bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

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Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

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Black Moon Rising
Der Meisterdieb Quint (Tommy Lee Jones) wird vom FBI angeheuert, um einem Konzern eine Kassette zu stehlen, die beweist, dass der Konzern illegale Geschäfte betreibt. Der Einbruch gelingt und Quint muss nur noch zu seinen Auftraggebern nach L.A. kommen. Da ihm die Häscher des Konzerns dicht auf den Fersen sind, versteckt Quint die Kassette im Prototypen des Superautos Black Moon, welcher ebenfalls nach L.A. geliefert wird. Doch in L.A. angekommen, geschieht etwas Unvorhergesehenes: Professionelle Autodiebe erbeuten bei einem Raubzug Black Moon. Da das FBI die Kassette bis zum Beginn des Prozesses gegen den Konzern braucht und dieser in wenigen Tagen beginnt, muss Quint die Kassette mitsamt Auto wiederbeschaffen. Also macht er sich auf die Suche nach dem Versteck der Autodiebe.
„Bau keine Scheiße mit der Regierung!“

Für den US-Actionthriller „Black Moon Rising“ aus dem Jahre 1986 verfasste niemand Geringerer als John Carpenter („Halloween“, „Das Ding aus einer anderen Welt“) das Drehbuch und fungierte darüber hinaus als Produzent. Als Regisseur heuerte man Harley Cokeliss („Der Kampfkoloss“, „Malone“) an, dessen dritte Arbeit der Film wurde.

Quint (Tommy Lee Jones, „Natural Born Killer“, „Men In Black“) ist nicht nur ein Dieb, sondern ein Meister seines Fachs, weshalb er vom FBI angeheuert wird, eine Kassette mit pikanten Informationen einem Konzern zu entwenden, um diesem illegale Machenschaften nachweisen zu können. Quint wird jedoch bemerkt und von Handlangern des Konzerns verfolgt. In die Enge gedrängt, versteckt Quint das Corpus Delicti im Dragster-Prototypen „Black Moon“, unbemerkt von dessen Besitzern. Leider hat Quint jedoch die Rechnung ohne seine „Berufskollegen“ gemacht, denn das auffällige Gefährt gerät in die Hände einer professionellen Autoschieberbande. Quint versucht händeringend, wieder an das Beweismaterial zu kommen und die Zeit drängt – Konzern, Autoschieber und FBI sitzen ihm im Nacken...

Diese extrem konstruierte und unglaubwürdige Verkettung von Zufällen ist der Stoff, aus dem „Black Moon Rising“ ist. Hat man sich erst einmal über das totale ’80er-„Look & Feel“ zu Ende gefreut, fällt einem die lahme Inszenierung auf, durch die sich Tommy Lee Jones mit zusammengewachsenen Augenbrauen und Lederjoppe mehr schlecht als recht kämpft, den ein guter Schauspieler war er seinerzeit anscheinend wahrlich nicht. Die Handlung führt ihn nach Los Angeles, wo die Autoschieber ein im Stile der italienischen Mafia geführtes Imperium betreiben – nur, indem sie Nobelkarossen stehlen, umspritzen und weiterverkaufen. Dafür werden dann auch keine Gefangenen gemacht und unbequem werdende Geschäftspartner kurzerhand erschossen. In seinem Wolkenkratzer mitten in der Stadt geht man in etwa so unauffällig vor wie ein Elefant im Porzellanladen – und fertig ist die völlig hirnrissige, eindimensionale Verkörperung des Bösen, wie sie in Actionfilmen aufzubauen obligatorisch ist. Dass dabei der bitterböse Konzern, dem Quint das belastende Material abluchste, viel zu sehr in den Hintergrund gedrängt wird, interessiert das Drehbuch nicht weiter. Stattdessen wird die zerfahrene (wie passend aufgrund des Dragsters...) Geschichte noch um eine Romanze erweitert, indem man Quint mit Nina (Linda Hamilton, „Terminator“, „Kinder des Zorns“), der Gattin des fiesen Autoschieberchefs (Robert Vaughn, „Die glorreichen Sieben“, „Bullitt“), ins Bett steigen und ein längeres Techtelmechtel mit ihr eingehen lässt. In Minute 0:43 ertönt „Sleeping With The Enemy“ und spoilert den weiteren Handlungsverlauf. Während der Sexszene lösen sanfte, schöne 80er-Saxophonklänge den für die Dekade so typischen Synthesizer-Soundtrack ab – Sex and a Sax, sozusagen.

Irgendwie quält sich der Film dann recht ermüdend voran, bis Quint und die Dragster-Nerds endlich gemeinsame Sache machen und das Finale des Films einläuten. Zwischenzeitlich hatten sie auch einen taubstummen Helfer, der so dämlich war wie nur was und dessen unfreiwillig komische Todesszene mein persönlicher Höhepunkt des Films ist. Gegen Ende fasst man sich ein Herz und beschert dem Videofreund endlich das, wofür er den Film vermutlich eingelegt hatte: Action mit Schießereien, Prügeleien und einigen Autostunts. Doch selbst das bleibt alles verhältnismäßig unspektakulär, der Dragster mehr Herbie bzw. Dudu als Kit. Die versprochene technokratische High-End-Auto-Action-Materialschlacht wird nicht eingelöst.

Fazit: Flach und holperig inszenierte Actionthriller-Kost, die trotz Carpenter überraschend wenig Action und Thrill bietet. Sehr verzichtbar und lediglich durch einen gewissen ’80er-Wohlfühlfaktor und den angenehmen Verzicht auf das Genre häufig ächzen lassende reaktionäre Zwischentöne goutierbar. Um diesen schwachen Auftritt Lee Jones’ zu vergessen, braucht man gewiss nicht erst geblitzdingst werden.
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Flotte Teens jetzt ohne Jeans
Alle Schüler, welche die letzte Prüfung nicht bestanden haben, müssen nun in den Ferien die Schulbank drücken. Diese haben jedoch nichts weiter im Kopf, als den Lehrern weiterhin Streiche zu spielen und zu feiern. Auch Loredana und ihr Ex-Freund Billy sind wieder mit dabei. Als sich Loredana und der Sohn von Professor Pinzerone Jimmy ineinander verlieben, versucht sie Billy zurückzuerobern. Parallel entflammt der Konkurrenzkampf von Loredanas Onkel, dem Sportwart der Schule, und Jimmys Vater erneut. Weil Loredanas Onkel Jimmys Vater damals die Freundin ausgespannt hat, verfolgt Professor Pinzerone nun den Plan, dass sein Sohn Loredana heiratet.
„Was tust du?! Sei lieb!“

„Flotte Teens jetzt ohne Jeans“ ist die erste Fortsetzung der italienischen „Flotte Teens“-Erotikkomödienreihe und erschien im Jahre 1978. Statt Michele Massimo Tarantini führte jetzt Mariano Laurenti („Der Idiotenzwinger“) Regie. „Miss Teenage“ Gloria Guida („Sonne, Sand und heiße Schenkel“) be- bzw. entkleidete einmal mehr die weibliche Hauptrolle.

Die Prüfungsversager des letzten Schuljahrs müssen in den Ferien die Schulbank drücken. Loredana (Gloria Guida) hat ein Techtelmechtel mit Jimmy (Sylvain Chamarande, “Wer spritzt denn da am Mittelmeer“), dem Filius des Schuldirektors (Gianfranco D'Angelo, „Mondo Candido“, „Schneefickchen und die Sex-Zipfelzwerge“). Als Jimmy ihr während einer Autofahrt zu Nahe kommt, baut er einen Unfall und überlebt unbeschadet. Sein Vater aber überredet ihn zum finsteren Plan, Loredana Glauben zu machen, er sei schwer verletzt und sie außerdem Schuld an dem Unglück, damit sie sich aus Mitleid und Schuldbewusstsein Jimmy hingibt. Dagegen hat natürlich Billy (Rodolfo Bigotti, „Ein Mann auf den Knien“) etwas, der immer noch in Loredana verliebt ist. Hintergrund ist eine alte Fehde zwischen dem Direktor und Loredanas Onkel, dem Schulsportwart (Lino Banfi, „Der Idiotenzwinger“) – dieser hatte seinerzeit dem Direktor die Freundin ausgespannt...

