bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

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Pippi Langstrumpf:
Pippis Weihnachtsfest + Pippi und der Spunk

Die auf den Romanen der schwedischen Schriftstellerin Astrid Lindgren basierenden Abenteuer der neunjährigen altruistischen Villenbesitzerin, Anarchistin, Stilikone und Punk-Prototypin Pippilotta Viktualia Rollgardina Pfefferminz Efraimstochter Langstrumpf wurden u.a. als 13-teilige Fernsehserie in schwedisch-deutscher Koproduktion verfilmt, die 1969 erstausgestrahlt wurde. Die Regie führte der Spezialist für Lindgren-Verfilmungen Olle Hellbom.

Die erstmals seit seligen Kindheitstagen erfolgte Neusichtung der achten Episode „Pippis Weihnachtsfest“ aus aktuellem Anlass entpuppte sich nicht nur als herrlich nostalgisches Vergnügen, sondern ließ auch oder gerade aus heutiger Sicht über die schauspielerischen Qualitäten und die pure Spielfreude der Pippi-Darstellerin Inger Nilsson staunen. In ihrer Rolle treibt sie Tante Prysselius (Margot Trooger, „Das Rasthaus der grausamen Puppen“), die Pippi einmal mehr ins Kinderheim verfrachten möchte, erneut ebenso zur Verzweiflung wie die trotteligen beiden Dorfpolizisten, denen die dabei stets freundlich und gut aufgelegt bleibend schlicht überlegen ist. Statt sich also ins Heim zu begeben und sich zwangskollektivieren und bevormunden zu lassen, backt sie lieber reichlich Weihnachtskekse. An Heiligabend schwindet ihre gute Laune dann doch ein wenig, so ganz allein mit ihren Tieren – immerhin hat sie den Baum vor ihrer Tür mit reichlich Geschenken für alle anderen Kinder geschmückt. Pippis Freunde Tommy (Pär Sundberg) und Annika (Maria Persson) haben jedoch konspirativ alle zusammengetrommelt, sodass es nach den Feierlichkeiten im Rahmen der Familien zu einem Sturm auf Pippis Geschenkebaum kommt und Pippi wieder fröhlich ist.

Diese Episode zeigt nicht nur, dass Pippi wieder einmal Recht behält und außerhalb des Kinderheims wesentlich besser aufgehoben ist, sondern bietet auch Einblicke in traditionelle schwedische Weihnachtsgepflogenheiten, die von Pippis Herangehensweise konterkariert werden, sich jedoch ideal ergänzen.

Die im Anschluss ausgestrahlte neunte Episode „Pippi und der Spunk“ wiederum hat mit Weihnachten nichts zu tun, ist dafür in anderer Hinsicht interessant: Pippi hat sich das Wort „Spunk“ ausgedacht und nimmt nun Erkundungen vor, um herauszufinden, wozu das Wort passen würde. Ihre „Recherchen“ führen sie in Bonbon- und Eisenwarenläden und sogar zum Arzt, von dem sie sich auf „Spunk“ hin untersuchen lässt. Pippis Vorgehensweise ist im Sinne der Etymologie und Wortsemantik bedeutsam, Betätigungs- und Forschungsfeldern der Linguistik, und somit für Sprachforscherinnen und -forscher besonders unterhaltsam. Ironischerweise gab es das Wort jedoch bereits im Englischen und ist ein vulgärer Ausdruck für Ejakulat. Hierzulande ist „Spunk“ als Markenname dänischen Salzlakritzes und Weingummis bekannt.

Unabhängig davon macht die Sichtung beider Folgen Lust darauf, sich die gesamte Serie noch einmal anzusehen – zumal Pippis Reichtum und ihre übermenschlichen Kräfte in beiden Folgen lediglich eine wenn überhaupt untergeordnete Rolle spielen. Es ist nämlich immer schade, wenn Pippi nicht ohne diese beiden Eigenschaften auskommt. Die Königsdisziplin wäre gewesen, eine Figur zu entwerfen, der es auch weitestgehend mittellos und ohne herausragende Muskelkraft gelingt, ein ähnlich anarchistisches, erfülltes und glückliches Leben zu führen.
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Ice Age - Eine coole Bescherung

„Das wird sich nie durchsetzen…“

Neben der mittlerweile fünfteiligen „Ice Age“-US-Animationsfilmreihe um die tierischen Eiszeitbewohner und ihre humoristischen Abenteuer wurden auch immer mal wieder Kurzfilm-Specials außerhalb der Reihe fürs Fernsehen gedreht, so auch die Weihnachtsausgabe „Ice Age - Eine coole Bescherung“, die zwischen dem dritten und vierten Teil der Langfilme entstand und 2011 erstausgestrahlt wurde. Die Regie führte, wie bereits beim Special „Sids Sommer-Camp - Rette sich wer kann“, Karen Disher.

