Killer sterben einsam
I gabbiani volano basso
Italien 1978
Regie: Giorgio Cristallini
Maurizio Merli, Nathalie Delon, Mel Ferrer, Dagmar Lassander, Orlando Urdaneta, Andrea Esterhazy, Red Martin, Franco Garofalo, Domenico Maggio, Giovanni Di Benedetto, Leo Stamp, Stefania Spugnini, Vittorio Zarfati, Rita Scipioni, Silvano Gentili, Roberto Fusco, Flora Celidano

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OFDB
Italo-Cinema.de (Gerald Kuklinski)
Der Mann kommt in die Stadt um zu töten. Er ist ein Killer von außerhalb, engagiert, um den Industriellen Martini aus dem Weg zu räumen. Doch ist er mitnichten der eiskalte Mörder, der er zu sein vorgibt – Als nach dem Job bei seinem Abflug unvorhergesehene Probleme auftauchen verliert er schnell die Nerven, lässt seinen nagelneuen Pass bei der Kontrolle liegen und geht stiften. Zurück zu seinem Auftraggeber Micheli, der soll ihm gefälligst helfen. Micheli, der Ex-Partner des toten Martini, hat die deutlich besseren Nerven, verspricht dem Mann zu helfen, lässt sich dabei aber nicht in die Karten schauen, ob er nicht vielleicht ganz andere Pläne mit dem Mann hat. Womit aber Micheli nicht rechnet ist, dass sein Partner Calvi ebenfalls die Nerven verliert und Michelis Tod in Auftrag gibt. Und weil der Mann bei Michelis Tod zufällig in der Nähe ist, wird er nun ebenfalls gejagt. Ein Amerikaner in Rom, ohne Geld und ohne Papiere, von der Polizei und von Killern gejagt …
Und was wie ein knallhartes Action-Vehikel klingt, kommt dann tatsächlich auf überraschend leisen Sohlen daher. Maurizio Merli kann zwar Härte, das hat er oft genug bewiesen, und das zeigt auch hier ein paar Mal, aber diesmal sind in seinem Herzen viel Schwäche und Weichheit zu finden, sind die Sehnsucht nach einem normalen und bürgerlichen Leben und die Reue über die Fehler der Vergangenheit, die ihn in diese ausweglose Situation gebracht haben, die beherrschenden Gefühle. Der Mann trifft auf seiner Flucht Isabelle, und Isabelle ist in ihrem Leben genauso einsam und genauso verbittert wie der Mann. Zwei einsame Menschen auf der Flucht vor … Dem Leben? Dem Tod? Die Szenen zwischen Merli und Nathalie Delon nehmen zwar oft das Tempo aus der Geschichte, und die dabei auftretende Pseudo-Philosophie lässt die Gedanken des Zuschauers gerne einmal in völlig andere Richtungen fließen. Doch sind gerade diese Momente für ein ganz eigenes Flair zuständig, ziehen durch sie doch viel Melancholie und Wehmut durch den Film. Beide Figuren haben in ihrem Leben nicht viel Glück gehabt, und zumindest der Mann (wir erfahren tatsächlich nie den wahren Namen von Merlis Figur – Warum auch?) deutet an, dass er viel Pech hatte, bedingt durch das Verhalten anderer. Einmal vergleicht er Möwen mit Menschen: Die Möwen fliegen tief, damit sie sich die besten Happen schnappen können bevor es andere tun. Und wer zu hoch fliegt, der verhungert halt schnell … Eine treffende Analogie zum Verhalten der drei Geschäftspartner Martini, Micheli und Calvi, von denen einer gefräßiger ist als der andere, aber spannenderweise der mit den schlechtesten Nerven übrig bleibt.
Wie gesagt ist das Tempo zeitweise des Films etwas, sagen wir mal, verschleppt, gerade wenn Nathalie Delon ihre Runden dreht. Aber die dadurch entstandene Abwechslung ist dann auch wieder interessant, denn die Action ist gut und mitreißend inszeniert, und bietet einen guten Gegensatz zum Weltschmerz der Protagonisten. KILLER STERBEN EINSAM ist eben keine Dauer-Action-Berieselung mit quietschenden Reifen und Permanent-Geschieße, sondern letzten Endes eine traurige Geschichte über einsame Menschen, die mit dem Rücken zur Wand stehen und sich nur mit Gewalt wehren können. Es ist wie so oft eine Sache der Erwartungshaltung, was man mit diesem Film anfangen kann. Der im gleichen Jahr entstandene CONVOY BUSTERS, ebenfalls mit Maurizio Merli, fällt mir da als Vergleich ein. Hier wie da gut gemachte Action, aber eben auch dieses wehmütige Flair, das über allem und jedem hängt, und den Film irgendwie in ein mildes, in ein sanfteres Licht setzt.
KILLER STERBEN EINSAM bietet viel. Den tiiiiiiefen von Ausschnitt Dagmar Lassanders Kleid. Einen unbeschnäuzerten Maurizio Merli als harten Kerl mit weichem Kern. Franco Garofalo als herrlich widerlichen Auftragsmörder. Eine unauffällige, gut ins Ohr gehende und ihre Funktion ausgesprochen stark machende Filmmusik von Carlo und Paola Cristallini. Einen stringent erzählten und ohne Ausfallerscheinungen daherkommenden Thriller mit ein paar Herz-Schmerz-Momenten. Viele Straßenszenen eines sommerlichen Roms mit tollem Lokalkolorit. Ja was will man denn mehr? Action pur? Dann bitte einen der Belli-Kracher auswählen! KILLER STERBEN EINSAM hat einen anderen Anspruch als die klassischen Poliziotti, und ist, auch wenn er diesen Anspruch nicht immer erfüllen kann, trotzdem sehr wohl sehenswert.
7/10
Der Sieg des Kapitalismus ist die endgültige Niederlage des Lebens.
(Bert Rebhandl)