Es gibt Filme, bei denen man sich fragt, weshalb man sich überhaupt die Mühe einer Inhaltsangabe macht. Solche Filme können Sexfilme sein, die lediglich eine Alibi-Handlung für die Fleischbeschau benötigen. Solche Filme können aber auch schlicht saudumme Filme sein, deren Handlung nichts weiter als den Aufhänger für eine Abfolge müder Witze und Humor aus den Abfallkörben der miesesten Gagschreiber darstellt. Obwohl der Titel mehr Erotik als der Vorgänger verspricht, ist „Flotte Teens jetzt ohne Jeans“ genau solch ein Fall: Ein Dauerfeuerwerk miesesten Klamauks und stupidesten Slapsticks voll völlig unglaubwürdiger, schlecht konstruierter Gags, jede Pointe ein Blindgänger. Alle Beteiligten benehmen sich, als gehörten sie einer entfernt menschenähnlichen, unterentwickelten Spezies an.

Aus Loredana, die bei ihrem Onkel und ihrer Tante lebt, machte man ein hoffnungslos doof-naives Dummenblondchen zum Abgewöhnen, statt von der Ausziehwilligkeit Guidas zu profitieren. Der Erotikanteil des Films beschränkt sich auf eine barbusige Dunkelhäutige, die man nach geschlagenen 30 Minuten zu Gesicht bekommt. Bis eine Brustwarze Guidas aufblitzt, verstreicht gar über eine Dreiviertelstunde. Und sonst? Zu Zirkusmusik fuchtelt der reitbegeisterte Direktor ständig mit seiner Peitsche herum und hält sich offenbar für einen großen Feldherrn. Dessen manisches, wahnsinniges Napoleon-Gelaber indes ist dann und wann in seiner schier endlosen Übertreibung tatsächlich noch ganz witzig. Sein Widersacher, der Sportwart, greift sich zwangsneurotisch in den Mund, zieht ihn auseinander und haut sich auf den Kopf... Eine schreckhafte Lehrerin schlägt Saltos, sobald sie erschrickt... Alvaro Vitali („Was?“) ist auch wieder mit von der Partie, kurioserweise diesmal nicht als Mitschüler, sondern als Musiklehrer – dem selbstverständlich von seinen Schülern übel mitgespielt wird. Einen gewissen Respekt ringt mir dieses Backpfeifengesicht für die Konsequenz, mit der er sich zum Vollhorst macht, ja schon ab und mit seiner falsch herum gehaltenen Gitarre geht sogar ein gelungener Scherz (oder vielmehr ein Detail eines Scherzes) auf sein Konto. Ebenfalls schmunzeln musste ich, als Jimmy antörnende Musik auflegen wollte und stattdessen eine Platte mit Marschmusik erwischt. Das war es aber auch schon; neben ein paar wenigen halbwegs erotischen Szenen hat „Flotte Teens jetzt ohne Jeans“ nichts, aber auch gar nichts zu bieten und agiert durchgehend auf unterstem Niveau, gegen das selbst Mario Barth wie die Sternstunde des Komödiantentums wirkt. Ein Film zum Fremdschämen, eine unerotische Mogelpackung, ein unlustiges Sammelsurium so richtig dummen italienischen Holzhammerhumors, selbst mit reichlich Alkohol unerträglich.

Kuriosum am Rande: Anscheinend war man sich nicht sicher, ob der Film eine Fortsetzung zum zwar nur durchschnittlichen, jedoch ungleich besseren „Flotte Teens und heiße Jeans“ werden sollte – so heißt Loredana in der italienischen Sprachfassung beispielsweise Angela, was in der deutschen Synchronisation in ihren Namen aus dem Vorgänger geändert wurde. Auch andere Rollennamen erfuhren Modifikationen. Das alles ist jedoch unerheblich für die Beurteilung dieses Armutszeugnisses, während dessen zweifelhaften Genusses man es Banfi nur gleichtun und sich kräftig auf die Omme hauen kann.
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Die flotten Teens dreh'n ein neues Ding
Die Clique Tonino, Salvatore und Angelino frohlocken als sie die Nachricht erfahren: sie bekommen eine neue Klassenlehrerin, die rothaarige, gut gebaute und üppig ausgestatte Carla Moretti, ein feuchter Jungentraum! Schon bald verliebt sich Tonino in seine neue Lehrerin, doch sein Freund Salvatore, der Macho der Gruppe, spielt den anderen schon bald eine Affäre mit Frau Moretti vor. Der schüchterne Tonino sammelt dann erstmal Erfahrung mit seiner Tante Tecla, und nebenbei begleiten wir noch Hausmeister Ciccio, der eine leidenschaftliche und leidensvolle Beziehung zu einer stark übergewichtigen Lehrerin pflegt...
„Seit wann küsst man eine Dame, ohne sie zu fragen?!“ – „Seit einen das Bedürfnis packt und die Aufforderung ausbleibt!“

In Deutschland als Teil der italienischen „Flotte Teens“-Erotikkomödienreihe vermarktet, handelt es sich beim 1976 erschienenen „Die flotten Teens dreh'n ein neues Ding“ trotz einiger Überschneidungen in der Darstellerriege eigentlich um einen eigenständigen Film, wenn auch demselben Genre zugehörig. Die Regie führte Mariano Laurenti („Flotte Teens jetzt ohne Jeans“).

Die neue Klassenlehrerin Carla Moretti (Dagmar Lassander, „Sonne, Sand und heiße Schenkel“) verdreht den Schülern ihrer Klasse mit ihrem attraktiven Äußeren den Kopf, so dass ein Konkurrenzkampf zwischen den Freunden Tonino (Alfredo Pea, „Die Bumsköpfe“), Salvatore und Angelino entsteht, die um die Gunst des Lehrkörpers buhlen. Während sie für zwei der drei in erster Linie ein pubertärer, feuchter Traum bleibt und sie mit ihren plumpen Anmachversuchen abblitzen, verliebt sich der schüchterne Tonino unsterblich in die Rothaarige, der erste sexuelle Erfahrungen mit seiner Tante Tecla (Femi Benussi, „Der Mafiaboss – Sie töten wie Schakale“) sammelt. Hausmeister Ciccio (Gianfranco D'Angelo, „Flotte Teens und heiße Jeans“) hingegen hat in erster Linie Interesse an einer adipösen Lehrerin.

Um es gleich vorwegzunehmen: „Die flotten Teens dreh'n ein neues Ding“ ist nicht so unerträglich wie die anderen mir bekannten Offenbarungseide des Regisseurs, die da wären „Der Idiotenzwinger“ und „Flotte Teens jetzt ohne Jeans“. Der Grad billigen Klamauks ist angenehmerweise nicht so penetrant wie in den genannten Beispielen, stattdessen orientiert man sich ein Stück weit am durchaus ernsten Unterton des ersten Teils der „Flotte Teens“-Reihe, „Flotte Teens und heiße Jeans“, und setzt sich mit der emotionalen Verwirrung und der durcheinandergewirbelten Gefühlswelt Heranwachsender auseinander. Natürlich bekommt man auch hier viel Slapstick, gar nicht mal so üblen Wortwitz und Schlüpfrigkeiten geboten, so richtig albern jedoch wird’s in erster Linie im eigentlich unnötigen Subplot um Hausmeister Ciccio und seine dralle Angebetete. Eine exzellente deutsche Synchronisation wertet das Treiben deutlich auf – ein Ohrenschmaus, wie gewählt sich beispielsweise ein Kollege Carlas stets auszudrücken vermag, nicht nur, wenn er vergeblich versucht, bei ihr zu landen. Generell verfügt der Film häufig über ein gehobenes Sprachniveau, das sich von der üblichen Kalauerei absetzt. Dass ein Lehrer hier ganz selbstverständlich Zigaretten inmitten des Klassenraums raucht, ist eines von mehreren kuriosen Details, die dem Film gut zu Gesicht stehen.

