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Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Verfasst: Fr 3. Jun 2016, 19:42
von jogiwan
Fairy in a Cage

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Der gewissenlose Richter Murayama nutzt während des 2. Weltkriegs seine Macht schamlos aus, um im Keller seines Hauses Menschen zu quälen und vermeintliche Geständnisse zu erwirken. Vor allem auf hübsche Frauen hat es der untersetzte Mann mit seiner nicht minder sadistischen und jungen Freundin abgesehen, die er danach mit Bondage und anderen Scheußlichkeiten quält. Als Murayama eines Tages auf einer Party die hübsche Juweliersgattin Namiji erblickt, erwirkt er mit Hilfe der Militärpolizei und eines falschen Verdachts, dass diese mit einem befreundeten Schauspieler ebenfalls im Folterkeller landet und fortan gedemütigt wird. Als sich jedoch auch einer seiner Handlanger, der junge Polizist Taoka in die die hübsche Frau verliebt und alles daran setzt, diese aus den Fängen des Sadisten zu retten, steuert alles einem tragischen Höhepunkt entgegen…

Nicht viel Neues in Bondagehausen und „Fairy in a Cage“ aus dem Jahr 1977 mag zwar einer der kontroverseren Filme aus dem Hause Nikkatsu sein, aber inhaltlich hat der Streifen außer sein paar sadistischen Spielchen und dem üblichen und sehr frauenfeindlichen Ton ja nicht viel zu bieten. Die Geschichte über einen selbstherrlichen Richter und eine korrupte Militärpolizei ist ja nicht so wirklich der Bringer und im Grunde geht es wohl auch nur darum die hübsche Hauptdarstellerin nackt, gedemütigt und verschnürt zu präsentieren. Am Ende wird es mit der angedeuteten Liebesgeschichte dann noch etwas dramatisch und nach knapp 70 Minuten folgt für seine Protagonisten dann unweigerlich das tragische Ende. Dazwischen gibt es ein paar gemeine Ideen, die dem Fan des Genres sicher munden werden, aber die Mischung aus angedeutetem Sex und Gewalt in Kombination mit einer geschichtlich angehauchten Geschichte fand ich persönlich nicht so gelungen bzw. maximal durchschnittlich und die bereits von mir gesichteten Filme aus der Ecke haben mich da weit mehr begeistert.

Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Verfasst: Sa 4. Jun 2016, 19:29
von jogiwan
Sexual Assault at a Hotel

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Die hübsche wie introvertierte Ryoko nimmt an einem Studenten-Austauschprogram teil und trifft in Tokyo auf ihre alte Freundin Rumiko, die als Barfrau ein zügelloses Leben in Saus und Braus führt. Rumiko lässt auch keine Gelegenheit aus um ihre Freundin auf sexuelle Weise zu provozieren und mit Drogen und Alkohol abzufüllen und unterstellt dieser, noch Jungfrau zu sein, was Ryoko jedoch vehement zurückweist. Das Verhältnis der Beiden spitzt sich zu, bis beide nach einer durchzechten Nacht das Opfer eines Sexualverbrechers werden. Während Rumiko dieses tragische Ereignis zum Anlass nimmt, ihr lasterhaftes Leben zu überdenken, brechen bei Ryoko hingegen alle Dämme und sie schafft es, sich einem traumatischen Ereignis aus ihrer Vergangenheit zu stellen