Mammut Manni schleppt seine traditionelle Weihnachtsdekoration, den Weihnachtsstein, an. Riesenfaultier Sid empfiehlt stattdessen einen Weihnachtsbaum und schmückt ihn mit Würmern und Unrat. Als der tollpatschige Sid versehentlich Mannis Stein zerstört, reagiert Manni erbost und gibt Sid zu verstehen, dass dieser sich nun auf der schwarzen Liste des Weihnachtsmanns befände und keine Geschenke bekäme. Sid nimmt diese Worte für bare Münze und bricht gemeinsam mit Crash, Eddie und Peaches zum Nordpol auf, um den Weihnachtsmann von seiner Untadeligkeit zu überzeugen. Doch während Sid auch dort ohne es zu wollen jede Menge Unheil anrichtet, machen sich Manni, Ellie und Diego voller Sorge ebenfalls auf den Weg zum Nordpol. Dort angekommen erblicken sie das Chaos und schreiten mit vereinten Kräften dem Weihnachtsmann zur Hilfe, damit Weihnachten nicht ausfallen muss…

In rund 20 Minuten erzählen die drolligen „Ice Age“-Figuren, wie der Weihnachtsmann zu seinen Listen und zu seinen fliegenden Rentieren kam. Der großartige Humor setzt sich aus Situationskomik, witzigen Dialogen, Slapstick und den Rollenklischees der (eben nicht gänzlich) vermenschlichten Tiere sowie dem einen oder anderen Running Gag zusammen. Damit bietet „Ice Age - Eine coole Bescherung“ vergnügliche, vollkommen kitschfreie Familienweihnachtsunterhaltung, die sich auch ideal als Vorprogramm für einen abendfüllenden, zur Saison passenden Spielfilm eignet.
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Tatort: Der Turm

„Ist ‘ne ziemlich hermetische Angelegenheit, dieser Turm…“

Der am zweiten Weihnachtsfeiertag 2018 ausgestrahlte, gänzlich unsaisonale achte Fall des Frankfurter Ermittlungsduos Anna Janneke (Margarita Broich) und Paul Brix (Wolfram Koch) wurde bereits im Herbst 2017 gedreht und Anfang März 2018 im Rahmen des „Deutschen FernsehKrimi-Festivals“ aufgeführt. Der titelgebende Turm im von Lars Henning („Zwischen den Jahren“) geschriebenen und gedrehten „Tatort“ ist ein 2018 abgerissenes Gebäude der „Deutsche Bank IBCF“. Es handelt sich um Hennings Debüt innerhalb der Krimireihe.

Im Frankfurter Bankenviertel wird die Leiche einer jungen Prostituierten gefunden, die von einem der Bürotürme gestürzt sein muss. Kommissarin Janneke knipst einige Fotos des Opfers und betritt das Gebäude, wo sie von einem Unbekannten niedergeschlagen wird und mit einem Schädelhirntrauma ins Krankenhaus eingeliefert wird. Ihr Kollege Kommissar Brix übernimmt die Ermittlungen vor Ort, während Janneke auf eigenen Wunsch das Hospital verlässt und die Fotos auswertet. Die Spur führt zu einem im Turm ansässigen halbseidenen Finanzspekulationsunternehmen, das in hohem Maße abgeschottet und konspirativ agiert – und seine Mitarbeiter zu absolutem Stillschweigen verdonnert hat, das im Zweifelsfall mit anwaltlicher Hilfe (z.B. durch Dr. Rothmann (Katja Flint, „Ballermann 6“)) gesichert wird. Die für die IT des Unternehmens mitverantwortlichen Jonathan (Rouven David Israel, „Der gute Bulle“) und Bijan (Rauand Taleb, „4 Blocks“) brechen jedoch ihr Schweigen und wissen nach anfänglichem Zögern von ausschweifenden Partys zu berichten, zu denen auch die tote Prostituierte bestellt wurde…

Da Janneke verletzungsbedingt im Krankenhaus oder zu Hause weilt, bekommt Brix diesmal Unterstützung von seinem jüngeren Kollegen Jonas (Isaak Dentler) – also wieder einmal alles ein bisschen anders in Frankfurt, was durchaus seinen Reiz besitzt. Henning beginnt seinen „Tatort“ mit stilistisch interessanten und kameratechnisch originellen Blicken durch Jannekes Fotokamera, präsentiert in seinem atmosphärisch unter Zuhilfenahme vieler Grünfilter düster und desillusorisch gestalteten Beitrag unappetitliche Bilder der nackten Leiche sowie eine verstörende Szene, in der sich Janneke einen Finger in ihre blutige Wunde steckt – und er bedient sich der Symbolkraft der Finanzbranche, um diese ein wenig umzudeuten: Der protzige Turm fungiert hier auch als Prestigebau, vor allem aber als technokratisches Monstrum, das die Undurchdringlichkeit eines weitestgehend anonymisierten Finanzspekulationsmarkts symbolisiert und verkörpert.

