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Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Verfasst: Do 18. Aug 2022, 20:20
von jogiwan
Eine Jungfrau in den Krallen von Frankenstein

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Erwartungsgemäß ist „Eine Jungfrau in den Krallen von Frankestein“ eine wirre, wie krude Mischung unterschiedlichster Versatzstücke aus der Rumpelkammer abgestandener Genre-Ideen und von Mad-Scientist im Triple-Pack, einer Vogelfrau, einem silberschimmernden und grunzenden Frankenstein, ein Zigeunermädchen und allerlei sonstigen Dingen ist Francos Streifen vollgepackt mit Dingen, die wieder einmal nicht zueinander finden möchten. Das kann man natürlich lustig und originell finden und eine traumhafte Logik bemühen, aber genauso gut könnte man hier dem Macher auch mangelndes Talent, Interesse und Koordinationsgabe unterstellen. Franco hat mit seinen Komparsen einfach munter drauf losgedreht und am Ende ist etwas dabei herausgekommen, dass 80 Minuten dauert und ein findiger Produzent als Film vermarktet hat. Als einmaliger „Betriebsunfall“ eines fähigen Regisseurs wäre so etwas wie „Eine Jungfrau in den Krallen von Frankenstein“ sicher ein spaßiges Kuriosum, aber bei Franco hat das ganze vermeidbare Chaos ja leider System. Zum Glück zählt der Streifen aber noch zu den unterhaltsameren Werken des Spaniers, selbst wenn man auch diese Aussage zu diesem inhaltlichen Desaster im Zusammenhang mit dem restlichen Output Francos relativieren muss.

Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Verfasst: Fr 19. Aug 2022, 20:02
von jogiwan
Sinfonia Erotica

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Nach einem längeren Aufenthalt in der Nervenheilanstalt kehrt Martine de Bressac in ihr Zuhause zurück um ihren Mann Armando in den Armen seines jüngeren Liebhabers Flor zu finden. Armando macht auch keinen Hehl an seiner Missachtung gegenüber Martine und stellt diese auch vor der jungen Norma bloß, die der bisexuelle Mann ebenfalls in sein Haus aufgenommen hat. Als er von Martines Arzt erfährt, dass jede Aufregung und jeder sexuelle Akt für seine Gattin tödlich enden könnte schmiedet er mit seinen jungen Gefährten ein teuflisches Komplott. Martine verfolgt aber ebenfalls ihre ganz eigenen Pläne und entpuppt sich trotz ihrer seelischen Vorbelastung nicht als das einfache Opfer.

Jess Francos eher etwas kuriose Sicht auf Bisexualität und sexuellem Missbrauch nach Motiven von Marquise de Sade ist leider keine Sinfonie der Erotik, sondern die übliche billig abgefilmte Ansammlung von wenig erotischen Momenten, die hier aber wenigstens in hübscher Location inszeniert wurden. Ich habe ja die starke Vermutung, dass Jess Franco ein Leben lang keinen oder nur schlechten Sex gehabt hat und seine Filme für ein ebensolches Publikum gedreht hat, ansonsten kann ich mir das Fehlen jeglicher Erotik und Sinnlichkeit in seinen Werken ja nicht erklären. Jeder Akt wirkt hölzern, formelhaft und leidenschaftslos und auch hier haben die ausnahmslos schlechten Menschen herzlich wenig Freude an ihrer Interaktion und wirken verbissen und getrieben. „Sinfonia Erotika“ wirkt dann auch fast wie ein Radley Metzger-Film für Arme und präsentiert seine Geschichte mit seinen Laiendarstellern auf die übliche Weise. Auf Charakterisierung wird verzichtet, die beiden Haupt-Figuren passen so überhaupt nicht in ihre Rollen und alles gipfelt in einer Szene, in der die Kamera mit Weichzeichner-Optik um einen Tisch mit vier Leuten fährt, die wohl gut aussehen hätte sollen und leider als Gegenteil das Unvermögen der Beteiligten hervorhebt. Mit dem eher schlecht angedeuteten, schwulen Blowjob hat Franco dann wohl auch noch sein Stammpublikum verschreckt, sodass es wenig verwunderlich ist, dass dieser Film mehrere Jahrzehnte in der Versenkung verschwunden ist. Dort hätte er meines Erachtens auch ruhig bleiben dürfen.

Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Verfasst: Sa 20. Aug 2022, 19:45
von jogiwan
White Chicks

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Auch ein Film, den ich als popkulturelles Statement zu gängigen Vorurteilen und Stereotypen immer mal schauen wollte und die Wayans-Brüder haben mit „Scary Movie“ ja immerhin eine recht solide Parodie hinbekommen. „White Chicks“ ist nach dem eher mauen Auftakt und der doch recht überhastet vorangetriebenen Idee schwarze Cops als weiße Tussis auszugeben ja eigentlich ganz unterhaltsam und hat auch eine nette Botschaft. Die Gags sind erwartungsgemäß zumeist eher durchschnittlich, aber auch mal recht witzig. Dass die beiden Cops als Mädels eher wie Aliens aussehen und das niemand zu Kenntnis zu nehmen scheint, muss man als Zuschauer wohl einfach mal so akzeptieren. Der Themenkreis „rich white girls“ ist ja eigentlich ohnehin schon Realsatire gut und daher geht es auch mehr um Stutenbissigkeit, Solidarität und eine kleine Kriminalgeschichte haben die Wayans auch noch eingebaut. Große Themen wie Alltagsrassismus werden hingegen nicht behandelt und in diesen Punkt wollte man dem Publikum wohl nicht zu viel den Spiegel vorhalaten. In Erwartung einer eher mauen Mainstream-Komödie, war das Endergebnis dann doch irgendwie überraschend unterhaltsam und die 100 Minuten kurzweilig.

Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Verfasst: So 21. Aug 2022, 19:34
von jogiwan
Countess Perverse

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„La Comtesse Perverse“ ist ein überraschend düsterer und nihilistischer Film, der mit seiner Menschenhatz- und Kannibalismus-Thematik das Publikum wohl seinerzeit am falschen Fuß erwischt hat, sodass der Streifen mit nachgedrehten Softsex-Szenen quasi entschärft werden musste. In der 76minütigen Originalfassung kommt die nackte Haut zwar auch nicht zu kurz, aber erotisch wirkt das Ganze nicht wirklich. Ricardo Bofils Wohngebäude Xanadu und La Muralla Roja in Calpe sind prominent in Szene gesetzt und bieten den elitär erscheinenden Rahmen für das abgründige Treiben der verrückten Comtesse und ihren nicht minder durchgeknallten Gatten mit ihrer Vorliebe für junge Touristinnen. Der Grundton ist kontrovers, die Bilder überlassen wenig der Fantasie und dennoch benötigt Franco keinen Schmodder um dem Zuschauer bis zur Schlussszene zu verstören. Das Menschenbild ist wie immer schrecklich und dieselbe Geschichte hat er mit „La Historia Sexual de O“ ja dann quasi in leicht variierter Form noch einmal verfilmt, auch wenn der hier im Vergleich klar besser abschneidet. Mit einem guten Drehbuch, den richtigen Locations und Darstellern kann der Franco es ja doch und „La Comtesse Perverse“ zählt neben „The Night has a Thousand Desires“ auch zu den besseren Werken, die ich in letzter Zeit gesehen habe.

Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Verfasst: Mo 22. Aug 2022, 19:35
von jogiwan
Austin Powers in Goldständer

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Wieder einmal bedroht Dr. Evil die Welt und schließt sich mit dem Bösewicht Goldständer zusammen, den er mit seiner Zeitmaschine aus dem New York der Siebziger in die heutige Zeit transportiert. Doch auch Austin kann sich auf seine Zeitreisen mittlerweile verlassen und nimmt Foxxy Cleopatra aus seiner Reise in die Siebziger mit und gemeinsam versuchen die beiden Agenten den beiden Bösewichten das Handwerk zu legen. Als auch noch Austins Dad entführt wird, mit dem Austin seit je her ein schwieriges Verhältnis hat, verkompliziert das die Sache wesentlich, bis er von einem unerwarteten Überläufer wichtige Informationen erhält und nebenher auch noch bisher ungeahnte Dinge über sein Leben erfährt.

