Dein Herz in meinem Hirn
Achim lebt in Berlin Spandau in einem tristen Eigenheim, ist frisch geschieden und kann aufgrund eines Burn-Outs seinen Beruf als Lehrer nicht mehr ausüben. Als er eines Tages in einem Schachchat Peter kennenlernt, präsentiert sich dieser zuerst ungehobelt und Achim fühlt sich von seiner starken Persönlichkeit bedrängt. Später entsteht eine Freundschaft und Peter ermutigt Achim sich in Rollenspielen bestimmten Konfrontationen zu stellen um so die Schwäche des Lehrers in Stärke und Aggression umzuwandeln. Die Freundschaft kippt immer mehr ins Ungesunde und als die beiden die Ereignisse um den Kannibalen von Rothenburg nachspielen, äußert auch Peter den Wunsch von Achim gegessen zu werden…
Rosa von Praunheims Film über die Ereignisse in Rothenburg ist weniger eine Abhandlung der Kriminalsache, sonder mehr ein Kammerspiel zweier Männer, die unterschiedlicher nicht sein könnten und deren Männerfreundschaft nach einem eher ruppigen Stark rasch einen ungesunden Verlauf nimmt. In „Dein Herz in meinem Hirn“ steht überraschenderweise auch weniger die Homoerotik im Vordergrund, sondern es geht mehr um den Mythos, die Kraft und Stärke des anderen in sich aufzunehmen, wenn dieser verspeist wird. So wird der depressive Achim von dem dominanten Peter dazu animiert ihn aufzuessen, der die Sache nutzt um so auch seine Depression und Probleme zu überwinden und sein Leben wieder in den Griff zu bekommen. Die Story ist mit ihren Ansätzen zu Problembehandlung durchaus provokant, auch wenn es sich dabei eher um ein Gedankenexperiment handelt, welches auch etwas gewöhnungsbedürftig und wenig Massen-kompatibel inszeniert wurde. Zwischen den beiden Männern steht auch immer etwas Aggression und eine seltsame Anziehung im Raum und die Beweggründe der Figuren bleiben ebenfalls offen bzw. werden dem Zuschauer überlassen. Rosa von Praunheim schreckt auch vor drastischeren Momenten nicht zurück, auch wenn diese natürlich nicht mit „Cannibal“ oder „Rohtenburg“ vergleichbar sind und die Queer-Cinema-Fans nicht zu sehr verschrecken sollten. Insgesamt betrachtet ein interessanter, deutscher Low-Budget-Film irgendwo zwischen Kammerspiel, Trash und experimentiellen Kunstfilm, der den Ereignissen um den Kannibalen von Rothenburg mit fiktiven Figuren künstlerisch reflektiert und zu nähern versucht.
The Red Man
Evan ist ein erfolgreicher DJ, der in Las Vegas im exklusiven Apartmentkomplex „The Red Man“ residiert. Doch der Mittdreißiger steckt nicht nur in einer kreativen Schaffenskrise, sondern wird auch von Alpträumen gequält, die sich auf ein schreckliches Ereignis in seiner Jugend beziehen, als er Zeuge wurde, wie seine Familie von einem Unbekannten überfallen wurde. Auch seine Besuche beim Psychiater bringen keine Abhilfe, sondern bestärken ihn eher in seiner unbestimmten Vermutung, dass jemand oder etwas Fremdes sein Leben kontrollieren könnte. Als sich in der Stadt schreckliche Morde häufen und in Evan bruchstückhaft Erinnerungen daran in im auftauchen, keimt in dem DJ der Verdacht, dass er mit Psychopharmaka zum gefügigen Spielball einer Geheimgesellschaft geworden ist, die versucht mit berühmten Persönlichkeiten die Gesellschaft zu unterwandern…
„The Red Man“ ist eine US-Produktion neueren Datums, die im Netz u.a. auch mit giallo-esken Zügen beworben wird, auch wenn die Geschichte des erfolgreichen DJs mit italienischen Genre-Produktionen auf den ersten Blick auch herzlich wenig zu tun haben. Immerhin gibt es in einer Szene bzw. psychosexuell motivierten Stalking-Mord schwarze Handschuhe zu betrachten, aber das war es dann auch schon mit den eventuellen Gemeinsamkeiten. Auch musikalisch bietet „The Red Man“ trotz DJ-Bezug und der Mitwirkung von John Acquaviva als Produzent eher wenig und der Zuschauer muss sich mit einer tollen Acid-Nummer und etwas NItzer-Ebb begnügen und der Rest ist EDM-Geballer für das amerikanische Publikum. Inhaltlich fand ich „The Red Man“ auch arg unentschlossen und Regisseur Jimmie Gonzalez verhebt sich auch ziemlich in dem Bestreben aus seinem Streifen einen surrealen Hochglanz-Musikfilm-Paranoia-Mystery-Thriller über menschliche Abgründe, psychoaktive Drogen und gesellschaftliche Verschwörungen zu basteln. Die Figur des DJs wirkt unsympathisch gezeichnet und taugt ebenso wenig als Identifikationsfigur für den Zuschauer wie auch die scheinbar wirren und willkürlich erscheinenden Handlungselemente auch keine wirkliche Spannung erzeugen. Insgesamt betrachtet sieht „The Red Man“ vielleicht gut aus, aber entpuppt sich als inhaltlicher Luftbeutel, der irgendwie alles falsch macht und mit seinem lahmen Finale dann auch noch den letzten Zuschauer vergrämt.