bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

Euer Filmtagebuch, Kommentare zu Filmen, Reviews

Moderator: jogiwan

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Das Schloss der blauen Vögel

Der italienische Regisseur Fernando Di Leo hat mit seinen Polizei- bzw. Gangster-Filmen Filmgeschichte geschrieben. Doch 1971, im gleichen Jahr wie sein unnachahmlicher „Milano Kaliber 9“, erschien seine Konsalik-Verfilmung, die eigentlich gar keine war: „Das Schloss der blauen Vögel“ alias „Der Triebmörder“ ist möglicherweise sein dritter Film, der sich vornehmlich mit der menschlichen Sexualität auseinandersetzt; leider sind mir die beiden zuvor erschienen Werke „Die Unbefriedigte“ und „Armasi male“ unbekannt. In jedem Falle aber ist „Das Schloss der blauen Vögel“ ein Paradebeispiel dafür, wie wenig einem Regisseur ein Genre liegen kann – auch wenn Di Leo es in ein Erotik-Giallo-Gewand (ent)kleidete.

Wenn man als gutsituierte Dame psychisch einen Hau weghat, zieht es einen vornehmlich nach Schloss Hohenschwand, wo man mal so richtig ausspannen kann – ob bei einer gepflegten Einheit Sport auf dem Rasen des luxuriösen Anwesens, beim abendlichen Dinieren mit den behandelnden Ärzten oder beim Schäferstündchen mit dem Gärtner (Giangiacomo Elia, „Der Mörder des Klans“), der Krankenschwester (Carla Mancini, „Das Geheimnis der blutigen Lilie“) oder was sich sonst gerade so anbietet. Kein Wunder, dass man da die mittelalterliche Waffenkammer mit ihren Hieb- und Stichwaffen nicht wirklich vor fremdem Zugriff schützt, schließlich wird unter diesen Umständen wohl niemand auf düstere Gedanken kommen. Dumm nur, dass eines Tages dann doch ein schwarzgewandter Mörder das Sanatorium heimsucht und die Patientinnenzahl unschön dezimiert…

Di Leo hatte sie alle: Rosalba Neri („Sklaven ihrer Triebe“), Margaret Lee („Der Hexentöter von Blackmoor“), Klaus Kinski („Leichen pflastern seinen Weg“)… Doch was machte er mit ihnen? Er ließ sie seltsam zusammenhanglos wirkende Szenen spielen, die keiner Dramaturgie zu folgen scheinen. Wenn er versucht, den Whodunit?-Verdacht auf den Kinskerich zu lenken, besorgt dies die Schnittmontage. Doch Di Leo gibt sich damit nicht zufrieden und zeigt seinen Schauspielern noch lange bei Belanglosigkeiten, nur damit sich das Gesicht auch ja einbrennt – und schindet damit natürlich auch Laufzeit. Und derlei Leerlauf gibt es immer wieder, wohlgemerkt zwischen deftigen Schauwerten: Episodenhaft wirken die Sex- und Gewaltszenen, seltsam entrückt vom Drumherum, als habe das alles überhaupt nichts miteinander zu tun. Auch die Schauspieler scheinen in herkömmlichen Dialogszenen mehr für sich zu spielen denn zu interagieren und blühen lediglich in den Sexszenen auf.

Diese haben es dann insbesondere dank Rosalba Neri tatsächlich auch in sich: Wohl niemand spielt eine pathologisch sexbesessene Nymphomanin, zum Klinikaufenthalt verdonnert, mit solch einem Stolz, einer solchen Anmut und Grazie. Dies ändert jedoch kaum etwas daran, dass „Das Schloss der blauen Vögel“ in keiner Weise ernstzunehmen ist, so betont düster und bedrohlich er sich auch häufig zu geben versucht, und fragmentarisch, unglücklich geschnitten, unfertig und ob seines Potentials verschenkt wirkt: Beinahe, als habe Di Leo gar keine Zeit für den Film gehabt und sei lediglich dann und wann kurz am Set aufgetaucht, um sein Team zu ermutigen, einfach irgendetwas irgendwie zu machen. So glänzt dann in der einen Szene die Kamera, in der nächsten die Neri und in der übernächsten wird’s ein wenig blutig, eine Kohärenz entwickelt sich jedoch genauso wenig wie Spannung oder wenigstens eine Handlung, der man gebannt folgt, weil man sich für die Charaktere über ihre nackte Haut hinaus interessieren oder eine innere Logik erkennen würde, deren Konklusion man erfahren möchte. So wirkt das dick aufgetragene Finale dann auch ein bisschen wie ein Dreijähriger, der trotzig seine Burg aus Bauklötzchen kaputttritt.

Dass „Das Schloss der blauen Vögel“ für Liebhaber unfreiwilligen Trashs oder hanebüchener Sleaze-Unterhaltung längst vergangener Zeiten dadurch zu einem besonders spaßigen Leckerbissen wird, ist dann die Kehrseite der Medaille und sichert auch diesem Unfug einen Platz in meinem europhilen Herzen. Und dass Di Leo offenbar daraus gelernt hat, beweist er mit seinem zumindest nicht 100%ig gegenteilig gelagerten „Avere vent'anni“ sieben Jahre später, in dem er Sexualitäts- und Gewaltmotive in Form eines Erotikdramas wesentlich stimmiger miteinander verband (bis die deutsche Bearbeitung diese Bemühungen wieder zunichtemachte).
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Sado – Stoß das Tor zur Hölle auf

Nach zahlreichen Erotikbeiträgen entdeckte der berüchtigte Italo-Regisseur Joe D’Amato 1979 das Horrorgenre für sich wieder und schockierte mit „Sado – Stoß das Tor zur Hölle auf“ sein Publikum. Als Inspirationsquelle diente ihm der 1966 von Mino Guerrini gedrehte Psycho-Thriller/Früh-Giallo „Das dritte Auge“, wobei „Buio Omega“, so der Originaltitel D’Amatos Films, als sehr eigenständige und -willige Neuverfilmung durchgeht.

