bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

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buxtebrawler
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Und erlöse uns nicht von dem Bösen
Die Klosterschülerinnen Lore (Catherine Wagener) und Anne (Jeanne Goupil) sind beste Freundinnen und verbringen gemeinsam die Sommerferien. Doch Unternehmungen wie Radfahren sind nur auf den ersten Blick die Hauptbeschäftigung der beiden jungen Mädchen. Lore und Anne haben sich dem Teufel verschrieben und setzen nun alles daran, ihr Leben mit möglichst vielen schlechten Taten zu füllen...
Nachdem der Franzose Joël Séria („Marie, the Doll“) aufgrund eines Unfall seine Schauspielkarriere beenden musste, sattelte er aufs Regiefach um und debütierte im Jahre 1971 mit dem Drama „Und erlöse uns nicht von dem Bösen“, zu dem er auch das Drehbuch selbst verfasst hatte und der zum Skandalfilm geriet: Bereits nach Drehbuchsichtung noch vor Drehbeginn prophezeite man ihm ein Totalverbot des antiklerikalen Films und so kam es auch. In Großbritannien indes wurde der Film erfolgreich als Exploiter vermarktet und über Umwege schließlich auch in seiner Heimat nachträglich anerkannt.

Die vierzehnjährigen Klosterschülerinnen Anne (Jeanne Goupil, „Mich machen alle an!“), die aus gutem Hause stammt, und Lore (Catherine Wagener, „Desirella“), aus einfacheren Verhältnissen kommend, verbindet eine tiefe Freundschaft. Unter der Bettdecke lesen sie zusammen die provokante und sexuell freizügige Erwachsenenliteratur de Lautréamonts und Baudelaires und schwören, ab sofort auf die christliche Lehre zu pfeifen und sich voll und ganz dem Bösen zu verschreiben. Federführend ist dabei Anne, Lore folgt ihr willfährig und so werden auf dem Beichtstuhl aufreizende Geschichten dem Pfaffen erzählt und lesbische Nonnen denunziert. Was jedoch noch verhältnismäßig harmlos beginnt, gewinnt an Boshaftigkeit, als Annes Eltern in den Sommerferien verreisen und ihre Tochter mit dem Personal alleinlassen. Lore kommt Anne besuchen und gemeinsam setzt man dem zurückgebliebenen Gärtner Leon und anderen Dorfbewohnern übel zu, provoziert den Bauern Emil sexuell, bis dieser beinahe Lore vergewaltigt und lockt schließlich einen unbekannten Mann ins Haus, der mit dem Auto liegen geblieben war. Die Situation eskaliert vollends...

„Und erlöse uns nicht von dem Bösen“, der mangels Geldgeber mit einem minimalen Budget auskommen musste und größtenteils mit Laiendarstellern realisiert wurde (was man ihm indes zu keinem Zeitpunkt anmerkt), ist einerseits inspiriert vom neuseeländischen Fall der jugendlichen Muttermörderinnen Pauline Parker und Juliet Hulme (von Peter Jackson als „Heavenly Creatures“ verfilmt), andererseits von Sérias persönlichen Erfahrungen als Klosterschüler, weshalb der Film u.a. zu einer wütenden Abrechnung sowohl mit dem bigotten Klerikus wurde, was ihm seine Blasphemie-Vorwürfe einbrachte, als auch mit Eltern, die ihre Kinder schlichtweg in derartige, von ihm als Gefängnisse bezeichnete Einrichtungen abschieben. So wird die kirchliche Doppelmoral aufs Korn genommen, wenn Klosterschwestern lesbische Beziehungen unterhalten und der Pfarrer rote Ohren bekommt und zugleich die Gefahr autoritärer religiöser Erziehung bei Vernachlässigung durch die eigenen Eltern aufgezeigt: Die indoktrinierte Lehre kann aus Protest ins Gegenteil verkehrt werden und dadurch nicht wieder gutzumachenden Schaden anrichten, Kinder und Jugendliche suchen sich in Ermangelung der Eltern eigene Bezugspersonen und Vorbilder, hier die skandalträchtigen Dichter, deren Worte die Mädchen für bare Münze nehmen.

In oft wunderschönen sommerlichen Bildern radeln die Mädchen durch die trügerische Idylle und lachen vergnügt, dass man meinen könnte, man befände sich in einem Heimatfilm. Fröhliche Musik geht einher mit leicht melancholischen Orgelklängen und Séria versteht es, mittels beider (zwar jung aussehenden, aber zum Drehzeitpunkt volljährigen) Hauptdarstellerinnen eine subtile Erotik zu erzeugen, ohne ihnen eine lesbische Beziehung andichten zu müssen. Doch manch Szene tut richtiggehend weh; bewusst wird die Grenze des Erträglichen ausgereizt, wenn Vögel vergiftet werden oder Mitglieder der christlichen Gemeinde auffallend schnell vom frommen Hörigen zum geifernden Triebgesteuerten werden und sich auf Lore stürzen. Andere Szenen wie die einer satanischen Prozession der Mädchen bieten Anlass für schon beinahe irreal durchkomponierte Bilder mit einer ganz eigenen, faszinierenden Ästhetik. Zwischenzeitlich eingestreute Zweifel Annes erinnern den Zuschauer daran, dass es sich nach wie vor um ein menschliches, emotionales Wesen handelt, was es zusätzlich erschwert, sie schlicht zu hassen – der Zuschauer bleibt eine Art Komplize der beiden, die zwischen anarchischen Streichen und garstiger Boshaftigkeit agieren. So auch, wenn sie am Schluss bei einer Schulaufführung statt der abgesprochenen christlichen Texte Baudelaire rezitieren und schließlich die unfassbare Konsequenz aus den Vorfällen um den unbekannten Mann mit der Autopanne ziehen.

Welch ein Schlusspunkt unter diesen Film, der ein wunderbares Beispiel dafür ist, welch schier unerschöpfliches Füllhorn die ’70er an originellen Filmen waren! Mit zum Gelingen trugen die Hauptdarstellerinnen bei, von denen unglaublicherweise die unheimlich ausdrucksstarke Jeanne Goupil im Gegensatz zu ihrer Kollegin Catherine Wagener über keinerlei Schauspielerfahrung verfügte, jedoch erfrischend frech, natürlich und unbedarft aufspielt, dass es der reinste Genuss ist. Sie blieb der Schauspielerei fortan erhalten und wurde Joël Sérias Ehefrau. Aber generell gibt es hier keine darstellerischen Ausfälle zu beklagen, ebenso wenig gibt es handwerklich etwas zu bemängeln. Ein auch in Zeiten zurückgegangenen Einflusses der Kirchen nach wie vor gleichermaßen faszinierender wie verstörender Film, der sowohl als doppelbödiger Autorenfilm als auch als Exploitation-Film die Aufmerksamkeit auf sich lenkt, für ein letzteres erwartendes Publikum aber diverses den reinen Unterhaltungseffekt Torpedierendes bereithält.
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Vampyros Lesbos - Die Erbin des Dracula

„Es macht Spaß, nackt im Sand zu liegen – besonders zu zweit!“

Im Jahre 1971 konzentrierte sich der spanische Vielfilmer Jess Franco („Die Jungfrau und die Peitsche“) für seinen in spanisch-deutscher Koproduktion entstandenen Erotikfilm „Vampyros Lesbos“ auf den sexuellen Aspekt der klassischen Vampirgeschichte und konstruierte zusammen mit Co-Autor Jaime Chávarri die Handlung um seine damalige Muse Soledad Miranda („Sie tötete in Ekstase“) als lesbische Vampirin. Der Horroranteil spielte eine deutlich untergeordnete Rolle:

Die in Istanbul für eine Anwaltskanzlei arbeitende Linda Westinghouse (Ewa Strömberg, „Erotik auf der Schulbank“) wird auf eine anatolische Insel auf Dienstreise geschickt – sie soll sich um eine Erbschaftsangelegenheit der Gräfin Nadine Korody (Soledad Miranda) kümmern. Als sie sie auf der Insel antrifft, stellt sie zu ihrer Überraschung fest, dass Gräfin Korody der Dame aus den erotischen Träumen, die sie seit einiger Zeit heimsuchen, zum Verwechseln ähnlich sieht. Nadine Korody entpuppt sich als niemand Geringere als die Erbin des Grafen Dracula, und sie hat es auf Linda abgesehen...

„Meine Freundin ist die Herrscherin der Nacht!“

Franco vermengt als eine Art Intro nächtliche Bilder eines Hafens mit der liegenden Soledad Miranda, die immer wieder nach der Kameralinse greift. Diese Aufnahmen gehen über in eine ausgedehnte lesbische Erotiknummer, die Miranda mit einer blonden Partnerin in einem Nachtclub aufführt. Im Publikum: Linda und ihr Freund (Andrea Montchal, „Dr. M schlägt zu“). In der nächsten Einstellung liegt Linda bei ihrem Psychologen (Paul Muller, „Lady Frankenstein“) auf der Couch und berichtet von ihren erotischen Träumen – und dass sie deren Protagonistin bei eben jener Nachtclub-Darbietung erkannt habe. Der Psychologe zeichnet derweil Strichmännchen auf seinen Block und fällt ein schnelles Urteil: Linda solle sich einen besseren Liebhaber suchen. Bereits dieser Prolog glänzt mit knisternder, ästhetischer Erotik, stilsicher eingefangen von Francos Kamera.

„Die Herrscherin der Nacht nimmt dich von nun an auf ihre schwarzen Schwingen!“

In Anatolien angekommen, wird sie von einem seltsamen Hotelangestellen (Jess Franco höchstpersönlich) vor Toten gewarnt, kurz darauf erwischt sie ihn im Keller mit einer Leiche. Sie hört eine Stimme nach ihr rufen, findet ihre Ansprechpartnerin in Person Nadine Korodys und geht sofort mit ihr Nacktbaden. Die im Prolog bereits angedeutete Mystik findet hier ihre Entsprechung, längst wirkt die Handlung jeglicher Realität entrückt. Das Weltlich-Analytische, Logische, das bereits anhand des fragwürdigen Verhaltens des Psychologen seinen schweren Stand innerhalb dieses Films markierte, hat auf dieser Insel nichts zu suchen und entschwindet Linda in hoher Geschwindigkeit seit ihrer Ankunft, denn längst hat Nadine begonnen, sie in ihren Bann zu ziehen – was den zunehmenden Realitätsverlust und den Verlust des Urteilungsvermögens Nadines erklärt. Schließlich betäubt Nadine Linda und ihr Diener Morpho (José Martínez Blanco, „Der Hexentöter von Blackmoor“) bettet sie. Plötzlich hat Nadine Blut an den Lippen. Linda wird wieder wach und gibt sich dem Liebesspiel mit Nadine hin, das sich ganz langsam in einer sinnlichen Erotikszene zu Orgelklängen entfaltet – und Nadine beißt zu.

