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Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

Verfasst: Mi 3. Dez 2014, 21:44
von buxtebrawler
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Murder Rock
Eine Tanzschule wird von einer seltsamen Mordserie heimgesucht. Der Mörder scheint seine Opfer zunächst kampfunfähig zu machen, um anschließend ohne Widerstand eine lange Nadel durch ihr Herz zu stoßen. Wegen des harten Konkurrenzkampfes, geht Kommissar Borgess (Cosimo Cinieri) zunächst davon aus, daß einer der Künstler der Täter ist. Bei seinen weiteren Ermittlungen wird ihm aber klar, daß hinter den Taten weitaus mehr steckt. Plötzlich behauptet die Lehrerin Candice (Olga Karlatos), in der Schublade ihres neuen Freundes George (Ray Lovelock), eine Hutnadel und etwas Betäubungsmittel entdeckt zu haben...
„Ein Haus voll bösartiger Menschen!“

Nach seinen Fantasy- und Endzeitfilmen „Conquest“ und „Die Schlacht der Centurions“ besann sich der italienische Filemacher Lucio Fulci („Über dem Jenseits“), oftmals zu Unrecht auf seine Splatterfilme reduziert, im Jahre 1984 noch einmal auf das Giallo-Genre, das er in den ‘60ern und ‘70ern erfolgreich bedient hatte. Das Ergebnis ist der ferner von der Tanzfilmwelle à la „Flashdance“ und dem einen oder anderen Slasher, z.B. Fulcis eigenem „Der New York Ripper“, inspirierte „Murder Rock“.

„Wahrscheinlich, weil wir in deinen Augen doch alle nur Nutten sind!“ – „Na und? Ich hab’ doch Recht!“

In Dick Gibsons (Claudio Cassinelli, „Die weiße Göttin der Kannibalen“) New Yorker Tanzschule entbrennt ein Konkurrenzkampf unter den jugendlichen Tänzerinnen, da lediglich drei Teilnehmerinnen des Fortgeschrittenen-Kurses für eine große Show am Broadway gebucht werden sollen. Außerdem hat der nicht nur an den tänzerischen Darbietungen der Mädchen interessierte Gibson die Leitung des Kurses der knallharten Candice Norman (Olga Karlatos, „Woodoo – Die Schreckensinsel der Zombies“) übertragen, was sowohl die bisherige Trainerin Margie (Geretta Geretta, „Riffs III – Die Ratten von Manhattan“) als auch die Tänzerinnen ärgert. Prompt wird eine der talentierten Hupfdohlen, die attraktive Susan (Angela Lemerman), nach dem Training von einem Unbekannten mit Chloroform betäubt und durch einen Stich mit einer Hutnadel ins Herz ermordet – und ist damit nur das erste Opfer einer unheimlichen Mordserie, die eine Tänzerin nach der anderen das Leben kostet. Lieutenant Borges (Cosimo Cinieri, „Der New York Ripper“) versucht, den Täter im Umfeld der Tanzschule ausfindig zu machen, doch die von Alpträumen geplagte Candice entdeckt auf einer Reklametafel das Gesicht desjenigen, der in ihren Träumen hinter ihr her ist. Es gehört dem Schauspieler George Webb (Ray Lovelock, „Invasion der Zombies“), der verstärkt dem Alkohol zuspricht und die eine oder andere Leiche im Keller hat. Dennoch freunden sich beide miteinander an…