Frank Wyler (Kieran Canter, „Liebes Lager“) ist ein gutaussehender junger Mann und Erbe eines Adelsvermögens, der zusammen mit seiner Haushälterin Iris (Franca Stoppi, „Laura – Eine Frau geht durch die Hölle“) auf einem Südtiroler Schloss lebt und sich leidenschaftlich als Tierpräparator verdingt. Da Iris ihn jedoch für sich allein haben möchte, beraumt sie einen Voodoo-Zauber an, um Franks Verlobte dauerhaft unter die Erde zu bringen. Dies weiß Frank jedoch insofern zu verhindern, als er ihrer Leiche habhaft wird und sie ebenso ausstopft, wie er es zuvor bereits mit unzähligen Tieren getan hat. Den leblosen Körper legt er zu sich ins Bett und kann seiner großen Liebe so weiterhin nah sein. Doch damit hat Frank sich angreif- und erpressbar gemacht: Eine junge Tramperin, die er freundlicherweise mitgenommen hatte, muss grausam sterben, nachdem sie zu viel gesehen hat, ein Bestatter droht, ihm auf die Schliche zu kommen und Iris, die über alles Bescheid weiß, fordert als „Schweigegeld“ nicht weniger als die Eheschließung mit Frank. Doch dieser verfällt immer mehr dem Wahnsinn…

Frank, der in ländlicher Idylle auf einem ausladenden Anwesen mit seiner Haushälterin allein lebt, ist ein zwar reicher, jedoch furchtbar einsamer junger Mann. Iris dient ihm nicht nur als Angestellte, sondern auch als Mutterersatz und gibt sich ihm sexuell hin. Als sie ihn schließlich ganz für sich allein haben will, verkraftet Frank den Verlust seiner Verlobten nicht. Dieser Verlust ist keine Option, also konserviert er sie und glaubt, sie dadurch weiterhin besitzen zu können. Bis hierhin erinnert „Sado – Stoß das Tor zur Hölle“ mit seinem Voodoo-Prolog, seinen Friedhofszenen und seinem Drehort noch stark an klassischen (Gothic-)Horror, tendiert anschließend jedoch immer stärker zu einer Mischung aus Psycho-Thriller und Splatter-/Gore-Horror, wie sie die Welt bis dahin noch nicht zu sehen bekommen hatte. In D’Amatos atmosphärisch unbehaglichen, auch viel von seiner morbiden Stimmung lebenden Film mischen sich Ausweidung, Extremmaniküre, Säurebad, Einäscherung und Gulaschverzehr, naturalistisch bis realistisch inszeniert, von der ruhigen Hand an der Kamera ausführlich und ausgiebig eingefangen. Und so übertrieben und die Figuren überzeichnend diese Szenen auch sind, so sorgfältig wurden sie tricktechnisch aufbereitet, sodass sie keineswegs so unauthentisch und schluderig wirken wie in manch anderem Genrewerk und dadurch ihre Wirkung auf Ethikzentrum und/oder Magengegend des Zuschauers nicht verfehlen.

Diese Momente stehen jedoch gleichberechtigt neben tiefen Einblicken in psychische Abgründe, die das auf Ed Gein & Co. beruhende und seit „Psycho“ cineastisch etablierte Motiv des derangierten Serienmörders mit Ödipuskomplex aufgreifen und variieren – und in eine spannende Handlung eingewoben wurden, die trotz allem mit Frank bisweilen mitfühlen, ja, regelrecht mitleiden lassen. Entscheidenden Anteil daran hat Kieran Canter, hinter dessen Engelsgesicht sich das kalte Grauen verbirgt. Er schafft es, seiner Figur die nötige Ambivalenz zu verleihen. Franca Stoppi mit ihren strengen Gesichtszügen brilliert in ihrer Rolle als im Gegensatz zu Frank gewissermaßen permanent emotionslose, gefühlskalte Haushälterin und Verschwörerin, in der jedoch Verschlagenheit, Habgier und Eifersucht brodeln, nicht minder, zwischen beiden entwickelt sich eine fatale, für den Film ideale Chemie. Cinzia Monreale („Silbersattel“) in einer Doppelrolle spielt dann tatsächlich so etwas wie ein Final Girl, was den Film ein weiteres Stück in Richtung klassischen Genrehorrors rückt. Goblins Prog-/Synthie-Rock-Soundtrack verleiht dem Film zusätzliche Dynamik, aber auch Entrücktheit, vor allem aber Charakter und zählt zu den Euro-Horror-Stücken mit dem höchsten Wiedererkennungswert.

„Sado – Stoß das Tor zur Hölle auf“ wurde in einem gialloesken Umfeld angesiedelt, dessen Protagonisten sich vornehmlich über Besitz definieren und einen hohen Grad innerer Verkommenheit aufweisen, dadurch zur Gefahr für normale Mitmenschen werden. D’Amato nährt zudem die Angst vor einem Typ Mensch, dessen Sensibilität in Bezug auf die eigene Gefühlswelt dazu führt, diese nicht adäquat verarbeiten zu können und gegenüber anderen in mit kalter Präzision durchgeführte, brutale Gewalt umschlägt. Er hätte auch ohne Gore-Anteil und die Ausflüge in die Phantastik zu Beginn und am Ende funktioniert, doch gerade diese krude Melange trägt zum Status dieses Films, der als D’Amatos gelungenster gilt, bei, zur von ihm ausgehenden Faszination und natürlich zur Kontroverse um ihn – ohne würde er wohl kaum im bekannten Ausmaße provozieren und polarisieren.
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Neun Leichen hat die Woche

Der hierzulande vornehmlich für seine Mystery-/Horror-Thriller „Das Haus der lachenden Fenster“ und „Zeder – Denn tote kehren wieder“ bekannte italienische Regisseur Pupi Avati drehte zwischen diesen beiden Filmen, genauer: im Jahre 1977 ein Kuriosum, das lediglich Kennern bekannt ist: Die Giallo-Komödie „Neun Leichen hat die Woche“.

Dante (Carlo Delle Piane, „Was?“) streicht irgendwann zu Beginn des 20. Jahrhunderts durch die Lande und versucht, an vielversprechenden Adressen angeblich exklusive Bücher gewinnbringend zu verhökern. So verschlägt es ihn eines Tages auch auf einen toscanischen Familiensitz, dessen Oberhaupt just verstorben ist. Er platzt gewissermaßen mitten in die „Trauergemeinde“, eine Ansammlung merkwürdiger Menschen, u.a. bestehend aus einem Cowboy aus Texas, einem Kleinwüchsigen und einem zwanghaften Masturbator (Pietro Bona, „Mazurka del barone, della santa e del fico fiorone“) mitsamt seiner Sexbombe von einer Pflegerin. Da sich ein junger Spross jener exzentrischen Adelssippe, Ilaria (Francesca Marciano, „Das Haus der lachenden Fenster“), spontan in Dante verknallt, sieht er sich gezwungen, zumindest eine Zeitlang in diesem regelrechten Irrenhaus zu verweilen. Doch es wird bald noch irrer, denn ein unbekannter Serienmörder beginnt, sein teuflisches Handwerk zu verrichten und ein Familienmitglied nach dem anderen dahinzumeucheln. Tobt ein tödlicher Kampf ums Erbe? Der hinzugezogene idiotische Privatdetektiv Martini (Gianni Cavina, ebenfalls „Das Haus der lachenden Fenster“) ist bei der Aufklärung leider keine große Hilfe…

„Neun Leichen hat die Woche“ bleibt nicht nur in Sachen Genre-Melange kurios – wann hätte man schon einmal von einer Giallo-Komödie gehört? –, sondern auch in seinen Ingredienzien: Klassische Giallo-Motive, in diesem Falle der Mörder im schwarzen Umhang und Hut im Umfeld entrückter Vermögender und Geldgieriger, treffen, gepaart mit etwas Mystery, auf Parodien derselben, Thriller- und Krimi-Stereotype werden herzlich durch den Kakao gezogen und sind neben den gut aufgelegten Schauspielerinnen und Schauspielerin das Salz in dieser Suppe. Auf der anderen Seite stehen zahlreiche Albernheiten wie die extrem überzeichneten Figuren, Slapstick-Einlagen und an Sex-Klamotten erinnernde, klamaukige Obszönitäten. Deren Höhepunkt ist eine bizarre Maschine, die Masturbator Donald von der Selbstbefriedigung abhalten soll, was letztlich dann auch ein für alle Mal gelingt… Eine weitere ungewöhnliche Waffe stellt ein zweckentfremdeter Fön dar.