Immer wieder greift Franco zu symbolträchtigen Zwischenschnitten von lokaler Fauna und führt schließlich eine sich in ärztlicher Behandlung in Dr. Sewards (Dennis Price, „Frankensteins Schrecken“) Privatklinik befindende Agra (Heidrun Kussin, „Rat' mal, wer heut bei uns schläft...“) in die Handlung ein, die unter Anfällen leidet, offenbar eine Verflossene der Gräfin ist und fortan das Geschehen mehr oder weniger bissig kommentiert. Linda indes kommt in einem anderen Zimmer derselben Klinik wieder zu sich, nachdem sie bei Nadine in Ohnmacht gefallen war. Ihr Freund befindet sich mittlerweile auf der Suche nach ihr, Lindas Erinnerung ist ausgelöscht. Nadine berichtet derweil von ihrer Vampirwerdung nach ihrer Begegnung mit Graf Dracula und nimmt telepathisch Kontakt zu Linda auf. Sie ruft sie zu ihr, gemeinsam trinken sie Blut. Lindas Freund tappst mittlerweile wie paralysiert durch die Klinik, Dr. Seward entpuppt sich als Vampirjäger, Agra büchst aus und während Franco sich erneut die Zeit nimmt, Miranda eine ausgedehnte erotische Nachtclub-Aufführung darbieten zu lassen – mit vom Publikum unbemerkten tödlichem Ausgang für die Strip-Partnerin –, überschlagen sich die Ereignisse.

Wenngleich der Film nun an Dramatik und Tragik gewinnt und es Tote zu beklagen gibt, ist dies kein Grund für Franco, in Hektik zu verfallen. Seinem entspannten Erzähltempo bleibt er weitestgehend treu, die Handlung nebensächlich und gängige Genre- oder Spannungsfilm-Charakteristika besitzen für „Vampyros Lesbos“ ebenso wenig Gültigkeit wie viele Vampir-Klischees. So lebt hier niemand in einem nebligen, spinnennetzverhangenen Gothic-Schloss, verwandelt sich in eine Fledermaus oder zerfällt bei Tageslicht zu Staub (da hätte die Putzfrau viel zu tun gehabt, denn meist ist es taghell) und mit derberen Horroreinlagen wie Schauermasken oder blutigen Spezialeffekten hat dieser Film erst recht nichts zu tun. Vielmehr war Franco an der Erzeugung einer traumartig-surrealen Atmosphäre gelegen, von der eine einlullende Sogwirkung ausgeht. Wer dafür empfänglich ist, kommt in den Genuss eines entschleunigten Films, der den Zuschauer mit seine Darstellerinnen respektierenden, ihre Körper lustvoll umgarnenden Erotikszenen belohnt, für die Soledad Miranda wie geschaffen schien. Zudem blitzt auch außerhalb ihrer Nacktszenen ihr schauspielerisches Talent immer wieder auf, wogegen die männlichen Kollegen stark abfallen und fast wie Störfaktoren wirken – irgendwie auch passend in einer sich um lesbische Erfahrungen drehenden Handlung. Mit der Kamera arbeitet Franco recht kreativ, wählt ungewöhnliche Einstellungen und Perspektiven, filmt gern einmal schräg von unten, fängt das ausgefallene Interieur ein und betont auffallend die Farbe rot. Weitere Versuche der künstlerischen Durchästhetisierung äußern sich in Farbfiltern, Zooms, Kamerafahrten und bedeutungsschwanger langsamen Bewegungen der Schauspieler, was bisweilen jedoch etwas holprig wirkt. Gern aber hätte für meinen Geschmack zugunsten von mehr Blut und mehr Sex Franco auf den Versuch konsequent verzichten dürfen, gegen Ende doch noch verstärkt bekannte Vampirgeschichten-Muster zu bedienen. Die wechselhafte Beziehung zwischen den drei weiblichen Charakteren wäre dafür prädestiniert gewesen und auch ohne in den harten Horrorbereich vorzudringen, kann der rote Lebenssaft metapherhaft und ästhetisch eingesetzt werden. So wirkt „Vampyros Lesbos“ letztlich leider ein wenig inkohärent und sich in Zugeständnissen übend. Für den außergewöhnlichen Soundtrack mit seinen orientalischen, jazzigen und loungigen Klängen zeichnet übrigens Sigi Schwab verantwortlich, zur Musik eingestreut werden immer wieder wie Funksprüche in einer fremden Sprache klingende Samples.

Mit „Vampyros Lesbos“ ist Jess Franco ein über weite Strecken gerade wegen seiner Eigensinnig- und Eigenständigkeit überzeugender Erotikfilm mit Vampirthematik gelungen, der traumwandlerisch statt wachkomatös seine individuelle Ästhetik vor dem Zuschauer ausrollt, Soledad Miranda perfekt in Szene und ihr damit ein Denkmal setzt und möglicherweise den oder die eine(n) oder andere(n) vom über visuelle Reize kommenden Bauch- zum nachdenklichen Kopfkino über versteckte Sehnsüchte und Lüste sowie ihre gesellschaftliche Ächtung gerät. 6,5/10 Leichen im Keller für dieses aus Francos Œuvre positiv herausstechendes Beispiel für unkonventionelles, europäisches Low-Budget-Kino längst vergangener Zeiten!
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Ein Sommer voller Zärtlichkeit

„Er ist einer, der schon mal mit der Polizei zu tun gehabt hat: Ein Gammler. Ein Asozialer.“

Der italienische Regisseur Giorgio Stegani brachte es im Laufe seiner Karriere anscheinend lediglich auf sieben Filme, darunter Western wie „Adios Gringo“ mit Giuliano Gemma und „Shamango“ sowie der Agentenfilm „Mike Murphy 077 gegen Ypotron“. Seine vorletzte Regiearbeit wurde das Liebes-/Erotik-Drama „Ein Sommer voller Zärtlichkeit“ aus dem Jahre 1971, später für den Heimkinomarkt unter dem reißerischen Titel „Zu Tode gehetzt“ vermarktet. In der weiblichen Hauptrolle: Die junge Ornella Muti („Ganz normal verrückt“) in einem ihrer ersten Spielfilmauftritte.

Die junge Lisa aus wohlhabendem Hause verliebt sich in den Hippie Robert (Alessio Orano, „Lisa und der Teufel“) – sehr zum Unmut ihres Vaters (Chris Avram, „Bay of Blood“). Entgegen dessen Verbots fährt sie per Anhalter mit Robert zum Strandhaus ihrer Eltern und unternimmt einen Törn mit dem elterlichen Segelboot. Als sie auf einer Sandbank zum Liegen kommen, schwimmen sie auf eine weitestgehend unberührte Insel hinaus und genießen das Dasein und ihre Liebe. Ihr Vater hat jedoch derweil die Polizei alarmiert und zwei Jäger beobachten das Treiben des jungen Pärchens, das sie prompt missinterpretieren...

Voller seinerzeit gängiger positiv konnotierter Klischees gerät die Darstellung der Hippies als freiheitsliebende, naturverbundene nette Jungs mit Wanderklampfen, die wiederum den reaktionären Knochen der kapitalistischen Leistungsgesellschaft ein Dorn im Auge sind, aber anziehend auf junge Mädchen wirken. Die Rolle der verständnislosen Erwachsenengeneration nimmt allen voran Lisas Vater ein, der entsetzt ist vom neuen Umgang seiner Tochter. Die Handlung ist als Rückblende aufgebaut, ausgehend von den polizeilichen Zeugenbefragungen, die ebenso auch immer wieder die Rückblende unterbrechen wie Interviews durch Journalisten. Der Zuschauer weiß, dass etwas Schlimmes passiert sein muss, aber nicht genau, was, wann und weshalb, woraus der Film seine Spannung bezieht. Voll auf Romantik setzt Stegani mittels schwelgerischer Landschaftsbilder und sehnsuchtserfüllter Melodien; ein Sonnenuntergang in Verbindung mit der Musik lädt zum Träumen ein und weckt Fernweh. Das Gesangsstück hingegen erinnert mich stilistisch etwas an die Band „Middle of the Road“ und bringt etwas mehr Pep in den Film. Die Beziehung zwischen Lisa und Robert entwickelt sich ganz klassisch langsam und behutsam, erst auf der Bootsfahrt küssen sie sich erstmals. Auf der einsamen Insel schließlich ziehen sich beide zum ersten Mal voreinander aus, 45 Minuten des Films sind bereits vergangen. Wer es auf erotische Bilder angelegt hatte, kommt nun aber voll auf seine Kosten, denn Stegani und sein Team erzeugten wunderschöne Unterwasseraufnahmen des Liebespaars. Das Auftauchen der Jäger, die die Polizei alarmieren, die Einflussnahme von außen also, besiegelt jedoch bereits die Zerstörung des jungen Glücks, denn die Exekutive hetzt ihre Männer auf Lisa und Robert und nach einer spektakulären Schlagzeile geifernde Journalisten sind mit von der Partie.