„Kriminalität ist oft die verzerrte Form menschlichen Strebens!“

Zu einem furchtbaren ‘80er-Pop-Titelsong gestattet Fulci einen Blick auf das nächtliche Panorama New Yorks, um im Anschluss in einer ziemlich leeren Disco einige Breakdance-Künste in den Mittelpunkt zu rücken. Diese gehen über in eine Massen-Aerobic-Szene in der Tanzschule und während sich der geneigte Zuschauer noch fragt, ob eigentlich noch mehr ‘80er-Overkill zu Beginn ginge, wird die Szene lang ausgewalzt. Kurz nachdem den Tänzerinnen eröffnet wurde, dass lediglich die drei besten von ihnen für die große Revue benötigt werden, stellt Fulci sein inszenatorisches Geschick unter Beweis, wenn er auf den langen Gängen der Umkleidekabinen Susan und ihren Freund Willy (Christian Borromeo, „Tenebrae“) zu flackerndem Licht heimlich knutschen lässt. Auch als Susan duschen geht, flackert das Licht unablässig und dramatisch, als ahne es ihren nun folgenden Tod voraus. Candice erhält im Anschluss Besuch von Dick; beide scheinen einmal so etwas wie eine eheähnliche Beziehung miteinander geführt zu haben, denn sie cremt ohne falsche Scham ihren nackten Körper vor ihm ein und hält ihm vor, auf ihre Schülerinnen zu stehen – jedoch nicht mehr auf Susan, wie er betont –, womit es bereits jetzt mehrere Verdächtige gibt.

Willy ist empört, dass das Training zu nach wie vor schrecklicher Musik weitergeht, als wäre nichts gewesen. In der Tat hält der erschütternde Vorfall die Tänzerin Janice (Carla Buzzanca) auch nicht davon ab, eine sehr selbstzweckhaft gefilmte erotische Tanznummer in einem Nachtclub aufzuführen. Er lauert ihr daraufhin in ihrer Wohnung auf, woraufhin sie erschrickt. Nach einer kurzen Unterredung qualmt die Kippe noch im Aschenbecher, doch Willy ist verschwunden, mit ihm das Bild von ihm und Susan. Das interessiert Janice jedoch nicht lange, denn als das Licht erneut zu flackern beginnt, wird auch sie ermordet. Der Zuschauer wird nun Zeuge einer surrealen Traumsequenz Candice‘, in der sie nur im Nachthemd bekleidet von einem blonden Killer verfolgt wird, welchen sie kurz darauf auf einem Werbeplakat wiedererkennt und sich aus diesem Grund Zutritt zu dessen Hotelzimmer verschafft. Der Mörder ruft unterdessen bei der Polizei an, um seinen nächsten Mord anzukündigen, welche daraufhin Tanzschüler Bert (Robert Gligorov, „Stage Fright“) als dringend Tatverdächtigen verhaftet. Doch natürlich ist er nur ein weiterer Verdächtiger, der sich anscheinend lediglich einen Scherz mit der Polizei erlaubt. Lieutenant Borges kann so gar nicht darauf und verleiht seinem Unmut Ausdruck, indem er den Bengel schlägt.

Candice treibt’s mittlerweile mit ihrem „Traummann“ George Webb, den ein chinesischer Stäbchenzieher wenig sensibel als Mörder bezeichnet und ihn damit prompt wieder zum Hauptverdächtigen Nr. 1 macht. Ein Telefonanruf setzt diesbzgl. gar noch einen drauf, wenngleich die gute Candice just auch psychologisch auffälliges Verhalten an den Tag legte. Diese scheint nun die nächste auf der Liste zu sein, doch bekommt sie es „nur“ mit ihrer Vorgängerin Margie zu tun, die sich als Trittbrettfahrerin der Mordserie dafür rächen wollte, dass sie den Tanzkurs nicht mehr leiten darf, jedoch doch kurz vor Vollendung der Tat einen Rückzieher macht. Fulci-typisch haben nun bereits eine Menge Personen Dreck am Stecken und würde man ihnen alles zutrauen. Eine geschickt geschnittene Mordszene an Jill macht wiederum Dick verdächtig, und schon wieder flackert das Licht und schon wieder muss eine weitere Tänzerin dran glauben... Und schon wieder flackert das Licht, aber, nein, wir befinden uns in keiner Endlosschleife. Candice wird in einen Raum voller Fernseher gesperrt, die Tanzszenen der Toten zeigen. Die nun folgende Wendung werde ich nicht verraten, nur, dass ich sie dann doch nicht unbedingt erahnt hatte. Bei der finalen Auflösung darf das Licht abermals flackern und zum Abspann wird noch einmal kräftig das eine oder andere Tanzbein geschwungen.

