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Rampart - Cop außer Kontrolle - Oren Moverman
Verfasst: So 12. Aug 2012, 14:12
von horror1966
Rampart - Cop ausser Kontrolle
(Rampart)
mit
Woody Harrelson, Jon Bernthal, Stella Schnabel, Jon Foster, Ben Foster, Ruben Garfias, Deadlee, Dominic Flores, Matt McThige, Anne Heche, Billy Hough, Brie Larson, Steve Buscemi, Sammy Boyarsky
Regie:
Oren Moverman
Drehbuch:
James Ellroy / Oren Moverman
Kamera:
Bobby Bukowski
Musik:
Dickon Hinchliffe
FSK 16
USA / 2011
Ich bin kein Rassist, ich hasse alle Menschen gleich, erklärt Officer Dave Brown dem Mann von Internal Affairs. Brown ist ein richtig mieser Typ. Er säuft im Dienst, wirft Pillen ein wie Schokodrops, droht, prügelt und bricht Gesetze, wie es ihm gerade passt. Aber als Cop hält er die Straßen von LA frei von kriminellem Ungeziefer, damit seine beiden Töchter und viele andere brave Bürger in Sicherheit leben können. So war es immer schon und das ist auch völlig ok - in seinen Augen. Doch eines verdammten Tages flimmern die Bilder, wie Brown einen Verdächtigen fast totschlägt, über alle TV-Sender. Eine der vielen Videokameras in der Stadt hat alles dokumentiert. Und was das krisengeschüttelte LA Police Department gerade gar nicht brauchen kann, ist ein prügelnder Cop …
Warum dieser Film von vielen Leuten irrtümlich als Actionfilm deklariert wird ist mir schleierhaft, aber gerade diese Fehleinschätzung ist sicherlich der Grund dafür, das "Rampart" viele negative Meinungen nach sich zieht. Wer nämlich einen action-geladenen Cop-Thriller erwartet, geht mit vollkommen falschen Erwartungen an dieses Werk heran, das sich als waschechtes Drama offenbart. Dabei ist der Fokus der Geschichte fast ausschließlich auf die Hauptfigur Dave Brown gerichtet, der hier von einem brillant agierenden Woody Harrelson dargestellt wird. Sicherlich lässt der Film durch die extreme Fokussierung auf den Hauptdarsteller ein wenig das Erzähltempo vermissen, denn Regisseur Oren Moverman rückt auch etliche Kleinigkeiten in den Vordergrund, die dem Zuschauer im ersten Moment eventuell etwas banal erscheinen mögen. Für die Charakter-Beleuchtung des Dave Brown sind diese Dinge jedoch äußerst wichtig und bringen einem den dissozialen Cop viel näher, als man es eigentlich möchte. Es ist nämlich ein höchst unsymphatischer Mensch mit dem man es hier zu tun bekommt und Harrelson's Performance drückt dies auch mehr als überzeugend in jeder einzelnen Einstellung aus. So hat man auch eher selten das Gefühl das es sich hier lediglich um grandioses Schauspiel handelt, es entsteht vielmehr der Eindruck, das der Hauptdarsteller mit seiner Rolle verschmilzt und dadurch für ein absolutes Höchstmaß an Authenzität sorgt.
Obwohl der Film mit etlichen bekannten Darstellern besetzt ist, erscheinen sämtliche Figuren lediglich als notwendige Staffage für ein herausragendes Kammerspiel, das seine enorme Kraft durch die Omnipräsenz seiner Hauptfigur bezieht. Immer mehr entpuppt sich das Geschehen als eine tiefgehende Charakter-Studie eines brutalen Menschen, der sich trotz seiner illegalen Machenschaften immer im Recht fühlt und dabei noch nicht einmal merkt, wie sehr er auch die Menschen verletzt, die ihm eigentlich etwas bedeuten. Denn Brown hat 2 Töchter und auch 2 Ex-Frauen, die zufällig auch noch Schwestern sind. So rücken dann auch die gewöhnungsbedürftigen Familien-Verhältnisse immer wieder in den Vordergrund und sind ein sehr gutes Beispiel dafür, was alles falsch gelaufen ist im Leben des Cops. Hauptsächlich steht jedoch der generellen Menschen-Hass von Brown im Vordergrund, der sich im Prinzip so gut wie nie an die Buchstaben des Gesetzes hält. Es scheint fast so, als wenn für ihn ganz eigene Regeln gelten würden und dennoch ist er immer überzeugt davon, genau das Richtige zu tun.