Die krebsgeschwürartige Geißel des internationalen Kapitalismus, dessen Stützpfeiler u.a. Bankunternehmen sind, die sich weitestgehend jeglicher Regulierungen und Verantwortung entziehen und stattdessen ihre eigenen Spielregeln aufstellt, denen sich längst die internationale Staatengemeinschaft anzupassen hat, ist Thema dieses „Tatorts“. Korruption und damit ihre Macht wird angedeutet, Staatsanwalt Bachmann (Werner Wölbern, „Im Labyrinth des Schweigens“) ist nicht wirklich an der Aufklärung des Falls interessiert. So ist auch die Polizei letztlich machtlos und steht einem kaum greifbaren Konstrukt gegenüber, dessen Personalien allesamt nur austauschbare Spielfiguren sind (und eben nicht, wie in den dämlichen Verschwörungstheorien rechtsextremer Dummfatzkes, Mitglieder einer „jüdischen Weltverschwörung“ o.ä.). Tentakeln einer Krake, die die Welt in ihrem Würgegriff hält und der neue Fangarme nachwachsen, sobald man ihr einen abschlägt. Zum Bindeglied zwischen dieser Systemkritik und dem konkreten Fall des toten Mädchens wird ein dunkel gekleideter Motorradfahrer, der in seiner Rolle und Bedeutung stark an Massimo Dallamanos „Der Tod trägt schwarzes Leder“ erinnert. Eine Katharsis enthält Henning seinem Publikum konsequenterweise vor.

Das ungute Gefühl der Ohnmacht gegenüber einem außerhalb von Recht und Gesetz agierenden Bankensystem vermittelt Henning in seinem dramaturgisch bisweilen unter seinen Möglichkeiten bleibenden „Tatort“, nicht mehr – aber glücklicherweise auch nicht weniger. Als Banken- und damit Verbrechensmetropole – immerhin ist z.B. die Deutsche Bank eines der skrupellosesten Unternehmen weltweit – wäre Frankfurt übrigens prädestiniert dafür, dieses Thema inkl. seiner hier eingeführten gesichtslosen Antagonisten regelmäßig wiederkehrend aufzugreifen, unabhängig davon, dass der Turm inzwischen dem Erdboden gleichgemacht wurde…
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Tatort: Der höllische Heinz

„Jetzt ist es die reichste Stadt im wilden Osten!“

Der achte Fall des komödiantischen Weimarer „Tatort“-Ermittlungsduos Lessing (Christian Ulmen) und Dorn (Nora Tschirner) setzt die lose Tradition der Feiertags-Specials fort, fand er sich doch auf dem prominenten Programmplatz am Neujahrstag 2019 wieder. Uraufgeführt wurde „Der höllische Heinz“, wie üblich von Murmel Clausen und Andreas Pflüger geschrieben, jedoch bereits im Dezember im Deutschen Nationaltheater Weimar. Auf dem Regiestuhl nahm Dustin Loose statt, der zuvor mit dem bisher besten Dresdner „Tatort: Déjà-vu“ innerhalb der Krimireihe debütiert hatte.

Schupo Lupo (Arndt Schwering-Sohnrey) trainiert für den „Ultraman“ und entdeckt beim Schwimmen in der Ilm die Leiche Wolfgang „Einsamer Wolf“ Webers, Indianerdarsteller und Betreiber der Westernstadt „El Dorado“. Dorn und Lessing nehmen die Ermittlungen auf und bringen in Erfahrung, dass Weber die Stadt, die für viele Hobbyisten ein Zuhause geworden ist, zu verkaufen plante. In „El Dorado“ gärt es schon länger: Rockerchef Nick Kircher (Martin Baden, „Der Sohn“) terrorisiert im Auftrag seiner Mutter, der skrupellosen Geschäftsfrau Ellen Kircher (Marie-Lou Sellem, „Brandmal“), mit seinen „Bones“ die in finanziellen Nöten steckende Touristenattraktion, Geschäftsführer Heinz Knapps (Peter Kurth, „Tatort: Das Haus am Ende der Straße“) findet den abgetrennten Schädel des Bullen Eddie in seinem Bett – eine Drohung nach Art der Mafia. Doch wer ist der Mörder Webers und woher rührt das Interesse der Kirchers an der Stadt? Lessing gräbt sich durch den undurchsichtigen Fall, während Dorn sich inkognito als Westernreiterin einschleust und sich Goldwäscher Odi (Hans-Uwe Bauer, „Sonnenallee“) sowie Reitshow-Chef Tom Wörtche (Christoph Letkowski, „Diaz: Don’t Clean Up This Blood“), der ein Auge auf sie wirft, vorknöpft…

Diesmal taucht man also in den Mikrokosmos einer Westernstadt ein, gedreht wurde in „Old Texas Town“ in Berlin-Spandau. Sog. Hobbyisten wie erwachsene Menschen, die Cowboy und Indianer spielen, bieten natürlich viel Anlass für schrullige und verschrobene Figuren, derer es in „Der höllische Heinz“ zahlreiche gibt. Dass diese nicht nur niedlich sind, beweist der eindrucksvoll inszenierte Prolog, in dem ein Lynchmob wütet. Clausen und Pflüger verweben diese Ausgangssituation und die einzelnen Versatzstücke zu einer Mischung aus Hommage an und Persiflage auf europäische Western, von klassischen grimmigen Italo-Western bis hin zur Western-Komödie à la Terence Hill. Für Cineastinnen und Cineasten sowie Genrekennerinnen und Genrekenner führt dies zu einigen amüsanten Wiedererkennungseffekten. Darauf scheint man sich bisweilen jedoch etwas zu sehr zu verlassen, denn der trockene, sarkastische Humor, für die die Weimarer „Tatorte“ ansonsten bekannt sind, bleibt oft auf der Strecke, der Wortwitz verliert sich eher in Klamauk.

