
Wehe, wenn die Lust uns packt
„Würde euch eine Ochsenzunge schmecken?“
Der italienische Komödien-Regisseur Mariano Laurenti („2 Trottel in der Fußball-Liga“) dürfte sich 1972 für den Kostümfilm „Wehe, wenn die Lust uns packt“ erstmals an einer schlüpfrigen Klamotte versucht haben, wie sie später im Genrebegriff Commedia sexy all'italiana zusammengefasst wurden.
„Ich weiß von der ewigen Lüsternheit meines Mannes und von seinem primitiven Geschmack!“
Maler Claudio Fornari (Piero Focaccia, „Die Puppen“) sucht mit zwei Freunden ein italienisches Dorf auf, in dem auch Antonia (Edwige Fenech, „Der Killer von Wien“) mit ihren wohlhabenden Eltern residiert. Während Claudio sich sexuellen Abenteuern mit ihren Bediensteten hingibt, scheint sich die Welt gegen Antonia verschworen zu haben: Nicht nur ihre Eltern sind gegen die Beziehung mit ihrem Geliebten Folco (Romano Malaspina, „The Crimes of the Black Cat“), auch dessen Vormundschaft steht dem jungen Glück im Wege, sodass sie sich nur heimlich treffen können. Aus lauter Verzweiflung droht sie ihrem Vater Domenico Mincaglia (Umberto D'Orsi, „Außergewöhnliche Geschichten“) damit, ins Kloster zu gehen – und sucht schließlich tatsächlich den Orden der leidenden Schwestern auf...
„Bist du verheiratet?“ – „Ja, viel zu sehr...“
Der irgendwann in der frommen Vergangenheit angesiedelte Streifen bereitet mit seinem fröhlichen Titelsong leider mehr Vergnügen als mit der folgenden Handlung, die irgendwo zwischen „Romeo & Julia“-Verschnitt und zarter Nunploitation-Anleihen anzusiedeln ist. Claudio und seine Freunde kehren zunächst bei Gastwirtin Caterina (Malisa Longo, „Das Mädchen Julius“) und ihrem Mann Raffaello (Sandro Dori, „Eine Flut von Dollars“) ein. Da es sich bei Caterina um eine wahre Sexbombe handelt, fühlt sich Claudio von der Muse geküsst und lässt sie kurzerhand Modell für seine jüngste Aktmalerei stehen. Generell hat’s die Gute faustdick hinter den Ohren, läuft fast immer ohne Slip herum und treibt’s sogar mit dem Pater, nachdem sie ihm ihre Sünde beichtete, doch einmal eine Unterhose getragen zu haben („aus Mailand“, mitgebracht von einem ihrer Stecher), ein Monstrum von Liebestöter.
„Dieses Kloster ist kein Kloster! Ein Bordell ist das!“
Hieraus lässt sich bereits das ungefähre Niveau des Films ableiten, dabei ist all das eigentlich nur Ausschmückung und Beiwerk der sich dann auch etwas überraschend herauskristallisierenden nominellen Handlung, nämlich der um Antonia und ihren Folco. Dessen Vater Giovanni (Riccardo Garrone, „Django und Sartana, die tödlichen Zwei“) soll ein Brief überbracht werden. Claudio vernascht derweil eine Angestellte Giovannis in Feld und Flur und knutscht sogar mit Antonia, die glaubt, er sei Folco. Noch bevor diese endlich das Kloster aufsucht, lernt der Zuschauer es als Sündenpfuhl kennen, in dem die Schwester Oberin Sex mit Bruder Filippuccio (Tiberio Murgia, „Man nannte es den großen Krieg“) haben will, der sich aber sträubt, weshalb Pater Pomponio (Elio Crovetto, „Das Geheimnis der roten Maske“) für ihn einspringt. Domenico wiederum ist auch kein Kind von Traurigkeit und treibt’s mit Bäuerin Francesca im Kuhstall. Antonia landet also gewissermaßen vom Regen in der Traufe und bald schleicht sich auch ihr Folco als Nonne verkleidet zur ihr ins Kloster.
Dies nimmt Regisseur Laurenti dann endlich zum Anlass für eine wirklich schöne, ästhetisch gefilmte Erotikszene, die jedoch die einzige des Films bleiben soll. Im Anschluss platzt Antonias Vater in das Kloster und überführt gleich mehrere Geistliche der Fleischeslust. Das führt letztlich zu einem Happy End mit der Hochzeit der beiden Turteltäubchen, was das Drehbuch aus den Federn Carlo Veos und Pietro Aretinos sodann gleich wieder zerstört, indem es Antonia unmittelbar nach ihrer Vermählung mit Claudio fremdgehen lässt. So progressiv es auch erscheinen mag, im katholischen Italien ein Kloster als heilige Stätte der Keuschheit zu entweihen und triebgesteuerte Bigotterie abzubilden, so unbefriedigend ist, was Laurenti daraus gemacht hat: eine hochgradig alberne, unlustige Komödie mit debilen Dialogen fernab jeglicher Glaubwürdigkeit am Rande der Erträglichkeit, in der selbst Fenechs sinnliche Ausstrahlung verschwendet erscheint. Auch die Anprangerung liebesfeindlicher Spießigkeit in einer von Standesdünkel und Patriarchat geprägten Gesellschaftsordnung verkommt hier zum Stichwortgeber für eine männerfantastische Farce von Omnipotenz und Machismo, die wenig Raum für tatsächliche Erotik lässt. Die italienische Verquickung von Komödie und Sex ist ja immer so eine Sache und „Wehe, wenn die Lust uns packt“ ein weiteres Paradebeispiel dafür. Dass es sogar noch ein wenig schlimmer geht, bewies Laurenti 1980 mit „Der Idiotenzwinger“. Fazit: Nur für Edwige-Fenech-Allesgucker interessant.