Gianfranco D'Angelo als Ciccio spielt einen lispelnden Halbidioten und nervt damit in erster Linie; der unvermeidliche Alvaro Vitali („Flotte Teens und heiße Jeans“) mit seinem bemitleidenswerten Backpfeifengesicht mimt einen Schüler, die anderen Darsteller agieren von solide über unauffällig bis na ja... Dagmar Lassander hingegen hat Ausstrahlung und gibt die attraktive, reif und doch jugendlich, freundlich doch unnahbar wirkende Carla souverän. Der Hammer an Frauenverachtung ist jedoch der Höhepunkt der Handlung, der suggeriert, man müsse eine Frau nur gewaltsam entführen und lange genug mit einem Kerl zusammensperren, dann würde sie sich ihm schon hingeben. Pfui Teufel!

Im Anschluss verpasst man gleich mehrere Gelegenheiten, eine Schlusspointe zu setzen und hängt stattdessen immer noch etwas dran, beispielsweise den überflüssigen Abgewöhnhumor um Ciccio und sein moppeliges Objekt der Begierde. Unterm Strich ein bemühter, erneut komplett unlustiger komödiantischer Film, der mit seiner eigentlichen Geschichte zeitweise gar nicht mal so schlecht zu gefallen weiß, diese aber mit Karacho auf höchst fragwürdige Weise ad absurdum führt. Die sehnsüchtige, unerfüllte pubertäre Liebe, die mit all ihrer Melancholie immer mal wieder durchschimmert und die für einen Teeniefilm reife Schönheit Lassander sichern „Die flotten Teens dreh'n ein neues Ding“ 4 von 10 Punkten, mehr ist auch hier nicht drin.
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Die Klasse von 1984
Der junge Lehrer Andy Norris wird an eine Schule versetzt, an der Lehrkräfte und Mitschüler von einer brutalen Punk-Gang terrorisiert werden. Norris Bestreben, dem üblen Treiben ein Ende zu setzen, führt zur Vergewaltigung seiner Frau durch die Kriminellen. Daraufhin sieht der gedemütigte Lehrer rot und geht ebenso schonungslos gegen die gewalttätige Gang vor.
„Ich bin die Zukunft!“

Der kanadische Film „Die Klasse von 1984“ ist eine Mischung aus „Juvenile Delinquent“-Milieufilm/Sozialdrama und knallhartem Actionthriller von US-Regisseur Mark L. Lester („Phantom Kommando“, „Der Feuerteufel“) aus dem Jahre 1982. Das Drehbuch stammt aus der Feder Tom Hollands, der sich mit Filmen wie „Fright Night“ und „Die Mörderpuppe“ einen guten Namen als Genre-Regisseur machte.

Lehrer Andy Norris (Perry King, „Trio mit vier Fäusten“) wird an die Abraham-Lincoln-Highschool versetzt, wo er sich mit Chaos, Kriminalität, Gewalt und Drogen sowie überforderten und resignierenden Lehrkräften konfrontiert sieht. Besonders eine brutale, skrupellose Nazi-Punk-Clique um Anführer Stegman (Timothy Van Patten) tut sich als Unruhestifter hervor. Norris versucht, den Problemen mit pädagogischen Mitteln Herr zu werden – doch dagegen haben Stegman & Co. etwas, Norris’ versuche prallen ohne viel Eindruck zu schinden an den Jugendlichen ab. Als die Bande beginnt, offensiv gegen Norris vorzugehen, eskaliert die Situation.

„Der Unterricht ist etwas, was sie nebenbei erledigen müssen. Verstehen Sie?“ – „Nein, Sir…“ – „Das werden Sie – schon bald!“

Sich deutlich an Sozial-/Jugenddrama-Klassikern wie „Die Saat der Gewalt“ orientierend, brennen Lester und Holland ein wahres Feuerwerk an brutaler Exploitation ab und verkehren die Aussage solcher Filme ins Gegenteil. Dabei gibt sich „Die Klasse von 1984“ den Anstrich eines vor der nahen Zukunft warnenden, mahnenden Werks und tatsächlich hat die Realität den Films zumindest in Teilen längst eingeholt. Die damals visionär wirkenden Waffendetektoren am Schuleingang und die totale Kameraüberwachung sind ebenso längst Alltag wie einen Nachrichten erneuter Amokläufe an Schulen in unregelmäßigen Zeitabständen immer weniger zu überraschen vermögen. Die vorgegebene Intention nehme ich dem Film dennoch zu keiner Sekunde ab, zu überzogen, grell, effekthascherisch und an niedere Instinkte appellierend fiel das Ergebnis aus, das sich stark der Elemente von „Rape & Revenge“- und Selbstjustizthrillern bedient.

Zu einem wunderbar passenden Soundtrack des Schockrockers Alice Cooper – „Take a look at my face, I am the future!“ – herrscht das pure Chaos an der Lincoln High, die über und über mit Graffiti vollgeschmiert ist und in der Stegman und seine Gang in Punkoutfits den Unterricht torpedieren, Mitschüler wie Lehrer terrorisieren und ihre Drogengeschäfte abwickeln, ja, sogar Zuhälterei betreiben sie! Diese ganze Konstellation ist dermaßen klischeeüberladen, dass sie schwerlich ernstzunehmen ist. Wahllos hat man alles, was dem gemeinen Zuschauer irgendwie „böse“ erscheinen könnte, miteinander vermischt: Punks, Nazis, Drogen, Prostitution, Gewalt – es ist für jeden etwas dabei. Da läuft der Dicke aus der Clique mit „Clash“-Schriftzug auf der Jacke herum, was ihn nicht vom Hitlergruß abhält. Stegman unterhält eine Art Büro in einem Musikclub, wo ein Konzert der (echten) Punkband „Teenage Head“ mit zünftigem Pogo besucht wird, bevor sich eine Freudenmädchenanwärterin vor ihm entkleiden muss. Du liebe Güte, das alles ist dermaßen an den Haaren herbeigezogen, dass es kracht – aber auch irrsinnigen Spaß bereitet! Knallbunte Neonreklamen und Klamotten, gefärbte Haare, abgefahrene Punk-Outfits – hier wird der Look der ’80er nicht nur konserviert, sondern regelrecht zelebriert! Trotz aller offensichtlichen gnadenlosen Überzeichnungen dürfte „Die Klasse von 1984“ seinerzeit so manchem Subkulturangehörigen den Ruf gefährdet und unbedarften älteren Semestern, die das evtl. doch alles für bare Münze nahmen, einen gehörigen Schrecken eingejagt haben.