Sämtliche Ereignisse präsentieren sich dem Zuschauer dabei fast gänzlich ohne Action, was meiner Meinung nach aber überhaupt nicht als negativ zu bewerten ist. Wenn man "Rampart" nämlich von Beginn an als Drama betrachtet, dann funktioniert dieses Werk ganz fantastisch. Zudem beinhaltet die Geschichte eine ganze Menge an Härte die sich jedoch nicht durch explizite Gewaltdarstellungen, sondern durch die Charakter-Studie der Hauptfigur ergibt. Die unglaublich intensive Darstellung eines Woody Harrelson ist es nämlich, die einem hier so manch kalten Schauer über den Rücken jagt. Selten bekommt man eine so faszinierende und vor allem überzeugende Leistung eines Schauspielers geboten, der bei seiner Interpretation auch ganz sicher an seine Grenzen gehen musste. Es ist ganz einfach fantastisch Harrelson zu beobachten, denn seine Gestik und Mimik vermitteln jederzeit den Eindruck, das er sich in diesem Film ganz einfach selbst darstellt. Die dabei entstehende Intensität zieht sich wie ein roter Faden durch die Geschehnisse und hinterlässt auch beim Betrachter einen sehr nachhaltigen Eindruck.
Letztendlich ist "Rampart" ganz bestimmt ein Film, der die Meinungen extrem spalten wird. Wenn man jedoch mit der richtigen Erwartungshaltung an die Story herangeht, kann man am Ende keinesfalls enttäuscht sein. Es handelt sich auf keinen Fall um einen Actionfilm und selbst die Thriller-Elemente sind nur in einem sehr überschaubaren rahmen vertreten. Viel eher präsentiert sich ein menschliches Drama, das größtenteils wie ein Kammerspiel erscheint und eine herausragende Charakter-Beleuchtung eines kaputten Menschen offenbart. Wer solche Geschichten zu schätzen weiß kommt definitiv auf seine Kosten und dürfte sich auch über mangelnde Action und eine eher ruhige Erzählweise nicht beschweren.
Fazit:
Ich persönlich finde diesen Film schon fast herausragend, kann es aber auch durchaus nachvollziehen das hier längst nicht jeder Geschmack getroffen wird. Die Geschichte jedoch aufgrund einer falschen Erwartungshaltung niederzumachen ist nicht die feine englische Art, zumal der Film ja keine Schuld daran trägt, wenn mancher Verkaufs-Shop ihn irrtümlich als Action-Thriller einordnet. Wenn man weiß was auf einen zukommt, wird man mit einer Story konfrontiert, die ihre ganze Kraft aus der überragenden Performance ihres Hauptdarstellers bezieht, der ganz locker dazu in der Lage ist, die Aufmerksamkeit des Zuschauers für sich zu gewinnen.
Die DVD:
Vertrieb: Ascot Elite
Sprache / Ton: Deutsch DTS 5.1, DD 5.1 / Englisch DD 5.1
Untertitel: Deutsch
Bild: 1:2,35 (16:9)
Laufzeit: 104 Minuten
Extras: Making Of, Sh*t Dave Brown says, Interviews mit Cast & Crew, Trailer, Trailershow
8/10
Re: Rampart - Cop ausser Kontrolle - Oren Moverman
Verfasst: So 12. Aug 2012, 15:01
von Arkadin
1999: Dave Brown ist Cop in L.A. Er lebt nach seinen eigenen Regeln. Auf der Straße ist er das Gesetz, Zuhause versucht er seine Patch-Work-Familie zusammen zu halten. Als er eines Tages dabei gefilmt wird, wie er einen Farbigen, der ihn zuvor in seinen Wagen gefahren ist, verprügelt, beginnt seine Welt langsam auseinander zu fallen. Er sieht sich einem Disziplinarverfahren gegenüber, bei dem seine Existenz als Polizist auf dem Spiel steht. Auch Zuhause läuft es nicht gut. Als sich nach und nach alle von ihm abwenden und er gleichzeitig in Geldsorgen gerät, spitzt sich die Lage für Dave Brown dramatisch zu.