Bei Streifen aus dem Hause Nikkatsu muss man ja ohnehin immer auf alles vorbereitet sein und auch „Sexual Assault at a Hotel“ ist ein eigentlich hochgradig bizarrer Streifen über zwei jungen Frauen, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Ryoko ist verschlossen und distanziert, während Rumiko ihr Sexualleben in allen Zügen genießt, bis eine Vergewaltigung in einem Hotel schließlich das Leben der beiden jungen Frauen verändert. Aber das ist nicht alles in diesem eher sehr dramatisch angehauchten Streifen über sexuelles Erwachen einerseits, und dem zügellosen Leben junger Studentinnen, der am Ende auch noch in eine völlig schräge Gaga-Okkult-Ecke abdriftet. Sinn macht das Ganze ja ohnehin nur begrenzt und vom psychologischen Standpunkt sollte man die gefühlstechnischen Entwicklungen der beiden Frauen wohl auch weniger betrachten, aber der Umgang mit derart sensiblen Themen war in Deutschland mit Reportfilmen am laufenden Band ja auch nicht anders. In Nikkatsu-Filmen bekommt man aufgrund japanischer Zensur-Richtlinien zwar weit weniger zu sehen, dafür sind diese wesentlich kunstvoller inszeniert und inhaltlich doch eine Ecke wilder. Auch „Sexual Assault at a Hotel“ ist mit seinem unbedarften und blumigen Zugang zum Thema weiblicher Sexualität aus zutiefst männlicher Sicht schon eine sehr schräge Angelegenheit, dass unterschiedlichste Genres miteinander vermischt und den aufgeschlossenen Zuschauer gut bei Laune hält.

True Story of a Woman in Jail: Sex Hell

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Gemeinsam mit der Prostituierten Harumi und einer Handvoll anderer Insassen landet die Mörderin Mayumi in einer Haftanstalt für jugendliche Straftäterinnen. Dort werden die Insassen nicht nur vom sadistischen Personal bedrängt, sondern auch unter den weiblichen Gefangenen herrscht eine strenge Hierarchie. Während sich Harumi an die Anführerin Sadako heranmacht um diese mit Zuneigung und Geschenken zu bestechen, geht die stolze Mayumi von Beginn an auf Konfrontation und erarbeitet sich so den Respekt der Anführerin. Als es Sadako gelingt, in den Besitz eines Generalschlüssels zu kommen, beschließt diese zu fliehen und ihre Freudinnen mitzunehmen, doch obwohl der Plan vorerst aufgeht, hat das Schicksal andere Pläne mit den jungen Frauen…

Die nächste Überraschung aus dem Land der aufgehenden Sonne bzw. aus dem Hause Nikkatsu. Noch bevor die Italiener mit ihren WIP-Filmen Anfang der Achtziger die Grenzen des guten Geschmacks ausloteten, waren die Japaner bereits im Jahr 1975 voll bei der Sache und „True Story of a Woman in Jail: Sex Hell“ wirkt, als hätten sich Rino de Silvestri, Bruno Mattei und Joe D’Amato gemeinsam ans Werk gemacht um hier das Genre zu begründen. Obwohl der Streifen größtenteils bei Andeutungen bleibt, geht es hier ja nicht minder wild zur Sache und vor allem die körperlichen Inspektionen, Lesbeleien der hübschen Darstellerinnen und der obligatorische Ausbruch nehmen vieles vorweg, was später im Genre Standard werden sollte. Die Geschichte der geheimnisvollen, wie hübschen Mayumi wird mit kurzen Rückblicken ebenfalls geschickt in die turbulente Handlung eingewoben und am Ende ist auch der Grundstein für die Fortsetzung gelegt. Kôyû Oharas Streifen ist jedenfalls ein Fest für alle Freunde des schlechten Geschmacks und neben viel nackter Haut und böser Ideen, sorgt auch die relativ kurze und gut ausgenutzte Laufzeit von knapp 70 Minuten sorgt dafür, dass keine Langeweile aufkommt.

Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Verfasst: So 5. Jun 2016, 20:05
von jogiwan
The Toolbox Murders