Wer möchte, kann „Murder Rock“ („Murder Pop“ wäre passender gewesen) sicherlich als moralischen Abgesang auf die damals um sich greifende und von diversen Mainstream-Filmchen weiter vorangetriebene Popper-Tanz-Klientel, die sich insbesondere durch Oberflächlichkeit, Egozentrik und Karrierismus auszeichnete, verstehen – oder aber schlicht als damals aktuelle Trends aufgreifenden Spät-Giallo, der qualitativ nicht an Fulcis „Der New York Ripper“ heranreicht, jedoch eine ähnlich negative Sicht auf die Bewohner des Big Apple verfolgt. Fast jeder benimmt sich, als würde er sich absichtlich verdächtig machen wollen und einer tut es dann ja sogar wirklich. Jedoch hat „Murder Rock“ auch in Bezug auf visuelle Härte nicht viel mit dem „Ripper“ gemein, gehen die Morde doch quasi klinisch sauber und blutarm vonstatten, womit sie wiederum perfekt mit dem ungemütlich unterkühlten Look des Films korrespondieren. Die akustische Härte indes ist der Soundtrack von niemand Geringerem als Keith Emerson, die sich anhört, als wolle Emerson, der seinerzeit solch kongeniale Arbeit für Argentos „Inferno“ ablieferte, Fulci vorsätzlich mit scheußlicher Musik einen Streich spielen. Zugegeben, ungefähr nach zwei Dritteln wird es erträglicher, jedoch nur, um anschließend erneut abzuflachen. Weitaus weniger flach sind die Schauspielerinnen, zumindest körperlich, so ist der angesichts der Thematik nicht ganz von Ungefähr kommende Sleazegehalt in einem durchaus angenehmen Ausmaß vorhanden – ohne dass man es übertreiben würde. Aber auch schauspielerisch ist vieles im grünen Bereich, sorgen verdiente Italo-Mimen für passables Genre-Niveau. Einen Hingucker wert sind auch die Szenenausleuchtungen auf der Höhe des Neon-Jahrzehnts, die sich mit Fulcis Kamera-Dynamik und Gesichts-Zooms interessant kombinieren. Für einen Giallo eher untypisch ist das Fehlen einer klar als solche definierten Hauptrolle, dafür bekommt man eine extra hohe Anzahl an Finten geboten und dank der zwar genretypisch kuriosen und über-, jedoch nicht hoffnungslos an den Haaren herbeigezogenen Auflösung macht das Miträtseln sogar Spaß. Dass das Drehbuch dafür jedoch bisweilen arg konstruiert scheint und im Umgang mit seinen Charakteren wenig behände an der Nase herumführt, steht jedoch auf einem anderen Blatt; von der Leichtfüßigkeit wirklich guter Gialli ist „Murder Rock“ trotz gekonnter Tanz-Choreographien ebenso weit entfernt wie von einer anmutigen Gesamtästhetik.

Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

Verfasst: Fr 5. Dez 2014, 14:03
von buxtebrawler
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When Alice Broke the Mirror
Gigolo Lester Parson (Brett Halsey) hat leichtes Spiel mit alleinstehenden Frauen. Der Charmeur wickelt ständig wohlbetuchte Damen um den Finger, um sie dann in Ruhe auszunehmen. Wenn kein Cent mehr zu holen ist, werden diese aus dem Weg geräumt und dabei ist dem Psychopathen jedes Mittel recht. Ein großes Problem stellt seine Spielsucht dar, die für wiederkehrende finanzielle Engpässe sorgt. Gegenwärtig hat Lester hohe Schulden aber zufällig die reiche Virginia (Zora Kerova) am Haken. Noch ahnt er aber nicht, daß Virginia über sein mörderisches Treiben Bescheid weiß.
„Ihr habt auch ein Recht auf euren Teil!“

Gegen Ende seiner Karriere drehte der italienische Filmemacher Lucio Fulci im Jahre 1988 mit dem Horrorfilm „When Alice Broke the Mirror“ noch einmal einen Film mit erhöhtem Splatteranteil, der nicht viel mit den unsäglichen Billigheimern gemein hat, die Fulci im selben Zeitraum für das italienische Fernsehen drehen sollte.