Ein weiterer Schwachpunkt ist Martin Baden, dem man den Rocker/Biker Nick nicht so recht abnehmen mag. Zudem gab es die „Bones“ bis zur Übernahme durch die „Hell’s Angels“ 1999 tatsächlich, weshalb mir die Verwendung ihres Namens hier sehr fragwürdig erscheint. Und ist den Weimarern bisher der Spagat zwischen Humor und Spannung meist recht gut gelungen, bleibt die Krimihandlung in „El Dorado“ untergeordnet. Negative Charaktere sind schnell ausgemacht, die Frage der Täterschaft wird tendenziell egal. Stattdessen setzt man auf den Unterhaltungswert, den Kurioses wie Dorn in Cowgirl-Kluft und auf Pferderücken reitend oder ihre Gesangseinlage auf den Spuren Marlene Dietrichs, als sie „The Boys in the Back Room“ singt, mit sich bringt. Aus Dorns Undercover-Einsatz hätte man jedoch wesentlich mehr herausholen können, ihre Gesangsdarbietung erscheint leider wie Füllwerk. Auch der Western-Hommagen-/Persiflagen-Anteil fällt letztlich geringer aus als erhofft, auch diesbzgl. wäre mehr drin gewesen.

Verglichen mit den vorausgegangenen sieben Weimarer „Tatort“-Beiträgen musste „Der höllische Heinz“ doch einige Federn lassen. Als passable Unterhaltung für ein vom Jahreswechsel noch verkatertes Publikum geht er in Ordnung; die Originalität und Genialität, die Spannung und die überraschenden Wendungen und leider auch den hochfrequenten erfrischenden Humor manch zuvor gelösten Thüringer Falls lässt er jedoch vermissen.
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Sein Schlachtfeld war das Bett

Nach Sandalenfilmen, Western und Kriegsfilmen hatte der italienische Regisseur Alfonso Brescia („Die Bestie aus dem Weltraum“) auch den Erotikbereich für sich entdeckt, den er 1969 mit „Im Labyrinth der Sexualität“ beackerte. Zwei Jahre später folgte seine Don-Juan-Variation „Sein Schlachtfeld war das Bett“, die in italienisch-spanischer Koproduktion entstand.

Don Giovanni (Robert Hoffmann, „Top Job“) ist ein Frauenheld, wie er im Buche steht. Um von seiner Liaison mit Esmeralda (Barbara Bouchet, „Milano Kaliber 9“), der Frau des Grafen, abzulenken, lässt er seinen Gehilfen Paco unbeholfen des Grafen Tochter angraben. Jener Graf jedoch ist nun der Überzeugung, Giovanni habe es auf seine Tochter abgesehen, was diesem einigen Ärger einhandelt. Als der Schwerenöter die Fürstin Isabella Gonzales (Ira von Fürstenberg, „Ein schwarzer Tag für den Widder“) kennenlernt, setzt er es sich zum Ziel, auch diese besonders harte „Nuss“ zu „knacken“, selbstredend ohne sich dauerhaft zu binden. Auch als man ihn ins Exil verbannt sieht er keinen Grund, sein Verhalten zu ändern und verdreht weiterhin reihenweise schönen Frauen den Kopf…

Brescia legte seinen Film als Kostümkomödie mit erotischen Einsprengseln an, dem es leider an Erotik mangelt. Immerhin bekommt man einige Schauspielerinnen wie die Fenech oder die Bouchet unbekleidet zu sehen, ansonsten jedoch in Paco ein stotterndes Comic Relief und maue Späßchen präsentiert. Giovannis Verhalten führt dazu, dass er sich mächtiger Frauen erwehren muss, die sich in ihn verlieben und ihn an sich binden wollen. Dadurch muss er episodenhaft manch lebensgefährliches Abenteuer durchstehen und sich Schwertkämpfen und Prügeleien aussetzen. Unter Brescia gerät das zur überraschungsarmen, recht müden Farce, an der die Beteiligten mehr Spaß gehabt haben dürften als das Publikum, das Gefahr läuft, sich vor Langeweile anderen Dingen zuzuwenden. Hier wurde viel Potential verschenkt.
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Ein Köder für die Bestie

„Wir sehen uns noch!“

Der gebürtige Brite J. Lee Thompson („Ab in die Ewigkeit“) zeichnet als Regisseur für die Erstverfilmung des Romans „Kap der Angst“ aus der Feder John D. MacDonalds verantwortlich. Der in Schwarzweiß gedrehte Psycho-Thriller entstand in US-amerikanischer Produktion und wurde 1962 veröffentlicht.