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Nicht uninteressanter, aber etwas unausgewogener Streifen, der wie ein sehr harter Slasher beginnt und danach einen gehörigen Schwenk in Richtung Psychodrama nimmt. „Der Bohrmaschinenkiller“ beginnt ja mit einer drastischen Serie an Morden, in der ein maskierter Mann mit Gegenständen aus seinem Werkzeugkoffer ein paar Frauen malträtiert und dabei wenig zimperlich zu Werke geht. Bevor aber durch die einsetzende Ermittlungsarbeit der Polizei ein „Whodunnig“-Feeling aufkommt, werden nach knapp der Hälfte der Täter und seine Intention enthüllt und der Streifen geht auf einmal in eine andere Richtung und bietet bis zum Ende jedoch noch weitere Überraschungen. Dabei wird nicht nur der eingangs geführte Härtegrad komplett zurückgefahren, sondern konzentriert sich Dennis Donnelly mal auf die eine, dann wieder auf die andere Person, sodass der Eindruck entsteht, dass man selber nicht genau wusste, worauf das Augenmerk des Streifens gelegt werden soll. Auf jeden gelungenen Moment, kommt einer, der die Geschichte nicht voranbringt und insgesamt vermisse ich bei dem Streifen auch etwas den unbeschwerten Charme und Unterhaltungswert von Slasher-Werken, der hier aufgrund der tragischen Figuren in den Hintergrund gedrängt wird. „Der Bohrmaschinenkiller“ ist dann zwar kein Kandidat für die Kategorie „Lieblingsfilm“, aber ein doch sehr unkonventionell erzählter und überraschend pessimistischer und harter Beitrag aus den Siebzigern.

Evil Dead Trap 3

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Nachdem bereits der zweite Teil kaum noch etwas mit dem ersten „Evil Dead Trap“ zu tun hatte, ist es wenig verwunderlich, dass Teil 3 nun überhaupt keine Gemeinsamkeiten mehr mit seinen beiden Vorgängern aufweist und eher in Richtung Drama geht. Statt Splatterorgien und Body-Horror geht es in dem über weite Strecken eher ruhig und doppelbödig inszenierten Thriller um eine junge und ambitionierte Polizistin, die Gemeinsamkeiten zwischen einem Dozenten, dem Selbstmord einer schwangeren Studentin und dem Verschwinden einer weiteren Schülerin herstellt und so einem Serienkiller auf die Spur kommt. Der ganze Streifen erinnert inhaltlich entfernt an eine Mischung aus „Schweigen der Lämmer“, „Psycho“ und „Dressed to Kill“ und hat einen unterkühlten Frühneunziger-„Direct-to-Video“-Look, der anfänglich doch etwas gewöhnungsbedürftig wirkt. Auch inhaltlich ist der Streifen eher weniger auf ein westliches Thriller-Publikum zugeschnitten und während den Ermittlungen verliert sich die junge Polizistin auch immer mehr in einer Welt, in der nichts so ist, wie es auf den ersten Blick scheint. Die Logik und Intention der Figuren bleibt dabei oftmals auf der Strecke und das Ende des sehr nüchtern inszenierten Streifens ist ebenfalls etwas pathetisch angelegt, sodass „Evil Dead Trap 3“ statt Horrorfans wohl eher Menschen ans Herz gelegt werden kann, die mit diesem für mich typisch japanischen und zurückhaltenden Inszenierungsstil etwas anfangen können.

Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Verfasst: Mo 6. Jun 2016, 19:46
von jogiwan
Dogtooth

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Wir leben ja in einer Zeit, in der in der westlichen Welt der persönlichen Individualität sehr viel Gewicht beigemessen wird und doch sind es in Wirklichkeit nicht wir es, die uns selbst prägen, sondern zum überwiegenden Anteil das Elternhaus und die Umgebung und Gesellschaft in der wir aufwachsen. In Falle von „Dogtooth“ ist das Elternhaus aber ein selbstgewähltes Gefängnis und die Eltern zwei Psychopathen, die ihren namenlosen Kindern Lügengeschichten auftischen und diese einem harten Drill und einer Gehirnwäsche unterziehen, der keine Zeit für persönliche Entwicklung oder Emotionen lässt. Die Welt jenseits des hohen Gartenzauns ist eine böse und mit Lügen und Unterdrückung wird den Jugendlichen ein vollkommen seltsames Weltbild beigebracht, dass durch einen Gast Risse bekommt und sich nicht dauerhaft aufrecht erhalten lässt. Giorgos Lanthimos hat hier wie bei seinen nachfolgenden Filmen jedenfalls ein hochgradig seltsames Stück Kino fabriziert, dass auf viele gesellschaftliche Ereignisse umgelegt werden kann und zeigt, wie menschliche Gefühle unterdrückt werden und radikale Strukturen entstehen. Dabei könnte „Dogtooth“ mit seiner emotionalen Kälte, nüchternen Bildern und seinem offenen Ende wohl auch genauso gut von Michael Haneke stammen und das nachhaltig verstörende Ergebnis ist dann auch fordernd und wirft unbequeme Fragen auf. Wer sich auf den Streifen einlässt, bekommt hier einen der ungewöhnlichsten Filme und Szenarien präsentiert, der unterschwellig und abgründig ein Elternhaus ohne Liebe und Menschen ohne Empathie porträtiert.

Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Verfasst: Di 7. Jun 2016, 20:00
von jogiwan
Beautiful

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Dean O’Flahertys abgründiger Thriller über den alltäglichen Horror hinter hübschen Vorgärten in einer Wohnsiedlung ist leider eine etwas arg konstruierte Angelegenheit, die zwar mit Urängsten spielen möchte und diese mit hübscher Werbeoptik einfängt, aber dem Zuschauer im (zu) ruhigen Verlauf doch etwas viel an seltsamen Begebenheiten zumutet. So richtig nachvollziehbar ist die „Coming-of-Age“-Außenseiter-Geschichte mit soapigen Zügen und Anlehnung an David Lynch ja nicht so wirklich und als Zuschauer wartet man ständig auf eine Überraschung, die dann aber nicht so richtig kommt. Wie bei so vielen Debütfilmen wurde einfach zu viel in den Streifen gepackt und der Regisseur ergeht sich bei seinen Figuren in zahlreichen Andeutungen, die aber nie zu Ende formuliert werden und der unmotiviert wirkende Gewaltausbruch am Ende passt ebenfalls nicht zur Stimmung des restlichen Films. So bleibt ein Streifen mit schönen Bildern und etwas unglaubwürdigen Plot, der aber nie richtig in Fahrt kommt und meines Erachtens auch dank lieblos wirkender, deutscher Synchro hinter seinen eigentlichen Möglichkeiten zurückbleibt. Mich hat „Beautiful“ inhaltlich jedenfalls nicht überzeugt und trotz der guten Darsteller in unglaubwürdigen Rollen und schönen Werbeoptik war mir persönlich alles einfach zu lahm und inhaltlich zu vage und unausgegoren.

Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Verfasst: Mi 8. Jun 2016, 19:26
von jogiwan
Duell der Giganten

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Kung-Fu-Kämpfer Wang Yu, der „einarmige Boxer“ und besonnene Leiter einer Kampfschule wird eines Tages mit seinem Gefolge zu einem Kampfkunstfestival eingeladen, wo sich die besten Kung-Fu-Kämpfer der Welt in grausamen Kämpfen messen wollen. Während der „einarmige Boxer“ seine Schützlinge jedoch zur Besonnenheit aufruft um in den politisch-unsicheren Zeiten nicht aufzufallen und den tödlichen Kämpfen als stiller Beobachter beiwohnt, mischt sich jedoch auch ein weiterer Gast unter die Besucher. Fung Sheng, ein blinder und mächtiger Kung-Fu-Kämpfer mit einer grausamen Waffe ist gekommen um Rache für seine ermordeten Neffen zu üben und beschließt voller Zorn, alle Einarmigen aus dem Weg zu räumen. Als Wang Yu Zeuge wird, wie ein anderer einarmiger Kämpfer mit der sogenannten „fliegenden Guillotine“ vor den entsetzten Augen der Anwesenden enthauptet wird, kann der einarmige Boxer zwar mit seinen Schützlingen fliehen, doch Sheng ist weiter gnadenlos hinter Wang her, um sein tödliches Vorhaben in die Tat umzusetzen erhält dabei auch noch die Unterstützung staatlicher Spione...