Was zunächst als Groteske noch recht gut funktioniert, angenehm unterhält und durchaus Atmosphäre entwickelt, wird leider zunehmend alberner und vor allem beliebiger, wozu der Jazz-Soundtrack wiederum passt. So halten sich positiver Überraschungseffekt, Freude an den darstellerischen Leistungen und der Wohlfühlfaktor im heimeligen Italo-Genre-Ambiente die Waage mit Kopfschütteln und Unverständnis für manch Flachwitz, Absurdität und ästhetische Unbeholfenheit. Sehenswert ist Avatis „Neun Leichen hat die Woche“ für ein geeichtes europhiles Publikum dennoch – auch über seinen Exotenstatus hinaus.
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Den hier gab's ja auch noch, ich zitiere mich der Vollständigkeit halber selbst:

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Ermittlungen gegen einen über jeden Verdacht erhabenen Bürger
Ein Mann wartet vor einem Haus, bis ihm eine Frau durch ein Fenster ein Zeichen gibt, herein zu kommen. Sie begrüßt ihn mit der Frage, wie er sie heute denn umbringen möchte, aber dieser Scherz stellt sich kurz danach als bitterer Ernst heraus, als er sie beim Sex mit einem Schnitt durch die Kehle tötet. Anstatt seine Spuren zu verwischen, sorgt er noch zusätzlich für Indizien, benachrichtigt selbst die Polizei und redet ungeniert mit einem im Haus wohnenden Nachbarn, als er dieses verlässt. Daraufhin fährt er direkt zum Polizeiquartier, wo er freudig erwartet wird, denn "Il Dottore" (Gian Maria Volonté), wie er genannt wird, wird an diesem Tag vom Chef der Mordkommission zu einem Bereichsleiter der Polizei befördert. Streng befiehlt er noch seinen bisherigen Untergebenen, den gerade gemeldeten Vorfall zu untersuchen, bevor er selbst zum Tatort schreitet...
„Die Revolution ist wie die Syphilis – sie haben sie im Blut!“

„Ermittlungen gegen einen über jeden Verdacht erhabenen Bürger“ (endlich mal ein deutscher Titel, der der Länge italienischer Originaltitel wenigstens halbwegs gerecht wird) des italienisches Regisseurs Elio Petri aus dem Jahre 1970 ist eine hochbrisante Mischung aus Polit-, Justiz- und Psycho-Thriller, die allerlei politischen Zündstoff birgt. „Il Dottore“, der Chef der Mordkommission, wird gerade zum Leiter des politischen Büros der Polizei befördert. Warum er just seine Geliebte Augusta Terzi ermordet und zudem absichtlich Spuren am Tatort hinterlassen hat, erfährt der Zuschauer erst nach und nach: Einerseits will er die Polizei auf die Probe stellen und seine Grenzen als einflussreicher, mächtiger Beamter ausloten, andererseits war er in seinem Narzissmus und seiner Eitelkeit, aber auch seiner stets im Verborgenen gehaltenen Verletzlichkeit wenig von den jüngsten Umtrieben seiner Bettgespielin angetan. Dieser facettenreiche Charakter wird grandios von Gian Maria Volonté verkörpert, der mit seiner Mimik und Gestik so herrlich und typisch italienisch ist, dass es die reinste Freude ist. Während seiner fast schon cholerischen Dialoge oder seiner demagogischen Reden rechnet man quasi sekündlich damit, dass er sich in einen zähnefletschenden Cartoonwolf verwandelt, wenn er vor dem Hintergrund studentischer Unruhen reaktionäre, faschistoide Hasstiraden gegen den politischen Gegner schmettert. Den Umgang der Exekutive mit selbigem zeigt Petri auf, indem er zweifelhafte Verhör- und Überwachungsmethoden veranschaulicht und schonungslos die Arbeit der Polizei als verlängerten Arm der staatlichen, politischen Marschrichtung darstellt. Der Subplot ist eigentlich schon keiner mehr und mindestens gleichberechtigt zum Psychogramm „Il Dottores“, der mit der Zeit in seiner inneren Zerrissenheit fast schon verzweifelt versucht, die Ermittlungen auf sich zu lenken, um die Unantastbarkeit eines „über jeden Verdacht erhabenen Bürgers“ auszutesten. In zahlreichen Rückblenden wird zudem seine Geliebte als spontane, lebenslustige, vergnügungssüchtige junge Frau charakterisiert, die in vielerlei Hinsicht das Gegenteil „Il Dottores“, ihm in ihrem Egoismus aber fast ebenbürtig zu sein scheint. Florinda Bolkan wirkt in ihrer Rolle authentisch und ist ein echter Hingucker. Elio Petri verstand es meisterhaft, das alles ohne den geringsten Anflug bürokratischer Trockenheit spannend und rasant zu inszenieren, womit ihm ein eindrucksvoller Einblick in den mutmaßlichen Alltag des (nicht nur) italienischen Staats- und Machtapparats gelang, der in Zeiten von Berlusconi und Co. vermutlich aktueller denn je ist. Die musikalische Untermalung von Ennio Morricone unterstreicht die Vorgänge der Handlung dabei wie gewohnt großartig. Das erschreckende, aber konsequente Ende hat etwas Wahnsinniges; ein Wahn, der in der Figur „Il Dottores“ allgegenwärtig scheint und sich über die gesamte Spieldauer zieht. Es ist der Paukenschlag in Petris Komposition des politischen, polizeilichen Machtmissbrauchs und brennt sich ins Langzeitgedächtnis ein. Ein genialer Film, der neben dem Oscar für den besten ausländischen Film auch weitere Preise gewann. Es ist eine Schande, dass er hierzulande weitestgehend unbekannt blieb und bis heute keine deutschsprachige DVD-Auswertung erfahren hat - ein Missstand, der nach Abgeltung schreit.
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Das Wunder von Bern