Als ich den Trailer zu „Rampart“ gesehen habe, war ich wenig begeistert. Das alles sah doch sehr nach einem „Training Day“-Rip-Off aus, nur dass diesmal Woody Harrelson statt Denzel Washington den korrupten Cop gibt. Erst als ich aber hörte, wer dort am Drehbuch mit geschrieben hat, wurde ich aufmerksam. Es war einer meiner Lieblingsautoren: James Ellroy. Ellroy ist in Spezialist für Cop-Geschichten aus L.A. Er hat nicht nur die Vorlage zum schönen „L.A. Confidental“ geliefert, sondern mit „Die schwarze Dahlie“ eines meiner Lieblingsbücher verfasst (die Verfilmung durch – den ansonsten von mir hochverehrten – Brian de Palma ist eine einzige Beleidigung für das Buch) und mit der Kurzgeschichte „Mörderische Zweifel“ (in „Endstation Leichenschauhaus“) ein überzeugendes, nüchternes Plädoyer gegen die Todesstrafe. Dass er nun ein Originaldrehbuch mitverfasst hat, fand ich so spannend, dass ich „Rampart“ unbedingt besprechen wollte.
Wie oben angedeutet, wird der rasant geschnittene Trailer dem Film in kleinster Weise gerecht. Wer Action, coole Sprüche und einen durchgeknallt bösen Woody Harrelson erwartet, liegt vollkommen falsch. Auch mit „Training Day“ hat der Film nicht das Geringste zu tun. Im Gegensatz zum Oscarprämierten Denzel Washington, spielt Harrelson (der den Oscar für seine grandiose Darbietung ebenfalls verdient hätte) keinen korrupten Schurken. Dave Brown sieht nicht, dass er vom rechten Weg abgekommen ist. Er ist felsenfest davon überzeugt, dass er das Richtige tut. Gut, hier und da springen einige Leute über die Klinge, aber nicht weil Harrelson wirklich skrupellos und böse wäre, sondern weil er die Auffassung vertritt, sie hätten es verdient. Dave Brown ist Herrscher seiner Welt. Hier sorgt er für Ordnung und seine Auffassung von Gerechtigkeit. Hier fühlt er sich sicher, hier ist er der König.
Dieses übergroße Selbstvertrauen und Ego strahlt Harrelson zu Beginn des Filmes zu jeder Sekunde aus. Er ist der Starke, der Unantastbare, dem keiner etwas kann. Er ist sein Spiel, er bestimmt die Regeln. Aber Stück für Stück wird ihm seine Sicherheit genommen, seine undurchdringliche Schutzhülle weggerissen. Er lässt sich in eine Falle locken (oder auch nicht, zumindest ist dies der Ausgangspunkt seiner immer größer werdenden Paranoia) und gerät in einen Strudel von Anschuldigungen und falschen Entscheidungen, der ihn zunächst innerhalb der Polizei isoliert und dann auch auf sein Privatleben übergreift. Wie Dominos fallen seine über Jahre aufgebauten Sicherheiten. Wie Harrelson diesen unaufhaltsamen Abstieg und seinen endgültigen Zusammenbruch spielt, ist schlichtweg atemberaubend. Während er zunächst mit einem frechen Grinsen auch die größten Probleme beiseite wischt, so sitzt er dann später mit hochrotem Kopf und Schweiß im schuppigen Gesicht in einer Anhörung. Unter dem enormen Druck, kann er seine coole Macho-Fassade nicht aufrechterhalten. Harrelsons enorme physische Präsenz vom Anfang wird zum Ende hin immer zerbrechlicher. Dave Brown scheint sich förmlich aufzulösen. Wie Woody Harrelson das spielt, ist ganz großes Kino. Sonst neigt er ja leider immer dazu, seine Darstellungen larger-then-life anzulegen. Das gilt für seinen Mickey in „Natural Born Killers“ ebenso wie für komische Rollen, wie Charlie Frost in „2012“. Hier nimmt er sich aber ganz zurück und der Schauspieler verschwindet hinter dem Charakter Dave Brown. Er verschmilzt förmlich mit ihm und zeigt ihn als das was er ist: Nur ein Mensch.
Auch die weiteren Rollen sind sehr prominent besetzt. Während Steve Buscemi nur für einige Minuten im Bild ist (und dabei ebenfalls angenehm „Buscemi-frei“ agiert), hat die deutlich gealterte Sigourney Weaver einen etwas größeren Part, den sie ebenfalls überzeugend natürlich verkörpert. Ebenso wie Ned Beatty. Überhaupt ist auffällig, dass der Film einige der Schauspieler versammelt, die in der Regel gerne mal bis an den Rand der Karikatur „auf die Kacke hauen“, hier aber zeigen, dass sie auch anders können. Nicht zu vergessen, Ben Foster in einer kurzen, aber erinnerungswürdigen Rolle als verkrüppelter Vietnam-Veteran. Regisseur Oren Moverman beweist sich nach „The Messenger“ (ebenfalls mit Harrelson und Foster) wieder einmal als hervorragender Schauspieler-Regisseur.