Der dritte Teil ist zwar nicht so schlimm wie Teil zwei, aber auch noch immer nicht wirklich ein lustiger Film. Spaßig sind die Cameos zu Beginn, die von einer gewissen Selbstironie zeugen, der Rest lässt das aber vermissen, ist weniger überzeugend und wiederholt die Formel aus den vorangegangenen Filmen mit Witzen über Fäkalien, Body-Shaming, verklemmte Gags über Geschlechtsteile. Damit man nicht merkt, wie dünn die Geschichte ist, gibt es Explosionen und Action und die drünfzigste Rolle für Mike Myerz, die abermals nicht unterhaltsam ist. Der Typ ist weder sonderlich lustig, noch hat er einen Sinn für Humor, sondern ist einfach nur ein Klassenkasper mit Brachialhumor aus der unteren Schublade, der sich ausschweifend über die Makel und Gebrechen anderer Leute lustig macht. Die Geschichte ist wie üblich dieselbe, der weibliche Side-Kick diese Mal der Blaxploitation-Welle entsprungen und dennoch ist das Gesamtergebnis spießig verklemmter Mainstream-Murks, der auf die breite Masse zielt. Mich wundert es trotzdem, dass so viele bekannte Gesichter nach dem furchtbaren Teil 2 überhaupt noch mitmachen wollten. Ab in die Kiste der schlecht gealterten Komödien und relativierten Jugenderinnerungen mit der Reihe, wo sie definitiv hingehört. Ja, kann weg!

Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Verfasst: Di 23. Aug 2022, 19:22
von jogiwan
Lorna, the Exorcist

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Zum 18. Geburtstag wünscht sich Linda einen Urlaub mit ihren wohlhabenden Eltern in St. Tropez um sich mit ihren Freundinnen zu treffen, doch als ihr Vater Patrick ominöse Anrufe erhält, geht es für die ganze Familie an einen anderen Küstenort. Dort wartet auf Patrick mit Lorna eine alte Bekannte, mit der er vor vielen, vielen Jahren einen unheiligen Pakt geschlossen hat. Sie versprach ihm Reichtum, während er ihr seine damals noch ungeborene Tochter zur Volljährigkeit versprochen hat. Nun ist Lorna zurückgekehrt um seinen Teil des Paktes einzufordern und während der zunehmend unter Druck gesetzte Patrick versucht seine Familie zu schützen, beginnen um ihn herum seltsame Ereignisse, die sich nicht rational erklären lassen.

Der nächste Franco-Flop in Form eines völlig unerotischen Films, der seine sehr simple und abgewandelte Faust-Story in einen französischen Küstenort verlegt, wo eine mysteriöse Frau namens Lorna ihr Unwesen treibt. Mit Pamela Stanford habe ich ja „Cannibal Terror“ persönlich ein Problem und ihr exzentrischer, fast schon karnevalesker Look wirkt doch etwas arg gewöhnungsbedürftig. Die Geschichte ist ja eher minimalistisch gehalten und die gemeinsamen Szenen von Lina Romay und Pamela Stanford mit dem angedeuteten Cunnilingus bestärken mich zu jeder Sekunde in meiner eigenen Homosexualität. Die unterschiedlichen Handlungsstränge und Figuren wirken abermals etwas willkürlich und finden kaum zueinander und auch wenn die Locations gut gewählt sind und die Musik durchaus stimmig erscheint, so wirkt das Drehbuch wieder einmal völlig improvisiert und wenig durchdacht. Der Film verlässt sich auch viel zu sehr auf die nicht vorhandene Chemie seiner beiden weiblichen Hauptdarstellerinnen, die dem Zuschauer in dem mauen Okkult-Streifen aber stets aus den völlig falschen Gründen den Schauer über den Rücken jagen. Ach ja, und langweilig ist er im Grunde ja auch – aber diesen Umstand muss man bei Franco ja nicht extra erwähnen, wobei es hier auch noch teils eklig zur Sache geht. Ich glaube, jetzt ist es dann auch wirklich gut mit meiner sommerlichen Franco-Retrospektive. Viel schlimmer als „Lorna, the Exorcist“ geht es meines Erachtens ja kaum und als (un)würdiger Schlusspunkt der letzten Wochen in den Untiefen cineastischen Sleaze-Morasts würde das auch ganz gut passen.

Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Verfasst: Mi 24. Aug 2022, 20:24
von jogiwan
Gesang der Meerjungfrauen

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Die junge Polly ist zerstreut und etwas naiv und bekommt eines Tages eine Stelle als Assistentin bei der Galeristin Gabrielle. Diese ist so ziemlich das Gegenteil der verträumten Polly und ist selbstbewusst, zielstrebig und in so vielen Dingen belesen und eloquent. Obwohl die beiden Frauen unterschiedlicher nicht sein könnten, versteht man einander und während Gabrielle Kunst beurteilt, ist Polly in ihrer Freizeit als Fotografin unterwegs und versucht ebenfalls ihre überbordende Kreativität auf sinnvolle Weise zu verarbeiten. Als Gabrielle frühere Geliebte Mary auftaucht und Polly anonym ihre Fotografien an Gabrielle schickt und eine herbe Abfuhr erfährt, bekommt das harmonische Verhältnis der Beiden jedoch einen Dämpfer.

Kunst liegt ja bekanntlich im Auge des Betrachters und dennoch neigt der Mensch dazu alles in Kategorien zu packen. Was ist gut, was ist schlecht und was kann dann auch schon weg sind die Fragen, die hier aufpoppen und Patricia Rozema behandelt in „I’ve heard the mermaids singing“ die Frage nach Kunst und Talent, die auf der einen Seite Herzensangelegenheit und auf der anderen Seite Gewinn-orientiert daherkommt. Polly wirkt naiv und zerstreut und fotografiert die Welt, die sie nicht immer versteht und trifft auf Gabrielle, die als Galeristin mit aufstrebenden Künstlern ihre Reputation und Einkommen bestreitet. In diesem Spannungsfeld entsteht eine Geschichte von Frauen mit lesbischen Untertönen, die zwar durchaus interessant, aber zugegeben auch etwas unspektakulär daherkommt. Polly wirkt wie die Vorstufe ein Jeunets „Amelie“ und ist auch ein liebenswerter Charakter, allerdings wirkt sie bisweilen doch etwas zu naiv gezeichnet für meinen Geschmack. Die Fragen, die der Film behandelt, sind dann auch spannender als der Film selbst, auch wenn der immer wieder selbst sehr fantasievoll um die Ecke biegt. „Gesang der Meerjungfrauen“ ist ein typisches Indie-Dramödie aus den Achtzigern mit allen positiven und negativen Seiten und auch hier war wohl die Kreativität auch größer als das Budget und ohne seiner sympathischen Hauptdarstellerin wäre der Streifen wohl ohnehin nur halb so gut geworden.

Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Verfasst: Do 25. Aug 2022, 19:40
von jogiwan
Apache Woman

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Der Soldat Tommy überfällt mit seiner Truppe eine kleine Siedlung mit Indianern und ermorden die Frauen und Kinder, als die Männer zurückkehren und ihrerseits zum Angriff herausholen. Zurück bleiben viele Tote und ein bewusstloser Tommy, der wenig später Zeuge wird, wie ein fahrender Händler die Leichen bestiehlt und auch eine junge Frau entführt. Als dieser von zwei kriminellen Wegelagerern gestoppt wird, nutzt Tommy die Gunst der Stunde und flüchtet gemeinsam mit der Apachen-Dame in de weite Steppe, wo sich die Beiden trotz kultureller Unterschiede langsam näherkommen. Die Verbindung zwischen weißen Soldaten und Rothaut ist jedoch verboten und egal wo Tommy mit seiner Apachen-Dame auftaucht schlägt ihnen offener Hass entgegen und der Versuch der friedlichen Völkerverständigung endet auch rasch mit Mord und Totschlag.

Indianer sind ja momentan wieder in aller Munde und warum also nicht auch mal wieder einen Western schauen, in dem noch dazu mein Look-a-like die Hauptrolle übernehmen darf. In „Apache Woman“ geht es um einen Soldaten, der sich in eine Apachen-Frau verliebt und deren Liebe an der offenen Feindseligkeit ihrer Umgebung zugrunde geht. Fernab von Themen wie kultureller Aneignung geht es hier um Völkerverständigung, die jedoch angesichts von Hass, Gier und Vorurteilen auch keinerlei Chance hat. Überraschend pessimistisch ist hier nicht nur das gezeigte Menschenbild auf Seiten der Weißen, sondern auch das konsequent düstere Ende, dass für seine ungleichen Protagonisten kein Happy End bereithält. Mit seinen Entstehungsjahr 1976 ist „Una donna chiamata Apache“ aber als Nachzügler zu sehen und auch bei den Produktionsbedingungen mussten wohl starke Abstriche gemacht werden. Die Landschaft sieht immer zu sehr nach mitteleuropäischem Mischwald aus und auch der Rest lässt kein sonderliches Western-Feeling aufkommen. Ein abenteuerliches Feelgood-Movie hatte Giorgio Mariuzzo wohl auch nicht im Auge und hier wirken bist auf Tommy und seine weibliche Begleitung auch alle Figuren moralisch verkommen und unsympathischt. „Apache Woman“ wirkt auf mich dann auch weniger wie ein Western, sondern wie ein pessimistischer Abgesang auf eine Zeit, ein Genre und ein "Alte-Weiße-Männer"-Gedankengut, welches in den Jahren zuvor sicherlich teils auf unreflektierte Weise glorifiziert wurde. Die Menschen sind böse, die Kulturen unversöhnlich und der Versuch das Gegenteil zu beweisen zum Scheitern verurteilt.

Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Verfasst: Sa 27. Aug 2022, 08:24
von jogiwan
YellowBrickRoad

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jogiwan hat geschrieben: Sa 1. Dez 2012, 11:11 Ein Satz mit X - das war wohl nix. Keine Ahnung, was der Streifen sein möchte, aber statt Outdoor-Horror oder gruseliger Stimmung gibt es zuerst lähmend-langweilige Lagerfeuer-Romantik mit anschließenden Gemeinschafts-Paranoia, die so unmotiviert, konstruiert und unglaubwürdig um die Ecke biegt, dass man sich wirklich fragen muss, wer diesen Mumpitz den Machern auch tatsächlich abkaufen möchte. Positiv sind sicherlich die Darsteller und die Locations hervorzuheben, aber aus der interessanten Grundidee und den Paralellen zu "The Wizard of Oz" wird leider rein gar nichts gemacht und der Zuschauer neben lahmen Erzähltempo auch noch mit haarsträubenden Entwicklungen konfrontiert, die so gar keinen Sinn ergeben möchten. Jedes Mal, wenn die Sache etwas in Fahrt kommt, wird das Tempo wieder rausgenommen, sodass selbst jeder Nachmittags-Waldspaziergang verstörender daherkommt.
Jetzt hab ich dem Streifen auch in Deutsch eine Chance gegeben, aber auch 10 Jahre nach Erstsichtung wirken die Ereignisse noch immer unmotiviert und wenig nachvollziehbar. Vom Outdoor-Abenteuer bis zum gegenseitigen "An-die-Gurgel-gehen" ist es hier ja nur ein Katzensprung und irgendwann drehen alle am Rad und keiner weiß eigentlich genau warum. Dabei gibt sich der Film mysteriös und die Ausgangslage und die Figuren wären vielleicht gar nicht so schlecht, aber irgendwie kommen ständig Dinge dazu, die ich persönlich weniger gruselig, also völlig unstimmig fand. In der Mitte kippt dann der Streifen so unvermittelt, dass man meinen könnte, etwas versäumt zu haben. Trotzdem erscheint alles mehr arg konstruiert, als mysteriös und man wird das Gefühl nicht los, dass die Macher hier einzelne Szenen im Kopf hatten, aber nicht so recht wussten, wie sie dann alles kombinieren sollen. Leider mau.

Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Verfasst: Mi 31. Aug 2022, 19:21
von jogiwan
Scream 1, 2, 3, 4, 5
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Scream

„Scream“ ist einfach ein toller, rundum gelungener Film, der es geschafft hat, ein eingestaubtes Genre zu reaktivieren und quasi Grundstein für die zweite große Slasher-Welle der Filmgeschichte gelegt hat und daher in einem Atemzug mit „Halloween“ zu nennen ist. Mit einer durchdachten Geschichte voller interessanter Figuren wird hier einen Kosmos entwickelt, der sowohl spannend, witzig, blutig, selbstreferenziell und zudem auch noch schwer unterhaltsam ist. Sowohl Genre-Neulinge als auch alte Hasen werden bestens unterhalten und schon die Eröffnungsszene ist ein Lehrstück in Sachen wie man aus simplen Mitteln und einigen Überraschungen das Maximum an Spannung herausholt. Kurzum sicherlich ein meiner Lieblingsfilme als Slasherfan und unverzichtbar sowieso.