Das garstige Ende ist die Konsequenz aus der aufrichtigen Liebe des missverstandenen und missachteten Roberts in Kombination mit einem übermächtig anmutenden Konglomerat aus Staatsmacht, Oberschicht und Journaille, wobei letztere sich gar noch zu zynischen Kommentaren hinreißen lässt, während sie schon wieder eine Oben-ohne-Modell-Fotoauswahl für ihr Schmierblatt betreibt, als wäre nichts gewesen. So prangert „Ein Sommer voller Zärtlichkeit“ sowohl die Sensationsgier der Medien als auch die Vorurteile, erdrückenden Regeln und den regelrechten Hass spießiger, einflussreicher, weil vermögender Eltern an, die aus Angst daraus resultiert, dass ihre vorgefertigten Pläne für den Nachwuchs durchkreuzt werden und ein neues, menschlicheres Wertesystem das ihre ablöst und als unbrauchbar entlarvt. Stegani ist dabei ein Mann der klaren Sprache, die jeder versteht, schmückt sein Drama nicht mit überraschenden Wendungen oder vielen Details aus und droht bisweilen, in den Kitsch abzurutschen, findet jedoch letztlich immer wieder eine akzeptable Balance zwischen großen Gefühlen, Dramatik, Fatalismus und Erotik, wobei er sich auf seine Schauspieler(innen) verlassen kann. Die zum Drehzeitpunkt anscheinend gerade einmal 16-jährige Ornella Muti beherrscht die Rolle der unschuldigen Jugendlichen, die gerade ihre erste große Liebe erlebt, wunderbar und wird auf eine sehr natürlich anmutende Weise von der Kamera eingefangen, von exploitativem Sleaze keine Spur. Luigi Pistilli („Milano Kaliber 9“) als Polizeichef beherrscht seine ambivalente Rolle, die quasi durch den Film führt, mühelos und auch sonst fällt niemand aus der Spur, so dass es leicht fällt, dem Film seine Eindimensionalität und der zwischenzeitlichen Idylle geschuldeten Schablonenhaftigkeit zu verzeihen. 6,5 von 10 Punkten ist mir solch ein kleines, feines Stück italienischen Zelluloids durchaus wert.
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Freitag der 13. VI – Jason lebt
Nachdem sich herausstellt, daß ein Irrer den Glauben an Jason für seine Zwecke mißbraucht hat, will Tommy Jarvis sich dennoch davon überzeugen, daß Jason wirklich tot ist. In einer stürmischen Gewitternacht gräbt er deshalb zusammen mit einem Freund Jasons Grab aus. Als sie den verwesenden Leichnam finden, wird dieser von einem Blitz getroffen und Jason zu neuem Leben erweckt. Während der Freund an Ort und Stelle von Jason getötet wird, gelingt es Tommy in das Büro des Sheriffs zu flüchten, wo ihm aber niemand glaubt. Und Jason beginnt erneut mit seinem grausamen Werk...
„Ich war in genug Horrorfilmen, um zu wissen, dass ein Irrer, der eine Maske trägt, nie freundlich ist!“

Nach dem misslungenen fünften Teil der populären „Freitag der 13.“-Slasher-Reihe rückte man vom Konzept, jemand anderes als psychopathischen Killer unter der Hockeymaske einzusetzen, schnell wieder ab und beschloss, den guten alten Jason zu reanimieren. Mit Drehbuch und Regie betraute man den US-Amerikaner Tom McLoughlin, der damals noch am Anfang seiner Karriere stand und zuvor lediglich einen Spielfilm („Sie greifen nach den Lebenden“) inszeniert hatte. Mir ist er ferner durch die gelungene Stephen-King-Verfilmung „Manchmal kommen sie wieder“ bekannt; doch vorher galt es, „Freitag der 13. VI – Jason lebt“ zu drehen, der im Jahre 1986 veröffentlicht wurde, nachdem Konkurrent Freddy Krueger seine erste und Vorbild Norman Bates seine zweite Fortsetzung erfahren hatte.

„Das gefällt mir ganz und gar nicht!“

Der jetzt 17-jährige Tommy Jarvis (statt John Shepard nun Thom Mathews, „Return of the Living Dead“) braucht für seine psychische Genesung die Gewissheit, dass Jason (C.J. Graham, „Highway zur Hölle“) wirklich tot ist. In einer Gewitternacht büxt er am Donnerstag, dem 12. Juni 1991, aus dem Sanatorium aus und fährt mit Kumpel Howard zu Jasons Grab, um den Leichnam auszubuddeln und zu zerstören. Nachdem Tommy in das verwesende Antlitz Jasons geblickt hat, sticht er auf die Leiche ein. Doch just schlägt ein Blitz in die in Jason steckende Eisenstange ein und erweckt ihn zum Leben. Sofort geht Jason auf Howard los und reißt ihm das Herz heraus. Tommy kann entkommen und eilt zur Polizei, doch dort glaubt man ihm nicht. Jason befindet sich derweil auf seinem unheilvollen Weg zurück ins Camp, mittlerweile umgetauft in „Camp Forrest Green“, um die bösen Erinnerungen ans Camp Crystal Lake vergessen zu machen. Doch ein Jason hat nicht vergessen und Freitag, der 13. ist nah...

„Manche Menschen verfügen über eine merkwürdige Art von Humor!“

(Achtung: Erneut spoilere ich Teile der Handlung, wenngleich diese in diesem Falle nicht sonderlich überraschend ausfallen sollte.) Nach dem Zeitsprung von Teil 4 auf Teil 5 spielt logischerweise auch dieser Teil in der Zukunft des Jahres 1991, was jedoch weder thematisiert wird, noch in irgendeiner Weise ins Erscheinungsbild des Films einfließt. Nicht viel zu melden haben auch die eigentlichen Camp-Direktoren, denn die werden noch auf dem Weg von Jason um die Ecke gebracht. So kommt es, dass sich die typischen Camp-Jugendlichen (unter ihnen mit Renée Jones („Terror Within II“) diesmal eine „Quotennegerin“) allein kümmern müssen, und zwar um eine Vielzahl kleiner Kinder. Das Konzept des Films tendiert nun stark zum in den ’80ern beliebten schwarzhumorigen, comichaften Stil und verfügt über ein gewisses Maß an Selbstironie, ohne dabei zur Komödie zu werden; für eine unpassend plumpe „Humor“-Einlage, jene Geißel ebenfalls so vieler Genrefilme, sorgen ein paar Paintball-Spieler, die glücklicherweise schnell zum Futter für Jason werden, der sich regelrecht an ihnen austoben und dem Zuschauer eindrucksvoll demonstrieren kann, dass er seit seiner Zombifizierung übermenschlich stark geworden ist. Von ihnen erhält er auch seine Lieblingswaffe, die Machete. Der Friedhofsgärtner hat unterdessen Jasons Grab wieder zugeschaufelt, was es Tommy erschwert, die Polizei von seiner Geschichte zu überzeugen – zumal der Gärtner auch nicht lange als Zeuge zur Verfügung steht, da Jason ihn ebenfalls in Reich der Toten befördert. Ebenso ergeht es einem Steven (Roger Rose, „Ski Academy“) und dessen Freundin sowie Cort (Tom Fridley, „Karate Kid“) und Nikki (Darcy DeMoss, „Return to Horror High“), die es im Wohnmobil miteinander treiben. In dieser kreativ erdachten und umgesetzten Szene kappt Jason erst den Strom und befindet sich bereits im Fahrzeug, als Cort nach vollzogenem Geschlechtsakt losfährt und nicht mitbekommt, wie Jason Nikki auf der Toilette tötet. Anschließend kommt Cort an die Reihe, verständlicherweise verunfallt das Wohnmobil und schließlich thront Jason auf dem brennenden Wrack.

„Ich denke, wir sind totes Fleisch...“

Parallel konstruiert „Freitag der 13. VI – Jason lebt“ einen Generationskonflikt zwischen Sheriff Garris (David Kagen, „Hologram Man“) und seiner Tochter Megan (Jennifer Cooke, „Cheerballs“), die längst ein Auge auf Tommy geworfen hat und ihm glaubt. Der Sheriff weiß von Tommys Psychiatrie-Aufenthalt und hält ihn für den Täter, weshalb er ihn kurzerhand hinter die Gitter des Sheriff-Büros verfrachtet. Doch Megan gelingt es, Tommy zu befreien. Jason hat zwischenzeitlich einer Lehrerin den Kopf verdreht und seine blutige Machete liegenlassen, die die kleine Nancy (Courtney Vickery, „Zelly & Me“) findet, doch die Betreuerin hält das für einen Streich. McLoughlin nutzt die Camp-Szenen, um sein Geschick für die Erzeugung gruseliger, atmosphärischer Szenen unter Beweis zu stellen: Er lässt Jason am Bildschirmrand auftauchen oder durch Fenster starren, unbemerkt von den Menschen. Ohne, dass es wie billige Effekthascherei anmuten würde, arbeitet er gelegentlich mit Nebel, nutzt den Mond als Lichtquelle etc. und schafft so Camp-Szenen, die als besonders morbid-ästhetisch im Gedächtnis bleiben. Die in diesen Bildern zum Teil gelagerte düstere Melancholie wird natürlich immer wieder unterbrochen und so tötet Jason die ungläubige Betreuerin, schleudert jemandem ein Messer in die Stirn und zerquetscht einem Bullen den Kopf. Ein nervenzerreißend spannender Kontrast zu den Gewaltexzessen wiederum ist ein Moment, in dem Jason das Schlafzimmer der Kinder betritt und sich über die kleine Nancy beugt, damit an menschliche, kindliche wie elterliche, Urängste appelliert.

„Komm her, Madenhirn!“

Nachdem Garris das Blutbad entdeckt hat, steuert der Film auf ein präfinales Duell Sheriff vs. Jason zu, in dessen Verlauf die Exekutive sich die eingeschränkte Wirksamkeit ihrer Bleikugeln gegen Zombie-Voorhees eingestehen muss, aber auch das Versagen der gewählten Alternative, der klassischen Faustschläge. Das eigentliche Finale wird eingeleitet, als Jason durch die Tür zu den Kindern bricht und sich Megan schnappt. Tommy lenkt die Aufmerksamkeit auf sich und lockt ihn auf den See, womit ein origineller, actionreicher und spannender Showdown seinen Lauf nimmt, in dem die Elemente Feuer und Wasser aufeinandertreffen, unter Wasser ums Überleben gekämpft wird und eine Schiffsschraube zum Einsatz kommt. Ja, die Wiedererweckung Jasons und damit der Filmreihe ist als gelungen zu bezeichnen. Wenn man auch bereits vorher kaum wusste, wie Jason all die Attacken auf seinen Körper überhaupt überleben konnte, ist er ab nun und damit als wichtigste Neuerung dieses Teils ein halbverwester Zombie, der der sehr gut arbeitenden Make-up- und Spezialeffekt-Abteilung Anlass für hübsch eklige Masken bietet. Seine bösen Taten sind einmal mehr nicht von schlechten Eltern, mal ideenreich, mal klassisch bis stumpf, aber immer tödlich, doch leider musste man auch hier reichlich Federn fürs R-Rating lassen. Das ist angesichts des hohen Bodycounts (übrigens zu Ungunsten billigen Sleazes in Form der obligatorischen, aber mittlerweile reichlich ausgelutschten Nacktszenen ach so notgeiler Teenies) wirklich schade und fällt trotz aller schnitttechnischen Kaschierungsversuche deutlich auf. Der positiv zu vermerkenden fantasiereicheren Gestaltung und aufwändigeren Ausarbeitung des Slasher-Sujets (was der Erfolg von Filmen wie „A Nightmare on Elm Street“ nahe legte) bei grundsätzlicher Beibehaltung des Backwood-Hintergrunds steht ein ungeschickter Umgang mit humoristischen Elementen gegenüber, der bisweilen die ansonsten so sorgfältig erzeugte Stimmung des Films gefährdet und untergräbt. Gut zu Gesicht bzw. Gehör steht „Freitag der 13. VI – Jason lebt“ die eigens für den Film geschriebene Alice-Cooper-Nummer „He’s Back (The Man Behind The Mask)“ und so finden sich im Soundtrack gleich mehrere Stücke Coopers wieder. Schauspielerisch bleibt auch dieser Slasher eher unauffällig, was in diesem Subgenre weiß Gott nichts Negatives bedeutet. Positiv herauszuheben ist natürlich auch der endcoole „Masters of the Universe“-Pullover, den einer der kleinen Jungs trägt.