Der Anwalt Sam Bowden (Gregory Peck, „Das Omen“) ist maßgeblich dafür mitverantwortlich, dass Max Cady (Robert Mitchum, „Bandido“) nach einem Übergriff auf ein Mädchen zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt wurde. Nach Absitzen seiner Strafe taucht er im Wohnort Bowdens und dessen Familie auf, einer Kleinstadt in Georgia, USA, um sich an Bowden zu rächen. Er gibt sich Bowden gegenüber zu erkennen, um ihn zu verunsichern und weiß ganz genau, wie weit er in der Folge gehen kann, um im Rahmen des Gesetzes zu bleiben und sich keiner Straftaten schuldig zu machen. Mit scheinbar zufälligen Begegnungen und unbeobachteten Gesprächen baut er ein Bedrohungsszenario auf, dem Bowden mithilfe der örtlichen Polizei um Chefinspektor Mark Dutton (Martin Balsam, „Psycho“) in Form diverser Schikanen zu begegnen versucht. Als Cady Bowdens Familienhund vergiftet, gibt es dafür keine Zeugen; als er Bowden zu verstehen gibt, dass er sich für dessen Tochter (Lori Martin, „Ein Mann wird gejagt“) „interessiert“, provoziert er einen Kurzschluss Bowdens und lässt sich öffentlich schlagen, ohne sich zur Wehr zu setzen. Doch Cadys Pläne gehen noch sehr viel weiter, was auch Bowden bewusst ist: Er versucht, seinen Antagonisten in eine Falle zu locken und Selbstjustiz zu verüben, um seine Familie und sich zu schützen…

Im Zuge meiner Erstsichtung irritierte mich „Ein Köder für die Bestie“ zunächst: Cady als das personifizierte Böse darzustellen und Anwalt Bowden als Sympathieträger oder zumindest Identifikationsfigur, funktionierte nicht so recht: Mit seiner ungezwungenen Art und seiner lässigen Kleidung, seinem Panamahut und der Zigarre zwischen den Lippen scheint Cady das Leben nicht sonderlich ernstzunehmen und die Lockerheit eines Lebemanns in die spießige Kleinstadt mit ihren selbstgerechten Einwohnern zu tragen, die diese Ankunft eines verurteilten Straftäters mit Argwohn betrachtet, ihn erneut verurteilen zu scheint und ihn mittels Schikanen am Rande der Legalität zu vergraulen versucht. Heutzutage würde aus einer solchen Exposition wohl ein Film werden, in dem jemand wie Cady Opfer falscher Anschuldigungen wird, es sich herausstellt, dass jemand ganz anderer Bowdens Kläffer getötet hat und man den Strafentlassenen um seine zweite Chance bringt – wenn sich nicht gar herauskristallisiert, dass er seinerzeit zu Unrecht verurteilt worden war.

Ganz anders am „Cape Fear“ (so der Originaltitel): Schon bald besteht kein Zweifel mehr an Cadys sinisteren Absichten. Weshalb er eine derart lange Haftstrafe abzusitzen hatte, wird kurz erwähnt, ohne Umstände und Details zu erläutern. Seine Grausamkeit zeigt sich, als er eine junge Frau misshandelt, und kumuliert im wie ein Guerillakampf im Sumpfgebiet anmutenden Finale, in dem es für beide Seiten um Leben und Tod geht – aus Psychoterror wird nackte Gewalt. Robert Mitchum brilliert in seiner Rolle und versteht es, jeder Facette ihrer Persönlichkeit in den richtigem Momenten Ausdruck zu verleihen. Es ist eine Wonne, seinem Mienenspiel und seiner zunehmenden Verrohung zuzusehen. Im Finale hat er mehr mit einem wilden Tier gemein, einem gewieften Jäger, der beharrlich lauert, bis sich die entscheidende Chance zum Zuschnappen bietet.

Woran es „Ein Köder für die Bestie“ indes mangelt ist eine kritische Auseinandersetzung mit seinen (Sub-)Themen: Weshalb sind den Justizorganen die Hände gebunden, Bowden und seine Familie adäquat zu schützen? Und weshalb hat sie stattdessen solch furchtbare Möglichkeiten zur Schikane Cadys, die theoretisch auch Unbescholtene treffen könnten, wenn diese dem örtlichen Sheriff aus welchem Grund auch immer ein Dorn im Auge sein sollten? So scheint es, als wolle uns der Film Bowdens Selbstjustiz als probates Mittel verkaufen – vom Einschalten des Privatdetektivs Sievers (Telly Savalas, „Blutrausch“) über das Anheuern einer Schlägerbande bis hin zum Mordkomplott. Der Logik der Handlung folgend ist sie das, während Fragen des gesunden Menschenverstands unbeantwortet bleiben. Umso besser funktioniert dafür der Nervenkitzel, den Hitchcocks favorisierter Filmmusiker Bernard Herrmann punktgenau orchestral unterlegt und fördert, während die Handlung und charakterliche Entwicklung Bowdens in ihrer Konsequenz dem Rape’n’Revenge-Subgenre vorgreift. Dennoch: Angesichts von Produktionsland und Handlungsort, in dem man Gefahr läuft, bereits beim Betreten eines fremden Grundstücks erschossen zu werden, bleibt ein „Geschmäckle“.
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Tatort: Rattennest

Im 22. „Tatort“ überhaupt ermittelte 1972 der Berliner Kommissar Kasulke (Paul Esser, „Immer dieser Michel“) zum zweiten und bereits letzten Mal. Ebenfalls zum zweiten Mal innerhalb der TV-Krimireihe dabei war der spätere Kultkommissar Schimanski: Götz George. Johannes Hendrichs Drehbuch verfilmte Regisseur Günter Gräwert („Der Röhm-Putsch“).