Scream 2

"Scream 2" kann zwar nicht mehr so sehr auf den Überraschungseffekt des ersten Teils setzen und ist mit fast zwei Stunden Laufzeit vielleicht etwas zu lange, aber ansonsten bietet der Streifen alles, was man sich in einem Sequel erwartet. Noch wilder, noch blutiger und noch mehr Bodycount, wobei die Story abermals bis zum Schluss spannend bleibt. Der Killer mordet Film-begeisterte Jugendliche und so gibt es genug Bezüge auf andere Filme, ohne dass dieses die Story unnötig bremst oder zu aufgesetzt wirkt. Alles wieder mit interessanten Figuren und locker-flockig-routiniert in Szene gesetzt, sodass kaum Langeweile aufkommt Nur eine lange Szene am Ende fällt irgendwie immer etwas negativ auf, in der man unendlich viele Möglichkeiten hätte den Killer zu enttarnen und dieses nicht nutzt, was irgendwie doch völlig dämlich wirkt. Aber das ist ein kleinerer Schönheitsfehler in einem sonst rundum sehr gut gelungenen Nachfolger.

Scream 3

Der dritte Teil kommt ja oftmals nicht so so gut weg, weil hier der Humor-Anteil doch deutlich nach oben geschraubt wird und das ganze selbstreferenzielle Dingens natürlich schon bekannt ist und sonstige Überraschungen ausbleiben. Dennoch finde ich die Film-im-Film-Thematik mit den Protagonisten und Darsteller derselben ja irgendwie ganz unterhaltsam. Das man viele Gags aus dem Vorgänger wieder abfackelt und die Ereignisse eher etwas künstlich auf knapp zwei Stunden streckt, kann man aber schon noch akzeptieren. Unerwartete Entwicklungen bleiben nicht aus und der Bogen zum ersten Teil wird auch hübsch gespannt. Ich muss auch ehrlich gestehen, dass ich den fast unterhaltsamer als Teil 2 finde. Macht schon Laune.

Scream 4

Vom vierten Teil hab ich seinerzeit eigentlich gar nicht so viel erwartet und dennoch schaffen es Wes Craven und Kevin Williamson das Glanzstück den Geist der "Sream"-Reihe ins neue Jahrtausend zu retten, obwohl es davor ja eine Unzahl von ähnlich gelagerten Slashern gab, die davon inspiriert wurden. Das Tempo passt, die Figuren sind spannend und das Geschehen sehr blutig mit einem Augenzwinkern, sodass es bis zum Finale keinen Grund zum Meckern gibt. Ich mag die Reihe ja sehr und hätte mir nicht erwartet, dass alles noch einmal so gut funktioniert und wurde zum Glück eines Besseren belehrt. Jetzt bin ich umso gespannter auf Teil 5, bei dem Wes leider nicht mehr selbst am Regiestuhl Platz nehmen konnte, wie würdig das Ganze fortgeführt wird.

Scream 5

Gestern als Abschluss meiner „Scream“-Sause auch das Reboot geschaut und für gut erachtet. Die Hommage an Wes Craven und seine Filme kann jedenfalls als durchaus gelungen bezeichnet werden, auch wenn sich hier nicht wirklich bahnbrechend neue Perspektiven eröffnen. „Scream (2022)“ ist auch einfach zu lange und auffällig sind auch die etwas oberflächlich gezeichneten Figuren der Teenies, die hier einfach nicht wirklich interessant oder liebenswert rüberkommen, sondern beratungsresistent auch immer viel zu sehr mit sich selber beschäftigt sind. Die Auflösung geht klar und fügt sich gut in die Motivlage der restlichen Teile ein. Ich weiß jedoch nicht, ob mir statt dem fast schon sklavischen Nachbasteln und Neuarrangieren von bekannten Elementen etwas Neues nicht besser gefallen hätte. Sich das fünfte Mal an bestimmten Genre-Regeln abzuarbeiten ist ja jetzt auch nicht gerade sonderlich originell. Unterm Strich ist „Scream (2022)“ aber ein schönes Wiedersehen mit zeitgemäßen, wie nostalgischen Momenten, dass niemand verschreckt oder fordert und nebenher auch so einiges über die Horrorcommunity aussagt. Guter Durchschnitt mit spürbaren Abnutzungserscheinungen und auch ein guter Zeitpunkt die Reihe ohne Ausreißer nach unten zu beenden.