Am Ende meiner Kritik scheinen mir meine 6/10 Punkten fast ein bisschen streng, denn eigentlich möchte ich sagen: „Operation gelungen, Patient untot!“ Doch die in ihrem Tonfall konsequenteren Teile der Reihe ohne Ausschläge in die Schmierenkomödie gefallen mir einfach noch besser und auch Jasons spätere Ausflüge weg vom Camp haben so einiges zu bieten, weshalb die Konkurrenz innerhalb der eigenen Reihe eine höhere Bewertung verhindert. Um einen sehenswerten, unzweifelhaft deutlich überdurchschnittlichen Genrefilm handelt es sich jedoch zweifelsohne.
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Klemens und Klementinchen

Die polnisch-deutsche Kinder-/Familienserien-Koproduktion „Die Kinder vom Mühlental“, 1985 unter der Regie Janusz Leskis gedreht und in einem polnischen Dorf spielend, bekam 1987 ein Prequel zur Seite gestellt, bei dem ebenfalls Leski Regie führte und die Drehbücher verfasste. 1989 wurde die Serie auch in Deutschland ausgestrahlt, ab Juli 1989 im WDR.

Nachdem ein Fuchs eine Gans aus dem Mühlental gestohlen hat, sorgen die Kinder Stanni (Tadeusz Horvath-Sienkiewicz, „Janna“) und Bärbel Dendek (Monika Sapilak, „Mr. Kleks in Space“) dafür, dass deren zwei Eier ausgebrütet werden. Als Gänseeltern ziehen sie die Klemens und Klementinchen getauften Küken groß und behandeln sie mehr wie Haus- denn wie Nutztiere. Bis Klementinchen schließlich selbst Nachwuchs ausbrütet, sind die eine oder andere Gefahr zu bewältigen und gibt es das eine oder andere Abenteuer zu erleben.

Die Handlung spielt also vor den Ereignissen aus „Die Kinder vom Mühlental“, wo Gans Klementinchen bereits ausgewachsen war, was schauspielerisch kein großes Problem darstellte: Man konnte auf dasselbe Ensemble zurückgreifen, da es nicht älter wirkte. Allerdings wurde es um einige Nebenrollen reduziert; so fehlt bei den Kindern Martha und spielen bei den Erwachsenen Kapitän Groschny oder Schmied Wieczorek keine Rolle mehr, dafür steht Bauer Wronka (Roman Kłosowski, „Big Bang“) stärker im Mittelpunkt. Reduziert hat man auch die Laufzeit, denn die insgesamt dreizehn Folgen sind jeweils nur zehn bis zwölf Minuten lang. Auf einen Erzähler wie Storch Jacki verzichtete man hier komplett. Vorrangig sieht man Stanni und Bärbel sich meist liebevoll um die Junggänse kümmern, welche innerhalb der Folgen eine Entwicklung vom Küken zur Geschlechtsreife vollziehen. Dabei lernen sowohl die Mühlental-Kinder, als auch die jungen Zuschauer etwas über den Umgang und das Zusammenleben mit Tieren und die kleinen Geschichten wecken Verständnis für Abläufe in der Natur. Dass auch der Tod von Tieren dazugehört, wird gleich in der ersten Folge deutlich, als sich der Fuchs die Gans schnappt, was auch von der Kamera eingefangen wurde. Und als es in einer Folge um Ferkel geht, wird zumindest kurz erwähnt, dass sie auch verspeist werden. Ferner ist das Rupfen der Gänse Thema, wovor die Kinder die titelgebenden Tiere erfolgreich bewahren können.

Darüber hinaus unterhält man mit netten, harmlosen Geschichtchen um den kurzzeitig entlaufenen Klemens, einen Auftritt der Gänse in der Dorfschule, die Versuche, ihnen das Fliegen beizubringen etc. und gibt den Kindern pädagogisch gut nachvollziehbar mit auf den Weg, dass sie mit offenem Feuer vorsichtig sein müssen, Verantwortung für die Tiere übernommen haben, der sie nachkommen müssen und dass es schädlich für sie ist, sie mit Menschen-Shampoo zu waschen. Als erwachsener Sympathieträger fungiert in erster Linie Wronka und das Chaos, das die Gänse zeitweise veranstalten, wird stets schnell verziehen und bietet Anlass zur Heiterkeit auf Zuschauerseite. Beeindruckend ist dabei die Tierdressur, die nötig war, um die Tiere entsprechend in Szene zu setzen. Dominanter erschien mir diesmal die musikalische Untermalung mit ihren anheimelnden, klassisch intonierten Melodien. Um Kontinuitätsfehler wie das bereits bunt angemalte Haus der Dendeks, das eigentlich erst in einer „Die Kinder vom Mühlental“-Folge künstlerisch verziert wurde, scherte man sich indes leider nicht und wo eigentlich Klemens abgeblieben ist, der in „Die Kinder vom Mühlental“ komplett fehlte und nie erwähnt wurde, wird auch gar nicht erst zu erklären versucht. Unterm Strich gefallen mir die ausgefeilteren, weil längeren Folgen der vorausgegangenen Serie besser, doch auch „Klemens und Klementinchen“ ist prima geeignet, die jungen Klientel zu erfreuen und zur Tierliebe zu erziehen, während die älteren entspannt mitgucken und die Seele baumeln lassen können. Eine liebevoll gemachte Kinderserie, die den Stress des schnelllebigen urbanen Alltags zumindest eine zeitlang vergessen macht.
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Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

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Guter FTB-Vorsatz für 2015: Keine Inhaltsangaben mehr zitieren, wenn ich ohnehin eigene schreibe.

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Das Geheimnis der fliegenden Teufel

„Ja, ich weiß – es IST Irrsinn!“

Beim Film mit dem schon etwas kurios klingenden deutschen Titel „Das Geheimnis der fliegenden Teufel“, auch bekannt als „Alien Shock“, handelt es sich um ein Low-Budget-Science-Fiction-Horror-Vehikel, entstanden Ende der 1970er unter der Regie des US-Amerikaners Greydon Clark, der für Schoten wie „Satan’s Cheerleaders“, „Die Vidioten“ und „Uninvited“ verantwortlich zeichnet, erdacht von gleich vier Drehbuchautoren und veröffentlicht 1980.

Irgendwo im Nirgendwo der USA: Vampiristische, kleine, fladenartige Flugkreaturen greifen erst einen Jäger und dessen Sohn und schließlich einen Pfadfinderführer an. Eine Gruppe vier jugendlicher Camper will den nahegelegenen Waldsee aufsuchen, wird jedoch eindringlich gewarnt. Tatsächlich werden zwei von ihnen ebenfalls Opfer der fremdartigen Beißer und müssen ihr Leben lassen. In einer Kneipe erfährt das verbliebene Pärchen, dass es sich um eine außerirdische Bedrohung handele…

„Es frisst sich durch die Windschutzscheibe!“

Wenn der vielbemühte Begriff Trash irgendwo greift, dann sicherlich bei einem Film wie diesem. Was Mr. Clark hier fabriziert hat, pendelt irgendwo zwischen liebenswürdigem Science-Fiction-Kreaturen-Spektakel aus den Untiefen der ‘50er- und ‘60er-Drive-ins und B-Movie-Double-Features, freiwilliger Chargier-Komödie und unfreiwilligem Versagen. Die inkohärente Charakterzeichnung deckt dieses Spektrum ab, wenn es einerseits unauffällig und blass bleibende Jungmimen (darunter David Caruso, „C.S.I.: Miami“) anbietet, andererseits aber durchaus namhafte Schauspieler in zwischenzeitlicher Karriereflaute auffährt. Zu letzteren zählen der sich nie für das eine oder andere Trash-Bonbon zu schade gewesene Cameron Mitchell (klar, „Blutige Seide“, aber auch „Space Mutiny“ und „Night Train to Terror“), der hier den Jäger im Prolog gibt, vielleicht nicht so sehr Larry Storch („Sweet Sixteen - Blutiges Inferno“), der als debiler Pfadfinderführer seine komödiantische Rolle bis zum geht nicht mehr überzeichnet, seine Schäfchen „Männer“ nennt, reichlich Blödsinn plappert und sich eine Zigarette anzuzünden versucht, indem er Funken durchs Zusammenhauen zweier Steine erzeugt, in jedem Falle aber die Oscar-Preisträger Martin Landau („Ed Wood“) und Jack Palance („City-Slickers – Die Großstadthelden“)!

„Sie kappen Lichtleitungen, genau wie die Partisanen!“

Landau gibt hier den Kriegsveteranen Fred „Sarge“ Dobbs, ein abgewrackter Trinker, der sich permanent im Krieg wähnt und die hilfesuchenden Jugendlichen gar selbst für außerirdische hält. Dabei chargiert er, als ginge es um Leben und Tod und einen das Gefühl beschleicht, seine Rolle solle das Paranoia-Sci-Fi-Kino vergangener Dekaden satirisch karikieren. Ihm gegenüber steht Palance als ebenfalls kriegstraumatisierter Joe Taylor, der seinen Verstand noch nicht komplett versoffen hat und antritt, den Campern tatsächlich zu helfen. Dies führt dazu, dass er zusammen mit dem Teenie-Pärchen schließlich mit dem Ursprung des Übels, einem großgewachsenen, kahlen, blaufarbigen Außerirdischen konfrontiert wird, der in jenem Inzest-Nest auf Menschenjagd ging und seine Beute in einer kleinen Holzhütte drapiert. Unter jener Maske befindet sich kein Geringerer als Kevin Peter Hall, der ironischerweise in „Predator“ ein Monstrum ähnlicher Gesinnung ungleich besser spielte, denn hier steht er in seiner Maskerade in erster Linie hüftsteif in der Gegend herum.