In Dialogen indes schimmert Kritik am vermeintlich zu laschen Jugendstrafrecht durch, womit der Film einem „konservativen“ Publikum nach dem Mund geredet haben dürfte. Das empfand ich tatsächlich als etwas überraschend, da der Film ansonsten fast nie den Eindruck auf mich machte, jene Zielgruppe bedienen zu wollen. Stattdessen scheint mir „Die Klasse von 1984“ auf ein junges, ungestümes Publikum zugeschnitten worden zu sein, das sich an Action, Gewalt und der Thematik an sich ergötzt und sich zunächst vielleicht in gewisser Weise mit den Rowdys identifiziert. Wie auch immer dem sei, Lester ist guter Regisseur genug, um ein Händchen für Dramaturgie zu haben und einen spannenden Film zu inszenieren, der die Spirale der Gewalt anzieht und den anfänglich so idealistischen und besonnenen Norris zu Selbstjustiz greifen, weil man nie etwas beweisen kann, und schließlich durchdrehen lässt, nachdem er sämtliche anderen Mittel ausgeschöpft hat. Im Kollegium schenkt man ihm wenig Glauben, die Polizei ist machtlos und selbst Mama Stegman hält ihren Filius für ein Genie, das kein Wässerchen trüben kann. Der Schulstress hat längst auf sein Privatleben übergegriffen und gefährdet schließlich ganz konkret seine Frau. Jeder Zuschauer wird sein Verhalten nachvollziehen können und wurde längst von Lester zu Lynchjustizgelüsten geleitet, die er fortan befriedigt sehen darf. Nachdem zuvor bereits ein Lehrerkollege Norris’ aus Verzweiflung dem Alkohol verfallen ist, mit gezogener Schusswaffe unterrichtet hat und anschließend Amok gefahren ist, geht spätestens im Finale jeder Blick für Verhältnismäßigkeiten verloren und regiert der blanke Terror – inkl. einer ultrabrutalen, Richtung Splatter tendierenden Kreissägenszene.

„Die Klasse von 1984“ konstruiert eine Geschichte, die vorgibt, die Grenzen von Pädagogik aufzuzeigen – im Gegensatz zu oben erwähnten Vorbildern, die die Möglichkeiten[/] selbiger aufzeigen –, was ihm jedoch in erster Linie durch fast in die Charakteristika des Horrorbereichs hineinreichende Übertreibung und die schablonenhafte Eindimensionalität seiner Antagonisten erreicht. Letztere wird interessanterweise kurzzeitig nur scheinbar aufgebrochen, als man Stegmans ungeahntes Talent, perfekt Klavier spielen zu können, zeigt. Doch während der Zuschauer erwartet, dass Norris hier ansetzen und Stegmans Gewalttätigkeit und Soziopathie in kreative und/oder konstruktive Bahnen kanalisieren kann, geht die Handlung zu keinem Moment mehr darauf ein, lässt die Szene wie einen die propädagogischen Vorbilder karikierenden „roten Hering“ erscheinen. Als ernstzunehmende Situationsbeschreibung völlig unbrauchbar, als Exploitation-Kracher jedoch eine kultverdächtige Wucht ist somit der comichafte Film, dessen bestens aufgelegte, professionelle Schauspieler (unter denen sich auch ein blutjunger Michael J. Fox („Zurück in die Zukunft“) in einer seiner ersten Rollen befindet) entschieden zum Gelingen beitragen – bis hin zum bösen, makabren Schluss.
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Class of Nuke ‘em High
In der Tromaville High School, nur einen Steinwurf vom örtlichen Atomkraftwerk entfernt, sind die Schüler scheinbar ein wenig heller geworden. Genauer gesagt handelt es sich eher um ein giftgrünes Leuchten! Unschuldige Studenten mutieren zu sexverrückten Psychopathen, der Klassenrat hat sich in perverse, fleischfressende Kretins verwandelt und das schleimige Monster, das die Flure entlangschleicht, ist nicht der Direktor...
„Quatsch, bei uns gibt’s keine radioaktive Strahlung, wir sind vieeeel zu weit vom Kraftwerk! Mindestens 500 Meter!“

Die US-amerikanische Kult-Trash-Schmiede Troma schuf im Jahre 1986 unter der Regie des Trios Richard W. Haines, Lloyd Kaufman und Michael Herz mit „Class of Nuke ‘em High“ eine Highschool-Horrorkomödie, die stark sowohl an den firmeneigenen „Toxic Avenger“ als auch Mark L. Lesters „Juvenile Delinquent“-Milieufilm/Sozialdrama/Action-Thriller-Exploitation-Kracher „Die Klasse von 1984“ erinnert.

In der beschaulichen US-Kleinstadt Tromaville kommt es zu einem Zwischenfall im Atomkraftwerk. Eine zähflüssige, radioaktive Flüssigkeit tritt aus. Direkt neben dem Atomkraftwerk befindet sich die Tromaville High School, die vom nuklearen Schleim kontaminiert wird und die Schüler zu fiesen Monstern mutieren lässt. Das hindert die örtliche Punkclique – ehemalige Musterschüler, die durch den Einfluss von Radioaktivität zu Raufbolden wurden – jedoch nicht daran, ihr Marihuana auf dem Kraftwerkgelände anzubauen und an die Schüler zu verkaufen. Auf einer Party raucht das Pärchen Cathy und Warren von dem Stoff, bekommt Halluzinationen und Alpträume. Ihr erster Sex, der unter Einfluss der Droge stattfand, lässt Cathy einige Zeit später ein ekliges schleimiges Etwas als Fehlgeburt ins Schulklo plumpsen, das nach einer Landung in Atommüllfässern gedeiht und zu einem wahren Monstrum heranwächst, das Jagd auf alles macht, was sich in der Schule aufhält –
gut, dass Warren durch die nuklearen Umstände zu Superkräften gelangt ist und damit sowohl den „Cretins“, jener berüchtigten Punk-Gang, als auch dem Mutanten etwas entgegenzusetzen hat. Ärgerlich hingegen, dass es überhaupt so weit kommen musste, denn eigentlich wollten Cathy und Warren sich Fellini-Filme im Kino anschauen…

Die nuklearen Mutationen und Superkräfte kennt man aus „The Toxic Avenger“, die ausgeflippte, kriminelle Punkerbande aus „Die Klasse von 1984“ – dazu kommen Tromas typischer grenzdebiler Humor inkl. einiger Splattereinlagen sowie den unbedarften Umgang mit Kernenergie aufs Korn nehmende Holzhammer-Satire und fertig ist das giftgrüne Gebräu. Die Handlung spricht eigentlich weitestgehend für sich, denn im Prinzip bekommt man genau das geboten, was die Inhaltsangabe verspricht. Begleitet wird die feiste Sause von ständig im Hintergrund dudelnder Musik, für die u.a. Clive Burr (ex-Iron-Maiden-Drummer!) und die Hardcore-Combo Biohazard verantwortlich zeichnen. Der rockige/new-wavige Titelsong ist ein echter Ohrwurm und stimmt bereits zu Beginn perfekt aufs Vergnügen ein. Auch in „Class of Nuke ‘em High“ schaffen es Troma, trotz aller Absurdität, des geringen Budgets und der allgemein begrenzten Möglichkeiten, ein satirisches, unterhaltsames, partytaugliches Fest des schlechten Geschmacks zu feiern, zu dem man sich gern einladen lässt. Viele aberwitzige Details – so wird beispielsweise ein Schwarzer von einem Weißen gespielt – und ein wenig weibliche Nacktheit schmecken das irre ‘80er-Süppchen effektiv ab, das seinen größten Spaßfaktor aus dem Versuch erzielt, die bereits in Lesters ’84er-Klasse hoffnungslos überzeichnete Nazi-Punk-Clique weiter überzustrapazieren – quasi Exploitation zu exploiten – und zu karikieren. Die andere Hälfte der Miete fährt die Monsteraction ein, die jedoch erst im letzten Drittel so richtig zum Zuge kommt. Freunde des matschigen Spezialeffekts kommen indes bereits zu Beginn des Films auf ihre Kosten, wenn der erste Schüler mutiert und schließlich dahinschmilzt.