Lester Parson (Brett Halsey, „Die Rache des Ungeheuers“) hat seine Spiel- und Wettsucht nicht im Griff, die ihn in den Ruin zu treiben droht. Um der Pleite entgegenzusteuern, bändelt er per Videokontaktanzeigen mit alleinstehenden Frauen an, die er ausnimmt und anschließend umbringt. Doch sein psychischer Zustand wird immer desolater, die Pannen nehmen zu und schließlich gerät er an die Falsche…

Es ertönt die Radioübertragung eines Pferderennens. Lester macht es sich zum Essen bequem und verzehrt ein großes Steak. Als die Kamera ihm schließlich in den Keller folgt, wird ersichtlich, dass er es offenbar aus dem Oberschenkel einer weiblichen Leiche geschnitten hatte – einer Leiche, die er nun genüsslich mit einer Kettensäge zerlegt und sich dabei an klassischer Musik ergötzt. Die Leichenteile dreht er durch den Fleischwolf und wirft sie den Schweinen vor. Soweit zur ersten Charakterisierung Lesters als spielsüchtigem Psychopathen. Während die Polizei die Leiche identifiziert, redet er mit einem Kassettenrekorder, bevor er neue bizarre Kontaktanzeigen konsultiert und sich eine nicht unbedingt gängigen Schönheitsidealen entsprechende Dame ins Haus holt. Er verabreicht ihr schließlich Gift, erschlägt sie brutal und packt ihren Kopf in den Ofen, wo er zerfließt. Ja, Fulci holt für „When Alice Broke the Mirror“ noch einmal die Splatterkeule raus, bevorzugt dabei jedoch ein nicht sonderlich hysterisches Erzähltempo und fokussiert sich primär auf die Hauptrolle und ihre offenbar labile Psyche. So wird der Film aus Lesters Sicht erzählt, was bedeutet, dass der Zuschauer genauso wenig (oder noch weniger) als er zu unterscheiden weiß, was real ist und was sich lediglich in seinem Hirn abspielt. So führen Lesters eigenartige Gespräche mit einem Alter Ego und das Auftauchen eines Doppelgängers ein Stück weit ins Surreale, wird die strenge Logik von Lesters Gewalttaten nach und nach unterwandert und kontrastiert. Als ihn ein Berber dabei beobachtet, wie er die Leiche seines jüngsten Opfers verschwinden lässt, macht Lester kurzen Prozess und überfährt ihn mit seinem Auto. Dabei hat er leichtes Spiel, denn aus welchem Grund auch immer läuft das Opfer auf gerader Straße vor ihm weg, statt in den angrenzenden Wald abzubiegen. Doch in den Fernsehnachrichten heißt es im Anschluss, dass die Leiche gefunden worden wäre und der Berber ausgesagt hätte – was ist hier Realität?

Lester hat keine Zeit, sich allzu lange damit auseinanderzusetzen: Geld muss ran und damit eine neue Frau. Er lernt die titelgebende Sängerin Alice (Ria De Simone, „Flotte Teens jetzt ohne Jeans“) kennen, die zwar permanent singt, mit ihrem hohen C jedoch keinen Spiegel zum Zerbersten bringt. Zunächst schlagen sich beide noch aus Spaß gegenseitig, doch schließlich erdrosselt Lester sie, schnallt ihre Leiche auf den Beifahrersitz und gerät prompt in eine Polizeikontrolle. Szenen wie diese sind bestimmt von einem bösen schwarzen Humor, den manch Zuschauer als zynisch auffassen könnte, der letztlich dem Film jedoch eher etwas seiner Härte beraubt, andererseits die Absurdität des Gezeigten, insbesondere der kruden Vorgehensweise Lesters, unterstreicht. Nachdem er erneut beim Pokern verliert, telefoniert er gar mit seinem „Doppelgänger“, gleitet immer weiter in die Schizophrenie ab. Die Spaltung seiner Persönlichkeit vollzieht sich letztlich im Verschwinden seines Schattens, nachdem er die nächste Frau, Virginia (Zora Kerova, „Man-Eater“) ihr Name, kennengelernt hat. In der „Tagesschau“ taucht zu allem Überfluss auch noch ein (unglaublich schlechtes) Phantombild von ihm auf, bevor Fulci im Finale die Idee mit dem Schatten weiter ausbaut, indem er ihn zu Lester sprechen lässt. Ein interessanter Kniff, der einen gemessen an Fulcis Großtaten eher durchschnittlichen, etwas uninspiriert wirkenden Film besiegelt, der jedoch in Fulcis durchwachsenem Spätwerk durchaus noch positiv auffällt und mit Brett Halsey den chargierenden Damen einen passablen Schauspieler gegenüberstellt.

Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

Verfasst: Fr 5. Dez 2014, 15:53
von buxtebrawler
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Das lüsterne Quartett

„Es sieht aus wie in einem italienischen Film!“

US-Regisseur Radley Metzger („Carmen, Baby“), der sich in den 1970ern mit seinen unter dem Pseudonym Henry Paris gedrehten, mehr oder weniger künstlerisch ambitionierten Pornofilmen einen Namen machte, drehte im Jahre 1970 mit „Das lüsterne Quartett“ einen Mystery-„Arthaus“-Erotikfilm; einer Zeit also, in der man mit der Zurschaustellung nackter Haut in sexuellem Kontext noch problemlos Skandale und Skandälchen erzeugen konnte. Wirkliche Grenzen sprengt(e) sein Film jedoch nicht.

Ein gelangweiltes, dekadentes Ehepaar (Frank Wolff, „Leichen pflastern seinen Weg“ und Erika Remberg, „Der rote Schatten“) bewohnt mit seinem erwachsenen Sohn (Paolo Turco, „Der Tod trägt schwarzes Leder“) ein herrschaftliches Schloss, wo es sich eines Tages zu dritt einen in Schwarzweiß gedrehten Schmalspur-Pornofilm ansieht. Während die Eltern vom Gezeigten recht angetan scheinen, kann der Sohn die Begeisterung nicht teilen. Zerstreuung sucht man schließlich gemeinsam auf dem Jahrmarkt, wo man sich u.a. eine Motorrad-Stunt-Show anschaut. Als sich eines der Mitglieder der Gruppe (Silvana Venturelli, „Barbarella“) nicht nur als weiblichen entpuppt, sondern einer der Hauptdarstellerin des Pornos zum Verwechseln ähnlich sieht, entscheidet der Vater, sie mit der Aussicht auf eine Party auf das Schloss zu locken und sie dort mit dem Film zu konfrontieren. Sie willigt ein, doch plötzlich ist der Film kaum wiederzuerkennen: Verdeckte Gesichter und scheinbar andere Darsteller, keine Spur mehr von der Motorradfahrerin. Diese lacht sich ins Fäustchen und verführt ein Familienmitglied nach dem anderen…

Der Prolog des „lüsternen Quartetts“ besteht aus der Vorführung des naturgemäß antiquiert statt aufreizend wirkenden Schwarzweiß-Pornos im Familienkreise, altklug kommentiert vom Vater. Die Motorrad-Stunt-Show wird in aller Ausgiebigkeit gezeigt, bevor die eigentliche Handlung in Gang kommt. Nachdem man die Dame aufs Schloss gelockt hat, führt der Sohn ihr erst einmal einige Zaubertricks auf und schwafelt irgendetwas von einer „heiligen Erscheinung“. Aus meinem Gefühlsbad aus peinlicher Berührtheit und gelangweilter Ungeduld reißen mich mitunter die immer wieder auftauchenden Zwischenschnitte aus dem Schwarzweißfilm, die das Interesse aufrechterhalten, bis der Film (der eigentliche, nicht der Film im Film) plötzlich selbst schwarzweiß und zurückgespult wird. Leider erweist sich dieser formvollendete Ausflug in die Surrealität als ebenso selbstzweckhaft und letztlich bedeutungslos wie die Kitschromanen entsprungen sein könnenden Kulissen des Schlosses von Balsorano („Scarletto – Schloss des Blutes“) in den Abruzzen. Die Randale des Vaters und der Fahrerin in der unwirklich wirkenden Bücherei lassen das Herz eines jeden Archivars, Antiquars oder Bibliothekars bluten. Die lächerliche Handlung und das Schneckentempo des Films laden zum Vorspulen ein.