Nach „Der Himmel von Hollywood“ widmete sich der deutsche Filmemacher Sönke Wortmann („Kleine Haie“) im Jahre 2003 mit der Drama/Sportfilm-Melange „Das Wunder von Bern“ einem Mammutprojekt: Zwischen dem Vizeweltmeistertitel der DFB-Mannschaft Rudi Völlers und dessen Vorrundenaus bei der EM zwei Jahre später wollte er die Ereignisse des als „Das Wunder von Bern“ in die Geschichte eingegangenen ersten Fußballweltmeisterschaftstitels der deutschen Herrennationalmannschaft im Spielfilmformat neu aufleben lassen und darüber hinaus einiges über die damalige Nachkriegszeit erzählen:

Der Essener Bergmann Richard Lubanski („Der Felsen“) kehrt 1954 nach langen Jahren sowjetischer Kriegsgefangenschaft nach Hause und zurück und findet eine Familie vor, die ohne ihn auszukommen gelernt hat. Sein Sohn Bruno (Mirko Lang, „Engel + Joe“), ein junger Erwachsener, liebäugelt mit sozialistischen Idealen und hinterfragt die NS-Zeit kritisch. Seine Tochter Ingrid (Birthe Wolter, „Flashback – Mörderische Ferien“) zeigt sich von den britischen Besatzungssoldaten fasziniert. Und dann ist da noch der elfjährige Matthias (Lohmeyers echter Sohn Louis Klamroth, „Der Mistkerl“), von dem Richard gar nichts wusste: Er kam in seiner Abwesenheit zur Welt. Dieser hat sich RW-Essen- und Nationalspieler Helmut Rahn (Sascha Göpel, „Vollgas – Gebremst wird später“) als Idol gesucht und blickt zu ihm auf wie zu einem Vater, den er nie hatte. Christa (Johanna Gastdorf, „Küß mich!“), seine Frau und Mutter der Kinder, hat eine Gastwirtschaft aufgebaut, die genug zum Leben abwirft, und bringt die Familie durch. Sich mit dieser Situation zu arrangieren, fällt Richard sehr schwer. Er versucht es mit Autorität, womit er seine Kinder jedoch nicht erreicht. Parallel beginnt die Fußball-WM in Ungarn. Unter Trainer Sepp Herberger (Peter Franke, „Im Club der Millionäre“) ist Rahn kein Stammspieler und wird zunächst lediglich im Vorrundenspiel gegen den Gastgeber eingesetzt, das verloren geht. Doch je weiter die Mannschaft sich im Turnier durchsetzt, desto größer wird das Medieninteresse und desto mehr Deutsche faszinieren sich für sie. Nach der Vorrunde zählt Rahn fest zur Startelf. Matthias jedoch bricht schließlich mit seinem Vater und läuft von zu Hause weg…

Wortmann, der zusammen mit Rochus Hahn auch das Drehbuch verfasste, vereint in seinem Film drei Handlungsstränge: neben dem um die Fußball-WM den um die fiktionale Familie Lubanski sowie den um die jungvermählten Ackermanns. Paul Ackermann ( Lucas Gregorowicz, „Lammbock – Alles in Handarbeit“) verdingt sich als Sportjournalist für die Süddeutsche Zeitung und reist zusammen mit seiner zunächst fußballuninteressierten Frau Annette (Katharina Wackernagel, „Schrei – denn ich werde Dich töten!“) beruflich in die Schweiz, wo Annette immer mehr der Fußballfaszination erliegt. Die Handlungsstränge spielen sich vor dem Hintergrund der Fußballweltmeisterschaft ab, wobei der Fokus auf Familie Lubanski liegt. Vater Richard steht stellvertretend für die Generation der Spätheimkehrer, jene tragischen Gestalten, die zunächst für die falsche Sache ihr Leben riskiert und oftmals auch fremdes genommen haben, danach in Kriegsgefangenschaft gerieten und schließlich in eine Welt entlassen wurden, die sich ohne sie weitergedreht hatte, die sie nicht mehr verstanden und in der es ihnen schwerfiel, Fuß zu fassen. Seine Frau Christa repräsentiert eine Vertreterin des vermeintlich „schwachen Geschlechts“, die wie so viele Mütter der Nachkriegszeit ohne ihren Mann auf sich allein gestellt war, jedoch die Ärmel hochkrempelte und selbst zur Ernährerin der Familie avancierte. Bruno und Christa stehen für den kompletten ideologischen Bruch mit dem sog. „Nationalsozialismus“: Christa genießt den Lebenswandel und die Kultur der westlichen Besatzer und ist zu einem lebenslustigen Backfisch aufgeblüht, während Bruno das sowjetisch gesteuerte Realsozialismus-Experiment der DDR für erstrebens- und unterstützenswert hält und schließlich auch seine Hoffnung in es setzt. Matthias schließlich ist eines derjenigen Kinder, die gänzlich ohne Vater aufgewachsen sind und sich daher Ersatzvaterfiguren suchen. Während der Strang um die Familie relativ eng mit dem Verlauf der WM verknüpft ist – bereits durch die persönliche Freundschaft Matthias‘ zu Helmut Rahn –, funktioniert jener um die Ackermanns losgelöst vom Schicksal der Familie und ist im Gegensatz zum Großteil des Films komödiantisch konnotiert. Beiden gemein ist die Bezugnahme auf das Turnier. Die erwähnte Fokussetzung des Films wird auch daran deutlich, dass zwar – in übrigens überaus pittoresken Bildern – immer wieder aus dem Quartier der Mannschaft am Thunersee berichtet wird, wo neben Herberger insbesondere die Spieler Helmut Rahn und der legendäre Kapitän Fritz Walter (Knut Hartwig, „Arbeitsfalle“) herausstechen, jedoch lediglich ein Spiel mit großen Aufwand nachgestellt wird: Das alles entscheidende Endspiel, in dem man erneut auf die Ungarn traf, aber diesmal als überraschender Sieger vom Platz ging.

