Re: Was vom Tage übrigblieb ...
Verfasst: Do 11. Apr 2024, 05:24
Die Haut des Anderen (Jacques Deray, 1966) 7/10
Es ist ein Spiel mit der Haut anderer Menschen. Fabre kommt nach Wien weil es heißt, dass sein Freund und Kollege Margeri zur Gegenseite übergelaufen sei. Fabre soll das klären, und dabei stößt er in ein Wespennest. Zuerst weigert sich Margeri mit ihm zu sprechen, dann wird Margeris Geliebte Anna entführt, und über Anna kommt Fabre auf Chalieff, den dortigen Leiter des östlichen Geheimdienstes, sowie Weigelt, einen Anwalt, der mit Chalieff in Verbindung zu stehen scheint. Jeder will das Geheimnis, das Margeri offensichtlich zu verkaufen sucht, für sich haben. Und die Haut der anderen ist dabei vollkommen unerheblich, nur der eigene Erfolg zählt.
1966, das war, in James Bond-Zeitrechnung, zwischen FEUERBALL und MAN LEBT NUR ZWEIMAL. Sean Connery als rüpelhaft-erotischer Chauvinist, der in schicken Interieurs und überall auf der Welt die Gangster und die Frauen gleich reihenweise aufs Kreuz legt, rockte die Kinosäle der Welt und prägte mit seinem Verhalten ein Filmgenre und eine ganze Generation Kinogänger. Eine ganze Generation? Nein, denn irgendwo in einem Vorstadtkino wird als kleine und eher unauffällige Produktion DIE HAUT DER ANDEREN dagegen gehalten. Ein Agentenfilm, der kaum weiter weg sein könnte von der glamourösen und actiongeladenen Welt des britischen Meisteragenten. DIE HAUT DER ANDEREN spielt ausschließlich in Wien, Lino Ventura behält immer seinen Regenmantel an, sein Freund Margeri schaut aus wie ein Bürokrat 10 Tage nach dem letzten Gießen, und der einzige Hinweis auf Sex sind ein paar Fotos, die in Margeris Fotostudio im Hintergrund durchs Bild huschen.
Und genau damit punktet DIE HAUT DES ANDEREN. Mit Realismus, mit genauer Untersuchungsarbeit seitens des Hauptdarstellers, und mit einer langsamen und betulichen Gehweise, die in der ersten Stunde zugegeben nicht wirklich fesselt. Zumindest nicht im Sinne eines James Bond. Doch irgendwann nimmt der Film Fahrt auf, Ventura lässt die Maske des jovialen und sorgenden Geheimdienstkollegen fallen und mutiert zum eiskalten Killer, und auch Chalieff ist irgendwann nicht mehr der freundliche KGB-Mann von Nebenan, sondern ein rücksichtloser Folterer und Manipulator, dessen hauptsächliches Ziel es zu sein scheint, möglichst viel Schmerz zu verbreiten. Zwar ist etwa die Folter Margeris dem Herstellungsjahr des Films bedingt nur im Off zu vermuten, was aber die Bilder im Kopf nicht harmloser macht.
DIE HAUT DES ANDEREN ist, wenn er denn erst einmal in Fahrt gekommen ist, knüppelhartes und rücksichtloses Agentenkino genau derjenigen Art, die man als Liebhaber älterer Filme so mag. Das Wien des Jahres 1966 ist aus heutiger Sicht hemmungslos nostalgisch, die Handlung erlaubt sich einige Schlenker die dem Verlieren der Übersicht recht dienlich sind, und doch läuft alles merkwürdigerweise sehr zügig zu einer Frage: Hat Margeri einen Verrat begangen, oder hat er nicht? Dabei werden die üblichen Wege des Euro-Spy geschickt umgangen, ohne dabei aber gleich in allzu überzogenen Realismus abzugleiten. Ein wenig Kintopp darf ruhig sein, und diese sorgfältig erzählte Mischung aus viel Realismus und der richtigen Dosis altmodischem Agentenkino geht unwiderstehlich nach vorne los. Große Empfehlung für alle, die Filme wie DAS QUILLER MEMORANDUM schätzen.
