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Trintignant über Trintignant - Lucie Cariès (2021) [Doku]

Verfasst: Mo 29. Sep 2025, 18:13
von buxtebrawler
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Originaltitel: Trintignant par Trintignant

Herstellungsland: Frankreich / 2021

Regie: Lucie Cariès

Jean-Louis Trintignant war Anfang 30, als er sich in den frühen 60er Jahren ziemlich schüchtern den ersten Journalistenfragen stellte. 60 Jahre später blickt der Schauspieler zurück auf sein Leben, auf entscheidende Begegnungen und auf seine Filme, die Kinogeschichte schrieben. Mit wenigen Gesten, beherrschter Miene und scheinbar ausdruckslosen Augen profilierte sich der einstige Jurastudent als vielschichtiger und perfektionistischer Charakterdarsteller. Seinen internationalen Durchbruch feierte er mit „Und ewig lockt das Weib“ an der Seite von Brigitte Bardot.

Um dem Medienrummel um seine Liaison mit dem Sexsymbol Brigitte Bardot zu entfliehen, flüchtete er Anfang der 60er Jahre in die Armee und kehrte erst 1966 wieder zurück. Trotz seines schüchternen Wesens und seiner Scheu vor öffentlichen Auftritten arbeitete Trintignant stets mit den größten Filmemachern seiner Zeit zusammen: Er war Bernardo Bertoluccis Konformist in „Der große Irrtum“, der hartnäckige Ermittler in Costa-Gavras’ „Z“ und der kauzige Ganove Marx in Jacques Audiards „Wenn Männer fallen“, der glühende Liebhaber in Claude Lelouchs „Ein Mann und eine Frau“ und der gealterte Ehemann in Michael Hanekes „Liebe“.

Er spielte an der Seite von Filmikonen wie Brigitte Bardot, Jeanne Moreau, Anouk Aimée, Fanny Ardant und natürlich Romy Schneider, in die er sich am Set des Films „le train – Nur ein Hauch von Glück“ von Pierre Granier-Deferre verliebte. Hinter seinen Filmfiguren schienen stets die Rollen durch, die er im wahren Leben einnahm: Jean-Louis Trintignant war Junggeselle, Ehemann und Vater; er bekam drei Kinder mit der Regisseurin Nadine Marquand, einer der wenigen Frauen, die damals auch hinter der Kamera standen.

Die gemeinsamen Werke des Paares – darunter „Le voyage de noces“ über ihre eigene, wechselhafte Beziehung – wirken wie halbautobiografische Werke über die eigene Familie. In diesem facettenreichen Porträt erzählt Jean-Louis Trintignant seine Lebensgeschichte so, wie er sie sah. Er offenbart seine ganz eigene Wahrheit – und zeigt sich zweifelnd, verletzlich und schonungslos offen.

Quelle: Arte

Re: Trintignant über Trintignant - Lucie Cariès (2021) [Doku]

Verfasst: Mo 29. Sep 2025, 18:14
von buxtebrawler
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Trintignant über Trintignant

Wenn einem ein Schauspieler im Laufe der Zeit immer mal wieder in verschiedenen Spielfilmen begegnet, kommt eine Arte-Doku wie die von der Französin Lucie Cariès („Nein! Doch! Oh! – Die Louis-de-Funẽs-Story“) im Jahre 2021 zusammengestellte, 52-minütige Collage „Trintignant über Trintignant“ gerade recht, um ihn einem ein bisschen näherzubringen. Der 1930 im französischen Piolenc geborene und 2022 verstorbene Jean-Louis Trintignant drehte unter andrem unter der Regie Bernardo Bertoluccis („Der große Irrtum“), Sergio Corbuccis („Leichen pflastern seinen Weg“) und Costa-Gavras‘ („Z“); international bekannt war er durch „Und immer lockt das Weib“ mit Brigitte Bardot geworden.

Ein sehr zurückhaltender, nur spärlich eingesetzter Sprecher führt durch die Doku, die munter in der Zeit spring und Trintignant anhand zahlreicher, zum Teil noch in Schwarzweiß gedrehter Interview-Auszüge porträtiert. Aufgelockert werden die Statements und Gespräche von Filmausschnitten, Aufnahmen aus Privatarchiven und, besonders schön, Szenen von Dreharbeiten und Festivalpremieren. Wir lernen Trintignant mal als sehr bescheidenen, mal als nach dem Motto „Eigenlob stimmt“ erzählenden, sehr selbstbewussten Mann kennen, der Verweisen auf eigene negative Eigenschaften gern sein schelmisches Grinsen folgen lässt. Ein Mann, den seine Mutter als Kind in Mädchenkleider gesteckt hatte – sie hätte lieber eine Tochter gehabt. Ein Mann, der mit 40 Jahren urplötzlich Rennfahrer wurde. Und ein Mann, der tragischerweise schließlich seine Tochter verlor.

Mit der Regisseurin Nadine Marquand hatte er drei Kinder und stand auch für sie vor der Kamera, semiautobiographisch, vielleicht gar ein Stück weit exhibitionistisch? Ich müsste mir die Filme anschauen. Vieles wird in diesen gut 50 Minuten angerissen und lädt, sofern neugierig machend, zu eigener Recherche bzw. schlicht zum Ansehen seiner Filme ein. Arte-typisch erweist es sich als wenig komfortabel, dass mal synchronisiert, mal nur untertitelt wird, wobei letzteres leider dominiert. Aber dafür können weder Lucie Cariès noch Jean-Louis Trintignant etwas.