Wortmann geht sensibel genug vor, um ein realistisch anmutendes, ambivalentes Bild der Nachkriegszeit zu zeichnen. Behilflich sind dabei Kulissen, Kleidung etc., die das Publikum regelrecht in jene Epoche entführen, wozu auch die herausragenden schauspielerischen Leistungen beitragen. Weder wird dem deutschen Volk eine Opferrolle angedichtet noch wird es als bestehend aus unverbesserlichen Altnazis und Revisionisten dargestellt. Dabei erweist sich die Fokussierung auf eine einfache Familie aus der Arbeiterklasse sinnvoll. Deren männliches Oberhaupt Richard ist ein gebrochener Mann, dessen Rückgriff auf eine klassisch patriarchalische Rollenverteilung lediglich seiner Hilflosigkeit Ausdruck verleiht. Je mehr er sich öffnet und Worte findet, um seine Erfahrungen zu beschreiben, desto verständlicher kann er sich seiner Familie machen. Die Annäherung an Matthias geschieht langsam und unterliegt immer wieder Rückschlägen, die schließlich in Matthias‘ Flucht von zu Hause eskalieren. Eine entscheidende Rolle, sie wieder zusammenzuführen, spielt der Fußball, sodass der Sieg der deutschen Mannschaft gewissermaßen gleichbedeutend mit dem endgültig gebrochenen Eis zwischen Vater und Sohn ist, damit auch für eine Versöhnung steht, die stellvertretend für die – zumindest zeitweise – Versöhnung des Volks mit dem Nachkriegsdeutschlands steht, dem dieser Sieg ein großes, nichtkriegerisches Erfolgserlebnis bescherte und zu Akzeptanz und Selbstbewusstsein verhalf. Dabei bleibt er frei von etwaigen nationalistischen Untertönen und reitet auch keine patriotische Sau durchs Ruhrgebiet, im Gegenteil: Statt wie so häufig die von Rachsucht geprägten Verbrechen der Roten Armee zu Zeiten der Niederschlagung und Besatzung des Dritten Reichs hervorzuheben, lässt Wortmann durch Richard auf die vorausgegangenen deutschen Kriegsverbrechen sowie auf den Umstand, dass sich auch Sowjets ihm gegenüber helfend und freundlich verhalten haben, verweisen. Die Arbeit der „Trümmerfrauen“ wird nicht idealisiert, sondern als alternativlose Notwendigkeit gezeigt. Der Sieg der deutschen Nationalmannschaft ist kein Ergebnis biologischer deutscher Überlegenheit, sondern Resultat harter Arbeit, taktischer Raffinesse und Teamgeists. Gefeiert wird er nicht von überheblichen „Party-Patrioten“, sondern von zunächst nur marginal an der WM interessiert, der Mannschaft gegenüber skeptisch gewesenen und den Titelgewinn für kaum möglich gehalten habenden Menschen in staubigen Hinterhöfen und rustikalen Eckkneipen. Der Film zeigt, wie Fußball Menschen zusammenbringt – nicht, wie er sie trennt.

Innerhalb seines Fußball-Strangs stellt „Das Wunder von Bern“ den Turnierverlauf sehr detailgetreu nach und zeigt dabei auf, wie es gelang, ein Außenseiterteam aus Amateuren ohne eigene Liga zu motivieren. Herbergers taktische Kniffe werden auf eine Weise erklärt, dass auch Laien sie nachvollziehen können. Man flicht die Rolle des Adidas-Gründers Adi Dassler (Joachim Kappl, „Der Pirat“) und seiner Schraubstollen ein und ruft den Begriff des „Fritz-Walter-Wetters“ ins Gedächtnis. Aller Ehren wert ist auch, dass es gelungen ist, für die Spieler Darsteller zu finden, die sowohl allesamt eine verblüffende Ähnlichkeit zu ihren verkörperten Figuren aufweisen als auch tatsächlich Fußball spielen können: Sie mussten alle echte Erfahrungen als aktive Fußballer mitbringen. Unterlegt von größtenteils orchestralischer Musik, die an Produktionen aus den 1950er Jahren erinnern soll, glückte Wortmann & Co. der Spagat zwischen einem stellvertretend für einen großen Anteil der damaligen Bevölkerung der BRD stehenden individuellen Drama und der Reinszenierung eines sportlichen Großereignisses, das untrennbar mit der Nachkriegszeit verbunden ist. Damit verfilmte Wortmann ein wichtiges Kapitel deutscher Geschichte, das das positive Potential des Fußballs skizziert und zeigt, wie ein Volk nach politischen Super-GAUs, Weltkrieg, Holocaust, Mord und Totschlag generationsübergreifend zu positiven Identifikationsmöglichkeiten zurückfindet, die auf konstruktive, kreative, friedliche Weise mit fairen Mitteln unter hohen Anstrengungen erreicht wurden. Die weitestgehend kitschfreie, differenzierte Auseinandersetzung lässt dann auch den Verzicht auf manch pikantere Informationen verzeihen, z.B. Herbergers eigene Rolle in der NS-Zeit und die geschmacklose Reaktion des Publikums vor Ort im (übrigens nicht ausverkauften) Berner Stadion, die die deutsche Nationalhymne mit allen Strophen anstimmte… Meinem aktuellen Kenntnisstand zufolge blieb dies eine Randerscheinung, denn der Titelgewinn habe nicht, wie mancherorten befürchtet, zu einem Wiedererstarken des Nationalismus geführt, sondern vorrangig den Fußballsport aufgewertet und die Kluft zwischen Hoch- und Trivialkultur verringert, zumindest für die Dauer eines Turniers Grenzen überwunden und den Grundstein gelegt für eine Fußballbegeisterung weit übers Regionale hinaus. Da mich „Das Wunder von Bern“ dann auch noch mit seinem melancholischen Ende vor der Kulisse eines Sonnenuntergangs, für den man in Deutschland auch erst einmal zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort sein muss, nachhaltig berührte und insgesamt nicht nur als Fußball-Fan geradezu begeisterte, muss ich hier 8,5 von 10 Schraubstollen verbauen.
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The Virgin Suicides

Für ihr Spielfilmdebüt verfilmte die US-Regisseurin Sofia Coppola, Tochter des großen Francis Ford Coppolas, im Jahre 1999 Jeffrey Eugenides Roman „The Virgin Suicides“ und brachte damit ein in einer US-Kleinstadt in den 1970ern spielendes Jugenddrama um den Selbstmord fünf jugendlicher Schwestern auf die Leinwand.

Die 13- bis 17-jährigen Geschwister Cecilia (Hanna Hall, „Forrest Gump“), Lux (Kirsten Dunst, „Jumanji“), Bonnie (Chelse Swain, „Jet Set Kids“), Mary (A.J. Cook, „Blue Moon“) und Therese Lisbon (Leslie Hayman) wachsen durch ihre orthodox religiösen Eltern von ihrem Umfeld wesentlich isolierter auf als Gleichaltrige. Als der zweite Suizidversuch der jüngsten Tochter Cecilia gelingt, verschärfen ihre Eltern die strenge Erziehung mit all ihren Einschränkungen sogar. Der örtliche Schul-Casanova Trip (Josh Hartnett, „Faculty - Trau keinem Lehrer!“) hat jedoch ein Auge auf die Zweitjüngste Lux geworfen und möchte sie zum Schulball ausführen. Unter der Auflage, dass ihr Vater (James Woods, „Videodrome“) als Aufpasser mitkommt und Trip auch Begleiter für die anderen drei Schwestern findet, stimmen sie dem Rendezvous sogar zu. Doch Trip erweist sich als das Gegenteil eines Gentlemans und entjungfert sie auf dem Schulsportplatz, wo er sie anschließend allein zurücklässt. Ihre Eltern reagieren entsetzt und sperren ihre Kinder fortan zuhause ein, lassen sie nicht einmal mehr in die Schule. Die Jungen aus der Nachbarschaft, die sich allesamt in die Schwestern verguckt haben, beobachten diese eine Weile – u.a. wie Lux sich heimlich mit verschiedenen Liebhabern einlässt –, finden Wege, konspirativ mit ihnen zu kommunizieren und bekommen eines Tages eine Einladung von ihnen. Überleben wird diesen Abend jedoch keines der Mädchen…