„Alien, komm her!“

Allgemein akzeptierten Qualitätsansprüchen genügender Höhepunkt des Films sind zweifelsohne die Attacken der bissigen Flugfladen und die damit verbundenen professionellen und gelungenen schleimigen Ekel-Spezialeffekte. Fragwürdige Höhe- oder Tiefpunkte sind, je nach Sichtweise, neben der bereits erwähnten Pfadfinderpfeife, die idiotischen Dialoge und das wenig nachvollziehbare Verhalten der Protagonisten. Das Tempo des Films erleidet zwischenzeitlich einige Durchhänger; Dean Cundeys („Halloween“) Kameraarbeit fängt einige hübsche Landschaftsaufnahmen ein und hält ebenso auf die Alien-Angriffe wie auf die Charakterfressen der Schauspieler drauf, wirkt bisweilen aber etwas unfokussiert, als würde sie etwas suchen, was einfach nicht da ist. Dan Wyman malträtiert seinen Synthesizer und versucht sich an der Erzeugung atmosphärischer Klänge, die sich mit klassischen Orchestereinsätzen ergänzen. Und tatsächlich wäre es gelogen, würde man „Alien Shock“ nicht die eine oder andere geglückte Nachtszene attestieren, die über eine gewisse Gruselstimmung verfügt. Letztlich jedoch hat man aus einer gar nicht schlechten Idee nicht sonderlich viel herausgeholt bzw. wusste anscheinend gar nicht, was genau man überhaupt aus ihr machen wollte. Das Ergebnis ist ein Sci-Fi-Horror-Filmchen, das durchaus seine Momente und Qualitäten hat, mich vor allem aber amüsiert hat – ausgerechnet in den Momenten, in denen er aus augenscheinlich nicht unbedingt darauf angelegt hatte...
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Doppelganger

„Was willst du schon gegen einen Toten ausrichten?!“

Dem US-Spielfilm des israelischen Regisseurs Avi Nesher („She - ...eine verrückte Reise in die Zukunft“) aus dem Jahre 1993 mit dem irgendwie deutsch klingenden Originaltitel „Doppelganger“ wurde die fragwürdige Ehre zuteil, in Deutschland unter mehreren verschiedenen Namen vermarktet zu werden wie „Töte!“, „Im Augenblick des Todes“, „The Evil – der Todesengel“ oder gänzlich sinnbefreit: „Mask of Murder 2“. Der Film gibt sich lange Zeit den Anstrich eines Psycho-Thrillers, um letztlich in Kreaturen-Horror zu kippen und ein unfassbar mieses Drehbuch zu offenbaren.

Patrick Highsmith (George Newbern, „Paramedics - Die Chaoten von der Ambulanz“), erfolgloser Drehbuchautor (das passt!), sucht einen neuen Untermieter und trifft dabei auf die junge, attraktive Holly Gooding (Drew Barrymore, „Der Feuerteufel“), die aus einer anderen Stadt zuzieht und eine Bleibe sucht. Schnell ist man sich einig und Patrick verguckt sich in seine neue Mitbewohnerin. Diese wird jedoch verdächtigt, ihre Mutter ermordet zu haben, wähnt sich aber von einer Doppelgängerin verfolgt, die sie auch für den Tod ihrer Eltern verantwortlich macht. Gegenüber Patrick verhält sie sich bizarr und unberechenbar, ist mal überaus nett und scheint seine Gefühle zu erwidern, nur um im nächsten Moment abweisend zu reagieren und unnahbar zu scheinen. Schnell ist auch ein FBI-Ermittler hinter ihr her, doch wer ist wirklich für die Morde verantwortlich, was hat es mit der ominösen Doppelgängerin auf sich und welche Rolle spielt ihr Therapeut ( Dennis Christopher, „Necronomicon“) dabei?

Es hätte alles so schön werden können, denn „Doppelganger“ beginnt vielversprechend mit einem Spaziergang Hollys durch die Stadt, mündend in einer ausgedehnten Sex- und deftigen Messermordszene, dass man sich beinahe in einem italienischen Giallo wähnt. Nach ihrer erfolgreichen WG-Zimmer-Suche geht es prompt weiter mit einer auf morbide Weise ästhetischen Blutdusche, während der sich Barrymore wunderbar freizügig gibt und eine im positiven Sinne gruselig inszenierte weitere Sexszene auf dem Küchenboden kann sich ebenfalls sehen lassen. Das Verwirrspiel um Holly legt nahe, dass es sich bei ihr um eine gespaltene Persönlichkeit handelt und man darf gespannt sein, ob sich diese Annahme bewahrheitet und der Film mit einem überraschenden, bedrückenden oder sonstwie berührenden psychologischen Hintergrund aufwartet oder aber man auf die falsche Fährte gelockt wurde und jemand ein undurchschaubares, sich letztlich als genial herausstellendes böses Spiel mit der Ärmsten treibt.

Der FBI-Mann verhält sich selbst für einen Bullen ungewöhnlich grob Holly gegenüber, jedoch scheint es sich um gar keinen echten zu handeln. So richtig abstrus wird’s allerdings, als Holly erst ihren im Koma liegenden Bruder brutal zu erstechen scheint, dieser jedoch überlebt. Gar nicht mehr nachvollziehbar ist das Verhalten von Patricks Freundin Elizabeth (Leslie Hope, „Allison Tate“), mit der er anscheinend mal etwas hatte und die immer noch ein gewisses Interesse an ihm vorgibt. Dieser ist nämlich – verständlicherweise! – dessen neues Anhängsel mehr als suspekt, sie hält sie für eine durchgeknallte Mörderin, erklärt sich aber dennoch bereit, sie bei sich aufzunehmen!? Das Drehbuch hält weitere Schoten parat: Patrick informiert sich bei einer ehemaligen Nonne (!), die jetzt in Telefonsex macht (!!) über das Phänomen von Doppelgängern (!!!). Klar, wäre auch meine erste Anlaufstelle gewesen… Diese quatscht jedenfalls reichlich okkultes Zeug daher und am Ende scheint gar Hollys totgeglaubter Vater (Thomas Bosack, „Gefährlicher Engel“) hinter dem bedauernswerten Patrick her zu sein.

So, und ab jetzt wird zwecks Verdeutlichung gnadenlos gespoilert: Im alten Familienwohnsitz trifft sich Holly schließlich mit ihrer Doppelgängerin, denkbar schlechteste Auflösung Teil 1: Hinter ihrer Doppelgängerin sowie manch anderer Gestalt steckte ihr Therapeut, der sich lebensechte Masken à la Fantomas überstülpte! Dass er eine ganz andere Statur als Holly hat und das bedeutet, dass Patrick ohne es zu merken mit ihm statt mit Holly Sex hatte – geschenkt! Doch es kommt noch irrsinniger, denkbar schlechteste Auflösung Teil 2: Holly verpuppt sich (!) und verwandelt sich in gleich zwei (!!) Monster, um sich am Therapeuten zu rächen! Klar, das sieht spitzenmäßig aus, tolle, handgemachte, schleimige Spezialeffekte beherrschen plötzlich die Szenerie und liefern ein ordentliches Kreaturenspektakel. Nur leider passt das so absolut gar nicht zum bisher als Psycho-Thriller fungierenden Film, stellt den ultimativen Stilbruch dar und wird gar nicht erst zu erläutern oder in Zusammenhang zu bringen versucht, avanciert somit zu einem der zwar unvorhergesehensten, vor allem aber bescheuertsten Filmmomente überhaupt. Die komplette, ach so mysteriös konstruierte Handlung erweist sich damit als totaler Schuss in den Ofen, wird ad absurdum geführt und endgültig der Lächerlichkeit preisgegeben.

Dem kurioserweise trotz allem recht vernünftig geschauspielerten Filmchen mit seinem spärlich eingesetzten Klavier-Soundtrack können Erotik-Fans in erster Linie eine sexy und auffallend oft nackt in Szene gesetzte Drew Barrymore abgewinnen, Splatter- und Latex-SFX-Freunde sollten direkt zur, ähm, „Pointe“ spulen und alle anderen können über ein schwer packbares Stück Trash staunen, lachen oder verzweifeln.
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Freitag der 13. VII – Jason im Blutrausch

Der Mörder ist immer der Gärtner

Zwei Jahre nach Serien-Slasher Jason Voorhees‘ erfolgreicher Wiederbelebung als Zombie mit übermenschlichen Kräften kam im Jahre 1988 der mittlerweile siebte Teil der Reihe, „Jason im Blutrausch“, in die Kinos, entstanden unter der Regie John Carl Buechlers, der zuvor bereits für „Herrscher der Hölle“ und „Troll“ im Horror-Genre aktiv war. Zwischen beiden „Freitagen“ lagen Schlitzerfilme wie „Die Todesparty“, der karikierende „Return to Horror High“, der fulminante dritte Auftritt Freddy Kruegers und die italienischen Beiträge „Body Count“ und „Stage Fright“. Das übernatürliche Element der Zombifizierung Jasons wurde verstärkt durch seine Gegenspielerin in diesem Teil, die telekinetisch veranlagte Tina Shepard (Lar Park-Lincoln, „House II – Das Unerwartete“), deren Rollenname als Reminiszenz an John Shepherd, den Darsteller Tommy Jarvis‘ aus Teil 5, zu verstehen ist.