Wenngleich es auch hier und da ein paar dramaturgische Hänger gibt, es sich gewiss um keinen Film handelt, der sich sonderlich lange im Gedächtnis festsetzt und auch eine charismatische Hauptrolle à la Toxie fehlt, zählt „Class of Nuke ‘em High“ doch eindeutig zu den besten Werken Tromas, da hier der infantil-schwarze Humor des Unternehmens volle Lotte zelebriert wird und einhergeht mit greller Optik und kruden Spezialeffekten. Auch die No-Name-Darstellerriege schlägt sich prima. Letztendlich sind solche Filme doch das wenig wirklich Gute, was die Atomkraft hervorgebracht hat – Nuclearploitation vom Feinsten. Kult!
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Weißer Oleander
1844 wird die einfache Farmerstochter Miranda Wells von ihrem finsteren aber nichts desto trotz charmanten entfernten Verwandten Nicholas Van Ryan auf dessen Anwesen eingeladen, um dort seine Tochter zu unterrichten. Zunächst großer Hoffnung, merkt sie jedoch bald, dass auf Dragonwyck Manor nicht alles mit rechten Dingen zugeht. Die Eltern kennen ihre Tochter Katrine kaum und Nicholas wird mit einem drohenden Aufstand seiner Pächter konfrontiert. Die Bediensteten des Hauses sprechen von einem Fluch, der auf Dragonwyck Manor liegen soll und niemand kennt das Geheimnis, welches Nicholas immer wieder alleine in das oberste Turmzimmer seines Anwesens treibt...
„Wie gefällt Ihnen die Kirmes der oberen Zehntausend?“

„Weißer Oleander“ alias „Dragonwyck“ aus dem Jahre 1946 ist das Regiedebüt des US-Amerikaners Joseph L. Mankiewicz („Julius Caesar“, „Cleopatra“). Die Mischung aus Drama und Mystery-Thriller basiert auf dem Roman „Schloss Drachenfels“ von Anya Seton aus dem Jahre 1944. In „Weißer Oleander“ spielt Horror-Ikone Vincent Price („Das Schreckenscabinett des Dr. Phibes“, „Die Folterkammer des Hexenjägers“, „Edward mit den Scherenhänden“) seine erste Hauptrolle („Shock“ wurde früher veröffentlicht, aber später gedreht) – und empfahl sich damit für weitere.

Im Jahre 1844 lädt der Großgrundbesitzer Nicholas Van Ryan (Vincent Price, noch ohne Bart) seine entfernte Cousine, die einfache Farmertochter Miranda Wells (Gene Tierney, „Laura“, „Ein himmlischer Sünder“, „Todsünde“), auf sein Anwesen Dragonwyck Manor ein, damit sie seine Tochter unterrichtet. Dort wird sie mit eigenartigen, von Lieblosigkeit geprägten Ehe- und Eltern-Kind-Verhältnissen, einem alten Familienfluch, dem Aufstand der Pächter gegen ihren Lehnherren und sogar dem Tod von Nicholas’ Frau konfrontiert – glaubt schließlich aber auch, in Nicholas ihre große Liebe gefunden zu haben und sich mit dem gesellschaftlichen Aufstieg einen Traum zu erfüllen...

Was wie eine Heimatschmonzette beginnt – gottesfürchtige Kleinbauern führen ein einfaches, aber glückliches Leben auf dem Lande und üben sich in Synchronbibellesen –, ändert sich alsbald, wenn Töchterchen Miranda nach geklärter Verwandtschaftsfrage („Nicht ein Tropfen Van-Ryan-Blut fließt in unseren Adern!“) das Dragonwyck’sche Gemäuer aufsucht, die Entscheidung über ihren Verbleib positiv ausfällt und nach einigen humorvollen Dialogen das unglaublich demütige, fromme Geschwafel endlich ein Ende findet. Miranda ist fasziniert von Nicholas und dem pompösen Leben auf dem Schloss, bewahrt aber dennoch ihren Stolz und eine gewisse kritische Distanz, denn auf den Kopf gefallen ist sie nicht. Diese differenzierte Charakterisierung macht aus Miranda die Sympathieträgerin des Films, statt sie in einer Art Opferrolle als weltfremde, fundamentalistisch-religiöse Jungfer verharren zu lassen. Nach ungefähr 20 Minuten tendiert die Handlung in Richtung gruseliger Schauermär anhand des Gemäldes von Athilde, einer längst verstorbenen Verwandten (die auf dem Bild kurioserweise aussieht wie Michael Jackson), und des furchterregenden, unheilverheißenden Gesangs, den nur Van Ryans durchs Schloss hallen hören. Der Bauernaufstand gegen Nicholas, innerhalb dessen harsche Kritik am Lehnwesen und ungerecht verteilten Besitz laut wird: Klassischer Klassenkampf, ein weiterer Aspekt des Films.

Im Grunde genommen aber ist „Weißer Oleander“ die Geschichte vom Untergang eines Patriarchen, Großgrundbesitzers, Reaktionärs und Kapitalisten, der nicht aus seiner Haut kann und dessen unerfüllter Stammhalterwunsch ihn zum Mörder werden lässt. Price liefert bereits seine ihm eigenen inbrünstigen, pathetischen Auftritte, wirkt dabei selbst in seiner Verletzlichkeit unnahbar. Die zunehmende Verzweiflung Nicholas’ geht einher mit einer leichten äußerlichen Verwahrlosung, symbolisiert durch einen ungepflegt erscheinenden Bart. Wenn er am Schluss dann völlig überschnappt, ist er ein gebrochener Mann, dem man nicht mit Lynchgelüsten, sondern mit einem gewissen Grad Mitleid und sogar Respekt begegnet. Dem Verfall der Van-Ryan-Dynastie ist eine Symbolhaftigkeit inne, die sich auf den Wandel der Zeit und ihrer Gesellschaft übertragen lässt – wer unfähig ist, sich den Veränderungen anzupassen und auf vermeintlich gottgegebenen Privilegien verharrt, wird von der Geschichte hinfort gefegt. Absolut sauber und fesselnd inszeniert, aber auch hollywoodtypisch ergreifend, wird, begleitet von vielen Walzer- sowie sowohl sanften, als auch dramatischen Streicherklängen, der anfängliche Humor komplett ausgespart und auf eine düstere, pessimistische „Moral“ zugesteuert, was schwer an den „Film noir“-Bereich erinnert, jedoch durch das eigentliche Ende abgeschwächt wird. Positiv deuten lässt es sich jedoch in Hinblick auf Klassenbewusstsein und -stolz, der die Suche nach dem Glück in Reichtum und Besitz höherer Schichten obsolet macht. Ein prachtvolles, inhaltsschweres Meisterwerk, das besonders dadurch zusätzlich interessant wird, dass Mankiewicz die Romanvorlage mit dem Edgar-Allan-Poe-Gedicht „Alone“ verquickte und damit Vincent Price eine erste Poe’sche Spielwiese bot. Sicherlich nicht von ungefähr kommt es da, dass die Poe-Verfilmungen, für die er später unter Regie Roger Cormans antrat, viel von „Weißer Oleander“ haben – sei es die ambivalent-tragische Charakterisierung der männlichen Hauptrolle, sei es aber auch insbesondere Price’ erhabenes, theatralisches Schauspiel.

Ein großes Drama, dessen zwischenmenschlich sowie politisch vielleicht nicht allzu anspruchsvolle – da bis zu einem gewissen Punkt erahnbare –, aber überaus ansprechende Handlung ich hier nicht vollends spoilern möchte, angereichert mit im Übrigen nicht durch eine weltliche Erklärung aufgelösten Gruselphänomenen, bei denen es eiskalt den Rücken herunterläuft, sobald das Spinett und der Gesang erklingen. Dazu ausdrucksstarke, kontrastreiche Schwarzweißbilder, herrschaftliche Kulissen und ein brillierender Vincent Price, dem mit Gene Tierney eine wunderschöne Schauspielerin zur Seite steht, die ihrer Rolle zugleich Beschützerinstinkt weckende Naivität, Sympathie und unprätentiöse Anmut und Grazie verleiht. Viel mehr geht nicht in einem Film aus der 1940er-Dekade – ich muss es wissen, denn ich hatte am Ende Tränen der Rührung in den Augen. Ein Klassiker, den es unbedingt wiederzuentdecken gilt!
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Der große Blonde mit dem schwarzen Schuh
Der harmlose Musiker Francois Perrin (Pierre Richard) gerät ohne sein Wissen in das Kreuzfeuer sich befeindender Agenten, als er am Flughafen als angeblicher Spion identifiziert wird, weil er einen braunen und einen schwarzen Schuh trägt (aufgrund seiner Schusseligkeit). Seine Wohnung wird bald Ziel eines gewaltigen Lauschangriffs und eines tödlichen Agentenkrieges. Nur einer bekommt davon nichts mit: Der ahnungslose Perrin, dessen normales Leben natürlich doppelt verdächtig wirkt.
„Infrage gekommen wären nur noch ein großer Neger mit einem grünen Mantel oder der Blonde mit dem schwarzen Schuh. Und ich finde, ein großer Blonder fällt weniger auf als ein Neger im grünen Mantel.“

