonagh (2022)

Beitrag von Salvatore Baccaro »

Dem Hype zum Trotz empfand ich THE BANSHEES OF INISHERIN als zwar guten Film, jedoch keineswegs als das Meisterwerk, das viele in ihm zu sehen scheinen. Ich denke an meine völlig aufgelöste Mitbewohnerin, die atemlos vom Kino nach Hause kam und mich förmlich anflehte: Du musst ihn Dir anschauen! Ich muss mit Dir über den Film reden! Da gibt es eine Großaufnahme von zwei Schafen, hach...! Die Ausgangssituation fand ich einerseits skurril und andererseits sehr nachvollziehbar; das Schauspiel Herrn Farrels ist ohne Tadel; atmosphärisch gestaltet sich das Ganze sehr dicht. Trotzdem fehlte mir dann doch der springende Funken: Vielleicht ist's mir unterm Strich dann doch nicht absurd genug gewesen?
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karlAbundzu
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Re: The Banshees of Inisherin - Martin McDonagh (2022)

Beitrag von karlAbundzu »

Die Großaufnahme war, glaube ich, von zwei Ziegen, die uns direkt ansehen.
Und absurd ist da tatsächlich wenig bis nichts und selbst der so beliebte und titelgebende irische Mystizismus kommt nur als Verweis vor.
Auf der erzählerischen Ebene könnte man von puren Realismus sprechen.
jogiwan hat geschrieben: solange derartige Filme gedreht werden, ist die Welt noch nicht verloren.
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