Als Kind floh Tina vor ihrem gewalttätigen Vater an den Crystal Lake, wo sie ihn mittels ihrer telekinetischen Fähigkeiten ungewollt ums Leben brachte. Geplagt von tiefsitzenden Schuldgefühlen und dem nicht verarbeiteten Trauma kehrt sie im Rahmen ihrer Therapie mit ihrem Psychiater Dr. Crews (Terry Kiser, „Die Nacht der Schreie“) und ihrer Mutter Armanda (Susan Blu, „Killer Kid“) an den Ort des Geschehens zurück. Da sie ihre in Zuständen starker emotionaler Erregung auftretenden Telekinese-Anfälle nicht kontrollieren kann, befreit sie den am Grund des Sees angeketteten untoten Massenmörder Jason Voorhees (Kane Hodder, „Wishmaster“), indem sie versehentlich seine Ketten sprengt. Jason ist wieder aktiv und hat es zunächst einmal auf die jugendlichen Gäste einer Geburtstagsparty abgesehen…

Auch diese Fortsetzung beginnt mit Szenen vorausgegangener „Freitag der 13.“-Filme, ein Sprecher aus dem Off liefert Erklärungen. Tina erleidet einen ihrer Alpträume hinsichtlich des Tods ihres Vaters, der ebenfalls als Rückblende dient. Mit Jasons Befreiung beginnt der neue Mörderreigen; Jason stapft eindrucksvoll aus dem Wasser und Tina fällt in Ohnmacht. Als sie wieder Herrin ihrer Sinne ist, besucht sie zusammen mit dem netten Jungen Nick (Kevin Spirtas, „Im Todestal der Wölfe“) die Geburtstagsparty, während Jason das erste sich fleischlichen Gelüsten hingebende Pärchen meuchelt. Auf der Party bekommt sie Visionen von Jasons Morden und sucht erschrocken das Weite. Die Charaktere sind hier klar umrissen; selten war der Großteil der Jugendlichen derart eindeutig Jasons Machetenfutter, sodass sie in ihrer Klischeehaftigkeit lediglich grob skizziert denn charakterisiert wurden. Anders verhält es sich bei den für den Film bedeutenderen Rollen: Mit der unzweideutig von Stephen Kings respektive Brian De Palmas „Carrie“ inspirierten Tina stellt man Jason eine starke, erstmals selbst über übernatürliche Fähigkeiten verfügende Gegnerin gegenüber, die in der Lage ist, ihm ordentlich Paroli zu bieten. Nick, der mit ihr anbändelt, ist ein (für einen Film dieses Subgenres) angenehm mehrdimensional konzipierter Charakter, der sowohl vom unbedarften Party-Teenie als auch vom integren, einfühlsamen und sympathischen Gegenentwurf zur oberflächlichen Bums- und Kiff-Party-Klientel etwas an sich hat. Tinas Mutter ist die gütige, besorgte Witwe, die für ihre Tochter nur das Beste will, doch genau wie Tina auf den schmierigen Dr. Crews hereinfällt, der ein falsches Spiel treibt.

Diesem obliegt es schließlich auch, die Leichen im Wald zu finden, die von Jason kurioserweise diesmal u.a. mit allerlei Gartengerät sowie einer Tröte (!) dahingerafft wurden und werden. Trotz origineller Waffenwahl geht die ganze Chose relativ unblutig vonstatten, denn fürs R-Rating wurden die anscheinend ziemlich splatterigen Spezialeffekte leider massiv kastriert. Generell betrieb man diesmal viel grafischen Aufwand, so sah Jason nie so großartig aus wie hier: Faulig und modrig, in zerfetzten Klamotten, die einen Blick auf seine zum Teil freiliegende Wirbelsäule gestatten. Unter der Maske steckt erstmals der bullige, hochgewachsene Stuntman Kane Hodder, der zu dem Jason-Darsteller schlechthin avancierte und das „Muttersöhnchen“ auch in den darauffolgenden drei Teilen spielen sollte. Nicht zwingend nötig gehabt hätte Buechler, wiederkehrend auf billige Effekthascherei zurückzugreifen und trotz offensichtlich trockenen Wetters bei Auftritten Jasons Gewitterblitze zucken und in Suspense-Szenen Donner grummeln zu lassen. Evtl. wären Jasons unmittelbare Auswirkungen auf das Wetter aber auch einmal einer eigenen Analyse wert… Wenig zu analysieren gibt es beim Sleaze-Faktor, denn Tina bleibt „anständig“ und hat wahrlich andere Sorgen als ihre sexuelle Libido, der Rest treibt’s munter miteinander, doch die Kamera bleibt (bzw. die Schauspielerinnen bleiben) keusch, lediglich Elizabeth Kaitan („Jäger der verschollenen Galaxie“) bietet offen ihre Auslagen feil. Und das macht überhaupt nichts, denn Buechlers Beitrag zur Reihe ist böser und ernster als die beiden zuvor, so dass die üblichen Nackedei-Spielchen des Jungvolks hier fehl am Platze wären. Albernen Klamauk sparte man konsequent aus, lediglich die schwarzhumorige Essenz des Treibens Jasons blieb erhalten.

Dieser knöpft sich schließlich auch die Erwachsenenwelt vor und um das Finale einzuläuten, erinnerte man sich daran, dass es mit Dr. Crews Leichenfunden noch nicht getan sein kann, so dass man stilecht den Genrekonventionen genügend Final Girl Tina in den Wald zur Leichenbeschau schickt, woraufhin der große Showdown entbrennt – im wahrsten Sinne des Wortes, denn Tina gelingt es, ihre telekinetischen Kräfte gegen den Unhold einzusetzen, der erst demaskiert und im Anschluss angezündet und in die Luft gesprengt wird, aber immer noch lebt. Nun ist guter Rat teuer und anscheinend wusste man sich in Sachen Drehbuch nicht besser zu helfen, als sich einer äußerst fragwürdigen Pointe zu behelfen (Achtung, Spoiler!): Tina reanimiert ihren toten Vater, der Jason zurück in den Crystal Lake zieht. Wie auch immer das per Telekinese möglich sein soll... Damit wird „Freitag der 13. VII – Jason im Blutrausch“ endgültig hanebüchen, nachdem ich mich bereits mit der Idee der Telekinese in einem solchen Film nicht so ganz anfreunden konnte. Dies ist ebenso ein Wermutstropfen wie die Sünde des rabiaten Zensurschnitts, denn bis heute ist keine Unrated-Fassung in Sicht. Ansonsten aber weiß der siebte „Freitag“, der gemäß logischen Zeitstrahls ebenfalls in der Zukunft der 1990er spielt (und dies ebenso wenig thematisiert oder sich ansehen lässt wie die vorherigen beiden Teile), gut zu gefallen und wirkt mit viel Leidenschaft inszeniert, bisweilen ebenso geschauspielert und die Möglichkeiten des neuen Zombie-Jasons prima ausschöpfend. Dieser kann hier übrigens gern als Brachial-Metapher auf verdrängte Schuldgefühle und ihre destruktive Wirkung verstanden werden. Ein wahrlich solider Abschluss des Backwood-Sujets der Reihe, denn im nächsten Film verschlägt es Jason nach New York. Aber das ist ein anderes Kapitel...
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Dudes - Halt mich fest, die Wüste bebt!

„Mich kotzt das alles total an! Wann kommt denn endlich der Weltuntergang?!“

Die schon immer an Punk- und Metal-Subkultur interessiert gewesene US-amerikanische Filmemacherin Penelope Spheeris („Suburbia“, „Wayne’s World“), die mit der Punk-Doku „Decline Of Western Civilization“ 1981 debütierte, drehte noch vor dem zweiten Teil der „The Decline...“-Reihe und nach dem Action-Thriller „Hollywood Cop“ mit „Dudes“ im Jahre 1987 eine die New Yorker Punk-Szene streifende Road-Movie-Komödie, die Western-Motive verarbeitet.

„Was macht ihr Jungs immer so?“ – „Überleben!“ – „Das ist die langsamste Art, Selbstmord zu begehen!“

Die New Yorker Punks Grant (Jon Cryer, Alan aus „Two and a Half Men“), Biscuit (Daniel Roebuck, „Das Messer am Ufer“) und Milo („Red Hot Chili Peppers“-Bassist Michael „Flea“ Balzary, „Suburbia“) sind genervt von der Großstadt und beschließen, nach Kalifornien zu fahren. Als sie am Rande der Strecke im Freien kampieren, werden sie von Missoulas (Lee Ving, „Flashdance“) skrupelloser Rockerbande überfallen, misshandelt und ausgeraubt. Als Milo das Weite sucht, wird er von Missoula erschossen. Grant und Biscuit wollen ihren Freund rächen und lernen auf der Suche nach Missoula Jessie (Catherine Mary Stewart, „Der Komet“) an einer Raststätte kennen, die sie bei sich aufnimmt und ihnen Schießen und Reiten beibringt. Schließlich kommt es zum Duell mit Missoulas Bande...

„Alles ist verdammter Schrott! Musik ist Müll, Mädchen sind Müll – wir sind Müll...“

Stilecht mit einer wilden Konzertszene – zum Pogo spielen „The Vandals“ auf, die Spheeris bereits in „Suburbia“ hatte auftreten lassen – beginnt der Film, deren Protagonisten nach einer Kneipenschlägerei die Schnauze voll haben und das Weite suchen – und zwar per VW-Käfer auf dem Weg nach Kalifornien. Nach dem Überfall und der Dezimierung des Trios montieren die Sheriffs einen Satz alter Reifen auf das Fahrzeug, sind Grant und Biscuit aber ansonsten keine große Hilfe, möchten die Stadtbengel am liebsten so schnell wie möglich loswerden. Spheeris lässt Gegensätze aufeinanderprallen, indem sie die urbanen Punks auf Redneck-Rocker, staatliche Autoritäten und karge Wüstenlandschaften, dünn besiedelte Landstriche und die einfache Landbevölkerung treffen lässt. Die Punks sind eindeutig als die Sympathieträger definiert und so macht Spheeris aus ihnen moderne Western-Helden auf Rachefeldzug. Grant will Missoulas Bande nämlich unbedingt kriegen und hat wiederkehrende Visionen eines Cowboys (Cal Bartlett, „Westwärts zieht der Wind“) auf einem Pferd. Einen Colt bekommen sie von einem abtrünnigen, schwerverletzten Mitglied der Bande, der ihnen auch kurz vor seinem Ableben die Richtung weisen kann. In einer Raststätte an einer Tankstelle in Utah geraten sie in eine Schlägerei mit Hillbilllys, liefern sich eine Schießerei mit Missoulas Bande auf offener Straße und bauen schließlich einen Unfall, der Wagen ist hinüber. Doch es kommt zu einer weiteren schicksalhaften Begegnung, denn sie werden von Tankwartin Jessie aufgegriffen, die Schießübungen mit den Jungs macht und Grant Reiten beibringt. Biscuit träumt nachts von einer Schlacht zwischen Indianern und der Armee, kleidet sich anschließend selbst wie ein Ureinwohner, verhält sich entsprechend – und ist nach anfänglicher Skepsis nun selbst Feuer und Flamme für Grants Plan. Zwischen Grant und Jessie hat sich eine Romanze entwickelt, sie steckt ihn in Cowboy-Kluft und gibt ihnen einen protzigen „gehörnten“ Schlitten. Spheeris bedient hiermit pubertäre Phantasien von einer erfahrenen Frau, die sich einem annimmt und in einer Mischung aus Mutterersatz, großer Schwester und Liebhaberin eine Art Rundum-sorglos-Paket anbietet. Gleichzeitig präsentiert die Handlung die Gesichte des Landes als Inspirationsquelle für eigene Law-&-Order-Pläne, was angesichts des Versagens der Staatsmacht in diesem Falle jeglicher Kritik daran den Wind aus den Segeln nimmt.