In wunderschönen, vielen sonnendurchfluteten, sommerlichen Bildern erzählt Sofia Coppola das Schicksal der fünf Mädchen nach, das von vornherein feststeht, da sie es ihrem Publikum verrät. Hierfür bedient sie sich eines ungewöhnlichen Kniffs, indem sie die Handlung aus der Sicht eines der Nachbarsjungen erzählen lässt, der sich Jahre später an das „Selbstmordjahr“ erinnert und das Gezeigte aus dem Off kommentiert. Dies verstärkt den Eindruck der Isolation der Mädchen, die die Zuschauerinnen und Zuschauer dadurch lediglich im selben Umfang wie die Nachbarsjungen kennenlernen. Dadurch bleiben viele Fragen offen, ebenfalls dieselben, die sich die Jungen auch Jahre später noch stellen, nachdem man in ihrem Umfeld längst wieder zur Normalität übergegangen ist. Obwohl die Zuschauerinnen und Zuschauer dabei sind, wenn die leblosen Körper der bildhübschen Mädchen gefunden werden, bleibt das wahre Ausmaß der Tragödie hinter den verschlossenen Türen, wo der Plan der Schwestern reifte. Es geht also weniger um psychologische Details und das Sezieren innerfamiliärer, religiös verbrämter Konflikte als um die zerstörten Chancen: Der Chance, dass die Mädchen die Welt kennenlernen können; der Chance, dass die Welt die Mädchen kennenlernen kann; der Chance für die Lisbons, eine glückliche Familie zu werden.

So schwankt das Drama zwischen jugendlicher Unbeschwertheit, ebensolchem Abenteuerdrang sowie dem damit verbundenen Entdecken der Sexualität und den in schreiender Ungerechtigkeit resultierenden Versuchen, all dies gewaltsam zu unterbinden. Daraus entwickelt sich diese besondere, vielleicht Coming-of-Age-Filmen eigene, schwer melancholische Atmosphäre, in der sich Sommer und Jugend mit Gewalt, Tragik und traumatisierenden Einschnitten vermengen. Als wahre Mörder der Töchter erweisen sich ihre Eltern, die die natürliche Entwicklung ihrer Kinder unterdrücken und sie damit jeglichen Lebensantriebs berauben. Bei aller Gottesfurcht vergehen sie sich damit – um einmal ihre Sprache anzunehmen – an der Schöpfung Gottes, am Wunder des Lebens. Eine tolle Kirsten Dunst nimmt hier die Hauptrolle ein, doch generell wurden alle Rollen prima besetzt. Ein sehr hörenswerter Soundtrack begleitet den Film musikalisch und würde gewiss auch ohne ihn funktionieren. Sofia Coppola ist ein sehenswertes Debüt gelungen, in dem sie sich für meinen Geschmack gern noch etwas mehr hätte trauen dürfen – der Stoff hätte dies bei aller bewusst eingesetzten Distanz hergegeben.
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

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The Last Will and Testament of Rosalind Leigh

„Es ist nichts Menschliches…“

Rodrigo Gudiño, vornehmlich Herausgeber der Filmpostille „Rue Morgue“, hat mehrere Kurzfilme angefertigt, bevor er 2012 erstmals als Regisseur eines Vollzeit-Spielfilms in Erscheinung trat: Der kanadisch produzierte „The Last Will and Testament of Rosalind Leigh“ ist ein Okkult-Haunted-House-Grusler der alten Schule.

Rosalind Leigh, die Mutter des Antiquitätenhändlers Leon (Aaron Poole, „The Samaritan“), hat Selbstmord begangen. Der Kontakt zu ihr war bereits lange abgerissen, Rosalinds religiöser Wahn hatte Mutter und Sohn voneinander entfremdet. Nun tritt Leon das Erbe seiner Mutter an: ein abgelegenes Häuschen, das vollgestopft ist mit religiösen Reliquien. Rosalind war Anhängerin einer obskuren Sekte, die Angst vor einem imaginären Gott schürte und in der sie in ihrer Einsamkeit vollkommen aufging. Je mehr sich Leon in den Gemäuern umsieht, desto häufiger sieht er sich mit unerklärlichen Phänomenen konfrontiert. Dabei sind die ihre Standorte wie von Geisterhand ändernden Gegenstände und die regelmäßigen Stromschwankungen noch gar nichts gegen eine monströse Kreatur, die vom Garten Besitz ergriffen hat und ins Haus einzudringen versucht. Während Leon sich im Inneren verbarrikadiert, scheint es, dass seine Mutter ihm aus dem Jenseits etwas mitzuteilen versucht…

Gudiños Low-Budget-Fan-Film kann durchaus zum Haunted-House-Revival innerhalb des Horror-Genres der 2010er-Dekade gezählt werden, hier sogar in seiner reduziertesten Form als Ein-Personen-Kammerspiel mit nur wenigen ergänzenden Statisten. Oscar-Preisträgerin Vanessa Redgrave leiht der toten Mutter lediglich ihre Stimme (und das natürlich auch nur im englischen Originalton), die das Geschehen aus dem Off kommentiert. Zur Erläuterung der Hintergründe muss ein Telefonat herhalten. Trotz seiner kurzen Laufzeit von lediglich gut 70 Minuten erzählt Gudiño seinen Film ausgesprochen langsam und konzentriert sich auf eine Atmosphäre diffuser, ungreif- und undefinierbarer, omnipräsenter Bedrohung über die an der Tür kratzende Kreatur hinaus. Leon streift durchs Gebäude und beschäftigt sich mit den Hinterlassenschaften seiner Mutter, woraus das Publikum sich nach und nach ein Bild der Beziehung beider zueinander geistig zusammensetzen soll. Dies funktioniert jedoch nur leidlich, zu uninteressant wirken beide eindimensionalen Figuren. Dafür appelliert man phasenweise recht effektiv an Urängste, gerade auch, wenn die Kameraführung das düstere Interieur mit all seinem gruseligen Kitsch ausspäht und eine subtile Musik- und Geräuschspur unheilschwanger diese Stimmung unterstützt.