Sehr unterhaltsamer Martial-Arts-Kultfilm, der mit der „fliegenden Guillotine“ wohl mit einer der seltsamsten Waffen der Filmgesichte aufwarten kann und zu recht sehr bekannte Menschen aus Hollywood zu seinen Fans zählen darf. Doch auch abseits des blutigen Köpfe-Rollens durch den übermächtigen Kung-Fu-Mönch bekommt man als unbedarfter Zuschauer während des Kampfkunst-Turniers allerlei kuriose Sachen vor die Linse geknallt. So wird von den Kung-Fu-Kämpfern nicht nur immer wieder die Schwerkraft kurzerhand außer Kraft gesetzt und auf Schwertspitzen balanciert, sondern ein indischer Yogi-Meister hat noch eine viel größere Überraschung im Gepäck, die nicht nur seine Gegner gründlich verwirrt. Eigentlich kommt man im Verlauf der kurzweiligen neunzig Minuten aus dem Staunen gar nicht mehr heraus und trotzdem schafft es Regisseur und Hauptdarsteller Wang Yu scheinbar mühelos im Finale noch alles Vorangegangene zu toppen. Eine bisschen tiefergehende Charakterisierung und eine kleine Geschichte hätten zwar auch nicht geschadet, aber es kracht und scheppert an allen Ecken und zumindest in Punkto Ideenreichtum ist der trashig-sympathische Martial-Arts-Klopper jenseits jeglicher Geschmacksgrenzen wohl ohnehin kaum zu überbieten.

Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Verfasst: Do 9. Jun 2016, 19:16
von jogiwan
Quiet Earth - Das letzte Experiment

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Wunderbar mehrdeutiger, spannender und vor allem origineller Endzeit-Film über ein sonderbares, und vom Menschen herbeigefügtes Ereignis, nach dem nur noch drei Personen auf der weiten Welt existieren, und die restliche Menschheit samt Tierwelt verschwunden scheint. Dabei verzichtet der neuseeländische Streifen größtenteils auf reißerische Effekte und wirkt auch eher wie ein existenzielles Drama über zwei Männer und eine Frau in einer absoluten Ausnahmesituation, die sich in einer Welt wiederfinden, die nur wenig Hoffnung lässt. Dystopien mag ich ja sowieso sehr gerne und „Quiet Earth“ hat genau meinen Geschmack getroffen und besticht neben seiner ungewöhnlichen Ausgangssituation und abgeklärten Figuren durch interessante Bilder menschenleerer Städte und hebt sich mit seinen leisen Tönen auch weit von den üblichen Werken aus der Ecke ab, die sich meist nur an einer größtmöglichen Eskalation interessiert sind. Zwar schafft es Regisseur Geoff Murphy nicht ganz, die Spannung und Stimmung über die Gesamtlaufzeit zu halten und die ein oder andere zwischenmenschliche Szene wirkt etwas aufgesetzt oder bemüht, aber das tolle Ende, in der nicht klar wird, wie weit Aufopferung oder Egoismus im Vordergrund stehen und die abschließenden Bilder entschädigen meines Erachtens für alle kleineren Unebenheiten im Vorfeld. Ganz toller und ungewöhnlicher Film, der sich auch zu recht auf Arkschis vor kurzem präsentierter Liste von unterbewerteten Achtziger-Jahre-Filmen wiederfindet.

Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Verfasst: Fr 10. Jun 2016, 19:55
von jogiwan
Die Bestie mit dem feurigen Atem

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Als passende Einstimmung auf den nächsten Urlaub gab es gestern „Die Bestie mit dem feurigen Atem“, der zweifelsfrei nicht zu den großen Highlights des Genres gehört. Der Streifen aus dem Jahr 1971 hat zwar mit Luigi Pistilli und Daggi Lassander zwei gern gesehene Genre-Gesichter, aber die Story über seltsame Morde im Umfeld eines Diplomaten und dessen Familie lädt den Zuschauer mit seiner Willkür der ermordeten Personen und offensichtlichen Egalheit sämtlicher Taten nicht unbedingt zum miträtseln ein. Da eine Sonnenbrille, die jeder trägt, da ein Feuerzeug das jeder hat, ein Botschafter, der nie da ist und dann wieder doch – im Grunde wäre bei „Die Bestie mit dem feurigen Atem“ jegliche Auflösung denkbar gewesen und dennoch hat man sich letzten Endes für die Krudeste von allen entschieden. Dennoch lässt sich der Streifen gut gucken und wirkt trotz irischem Handlungsort und Diplomaten-Milieu immer herrlich schundig, sodass sich der Sehgenuss auch von der suboptimalen Bildqualität und kostengünstigen Synchro nicht sonderlich schmälern lässt. Für Giallo-Fans zählt Riccardo Fredas Streifen ohnehin zum Pflichtprogramm, ernsthafte Filmfans werden mit der gemütlich dahinholpernden Erzählweise wohl eher weniger erfreut sein.

Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Verfasst: Sa 11. Jun 2016, 19:37
von jogiwan
Nomads - Tod aus dem Nichts

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John McTiernans Debütfilm, der später mit „Predator“ und „Stirb Langsam“ ja in den Action-Olymp aufsteigen sollte, ist ein durchaus atmosphärischer und schöner Achtzigerjahre-Horrorfilm über eine Ärztin, die durch Visionen die letzten Stunden eines Anthropologen erlebt, der einer Gruppe von dunklen Gestalten folgt und einem dunklen Geheimnis auf die Spur kommt. Dabei wechselt der Streifen ständig die Perspektive zwischen Ärztin und Professor, ehe sich beide Ebenen am Ende überlagern und sich die schicksalhaften Ereignisse nochmals zu wiederholen scheinen. Klingt jetzt komplizierter als es tatsächlich ist und trotzdem verlässt mich McTiernan einen Ticken zu sehr auf die seine atmosphärischen Bilder und die geheimnisvolle Ausstrahlung seiner Großstadt-Nomaden. Die Geschichte hingegen belässt es bei Andeutungen und so bleibt es auch größtenteils dem Zuschauer überlassen, wie er die seltsamen Ereignisse und das Ende deuten möchte. Diese für mich subjektiven Abzüge sollen aber die Empfehlung für diesen originell erzählten Großstadtalptraum mit einem tollen Pierce Brosnan nur bedingt schmälern - eine schöne Entdeckung.

Dreams in the Witch House

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Die Vorlage von Stuart Gordons Beitrag zur „Master of Horror“-Reihe basiert auf der gleichnamigen Geschichte von H.P. Lovecraft, die schon leicht abgeändert im Jahre 1968 unter dem Titel „Die Hexe des Grafen Dracula“ verfilmt wurde. Bei Gordon geschehen die mysteriösen Dinge jedoch in einem heruntergekommenen Haus im neuzeitlichen Amerika, in dem sich ein Physik-Student ein Zimmer nimmt und in den darauffolgenden Tagen mit seltsamen Ereignissen und Besuchern aus anderen Sphären konfrontiert wird. Dabei ist der Beitrag durchaus solide ausgefallen und überascht mit allerlei bösen Einfällen, die auch wenig Rücksicht auf die Erwartungshaltung des Zuschauers nehmen. Zwar merkt man das eher schmale Budget des Serien-Beitrags durchaus an, aber inhaltlich wird alles richtig gemacht und Herr Gordon findet mit seinem sympathischen Hauptdarsteller auch eine kurzweiligen Weg, Atmosphäre, wohligen Grusel, Schmodder und unvorhersehbare Entwicklungen miteinander zu verbinden. „Dreams in a Witch House“ zählt mit seinem bösen Ende für mich dann auch sicherlich zu den besseren Beiträgen der Serie und besticht wie so viele andere Werke des Regisseurs mit tiefschwarzem Humor und Ideenreichtum, den man sich als Horror-Anthologien-Fan nicht entgehen lassen sollte.

Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Verfasst: So 12. Jun 2016, 20:27
von jogiwan
Dangerous Men

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Die hübsche Mina ist glücklich mit ihren Daniel verlobt und verbringt die Zeit turtelnd am Strand. Doch die Idylle der Verliebten wird jäh zerstört, als zwei gewaltbereit Biker auf der Bildfläche erscheinen und über die beiden herfallen. Während Daniel getötet wird, schafft es Mina jedoch unter Vortäuschung eines sexuellen Interesses, das Vertrauen eines der Biker zu erlangen und tötet diesen ebenfalls in einem nahen Motel um fortan als vermeintliche Prostituierte und Racheengel die Straßen von Los Angeles von gefährlichen Männern zu befreien. Zur gleichen Zeit ist aber auch Daniels Bruder unterwegs um den Mord am seinem Bruder und Minas Verschwinden zu klären und kommt im Biker-Milieu einer Verbrecherbande auf die Spur, der es das Handwerk ebenfalls zu legen gilt.