Der just aus dem Gefängnis entlassene Bernd Laschke (Jan Groth, „Perrak“) wird von den Mitgliedern seiner ehemaligen Bande gesucht, die fürchten, von ihm verraten zu werden, weil sie sich während seiner Haft nicht absprachegemäß verhielten. Dessen ist sich Laschek von Anfang an bewusst und möchte daher zusammen mit Ehefrau Herta (Carla Hagen, „Stella“) und Sohn Thomas (Angelo Kanseas) in die DDR nach Ost-Berlin übersiedeln, wo man auf einen verurteilten Verbrecher allerdings nicht gerade gewartet hat und ihn daher in den Westen der geteilten Stadt zurückschickt. Da Laschke auch seiner Familie nicht seinen Aufenthaltsort verrät, wendet sich seine Frau erst ans Meldeamt und schließlich an die Polizei, worauf Kommissar Kasulke sehr interessiert reagiert, hofft er doch, dadurch dem Rest der brutalen Diebes- und Erpresserbande auf die Schliche zu kommen. Als die Bande Laschkes Frau entführt, Schusswaffen ins Spiel kommen und Laschke vom Gejagten zum Jäger wird, eskaliert die Situation…

Die Verbindungen zwischen Laschke und seiner ehemaligen Bande, bestehend aus Jerry (Götz George) und dessen Freundin Petra (Ingrid van Bergen, „Grimms Märchen von lüsternen Pärchen“), „Frankenstein“ (Herbert Fux, „Hexen bis aufs Blut gequält“), Stocker (Ulli Kinalzik, „Das Stundenhotel von St. Pauli“) und Rudi (Klaus Sonnenschein, „Kassensturz“), erschließt sich dem Publikum erst nach und nach. Parallel werden zunächst die Aktivitäten beider „Parteien“ gezeigt, bis sich schließlich die Wege kreuzen. Zwar wird der skrupellose Überfall der Bande auf einen arglosen Toilettengänger gezeigt, einen Mordfall gibt es jedoch nicht. So liegt der Fokus dieses „Tatorts“ auch vornehmlich auf den Kriminellen, die Polizei um Kasulke und seinen Assistenten Roland (Gerhard Dressel, „Geld oder Leben“) findet lediglich am Rande statt. Unter Gräwerts Regie glänzt der Fall mit einem eitlen, überheblichen George als Bandenchef, Charakterfressen wie Fux und Groth, berlinerischem Tonfall satt und Lokal-/Zeitkolorit en masse, fiesen Scheiteln und grellen Klamotten. In einer Nebenrolle spielt Dieter Hallervorden („Das Millionenspiel“) gänzlich unklamaukig den Insassen Prickwitz, lakonischer Humor kommt nicht zu kurz und passend zu den Dieben hat man sich beim „Shaft“-Soundtrack bedient, die immer mal wieder ertönenden Funk-Klänge wurden also stibitzt.

Insbesondere für „Zeitreisende“ ist dieser „Tatort“ ergo eine verdammt lohnende Angelegenheit, doch auch die ihr Publikum durchaus fordernde Handlung hat es in sich, wenn es zu einem an Italo-Western gemahnenden Duell auf der Müllkippe kommt und Dressman Jerry innerlich wie äußerlich gebrochen wird. Man taucht ein ins Berliner Kleinkriminellen-Milieu, dessen Figuren mal exaltiert, mal bauernschlau, mal hemdsärmlig, aber auch trottelig agieren. Sie verrennen sich in einen eigentlich unnötigen Konflikt, der letztlich tödlich ausgeht, weil man die Spirale überdreht hat, aber auch, weil sich ein höherer Mafioso aktiv einschaltet, um dem Spuk ein Ende zu machen. Die Polizei bleibt Statist. Ein konsequenter, ziemlich unterhaltsamer „Tatort“, dessen Erzähltempo lediglich bisweilen etwas verwundert, denn bis man als Zusehender richtig drin ist, vergeht eine Weile, dennoch wird man vor spannenden und emotionalen Szenen auch weiterhin ab und zu ausgebremst. Dafür hält Gräwe stets fest alle Fäden in der Hand, führt zusammen, was zusammengeführt werden muss und lässt offen, was keiner weiteren Erklärung bedarf und sich Zuschauerinnen und Zuschauer selbst zusammenreimen dürfen.
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Der Weihnachtsmuffel

„Ich sprech‘ doch mit Frauen nicht über meine Gefühle!“

„Der Weihnachtsmuffel“ ist eine 90-minütige Spezialausgabe der beliebten Hamburger Vorabend-Polizei-Fernsehserie „Großstadtrevier“, bei der es sich um den Zusammenschnitt zweier im Dezember 2011 ausgestrahlter Episoden handelt. Der unter der Regie Lars Jessens („Dorfpunks“, „Fraktus“) entstandene Fernsehfilm wurde im Winter 2012 als separater Spielfilm erstausgestrahlt und wird seitdem regelmäßig in der Weihnachtszeit wiederholt.