Durch das nach und nach immer stärkere Visualisieren des Monsters, das man am Ende dann auch in ganzer Pracht zu Gesicht bekommt, geht der Okkult-Grusler eine Melange mit einem klassischem Creature Feature ein, dem leider gänzlich die logische Verknüpfung fehlt (Achtung, Spoiler!): Leon bläst alle Kerzen aus, plötzlich ist das Ungetüm da. Seine Mutter monologisiert noch einmal über unsterbliche Seelen etc. und scheint das Vieh zu kennen. Das war’s dann aber, unvermittelt endet der Film. Dieses schwache, pointenlose Ende macht „The Last Will and Testament of Rosalind Leigh“ leider den Garaus und lässt ihn aller Ambitionen zum Trotz wie ein Fragment einer unausgegorenen, nie zu Ende gedachten oder einfach ineffektiv erzählten Geschichte wirken. So wurde letztlich nicht nur an Darstellern und Spezialeffekten gespart, sondern auch am narrativen Fundament – also am falschen Ende, weshalb das Ergebnis unbefriedigend und unterdurchschnittlich ausfällt. Auch wenn manch einer das als besonderen Kniff empfinden und mutmaßen mag, dass das Publikum um eigene Interpretationen angehalten sei: Das war dann doch einfach zu wenig.
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Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

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Tatort: Wer jetzt allein ist

Nur zwei Jahre nach ihrem Debüt wurde der bereits letzte Fall der Dresdner Ermittler Sieland, Gorniak (Karin Hanczewski) und Schnabel (Martin Brambach) ausgestrahlt: Alwara Höfels alias Henni Sieland verlässt in dieser Episode das Trio aufgrund „unterschiedlicher Auffassungen zum Arbeitsprozess“ und eines „fehlenden künstlerischen Konsens“. Das ist schade, denn seit dieser Bekanntgabe und dem anschließenden Abgang des Autors Ralf Husmann wurden die ursprünglich komödiantisch angelegten Dresdner „Tatorte“ immer ernster – und je ernster, desto besser wurden sie. So kann sich Höfels noch in ihre Vita schreiben, am vermutlichen besten Dresdner „Tatort“ mitgewirkt zu haben: „Déjà-vu“, dem Vorgänger von „Wer jetzt allein ist“. Letztgenannter wurde am 21.05.2018 erstausgestrahlt und auf Grundlage eines Drehbuchs Erol Yesilkayas, der zuletzt mit dem ebenso tollen wie außergewöhnlichen Beitrag „Meta“ zur Reihe auf sich aufmerksam gemacht hatte, von Theresa von Eltz („4 Könige“) inszeniert.

Studentin Laura Nix (Kyra Sophia Kahre, „LenaLove“) telefoniert mit ihrer Freundin Doro Meisner (Svenja Jung, „Fucking Berlin“), als diese ermordet wird: erdrosselt vor einem Nachtclub. Sieland und Gorniak ermitteln, dass Meisner als „Birdy“ in einer Online-Bekanntschaftsbörse angemeldet war und den Hass vieler männlicher Nutzer auf sich gezogen hatte, nachdem sie sie mit falschen Versprechungen um viel Geld gebracht hatte. Doch wie sich herausstellt, hatte sich Nix bereits vor längerer Zeit aus der Börse abgemeldet – deren Betreiber Thomas Frank (Bernd-Christian Althoff, „Vier kriegen ein Kind“) jedoch hatte ihr Profil reaktiviert und damit seine Kunden abgezockt. Unter den Betrogenen versuchen die Ermittlerinnen, den Täter ausfindig zu machen. Letztlich kommen nur zwei infrage: Petrick Wenzel (Aleksandar Jovanovic, „Auf kurze Distanz“) und Andreas Koch (Daniel Donskoy, „Angst“). Sieland und Gorniak schlüpfen in die Rollen paarungswilliger Singledamen und verabreden sich mit den Männern…

Die Warnungen vor Internet-Singlebörsen, die dieser „Tatort“ ausspricht, sind nicht neu, jedoch lediglich der Aufhänger für viel mehr: Zunächst natürlich für einen brutalen Mord und einige düstere, spannende Szenen in bester Thriller-Manier. Ein weiterer Aspekt ist die Hilflosigkeit der Ermittlerinnen, an Beweismaterial zu kommen, weshalb sie sich über die Anweisungen ihres Vorgesetzten Schnabel hinwegsetzen müssen. Während Sieland dafür in die Rolle einer naiven, etwas minderbemittelten jungen Frau schlüpft und damit die Nutzerinnen von Dating-Portalen karikiert, bleibt Gorniak beinahe sie selbst. In Wenzel scheint Sieland den Mörder gefunden zu haben, die Indizien sprechen eindeutig dafür – zumal Wenzel, der mit seiner im Sterben liegenden Mutter zusammenlebt, auch übergriffig gegen Sieland wird, als er ihr „Nein!“ nicht akzeptiert. Gorniak hingegen erliegt dem Charme des jungen, gutaussehenden, vermögenden Andreas Kochs, findet keinerlei Verdachtsmomente und beginnt, sich häufiger mit ihm zu treffen… Dem überwiegenden Teil des Publikums dürfte bald klarwerden, dass die Dinge nicht so sind, wie sie zunächst scheinen und sich damit mindestens eine der Ermittlerinnen in höchster Gefahr befindet. Auch dies schadet dem Spannungsaufbau dieses „Tatorts“ jedoch kaum, denn von nun an wird verstärkt und gekonnt auf Suspense, also einen Informationsvorteil des Publikums gegenüber den Protagonistinnen, gesetzt.

Der Thrill dieser Kriminalgeschichte stimmt und sitzt einem fest im Nacken, für ein wenig Erotik ist mit Gorniaks Nacktbadeeinlage ebenfalls gesorgt und für den Humor ist nach wie vor der unnachahmliche Schnabel zuständig, der als Babysitter für Gorniak einspringt, ihren Sohn Aaron (Alessandro Schuster) mit der List eines alten Bullen davon abhält, sich zu verdrücken und seine Leidenschaft für Rockmusik entdeckt. Wenn Sieland zurück in ihrer Rolle als Kripo-Ermittlerin Petrick Wenzel unmissverständlich die Bedeutung des Wortes „Nein!“ klarmacht, wirkt dies wie ein gut untergebrachter Beitrag zum Thema „#metoo“ und die tragische Note kommt auch nicht zu kurz, angefangen bei eben jenem Wenzel bis hin zu den Ermittlerinnen selbst. Als störend erweist sich in diesem eigentlich spannend und klug arrangierten „Tatort“ der Rückgriff auf die uralte, mittlerweile ermüdende Karma-Formel: Wer hier seines einzigen Lebenssinns beraubt wird, wird selbst zum vermeintlich „gerechten“ Mörder, indem er vollstreckt, wozu die Justiz nicht fähig ist und muss anschließend selbst sterben, da er nun seinerseits schwere Schuld auf sich geladen hat. Ächz...