Verpackt wurde die Geschichte in beeindruckende Bilder (Kamera: Bobby Bukowski) aus dem heiß-fiebrigen L.A: Und das kann der einzige Vorwurf sein, den man dem Film machen kann. Zum Teil sind die Bilder für die realistische und grimmige Geschichte etwas zu ästhetisch. Meines Erachtens nach wäre ein härter, dokumentarfilmartiger Stil passender für dieses intensive Psychogramm eines Verfalls passender gewesen. Der Untertitel „Cop außer Kontrolle“ ist in diesem Sinne auch nicht ganz korrekt. Eigentlich müsste es heißen: „Ein Mensch verliert die Kontrolle“.
Der Titel „Rampart“ bezieht sich übrigens auf den sogenannten „Rampart-Skandal“ in L.A. ende der 90er Jahre. Dort wurden 70 Mitglieder einer Sondereinheit der „Rampart“-Abteilung (benannt nach einem Rampart Boulevard in Downtown L.A.) diverser Verbrechen, wie Korruption, Gewalt gegen Verdächtige, Diebstahl, Drogenhandel, Bankraub uvm. angeklagt. David Brown ist sich im Film sicher, dass er zum Bauernopfer gemacht werden soll, um von diesem Skandal abzulenken. Das mag sein, kann aber auch seiner immer stärker zunehmenden Paranoia entstammen. Der Film lässt dies offen.
Ascot Elite liefert mit der DVD des Filmes eine gute Arbeit ab. Bild und Ton sind tadellos. Allein die deutsche Synchronstimme von Woody Harrelson ist ziemlich unpassend. Die Extras vielseitig, wenn auch manchmal etwas oberflächlich und repetiv. Im 29-minütigen„Making-Of“ schwärmt praktisch jeder erst einmal in großen Tönen davon, wie toll es war mit den anderen zusammenzuarbeiten und was für hervorragende Künstler doch Woody Harrelson und Oren Moverman sind. James Ellroy kommt nur einmal kurz zu Wort und wird sonst fast gar nicht erwähnt. Trotzdem nicht unterinteressant. Die Interviews (17 Minuten) wiederholen eigentlich nur die Kernaussagen des „Making Of“. Auf den ein-minütigen Zusammenschnitt einiger David-Brown-Monologe namens „Sh** Dave Brown says“ hätte man auch verzichten können.
Re: Rampart - Cop außer Kontrolle - Oren Moverman
Verfasst: Sa 25. Aug 2012, 10:49
von jogiwan
Nicht uninteressantes, aber dennoch seltsames Drama über einen korrupten Cop, der als Rassist und homophober Menschenfeind präsentiert und dessen harte Fassade dann im Verlauf stückchenweise seziert wird, bis nicht mehr viel übrig bleibt. Zwar wird in dem Streifen auch die negativen Seiten der Figur relativiert, andererseits macht es Regisseur Moverman dem Zuschauer auch nicht leicht, auch nur in irgendeiner Weise Verständnis für den Streifenpolizisten aufzubringen. Woddy Harrelson agiert sicherlich bemerkenswert und auch die Nebendarsteller sind sehr gut, aber im Gegensatz zu Arkadin fand ich die Art und Weise der Kameraführung teils nervig und "Rampart" ist eigentlich diese Art von Film präsentiert die Art von Geschichte, die nicht so leicht einen Weg in mein Herzen findet.
Re: Rampart - Cop außer Kontrolle - Oren Moverman
Verfasst: So 16. Feb 2014, 09:24
von purgatorio
RAMPART – Cop außer Kontrolle (RAMPART, USA 2011, Regie: Oren Moverman)
„Ich bin kein Rassist! Ich hasse alle Menschen gleich…“
Wenig Handlung, viel Charakter- und Milieustudie.
Woody Harrelson spielt seine Rolle großartig und vollkommen kaputt. Faszinierende Bilder vom Moloch Großstadt betten den stetig irrer werdenden Cop in einen Kontext aus Bedrohung und Wahrnehmungsstörung. Offenbar ist dieser Mensch für seine Umwelt wesentlich gefährlicher, als seine Umwelt für ihn. Schlaglichtartig wird die kaputte Umwelt des Polizisten beleuchtet, hierbei wird aber schnell klar, dass er sich selbst der größte Feind ist. Guter Film! 7/10