Es gibt Filme, die sind schlecht, dann gibt es Filme, die sind ganz schlecht und es gibt es noch „Dangerous Men“ - der Film eines iranischen Regisseur-Mysteriums, der wohl mehrere Jahrzehnte in der Herstellung benötigte und daher auch wie ein Flickwerk aus mehreren Filmen daherkommt, die jedoch nur einen losen Bezug zueinander haben. Die Hauptgeschichte um Mina wurde wohl in den Siebzigern gedreht und dann nachträglich mit weiteren Handlungssträngen aus den Neunzigern versehen. Das wäre auch alles nicht so ein Problem, wäre hier ein Funken Talent vorhanden oder zumindest versucht worden wäre, das ganze irgendwie harmonisch zu integrieren. Das ist aber nicht der Fall und der Film steckt voller unbedarfter und untalentierter Darsteller, seltsamen Entwicklungen, Anschlussfehler und WTF-Momenten, die dann noch von einem hochgradig nervenden Synthie-Soundtrack zusammengehalten werden. Der eigentlich vollkommen entbehrliche „Dangerous Men“ wird von der „Drafthouse-Film“-Crew mittlerweile aber so abgefeiert, wie man es hierzulande nur von den „Bad Movies“-Leute kennt und damit dürfte die Zielgruppe dieses Films auch klar sein. Freunde des schlechten Geschmacks und unfreiwilliger Komik werden diesen Streifen mit all seinen fast schon zelebrierten Mängeln wohl bis zu Anschlag abfeiern, aber das ganz große Party-Feeling hat sich bei diesem leidlich-unterhaltsamen Actionfilm-Kuriosum zumindest bei mir nicht einstellen wollen.

Die Unmoralische

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Eines trüben Tages landet die hübsche Carol mit ihrem Mini in der Mauer eines Bauernhofes und wird mit leichten Verletzungen und Gedächtnisverlust in eine Klinik gebracht. Dort erzählt sie jedoch niemanden, dass sie sich nicht an ihr vorangegangenes Leben erinnert und erst durch ihre Wohnungskollegin und von ihr aufgenommene Tonbandkassetten erfährt sie, dass sie eigentlich als Luxus-Callgirl für eine Agentur arbeitet und um den Globus jettet. Carol nimmt ihrer Arbeit wieder auf und stürzt sich in lasterhafte Abenteuer mit ihren Kunden, um so auch wieder ihrem Gedächtnis auf die Sprünge zu helfen und entdeckt auf diese Weise auch den weiteren Hintergründe für ihren Autounfall…

Funktionaler, harmloser und unterhaltsamer Erotik-Streifen aus französischer Produktion über ein Luxus-Callgirl mit Gedächtnisverlust, Jet-Set-Leben und einigen Verwicklungen, die Film-Noir-artig und häppchenweise dem Zuschauer näher gebracht werden. Die Geschichte braucht anfänglich zwar etwas um die Puschen zu kommen, aber dann ist „Die Unmoralische“ sehr unterhaltsam und besticht neben seiner hübschen Hauptdarstellerin vor allem durch seine glamourösen Achtziger-Settings. Champagner-Marken, Pelze und Designer-Möbelstücke werden ausgiebig präsentiert und ehe Mann sich versieht, haben sich die jungen Frauen auch schon ihrer Haute-Couture-Kleidung entledigt um ihre hübschen Körper zu präsentieren. Das Aufrollen des aufregenden Lebens der jungen Frau hat dabei auch ein paar humoristische Momente und Platz für eine aufkeimende Liebesgeschichte gibt es auch noch. Alles mindestens so oberflächlich, wie die Welt die hier präsentiert und zelebriert wird, macht „Die Unmoralische“ aber durchaus Spaß und zeigt auch recht eindrucksvoll, warum man sich dieses Jahrzehnt zumindest ins Sachen Fashion und Interieur nicht zurückwünscht.