Der Ausgang des Falls ist letzten Endes Sinnbild der zerrütteten Privatleben der Ermittlerinnen, deren Wege sich am Ende trennen. „Wer jetzt allein ist“, ist, wie der Titel bereits andeutet, vor allem ein Stück über Einsamkeit. Dass dieses Team, das gerade erst so richtig gut in die Spur gefunden hatte, nun aufgrund der eingangs beschriebenen Umstände schon wieder getrennt wurde, ist ein Jammer. Ein ganz kleines bisschen übertragen sich Trennungsschmerz und Einsamkeitsgefühl somit auch auf die Zuschauerinnen und Zuschauer. Machen Sie’s gut, Frau Höfels, danke für sechsmal Henni Sieland! Und 7,5 von 10 Rendezvous für diesen Fall.
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The Breed

Hundstage

„Ich seh‘ hier überhaupt keinen Tierkot…“

Der Tierhorrorfilm „The Breed“ aus US-amerikanisch-deutscher-südafrikanischer Koproduktion aus dem Jahre 2006 ist zwar Nicholas Mastandreas erste und einzige Arbeit als Regisseur, jedoch kann er auf zahlreiche Erfahrungen als Second-Unit-Regisseur für diverse Genreklassiker zurückblicken. Zudem war er Associate Producer der ersten drei „Scream“-Teile. Mit „The Breed“ schließlich ist er auf den Hund gekommen:

Fünf Jugendliche fliegen auf eine einsame Insel: Die Bruder Matt (Eric Lively, „The Pact“) und John (Oliver Hudson, „New Best Friend - Gefährliche Freundin“) mit ihren Freundinnen Nicki (Michelle Rodriguez, „BloodRayne“) und Sara (Taryn Manning, „So was wie Liebe“) sowie dem gemeinsamen Kumpel Noah (Hill Harper, „Steel Man“). Doch statt in der Natur ausspannen und Spaß haben zu können, bekommen sie es mit einem Rudel Killerhunde zu tun, das es auf sie abgesehen hat: Die aggressiven Vierbeiner wollen die Eindringlinge in ihr Revier nicht vertreiben, sondern vernichten…

Every dog has its day

„Stinkt ja furchtbar hier!“ – „Sie haben ihr Revier markiert!“

Im Prolog passiert irgendetwas, doch als Zuschauender bekommt man weder roten Lebenssaft noch Animalisches zu sehen. False-/Jump-Scares der nervigen und dysfunktionalen Sorte sind „The Breed“ ebenso vertraut wie typische, von zu alten Darstellern gemimte feiersüchtige Teenies, die anschließend die Szenerie bestimmen. Die Mädels haben sich in ihre Bikinis geworfen, das fällt vielleicht schon unter Fan-Support – das dämliche Gelaber hingegen sicherlich nicht. Der erste Hundeangriff ist recht ansehnlich gemacht, das Klischeegewitter wütet in der ersten Nacht, der Schwarze wird als erster zur Strecke gebracht. Diesem wird nach den Bissen ganz wunderlich zumute und er fühlt sich kurze Zeit später hundeelend. Wesentlich agiler sind da die Angreifer, die auch durch geschlossene Fenster springen und die Clique schließlich in der Holzhütte belagern. Wer exzessiv mit Jump- und False-Scares arbeitet und es nachts heftig unwettern lässt, der stellt seinen Figuren auch ein Auto bereit, das nicht anspringt. Origineller mutet es da an, dass er sich bei der Wahl der Waffen für Pfeil und Bogen entschied: Mehr gab er den humanoiden Protagonisten nicht an die Hand.

„...und grüßt Cujo von mir!“

Eben jene kennen sich nicht nur gut mit der Geschichte des Kläfferhorrorfilms aus, sondern stoßen in einem geheimen Forschungslabor auch noch auf Gen-Experimente, was dann des Rätsels Lösung für die Wauzi-Attacken ist. Der Angeber unter den Jungs muss noch unbedingt eine Hochspannungsleitung befummeln, natürlich mit negativem Ausgang. Besser hat es da Nicki drauf, die sich zu opfern antäuscht, es dann doch nicht tut und irgendwie sogar die Explosion überlebt. Die fiese Wunde an ihrem Bein spielt da schon längst keine Rolle mehr. Verdammt tapfer, das junge Ding.

„The Breed“ fackelt ein Klischee nach dem anderen ab, weiß aber vor allem aufgrund der bestens gelungenen Tierdressuren zu überzeugen, die so etwas wie der „Star“ des Films sind. Dafür ist er aber ziemlich unblutig und mitunter geschwätzig, wenn er Konflikte zwischen den beiden Brüdern heraufbeschwört. Unterdessen nimmt er sich, wie so viele dieser Popcorn-Teenie-Horrorfilmchen, selbst nicht allzu ernst, weshalb „Cool as Kim Deal“ der Alternative-Rockband The Dandy Warhols auch gut in den Soundtrack passt. „The Breed“ unterhält unterm Strich passabel und damit weitaus besser als so manch gesichtsloser Mist aus der 2000er-Dekade. Und Luther Allison darf mit „Will It Ever Change?“ dann trotzdem den Blues haben.
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Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

Beitrag von buxtebrawler »

Und weil Halloween war (ja, so weit hänge ich mit meinem FTB zurück), gab's inner Firma noch "Halloween IV":
buxtebrawler hat geschrieben:Älterer Kurzkommentar:

"Die erste Halloween-Fortsetzung, an der John Carpenter bis auf die Verwendung seiner mittlerweile weltberühmten Titelmelodie nicht mehr mitwirkte, wurde sehr zwiegespalten aufgenommen: Für die Einen war er der Anfang vom Ende der Filmreihe, für die Anderen ein willkommenes Wiedersehen mit Michael Myers, Dr. Loomis und Co., das durchaus ansprechend umgesetzt wurde.

Ich tendiere stark zu Letzterem, war "Halloween IV" doch einer der ersten Slasher, die ich überhaupt zu Gesicht bekommen habe (RTL-Nachtprogramm anfang der 90er sei Dank), wodurch er für mich den Grundstein für mein Interesse an der Halloween-Reihe und Slashern im Allgemein legte und Sonderstatus genießt. Aber auch eine erneute Sichtung mit einigen Jahren Abstand pünktlich am 31. Oktober bewies mir, dass ich die nervenzerfetzende Spannung, die ich früher empfand, noch immer sehr gut nachvollziehen kann und die Inszenierung des ausdrucks- und emotionslosen Killers mit der weißen Maske nach wie vor mit ihrer suggestiven Kameraführung und der subtilen, aber wirksamen Grusel erzeugenden Atmosphäre eines nur schmemenhaft wahrnehmbaren, aber allgegenwärtigen Unheils als grandios erachte. Dass man den Charakter des Dr. Loomis als viel verbissener, ja fast schon manisch zeichnete, ist für mich kein Stilbruch, sondern eine logische Konsequenz aus den Geschehnissen der ersten beiden Teile, die ihm meines Erachtens bestens zu Gesicht steht.

Starker Slasher, der inhaltlich nicht viel Neues bietet, dadurch glücklicherweise aber auch nicht vom Grundkonzept der Reihe abweicht, und atmosphärisch wie optisch nahezu perfekt inszeniert wurde."

Ich liebe diesen Film und gebe 8/10.
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