„Der große Blonde mit dem schwarzen Schuh“ von Yves Robert („Fisch oder Fleisch“) aus dem Jahre 1972 ist jene französische Agentenfilm-Parodie, die, obwohl in Frankreich gefloppt, in Deutschland jedoch zu großer Beliebtheit avancierte, Hauptdarsteller Pierre Richard („Der Hornochse und sein Zugpferd“) auch in seinem Heimatland zu Popularität verhalf und ihn auf die Rolle des liebenswerten Tollpatschs abonnierte.

Im französischen Geheimdienst tobt ein Kleinkrieg: Stellvertreter Milan (Bernard Blier, „Hasch mich - ich bin der Mörder“) will seinen Chef Toulouse (Jean Rochefort, „Ridicule – Von der Lächerlichkeit des Scheins“) stürzen und hat ihm aus diesem Grunde etwas angehängt. Toulouse jedoch will Milan eine Falle stellen, indem er ihn Glauben macht, ein die Vorwürfe entkräften könnender Geheimagent käme nach Paris. Hierfür bittet er seinen Assistenten, am Flughafen willkürlich irgendeine Person auszuwählen, die gerade aus dem Flieger steigt. Die Wahl fällt auf den schusseligen Geiger Francois Perrin (Pierre Richard), der einen braunen und einen schwarzen Schuh trägt. Fortan wird dieser von Milan und seinen Männern auf Schritt und Tritt überwacht, ohne es zu bemerken…

Bereits der Vorspann mit seinen Kartentricks zeugt von der detail- und ästhetikverliebten Herangehensweise Roberts an diese Agentenfilme parodierende Komödie, deren Humor weniger klamaukig und auch nicht sonderlich reich an Slapstick, sondern eher subtilerer und ruhigerer Natur ist. Situationskomik ist es, die hier großgeschrieben wird, denn Perrin ist vordergründig zwar ein völlig normaler Typ, doch sind es die Tücken des Alltags, die ihm regelmäßig zu schaffen machen. Er wirkt häufig ein wenig neben der Spur und durch den Wind, was ihn zum Sympathieträger und zur Identifikationsfigur macht, obwohl auch er es bisweilen faustdick hinter den Ohren hat – so unterhält er beispielsweise eine Affäre mit der Frau (Colette Castel) seines besten Freundes Maurice (Jean Carmet, „Tödliche Ferien“).

Der weitere große Aspekt, aus dem sich der Film nährt, ist die Verballhornung sich selbst unheimlich wichtig nehmender Geheimdienste, die als intrigante, gefühlskalte und über Leichen gehende Organisationen dargestellt werden, die mit ihren Spionagen nichts Nützliches bewirken. „Der große Blonde mit dem schwarzen Schuh“ karikiert ihre Arbeit und wird urkomisch, wenn die konspirativen Herren in ihren Trenchcoats mit ernster Miene Perrins Versuche, den Alltag zu bewältigen, verfolgen und allem, was er tut, große Bedeutung beimessen – letztlich aber an seinem verdächtig unverdächtigen Verhalten verzweifeln. All das führt zu absurden Situationen, von denen ausgerechnet Perrin am wenigsten bemerkt, über die sein Freund Maurice aber den Verstand verliert.

Stilistisch hat es der Film ebenfalls in sich: Sommerliche Bilder einer schönen Stadt (überhaupt kein Vergleich zu Aufnahmen deutscher Städte aus den 1970ern), großzügig geschnittene, durchgestylte Wohnungen, viel französische Lebensart (die mit den Geheimdienstlern kollidiert) und als besonderer Augenschmaus der Look der als letztes Ass im Ärmel auf Perrin angesetzten, verführerischen Christine (Mireille Darc, „Das Millionen-Duell“), die erst in Leopard gehüllt, dann im bis zur Poritze rückenfreien Abendkleid sicherlich nicht nur ihm den Kopf verdreht. Tatsächlich sind diese Szenen der vorläufige dramaturgische Höhepunkt, denn Perrin offenbart wahrhaftig (s)ein Geheimnis. Unbedingt erwähnenswert auch die ohrwurmverdächtige Titelmelodie des rumänischen Komponisten Vladimir Cosma, vorgetragen von Gheorghe Zamfir auf der Panflöte – mit extrem hohem Wiedererkennungswert.

„Der große Blonde mit dem schwarzen Schuh“ ist noch nicht so wild und durchgedreht wie andere Filme mit Pierre Richard in der Hauptrolle, tatsächlich könnte das Tempo dann und wann etwas höher sein. Die Konsequenz, mit der er das Geheimdienstwesen ad absurdum führt, ist jedoch beachtlich und mündet nicht frei von recht derber Härte in der völligen Selbstzerfleischung desselben, aus der Perrin als lachender, einzig wahrer Gewinner hervorgeht. Kurios ist in diesem Fall, dass der Film selbst in der Stasi-geplagten DDR im Kino (und meines Wissens auch später im Fernsehen) lief, denn exakt deren implosives Vorgehen – das notorische Sammeln unnützer Informationen über Normalbürger – findet sich in dieser hervorragend gealterten, noch immer köstlichen, sympathischen Komödie, die das Individuum über staatliche Institutionen stellt, auf bissig karikierte Weise wieder.

Das ist mir insgesamt 7,5 von 10 Punkten wert.
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Alfred, die Knallerbse
Der talentierte, aber erfolglose Architekt Alfred Dhumonttiey (Pierre Richard) ist ein absoluter Pechvogel, dessen Bauwerke sogar eine magische Anziehungskraft auf Katastrophen zu haben scheinen. Um seinem unglücklichen Leben ein Ende zu bereiten, springt er in einen Fluss, hat aber erneut Pech, denn in diesem Moment versucht sich auch die Fernsehmoderatorin Agathe Bodard (Anny Duperey) aus Liebeskummer das Leben zu nehmen. Nachdem die beiden einander gerettet haben, beginnt für beide ein neues Leben voller Veränderungen…
Nach dem Regiedebüt des französischen Komikers Pierre Richard „Der Zerstreute“, in dem er auch die Hauptrolle übernahm, folgte im Jahre 1972 noch vor seinem internationalen Durchbruch mit dem von Yves Robert gedrehten „Der große Blonde mit dem schwarzen Schuh“ seine zweite Regiearbeit, „Alfred, die Knallerbse“ – dessen Hauptrolle er ebenfalls bekleidet.