Dies bewirkt auch der Humor des Films, immerhin handelt es sich um eine Komödie, die sich dementsprechend selten bis nie ernst nimmt. Vor dem Hintergrund des Tods Milos und weiterer Todesfälle erscheint „Dudes“ mitunter nicht zu knapp bemüht und unpassend lustig, so dass der Humor nur zeitweise überhaupt zündet. Grants Cowboy-Visionen wiederum tendieren gen Kitsch und Wild-West-Romantisierung. Man muss Spheeris allerdings lassen, dass sie die Western-Komponente konsequent nutzte, um auf einen Showdown hinzusteuern, der diese Bezeichnung auch verdient und gleichzeitig die verschiedenen Ebenen des Films miteinander vereint: Grant und Biscuit treffen in einer weiteren Stadt auf Missoula & Co. und warten bis abends. Als sie sich im Kino „Jesse James, Mann ohne Gesetz“ ansieht, einen echten Western also, entbrennt eine Schießerei. Zum finalen Duell kommt es erst über Umwege, zwischenzeitlich landen Cowboy und Indianer nämlich im Gefängnis, Jessie muss noch einmal eingreifen (diesen Kniff ließ sich Spheeris als Frau nicht nehmen) und ein paar Polizisten müssen auch noch dran glauben. Jedenfalls kann man sich nicht über einen zu geringen Action-Anteil beklagen und auch an skurrilen Einfällen mangelt es „Dudes“ nicht unbedingt, die zu seiner Kurzweiligkeit und seinem Überraschungspotential beitragen: Da wäre z.B. der Elvis-Imitator und Torero Daredelvis (Pete Willcox, „Auf die Bäume, ihr Affen!“), der die Jungs mit „Schlangensaft“ versorgt, den diese natürlich gern verköstigen und abgefahrene Western-Visionen bekommen. Der ständig wiederkehrende Cowboy stellt sich ihnen als Witherspoon vor und gesellt sich zu ihnen, eigenartigerweise sehen ihn dann beide... Zudem ist „Dudes“ ein der wenigen Filme, in denen sich die „Helden“ aus der Punkszene rekrutieren und nur bedingt als Steigbügelhalter für flache Witze herhalten müssen. Hat man Jon Cryer erst über die Sitcom „Two and a Half Men“ kennengelernt, wo er meines Erachtens der beste Schauspieler des Ensembles und regelrecht über sich hinausgewachsen ist, ist es im Übrigen ein großer Spaß, ihn als Jüngling in eben dieser Rolle zu beobachten. Unbedingt in die Waagschale zu werfen ist auch der Soundtrack, der neben dem „The Vandals“-Song auch diverse Rock- und zeitgenössische Metal-Stücke wie die gelungene „Rose Tattoo“-Coverversion „Rock’n’Roll Outlaw“ von „Keel“ zu bieten hat. All dies trägt dazu, dass „Dudes“ trotz seiner fragwürdigen Genre-Mixtur und ebensolchen Humors über die volle Distanz interessant bleibt und unterm Strich bessere Unterhaltung bietet, als zunächst befürchtet. Einen Bock hat aber die deutsche Synchronisation geschossen, als sie in einem Dialog sogar Songtitel und Namen der „Dead Kennedys“ übersetzt. Schon doof, wenn die musikalische Allgemeinbildung damit bereits überfordert ist... Und über den dämlichen deutschen Titelzusatz „Halt mich fest, die Wüste bebt!“ hüllt man auch besser den Mantel des Schweigens.
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Freitag der 13. VIII – Todesfalle Manhattan

I wanna rip you up in a city that never sleeps...

„Wir mögen Korruption, Drogen und Brutalität – ich liebe diesen Moloch!“

14 Monate, nachdem man Slasher-Ikone Jason Voorhees im siebten Teil der „Freitag der 13.“-Reihe mit der telekinetisch begabten Tina konfrontierte und ihn von ihr in die Schranken weisen ließ, erschien die nächste Fortsetzung, für die man diesmal den beinahe gänzlich unerfahrenen US-Regisseur Rob Hedden („Flucht ohne Wiederkehr“) engagierte, der 1989 gerade einmal einen Kurzfilm und zwei Episoden der TV-Serie „Erben des Fluchs“ vorzuweisen hatte. Auch die beiden Schlitzer-Kollege Freddy Krueger und Michael Myers waren weiter in Serie gegangen, die „Sleepaway Camp“-Reihe bekam ihre erste Fortsetzung und „Chucky – Die Mörderpuppe“ erblickte das Licht der Zelluloid-Welt, ein gewisser Scott Spiegel debütierte mit – na klar! – einem Slasher, nämlich dem berüchtigten Einzelhandels-Overkill „Intruder“ alias „Bloodnight“. Das Subgenre war also weiterhin „alive and rippin‘“, als Jason erstmals komplett sein Backwood-Umfeld verlassen durfte, denn man schickte ihn in die Großstadt, genauer: nach New York.

In der Nacht, bevor eine Schulklasse mit dem Ausflugskreuzer „Lazarus“ vom Crystal Lake Richtung New York schippern und ihren Abschluss feiern will, befinden sich bereits Jim (Todd Caldecott, „Fear – Wenn Liebe Angst macht“) und seine Freundin Suzi (Tiffany Paulsen, „Die Braut die sie nicht traut“) auf dem schicksalhaften See, die auf einem kleinen Schiff eine Liebesnacht miteinander verbringen wollen. Jim erzählt seiner Lady die Geschichte von Jason und erschreckt sie mit einer Eishockey-Maske. Was sie nicht wissen: Ihr Anker hat eine Stromleitung gekappt und die Energie Jason aus seinem feuchten Grab am Grund des Sees befreit. So gelangt dieser an Bord, stattet sich dort mit Waffen und der Maske aus und entledigt sich der turtelnden Passagiere. Am nächsten Tag legt die Lazarus ohne die beiden ab, dafür befinden sich u.a. Problemmädchen Rennie (Jensen Daggett, „Opposite Sex - Der kleine Unterschied“), Nichte des Lehrers (Peter Mark Richman, „Die nackte Kanone 2½“), und Problemjunge Sean (Scott Reeves, „Das bucklige Schlitzohr“), Sohn des Kapitäns (Warren Munson, „Fürs Vaterland zu sterben“), an Bord – und bald auch Jason, der auf seine Weise mitfeiert...

„Es ist doch nur eine Legende!“

Manch Kritiker, Slasher-Muffel und Originalitätsfanatiker behauptet ja gern einmal, die „Freitag der 13.“-Reihe würde sich ständig wiederholen und innovativarm wie eine „Modern Talking“-CD sein, hätte erst mit dem diesem achten Teil mit seiner Abkehr vom Backwood-Sujet überhaupt den Willen zur Weiterentwicklung erkennen lassen. Doch stimmt das? Natürlich nicht, wagt man einen etwas genaueren Blick auf die einzelnen Beiträge: Nach dem genialen Whodunit?-Slasher um Pamela Voorhees, der den Grundstein legte, erwies es sich in Teil 2 als äußerst cleverer Schachzug, Jason höchstpersönlich auf die Hatz zu schicken, nachdem doch schon so viel über ihn geredet wurde. Zudem handelt es sich bei seinen ersten Auftritten als Mörder um die erste Fortsetzung eines Slashers überhaupt, einen Prototypen also. Der dritte Teil machte aus ihm schließlich die Genre-Ikone, die er noch heute ist, indem er ihm sein charakteristisches Äußeres verpasste – ein neues Classic Monster war geboren! Erstmals von Anfang in seinem nun kompletten Outfit trat Jason im vierten Teil auf, der noch eine weitere Besonderheit zu bieten hatte: Jason starb am Ende. Die Innovation des fünften Teils, nämlich einen „Freitag der 13.“ ganz ohne Jason zu präsentieren, ging zwar in die Hose, bedeutete aber auch eine radikale Änderung des Konzepts. Teil 6 machte aus unserem liebsten Muttersöhnchen einen waschechten und quasi unzerstörbaren Zombie und in Teil 7 sah er sich erstmals selbst übernatürlichen Kräften ausgesetzt, als die bereits eingangs erwähnte telekinetisch veranlagte Tina gegen ihn antrat – von Unwillen zu Neuerungen und Änderungen kann also keine Rede sein. Der bisher entscheidendste Schritt Richtung Neuland war aber zweifelsohne die Idee, dass Jason „mal rauskommt“ und er in urbanem Ambiente wüten darf.

„Wandelnde tote Körper sind niemals real!“

Um das Ganze halbwegs glaubwürdig und stimmig herzuleiten, findet sich Jason jedoch zunächst eben auf der Lazarus ein, nachdem der Film mit schönen Nachtaufnahmen New Yorks und einem Sprecher aus dem Off begann, während eine Mainstream-Rock-Nummer für ’80er-Jahre-Stimmung sorgte. Geradezu beiläufig wird ein Überfall in einer verqualmten Seitengasse gezeigt, der dazu beiträgt, New York als gefährlichen Moloch mit hoher Kriminalitätsrate zu charakterisieren. Man bekommt einen Imbiss zu sehen, eine U-Bahn, Drogenkonsum – und die über allem skeptisch thronende Freiheitsstatue, bevor es erst einmal wieder zum Crystal Lake geht, wo Jim und Suzie die ersten Todesopfer werden. Jims Schauergeschichte über Jason, mit der er seine Freundin verängstigt, wird zum Anlass für eine Rückblende genommen, in der man erstmals den jungen Jason beim Ertrinken zu Gesicht bekommt – überraschenderweise sah er ganz normal aus. Der große, untote Jason indes lässt seinem Sadismus freien Lauf, als er die beiden ungewöhnlich lange zappeln lässt. Soweit der Prolog, es folgt der Versuch einer groben Inhaltsübersicht (wie bis jetzt in fast all meinen Kritiken zur Reihe, insofern gilt auch hier höchste Spoilergefahr!):