Polizist und Grantler Dirk Matthies (Jan Fedder) versucht, dem Weihnachtstrubel zu entkommen und verschanzt sich in seinem Boot. Doch sein Vorhaben wird jäh gestört von einem schmuddeligen alten Mann im Weihnachtskostüm (Horst Krause, „Wir können auch anders“), der ihm aufs Schiffsdach knallt, behauptet, aus dem Schlitten gefallen zu sein, jedoch offenbar auf dem Schiff seinen Rausch ausgeschlafen hat – und nun dringend als gebuchter Santa-Claus-Darsteller diverse Familienfeiern abklappern muss. Er bittet Matthies um Hilfe, der ihn widerwillig zu seinen Einsätzen fährt. Um wen es sich bei dem Mann wirklich handelt, bleibt für Matthies diffus. Umso mysteriöser wird es, als Matthies realisiert, dass sämtliche abgeklapperten Stationen mit seinem eigenen Leben, seiner Vergangenheit zusammenhängen…

Volksschauspieler, Kodderschnauze und Sympathiebolzen Jan Fedder in einer seiner Paraderollen als Kiezbulle findet sich in einer sehr freien Adaption der Dickens‘schen Weihnachtsgeschichte wieder, in der er als Weihnachtsmuffel mit so etwas wie unabgeschlossenen zwischenmenschlichen „Baustellen“ seiner Vergangenheit konfrontiert wird, die bis zurück zum Weihnachtsfest 1974 reichen. Der von Matthies initiierte sarkastische Blick auf den Weihnachtswahnsinn birgt manch treffende Kritik und hält sich recht lang, bis es einem der abgewracktesten Weihnachtsmänner der Filmgeschichte (Krause brilliert!) gelingt, den wahren Geist der Weihnacht kitschfrei und dennoch von norddeutscher Unterkühlung befreit zu beschwören. Die Rückblenden in Matthies‘ Jugend, in denen der spätere Bulle von einem Jungschauspieler gemimt wird, sind amüsant und die um ein paar Mystery-Elemente angereicherte Handlung fügt die rätselhaften Ereignisse am Ende nicht nur zusammen, sondern erweitert sie sogar noch um einen aktuellen Kriminalfall.

Geballtes Hamburger Lokalkolorit rundet dieses Spezial ab, das unaufgeregte und dennoch spannende Wohlfühl-TV-Unterhaltung für die ganze Familie bietet und sich mit all seinen leicht verschrobenen hanseatischen Eigenheiten auch als vergnüglicher Exportartikel in südlichere Gefilde größerer Beliebtheit erfreut.
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Weihnachten mit Ernie & Bert

„Weihnachten mit Ernie & Bert“ ist eine ca. halbstündige Spezialausgabe der Vorschulkinderserie „Sesamstraße“, die klassische Muppets-Puppenspiel-Clips des US-amerikanischen Originals in eine 2008 von Regisseur Dirk Nabersberg in Deutschland gedrehte Rahmenhandlung, die bei Ernie & Bert zu Hause spielt, einbettet.

Ernie und Bert haben noch viel vorzubereiten, bevor um 18:00 Uhr der Weihnachtsmann kommt. Dabei sorgt Ernie für das übliche Chaos und beide lassen sich durchs Schwelgen in Erinnerungen und beim Blick auf die Fotos ihrer Freunde an der Wand immer wieder ablenken. Bei den Erinnerungen handelt es sich um Clips um Froschreporter Kermit, der Santa Claus beim Kamineinstieg beobachtet und ebenfalls vor Ort war, als eine Zauberin dem Aschenputtel ein wunderschönes Ballkleid herbeizaubern wollte, um das Krümelmonster, das seinem Keks ein Liebeslied singt, und um Rumpel mit einer weiteren Gesangseinlage. Ernie & Bert erinnern sich ferner an die Situation, in der sich Ernie Sorgen machte, dass ihr Schneemann frieren könnte, und drei Eichhörnchen schmettern einen weiteren Hit. Dumm nur, dass der Weihnachtsmann längst höchstpersönlich vor der Tür steht und zu erfrieren droht, weil Ernie ihn nicht erkannte und ihm die Tür vor der Nase zuschlug…

Es existiert darüber hinaus auch eine ARD-Ausstrahlung, in der die ersten beiden Songs durch andere ersetzt wurden; der Grund dafür ist mir unbekannt. Darüber hinaus gibt es eine 45-minütige Variante, die alle Lieder enthält und um einen deutschen Realfilm-Lehrbeitrag um Reporterschaf Wolles an lehrreichen und dramatischen Szenen nicht armen Besuch einer Schokoladenfabrik ergänzt wurde. Der Humor der in Deutschland gedrehten Rahmenhandlung fällt deutlich gegen die überwiegend auch für ein erwachsenes Publikum vergnüglichen Einspieler ab, die jedoch seltsamerweise nur teilweise etwas mit Winter und Weihnachten zu tun haben. Dennoch bietet sich diese knappe halbe (oder eben auch Dreiviertel-)Stunde prima an, sie an Weihnachten zusammen mit dem Nachwuchs zu genießen und dabei vielleicht auch etwas wehmütig an den viel zu früh gestorbenen Jim Henson zu denken.
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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buxtebrawler
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Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