Der vom Pech verfolgte Architekt Alfred Dhumonttiey (Pierre Richard) springt in einen Fluss, um sich das Leben zu nehmen. Die gleiche Idee hatte die Fernsehmoderatorin Agathe Bodard (Anny Duperey, „Die geschändete Rose“, „Zwei irre Spaßvögel“), die neben ihm ins Wasser plumpst. Nachdem sich beide aus dem Fluss befreit haben, erzählen sie sich aus ihrem bewegten Leben und ziehen schließlich zusammen. Ein Fernsehquiz scheint zu Alfreds großer Chance zu werden…

„Alfred, die Knallerbse“ erinnert stark an Richards Regiedebüt „Der Zerstreute“. Während seine Zusammenarbeit mit Yves Robert eine Agentenfilmparodie eher subtileren Humors ergab, regieren hier Klamauk und Slapstick, bisweilen etwas zu albern und absurd sowie dramaturgisch fahrig. Beginnend mit einer bis in die Zeit der Besatzung Frankreichs durch die Nazis zurückreichenden Rückblende werden die beiden Hauptrollen charakterisiert. Nachdem sie das Wasser und die Polizeiwache verlassen haben, erfährt der Zuschauer in episodenartigen weiteren Rückblenden, was beiden widerfahren ist und dass Agathe schwer unter Liebeskummer leidet, da sie offensichtlich zum Spielzeug eines einflussreichen, vermögenden Mannes wurde, der letztlich ihre Gefühle nicht erwidert. Während Alfreds Pechvogel-Erlebnisse in der Regel urkomisch sind, gewinnt der Film durch Agathes Geschichte seine tragische Note. Nach einer sehr langen Exposition beginnt jedoch das Fernsehquiz; ein Wettbewerb zwischen Bauern und Städtern, der vielmehr ein sportliches Kräftemessen ist. Von der Fernsehstation fest eingeplant ist ein Sieg der Bauern, doch dank Alfred und seines Teams kommt es anders. Ab diesem Punkt nimmt der Film zwar gehörig das Unterhaltungsfernsehen auf die Schippe, büßt aber an seinem sympathischen Verliererhumor ein. Das steht „Alfred, die Knallerbse“ nicht sonderlich gut zu Gesicht, er droht, in Belanglosigkeit abzudriften.

Letztlich retten Backpfeifengesicht Pierre Richard und die sehr attraktive Anny Duperey den Film halbwegs behände über die Zeit, wenngleich ich zeitweise schon zu meiner Pierre-Richard-Fanbrille greifen musste. Im direkten Vergleich mit anderen Klamauk- und Slapstickfilmen aus den 1970ern jedoch bietet „Alfred, die Knallerbse“ überdurchschnittliche Kost, insbesondere aufgrund der starken ersten halben Stunde. Interessant ist, dass Richard hiermit offensichtlich bereits für seine Paraderolle als notorischer Pechvogel üben konnte, die er Anfang der 1980er in „Der Hornochse und sein Zugpferd“ alias „Ein Tolpatsch kommt selten allein“ mit Gérard Depardieu an seiner Seite perfektionierte.
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The Howling – Das Tier
Die TV-Reporterin Karen White entdeckt, dass das abgeschiedene Therapiezentrum eines bekannten Psychiaters eine Werwolf-Kolonie ist. Doch als die Domestizierungsversuche des Psychiaters scheitern, fallen die Werwölfe über Menschen her - und Karen versucht verzweifelt, zu entkommen...
„Die Bestie kann man nicht zähmen. Das ist gegen die Natur.“

Das Jahr 1981 läutete die Renaissance des Werwolf-Films ein. „The Howling – Das Tier“, „American Werewolf“ und „Wolfen“ wurde allesamt in jenem Jahr veröffentlicht. Der erste in dieser Reihe war US-Regisseur Joe Dantes („Gremlins – Kleine Monster“) „The Howling – Das Tier“, seine erste Regiearbeit der 1980er-Dekade.

TV-Reporterin Karen White (Dee Wallace, „Cujo“, „E.T. - Der Außerirdische“) steht für die nächste große Story in telefonischem Kontakt mit einem sich Eddie nennenden Serienmörder. Schließlich will er sich in der Filmkabine eines Sexshops mit ihr treffen – mit der Polizei im Schlepptau geht sie auf das Angebot ein, doch dort geschieht etwas Grauenvolles. Die Polizei schießt Eddie nieder und Karen kann sich fortan kaum noch an den Vorfall erinnern, wird aber von Alpträumen geplagt. Ihr Psychiater Dr. Waggner (Patrick Macnee, „Reise zurück in der Zeit“) verordnet ihr und ihrem Ehemann Bill (Christopher Stone) Erholung im unter seiner Leitung stehenden abgelegenen Sanatorium im Wald. Unheimliches nächtliches Wolfsheulen, geheimnisvolle Mitpatienten und auf die Spur Eddies führende Devotionalien und Indizien deuten jedoch nicht auf einen erholsamen Aufenthalt hin…

Joe Dantes „The Howling – Das Tier” ist ein sehr gelungener Subgenre-Beitrag mit handgemachten Effekten von Spezialeffektkünstler Rob Bottin (John Carpenters „Das Ding aus einer anderen Welten“, „Total Recall“) inkl. einer der beeindruckendsten Verwandlungsszenen, die jemals ein Werwolf-Film erlebt hat, und im direkten Vergleich mit z.B. „American Werewolf“ wesentlich subtilerem Humor. Verpackt in schöne ‘80er-Grusel-Atmosphäre mit Kontrast aus städtischem Neonlicht und nebligem, idyllischem Waldgebiet baut sich die Geschichte zugegebenermaßen bisweilen ein wenig behäbig auf und in Suspense-Szenen fällt es Dante nicht immer leicht, die Aufmerksamkeit des Zuschauers zu behalten. Dafür zieht er aber ca. nach der Hälfte die Spannungsschraube an und entschädigt letztlich mit einem überraschenden, makabren Ende. Viele Szenen überzeugen durch ein punktgenaues Zusammenspiel von Farben, Lichtern, Musik und Geräuschen, das ihnen zusätzliche Dynamik verleiht. Die am Tage spielenden Szenen atmen zudem sommerliche Camp-Stimmung, spätestens seit „Freitag, der 13.“ ein beliebtes Genremotiv.

Eine Sexszene am Feuer ist aufgeladen mit knisternder, archaischer Erotik und besiegelt den Subtext des Films, der sich um zivilisatorisch unterdrückte, animalische Triebe dreht, die sich äußerlich in Form der Werwolf-Verwandlungen manifestieren und ihren Teil dazu beitragen, dass die zu selbigen neigenden Menschen nicht vollends dämonisiert werden, ja, „The Howling – Das Tier“ sie gar um Verständnis buhlen lässt. Die sich humanoid-aufrecht auf zwei Beinen bewegenden Geschöpfe indes sehen leider nicht ganz so furchterregend und/oder faszinierend aus, wie sie es vielleicht hätten können und fallen gegenüber der ausführlich und detailliert gezeigten Verwandlungsszene etwas ab. Grandios hingegen sind die durchaus schwarzhumorigen, satirischen Seitenhiebe auf die Fernsehlandschaft, die ihren Höhepunkt in der überraschenden, großartigen Schlusspointe finden.

Die Schauspieler machen ihre Sache durch die Bank weg gut. Ihre Rollennamen stecken voller Verweise auf Filmschaffende, die ebenfalls ihren Teil zum Werwolf-Genre beigetragen haben. Generell ist „The Howling – Das Tier“ gespickt mit Anspielungen und Verweisen auf das Genre und bietet viel zu entdecken – beispielsweise einige Gastauftritte, unter anderem von Dante-Mentor Roger Corman. Dee Wallace in der Hauptrolle überzeugt auf ganzer Linie als unbescholtenes, moralisch einwandfreies junges Ding, das in einen Strudel aus konspirativen Geheimgesellschaften, sich verändernden Nahestehenden, wiedererstarkten Urtrieben und purem Entsetzen bis hin zur Zerstörung ihrer selbst gerät. In einer Nebenrolle als Buchantiquariatsbetreiber wieder mit von der Partie ist Dick Miller, wie üblich unter dem Namen seiner Hauptrolle in Roger Cormans „Bucket of Blood“, Walter Paisley – wenngleich er diesmal erschreckende Ähnlichkeit mit Peter Maffay aufweist.