„Die Schule ist aus!“

Auf der Lazarus gibt es schon vor Jasons Auftauchen Probleme: Streit mit dem Lehrer, Generationskonflikt zwischen dem Käpt’n und seinem Sohn Sean, der keine Lust hat, in die Fußstapfen seines Vaters zu treten und die problembehaftete Rennie, die wiederkehrende Visionen Jasons hat, sich vor Wasser fürchtet und ein unverarbeitetes Trauma mit sich herumzuschleppen scheint – eine Idee, die man aus dem vorausgegangenen Teil übernommen hat. Doch natürlich gibt es auch die üblichen Teenies, und diese machen Party, tanzen, spielen wie Metal-Braut J.J. (Saffron Henderson, „Die Fliege II“) E-Gitarre oder filmen alles Mögliche wie der angehende Kameramann Wayne (Martin Cummins, „Omen IV: Das Erwachen“). J.J. will den Klang ihrer Gitarre im Maschinenraum genießen, doch Jason platzt herein und beendet das Privatkonzert jäh. Ein paar Jungs frönen dem Boxsport und werden von zwei Mädels beobachtet, wollen koksen, während Rennie ihren Hund Tobi sucht. Auf sie hat es Koksmädel Tamara (Sharlene Martin, „Reine Glückssache“) abgesehen, weil Rennies Onkel, der Lehrer, in pädagogischem Eifer es wagte, sie auf ihre Versäumnisse anzusprechen. Nachdem Jason dem Verlierer des Boxkampfs in der Sauna eingeheizt hat, stößt die Kokserin die arme Rennie ins Wasser, wo sie sich vorstellt, dass der kleine Jason an ihrem Bein zerrt. Endlich kommt der obligatorische Mahner ins Spiel, diesmal Teil des Schiffspersonals: „Er ist zurückgekommen und er wird euch alle töten!“

Rennies Visionen werden derweil immer schlimmer; nun glaubt sie schon, der kleine Jason würde sie würgen. Tamara hat sich die Biologiearbeit, die der Lehrer ständig von ihr fordert und ihr deshalb mit Sanktionen droht, auf ihren Körper gemalt und versucht, ihn zu verführen, während Wayne alles heimlich mitschneidet, damit Tamara den Lehrer erpressen kann. Weshalb Wayne da überhaupt mitmacht? Ist doch klar, er ist scharf auf Tamara! Scharf ist auch die Spiegelscherbe, mit der Jason Tamara ersticht. Auch Kapitän und Co-Kapitän müssen dran glauben und als Sean die Toten entdeckt, gibt er Alarm, trommelt alle zusammen und übernimmt das Ruder bzw. Steuer. Jason ist nun hinter Tamaras Freundin her, die in den leeren Discoraum läuft und dort erwürgt wird. Wayne verliert seine Brille und erschießt aus Versehen einen Unschuldigen, erblickt Jason durch seine Kamera (sehr stilvoll!) und wird in die Elektronik geschleudert, wo er verbrennt. Einen der letzten, „Quotenneger“ Julius (Vincent Craig Dupree, „Martial Law“), holt Jason vom Fahnenmast und schleudert ihn über Bord. Inzwischen wird man wieder Zeuge der Auswirkungen von Jasons Aktivitäten auf das Wetter: Das genretypische Unwetter tobt, ein Blitz schlägt in den Schiffsmast ein. Rennie wird weiter von Visionen geplagt, doch plötzlich lugt der echte Jason durchs Bullauge, dem sie wehrhaft ins Auge sticht. Der dann eben doch gar nicht so paranoide Mahner erliegt einer Axt im Rücken. Schließlich können sich die verbliebenen Fünf sowie der aus dem Wasser lebendig wieder auftauchende Julius und sogar Hund Tobi aufs Rettungsboot, äh, retten und legen nach ziemlich genau einer Stunde Laufzeit des Films in New York an – Jason ebenso...

„Da ist ein Wahnsinniger, der uns alle töten will!“ – „Willkommen in New York!“

Bis hierhin bot „Freitag der 13. VIII – Todesfalle Manhattan“ vor allem eines: Action! Das Tempo ist hoch, ständig passiert etwas, der Film scheint bis zum Rand vollgepackt zu sein, denn: Wenn man so will, handelt es sich um zwei Filme in einem – Jason auf dem Schiff und Jason in Manhattan, beide mit eigener Handlung, eigenem Showdown und vielen Kills. Die Szenen auf der Lazarus wirkten arg komprimiert, was jedoch wiederum zum begrenzten Raum eines aus der Klassenkasse bezahlten Ausflugsdampfers passt. Auch in New York bleibt nicht viel Zeit zum Durchatmen, denn unsere Freunde (?) werden direkt Opfer eines Überfalls, Rennie gar entführt. Gangster Julio (oder so) spritzt ihr Drogen und will sie vergewaltigen, doch Jason erweist sich als Retter in der Not, durchbohrt in mit der Spritze und erwehrt sich auch des auf ihn schießenden weiteren Gangsters. Als Julius in einer Telefonzelle die Polizei rufen will, unterbricht Jason ihn. Julius liefert sich schließlich einen Boxkampf (!) gegen Jason bis zur Erschöpfung – Jason aber schlägt nur einmal zu und ihm damit die Rübe vom Kopf. Unter Drogeneinfluss stehend, trifft Rennie Sean wieder, Jason greift sich Polizisten, doch Rennie überfährt ihn mit dem Polizeiauto. Weiter erleidet sie ihre Jason-Visionen, diesmal sieht er auch darin wirklich übel aus. Ihr gespaltenes Verhältnis zu ihrem Onkel beleuchtet nun eine Rückblende, die sie als Kind mit ihm in einem Boot auf dem Crystal Lake zeigt. Pädagogisch fragwürdig wollte er ihr Schwimmen beibringen, indem er ihr Schauergeschichten von Jason erzählte und sie ins Wasser stieß – wo ihr jedoch der entstellte kleine Jason begegnete. Die Strafe folgt nun, x Jahre später, denn Jason stopft ihn in eine offen herumstehende Gifttonne nukleargrünen Inhalts (normaler New Yorker Hausmüll?). Als Rennie und Sean sich endlich näher kommen wollen, stört Jason wieder. Sie fliehen in die U-Bahn, doch Jason fährt mit, die Notbremse wird betätigt, Sean stößt Jason auf die Stromschiene. Nachdem man ihnen auch in einem Bistro nicht helfen kann, fliehen sie in die Kanalisation, wo sie auf einen Arbeiter treffen, der zu berichten weiß, dass der Abwasserkanal gleich geflutet würde. Jason erschlägt den Mann, was die Schatten und das spritzende Blut unschwer erkennen lassen. Schließlich bekommt Jason Säure ins Gesicht, was Anlass für die sich im Gegensatz zu Kollege Myers beispielsweise durch die Reihe ziehende Demaskierung ist, die wieder einmal geschickte Make-up-Arbeit offenbart. Die Überflutung reißt Jason schließlich mit, der unter Flammen im Wasser zerfällt und am Schluss noch einmal seine kindliche Form annimmt. Man schließt, wie man begann: Mit der hörenswerten Pop-Rock-Nummer „The Darkest Side of the Night“...

Wow, was für ein Trip! Kein Film der Reihe war bisher derart reich an Action und an positivem, buntem, comichaftem ’80er-Jahre-Kolorit, dazu gespickt mit wirklich einmal feinem Humor: Unvergessen die Momente, als Jason offenbar verwundert ein überlebensgroßes Abbild seiner Maske am Eishockey-Stadion erblickt oder er Hip-Hop-hörenden Jugendlichen den Ghettoblaster wegtritt und sie verscheucht, indem er kurz seine Maske hebt. Grob, aber wirksam wird ein New Yorker Klischee nach dem anderen abgespult, Kriminalität und Gleichgültigkeit, wohin man blickt, und mittendrin ein erneut vom bulligen Kane Hodder beeindruckend gespielter Jason, über den sich niemand groß zu wundern scheint. Einige Subgenre-Konventionen werden im wahrsten Sinne des Wortes über Bord geworfen, bei anderen jeweils eine Schippe draufgepackt: Koksen statt kiffen, den Lehrer verführen statt mit Gleichaltrigen bumsen usw. Zu all dem passt auch, dass erstmals Fred Mollin anstelle Harry Manfredinis für die musikalische Untermalung zuständig ist, der verstärkt auf Synthesizerklänge setzt. Dabei hat man nie die Wurzeln der Reihe außer Acht gelassen und immer wieder die klassische Mythologie um den als Kind ertrunkenen Jason eingewoben. Dass die durchaus originellen Tötungsszenen wieder einmal fürs R-Rating entschärft werden mussten, fällt hier weit weniger negativ ins Gewicht als im vorausgegangenen siebten Teil und in Sachen Spezialeffekte muss sich Jasons Stadtexkursion auch vor keinem anderen Film der Reihe verstecken. Auf der Strecke bleiben bei all dem Treiben allerdings der Oldschool-Gruselfaktor und natürlich die Camp-Atmosphäre, die hier logischerweise nicht mehr vorhanden ist. Ungeklärt ist auch, wie genau es Jason nun eigentlich unbemerkt nach New York schaffte und welche Verbindung der Waldsee Crystal Lake mit der Metropole aufweist. Bisweilen übertrieb man es auch mit den Vorstellungen von den Interessen ach so typischer ’80er-Jugendlicher, so dass Charaktere wie die E-Gitarre-spielende J.J. nicht nur fernab jeglicher Realität, sondern auch reichlich albern wirken – wenn auch auf eine irgendwie sympathische Weise, angesichts der nur wenig später eintretenden Hip-Hop- und Techno-Affinität missratener Jugendlicher. Der Showdown schließlich ist einfallsreich und unvorhersehbar, hat nichts mit typischen Slasher-Pointen gemein. Für konservative „Freitag der 13.“-Fans mag all das ein Ärgernis sein, für Freunde auf- und abgedrehten ’80er-Genre-Horrors, die mit „Critters“ und ähnlichen Schoten aufgewachsen sind, ist „Todesfalle Manhattan“ aber ein großer Spaß, der bestimmt nicht überragend, aber zweckdienlich geschauspielert wurde und in einer kleinen Nebenrolle sogar mit Ken Kirzinger, dem Jason-Darsteller aus dem späteren „Freddy vs. Jason“, aufwartet. Für ein Spielfilm-Regiedebüt verdammt ordentlich und es ist unverständlich, dass es Regisseur Heddens einziger Abstecher ins Genre bleiben sollte. Ein ’80s-Popcorn-Party-Horror-Slasher wie aus dem Bilderbuch, mit allen Stärken und Schwächen, die retrospektiv durch die Fanbrille betrachtet zu liebgewonnenem Stil und verklärt zurückgesehnter Ästhetik gereift sind. Ab nach Hause, Schultasche in die Ecke, Turnschuhe aus, Stirnband gerichtet, Anthrax-Platte aufgelegt, Cola mit Strohhalm und fettige Pizza organisiert und nach dem Ende der A-Seite aufs Sofa gefläzt, das Video reingeschoben und Zombie-Jason on the loose genossen – so muss es gewesen sein...
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)
Diese Filme sind züchisch krank!
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