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Cinderellas unmoralische Abenteuer

„Und jetzt… machst du die Beinchen breit!“

Offenbar unter dem Eindruck der ein Jahr zuvor erschienenen pornographischen „Alice in Wonderland“-Musical-Adaption stehend, drehte US-Regisseur Michael Pataki nach seinem Horrorflick „Das Haus mit dem Folterkeller“ 1977 seinen zweiten und zugleich letzten Spielfilm, die Softsex-Musical-Variante des Grimm‘schen Märchens „Aschenputtel“. Ursprünglich wurde sie hierzulande als „Die tolle Geschichte der C.“ ausgewertet, die DVD-Fassung trägt hingegen den Titel „Cinderellas unmoralische Abenteuer“.

Die hübsche junge Cinderella (Cheryl Smith, „The Incredible Melting Man“) leidet unter ihren garstigen Stiefschwestern (Yana Nirvana, „Stunt Rock“ und Marilyn Corwin, „Heißhunger“) und der bösen Stiefmutter (Jennifer Stace), für die sie die Drecksarbeit erledigen muss und kaum am schönen Leben teilhaben darf. Als das Königspaar (Boris Moris und Pamela Stonebrook, „Samstag, der 14. schlägt zurück“) für seinen mit Potenzproblemen hadernden Prinzen (Brett Smiley) einen großangelegten Ball zwecks Brautschau respektive Orgie für den Filius plant und einen Boten entsendet, der alle paarungswilligen jungen Dinger zusammentrommeln soll, stößt dieser auch auf Cinderella. Natürlich bereitet die Stiefverwandtschaft wieder Probleme, dennoch gelingt es ihr mit Hilfe einer tuntigen schwarzen „Fee“ (Sy Richardson, „Sid & Nancy“), an den Prinzen zu geraten…

Gesangseinlagen in Filmen nerven meist, Ausnahmen sind herausragende Auftritte oder ironisierende Beiträge. Die discopoppigen Songs in dieser Softsex-Schwarte sind wie der ganze Film in erster Linie albern und wurden zudem für die deutsche Fassung weder übersetzt noch untertitelt, sodass evtl. vorhandener inhaltlicher Witz auf der Strecke bleibt. Wegen dieser Stücke wird sich den Film jedoch ohnehin niemand ansehen, weshalb sie wie so vieles in dieser Farce zum Füllwerk verkommen. Für Ausstattung und Kostüme wurden offenbar ein Karnevalsladen und ein Sex-Shop geplündert, für die Handlung pubertäre Fantasien zusammengemischt. So nimmt der Prinz eine Dame nach der anderen durch, um die richtige zu finden, die ihm sexuelle Befriedigung bereitet. Bei dieser handelt es sich dann natürlich um Cinderella, deren Vagina sich seit ihrer Begegnung mit der „Fee“ als „Schnapper“ herausstellt, deren Muskeln beim Geschlechtsakt also so sehr verkrampfen, dass sie eine zusätzliche stimulierende Wirkung auf den Penis ausüben.

Der Weg dahin ist lang und enervierend, weil gespickt mit unmotivierten Softsex-Szenen, auf ein paar wenige erotische Einstellungen kommen dutzende flache Gags, chargierende Knallchargen, geträllerte Liedchen und sonstige Zeitschindereien, die jeglichen Erzählfluss vernichten. In einem visualisierten Traum Cinderellas poppt Popcorn auf ihrem Intimbereich auf… Natürlich sieht Cheryl Smith recht schnuckelig aus und bringt eine gewisse naive Unschuld mit, etwaig darüber hinausgehend vorhandene Ausstrahlung geht jedoch im Schmierentheater unter. Allem Exhibitionismus und Gerödel zum Trotz gibt’s lediglich (buschige) Vulven zu sehen, das männliche Pendant auch mal mit der Kamera einzufangen sahen Regisseur und Kamera offenbar keinen Anlass. Oftmals hat man zudem den Eindruck, nicht dem Blick professioneller Voyeure zu folgen, sondern dem präpubertärer Dreikäsehochs, die erstmals die Unterschiede zwischen den Geschlechtern entdecken. Dies trägt zum Gesamteindruck bei, es hier mit einer eigentlich verdammt verklemmten Geschichte zu tun zu haben, die sich auf dem Niveau über jegliche sexuelle Konnotation kichernder Fünftklässler bewegt – was beschämenderweise ja so oft der Fall war, als seinerzeit Filmemacher westlicher Staaten den Erotikbereich für sich und fürs Portemonnaie entdeckten. „Cinderellas unmoralische Abenteuer“ will witzig sein, ist aber nur unfreiwillig komisch und lächerlich.
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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