Fazit: Die Wiedererweckung des Subgenres ist Joe Dante formidabel geglückt mit einem weitestgehend ernsten Film, der sich vor seinen Inspirationen ehrerbietend verbeugt und die richtige Balance zwischen Hommage, Horror, Härte, Effektspektakel, Anspruch und wohldosiertem schwarzem Humor trifft. Befindet sich gerade durch den Verzicht auf allzu offensichtliche Komik meines Erachtens trotz kleinerer dramaturgischer Schwächen auf Augenhöhe mit John Landis’ „American Werewolf“, der i.d.R. bei der Kritik etwas besser wegkommt – ist jedoch trotz der berüchtigten Bottin-Spezialeffekte mit Latex, Druckluft etc. vielleicht stilistisch noch etwas mehr dem vorausgegangenen Jahrzehnt verhaftet, als es Landis’ London-Exkursion war.

Vielleicht etwas zu strenge 7,5 von 10 Punkten, gehört für Horrorfreunde ungeachtet dessen zur Allgemeinbildung.
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Paranormal Activity 3
Im Jahr 1988 bezieht die junge Mutter Julie (Lauren Bittner) mit ihren kleinen Töchtern Katie (Chloe Csengery) und Kristi (Jessica Tyler Brown) ein neues Haus, gemeinsam mit Julies neuem Lebensgefährten Dennis (Christopher Nicholas Smith), der sein Geld normalerweise als Hochzeitsfotograf und Kameramann verdient, momentan aber arbeitslos ist. Mit der Ruhe im neuen Heim ist es jedoch schon bald vorbei, denn die Familie muß mit seltsamen Vorkommnissen und nächtlichen Geräuschen klarkommen. Daß Kristi behauptet, einen neuen imaginären Freund namens Toby zu haben, deutet ihre Mutter als typisches Merkmal der Entwicklungsphase, doch Dennis glaubt daran, daß sie einen geisterhaften Besucher im Haus haben und installiert seine komplette Videoaufnahmetechnik im Haus, um den "Besucher" auf Bild zu bannen. Gemeinsam mit seinem Kumpel Randy (Dustin Ingram) verbeißen sich die beiden Männer in der Aufgabe, während es um sie herum immer schlimmer wird...
„Kannst du nicht einfach mit dem Puppenhaus spielen?“

Nach dem sehr durchwachsenen zweiten Teil des verdammt gruseligen US-No-Budget-„Found Footage“-Horror-Überraschungserfolgs „Paranormal Activity“ aus dem Jahre 2007 folgte 2011 der dritte Teil, diesmal unter der Regie der US-Amerikaner Henry Joost und Ariel Schumann, die zuvor bereits „Catfish“ zusammen inszenierten. Auch Teil 3 ist keine Fortsetzung im eigentlichen Sinne, sondern ein weiteres Prequel, diesmal zeitlich einige Jahrzehnte zuvor angesiedelt, genauer: Im Jahre 1988.

Das Pärchen Julie (Lauren Bittner) und Dennis (Christopher Nicholas Smith) bezieht zusammen mit seinen Töchtern Katie (Chloe Csengery) und Kristi (Jessica Tyler Brown) ein neues Haus, in dem sich schon bald besorgniserregende Geschehnisse abspielen. Zudem behauptet Kristi steif und fest, einen unsichtbaren Freund namens Toby zu haben. Der arbeitslose Dennis versucht zusammen mit seinem Freund Randy (Dustin Ingram) mittels im Haus installierter Überwachungskameras, die Ereignisse zu dokumentieren und ihnen auf den Grund zu gehen. Doch die Situation eskaliert...

Seit jeher ist es eine Urangst und Horrorvorstellung, dass in der Abwesenheit unheimliche, unerklärliche Phänomene stattfinden. Wenn diese auch noch schwer widerlegbar direkt um einen herum passieren, ist der Alptraum perfekt. Diese Angst in Zusammenhang mit einer tödlichen Gefahr für eine junge Familie bzw. die Kinder, denen die Eltern hilflos zusehen müssen, macht sich auch „Paranormal Activity 3“ zunutze und begibt sich mit seiner Homevideo-Thematik zurück ins Jahrzehnt von Heavy Rock, Synthie-Pop, Vokuhila, Dauerwelle – und VHS. Der Aufbau des Films beginnt mit dem Fund eines Kartons selbstbespielter VHS-Kassetten und einem Schwenk in den September 1988, der alte Kinderaufnahmen zeigt, unter ihnen die aus den vorausgegangenen Teilen bekannte Katie mit ihrer Schwester Kristi, die in Teil 2 eine große Rolle spielte. Der Übergang zum alten Video wurde gut gelöst, wenngleich denjenigen, denen das Medium VHS noch aus eigener Erfahrung bekannt ist, auffällt, dass die Aufnahmen dafür viel zu scharf sind – womit man sich aber recht schnell anfreundet, denn manchmal muss der Realismus eben doch ein wenig zurückstecken, damit das Ergebnis genießbar wird.

Die ersten 1988 im Haus angefertigten Aufnahmen – pikanterweise Privataufnahmen des Pärchens beim Liebesspiel (von dem man allerdings keinerlei Explizitäten zu Gesicht bekommt – Pech gehabt, Sleaze-Jünger) – enthalten bereits winzige unheimliche Details. Man erkennt zwar nicht wirklich etwas, aber gruselig ist’s allemal und beweist, dass das Regie-Team glücklicherweise ein Händchen für subtilen Horror besitzt. Erst einmal in Gang gekommen, erscheinen die Reaktionen auf das plötzliche Erdbeben im Schlafzimmer jedoch nicht nachvollziehbar, worunter die Empathie für die Betroffenen ein wenig leidet. Dafür sieht man jedoch immer mehr paranormale Aktivitäten in schöner Deutlichkeit, wovon einer der Höhepunkte sicherlich das klassische „Bettlakengespenst“ ist. Die Bewohner des Hauses können sich nie sicher sein, was sich gerade in einem anderen Raum oder schlicht hinter ihrem Rücken abspielt und eine wohlige Paranoia bricht sich Bahn, die das Publikum permanent in Habachtstellung versetzt. Aufmerksamen Zuschauern entgeht trotzdem nicht, dass einige Handkameraszenen, die die Aufnahmen der Überwachungskameras ergänzen und in erster Linie die Handlung vorantreiben, aus eben diesem Grunde für den Film konstruiert wurden – und natürlich, um dem Anspruch gerecht zu werden, ausschließlich aus von den Protagonisten selbst erstellten Aufnahmen zu bestehen – und in einer dem Film entsprechenden Realität wohl kaum angefertigt worden wären. Die schauspielerischen Leistungen stehen dabei nicht sonderlich im Vordergrund, sind aber in ausreichendem Maße „unauffällig“ und mit den erwähnten Abstrichen halbwegs glaubwürdig, auch die Kinderdarsteller zerstören den angestrebten Realismus nicht.

Nichtsdestotrotz verfügt „Paranormal Activity 3“ über ein recht passables Timing, wird besonders im Vergleich zum vorausgegangenen Teil dankenswerterweise überhaupt nicht langweilig und ist oft wahrhaft gruselig. Außerdem weiß zumindest für in den 1980ern Aufgewachsene die allgegenwärtige, doch unaufdringliche ‘80er-Atmosphäre mit ihrem Zeitkolorit insbesondere im Hinblick auf analoge Videotechnik zu gefallen. Das Finale wird sodann genutzt, um die Mythologie der Reihe ganz kräftig voranzubringen und einige Fragen zu klären, dabei aber auch neue aufzuwerfen, bevor ein ziemlich deftiges Ende einen vorläufigen Schlusspunkt unter das Prequel-Kapitel setzt, denn Teil 4 wird die erste echte Fortsetzung sein. Meine Skepsis erwies sich als unnötig, Teil 3 ist insgesamt recht gut gelungen und wusste prima zu unterhalten. Dass ausgerechnet dieser Film in den USA Rekorde brach und sich die Reihe ungebrochener Beliebtheit erfreut, verwundert mich dann aber doch ein wenig.
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