Es ist ein Spiel mit der Haut anderer Menschen. Fabre kommt nach Wien weil es heißt, dass sein Freund und Kollege Margeri zur Gegenseite übergelaufen sei. Fabre soll das klären, und dabei stößt er in ein Wespennest. Zuerst weigert sich Margeri mit ihm zu sprechen, dann wird Margeris Geliebte Anna entführt, und über Anna kommt Fabre auf Chalieff, den dortigen Leiter des östlichen Geheimdienstes, sowie Weigelt, einen Anwalt, der mit Chalieff in Verbindung zu stehen scheint. Jeder will das Geheimnis, das Margeri offensichtlich zu verkaufen sucht, für sich haben. Und die Haut der anderen ist dabei vollkommen unerheblich, nur der eigene Erfolg zählt.
1966, das war, in James Bond-Zeitrechnung, zwischen FEUERBALL und MAN LEBT NUR ZWEIMAL. Sean Connery als rüpelhaft-erotischer Chauvinist, der in schicken Interieurs und überall auf der Welt die Gangster und die Frauen gleich reihenweise aufs Kreuz legt, rockte die Kinosäle der Welt und prägte mit seinem Verhalten ein Filmgenre und eine ganze Generation Kinogänger. Eine ganze Generation? Nein, denn irgendwo in einem Vorstadtkino wird als kleine und eher unauffällige Produktion DIE HAUT DER ANDEREN dagegen gehalten. Ein Agentenfilm, der kaum weiter weg sein könnte von der glamourösen und actiongeladenen Welt des britischen Meisteragenten. DIE HAUT DER ANDEREN spielt ausschließlich in Wien, Lino Ventura behält immer seinen Regenmantel an, sein Freund Margeri schaut aus wie ein Bürokrat 10 Tage nach dem letzten Gießen, und der einzige Hinweis auf Sex sind ein paar Fotos, die in Margeris Fotostudio im Hintergrund durchs Bild huschen.
Und genau damit punktet DIE HAUT DES ANDEREN. Mit Realismus, mit genauer Untersuchungsarbeit seitens des Hauptdarstellers, und mit einer langsamen und betulichen Gehweise, die in der ersten Stunde zugegeben nicht wirklich fesselt. Zumindest nicht im Sinne eines James Bond. Doch irgendwann nimmt der Film Fahrt auf, Ventura lässt die Maske des jovialen und sorgenden Geheimdienstkollegen fallen und mutiert zum eiskalten Killer, und auch Chalieff ist irgendwann nicht mehr der freundliche KGB-Mann von Nebenan, sondern ein rücksichtloser Folterer und Manipulator, dessen hauptsächliches Ziel es zu sein scheint, möglichst viel Schmerz zu verbreiten. Zwar ist etwa die Folter Margeris dem Herstellungsjahr des Films bedingt nur im Off zu vermuten, was aber die Bilder im Kopf nicht harmloser macht.
DIE HAUT DES ANDEREN ist, wenn er denn erst einmal in Fahrt gekommen ist, knüppelhartes und rücksichtloses Agentenkino genau derjenigen Art, die man als Liebhaber älterer Filme so mag. Das Wien des Jahres 1966 ist aus heutiger Sicht hemmungslos nostalgisch, die Handlung erlaubt sich einige Schlenker die dem Verlieren der Übersicht recht dienlich sind, und doch läuft alles merkwürdigerweise sehr zügig zu einer Frage: Hat Margeri einen Verrat begangen, oder hat er nicht? Dabei werden die üblichen Wege des Euro-Spy geschickt umgangen, ohne dabei aber gleich in allzu überzogenen Realismus abzugleiten. Ein wenig Kintopp darf ruhig sein, und diese sorgfältig erzählte Mischung aus viel Realismus und der richtigen Dosis altmodischem Agentenkino geht unwiderstehlich nach vorne los. Große Empfehlung für alle, die Filme wie DAS QUILLER MEMORANDUM schätzen.