Doch siehe da: Nach 45 Minuten wird der Erotikfilm erstmals erotisch und mündet darin, dass die beiden Sex miteinander in der Bibliothek haben. Wunderbar ausgefallen dabei der Fußbodenbelag, der aus Lexikonauszügen zu Begriffen aus der Sexualität besteht. Der Weg zur nächsten Erotikszene führt über eine großangelegte Kitschattacke, wenn der Sohn mit dem weiblichen Gast über eine grüne Wiese tanzt. Entschädigt wird der Zuschauer mit einem wahrlich ästhetischen, prickelnden Liebesspiel beider unter freiem Himmel zu zunächst fast völliger Stille, während der lediglich die Naturgeräusche erklingen. Derweil wird die Kennenlerngeschichte der Eheleute aufgerollt, eifersüchtig reagiert die Mutter auf die Stuntfrau, die immerhin just Sex mit ihrem Mann hatte. Metzger arbeitet weiter mit zahlreichen Zwischenschnitten, der Schwarzweißporno und die eigentliche Handlung verschmelzen miteinander. Schließlich ist natürlich noch die Mutter an der Reihe, die nun ebenfalls mit der Fremden herummachen darf. (Achtung, Spoiler!) Gegen Ende kommt heraus, dass der Junge als kleines Kind seine Eltern beim Fellatio überraschte und sein Vater anscheinend einmal einen Angreifer erschossen hat. Im Epilog führt Sohnemann zwei anderen Mädels selbst den Schwarzweißporno vor und die Dialoge aus dem Prolog wiederholen sich.

Irgendwie anstrengend war er, dieser auf bedeutungsschwanger gebürstete Style-over-Substance-Film mit seinen gestelzten, unnatürlichen Dialogen, der zu oft eher künstlich denn künstlerisch und damit alles andere als emotional-sinnlich wirkt und von dem ich lediglich erahnen kann, dass er auf komplizierte, klausulierte Weise etwas über unverarbeitete Traumata und geheime Wünsche und Sehnsüchte erzählen will. Zuweilen erinnerte „Das lüsterne Quartett“ an Pier Paolo Pasolinis „Teorema“ bzw. an das, was ich über den Film, an den ich mich noch nicht herangetraut habe, gelesen habe. Einmal ganz davon abgesehen, dass ich die Verortung der ersten Erotikszene eines Erotikstreifens auf Minute 45 für sehr gewagt halte, bleiben die namenlosen Familiencharaktere durchweg unsympathisch und der wohlgemerkt sehr attraktive Gast diffus, ungreifbar und anonym, was den Zuschauer in die Rolle des teilnahmslosen Beobachters drängt. Wundervolle Bildästhetik und originelle Ideen wechseln sich ab mit Prätentiösem und Kitschigem, wovon vieles sicherlich Geschmackssache ist. Meiner wurde nicht sonderlich getroffen.

Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

Verfasst: Mo 8. Dez 2014, 17:50
von buxtebrawler
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Schulmädchen-Report - Was Eltern nicht für möglich halten
Ihre Verweisung von der Schule wird zum Diskussionsthema für den Elternbeirat, der sich zum Schluß zur Forderung nach sexueller Freiheit auch für Minderjährige durchringt...
„Das sind wir – die Jugend von heute!“

Produzent Wolf C. Hartwig erkannte 1970 die Zeichen der Zeit, die da waren: Aufbegehrende Studenten (die sog. ‘68er), die sexuelle Revolution, die sich nicht nur in Form der Anti-Baby-Pille zum Ausdruck brachte, sondern in immer lauter werdenden Forderungen nach persönlicher Freiheit, was auch das Ausbrechen aus klassischen Geschlechterrollen bedeutete, ein Streben nach Gleichberechtigung von Mann und Frau und die Emanzipation der Sexualität. Während sich die deutsche Gesellschaft noch unentschlossen damit auseinanderzusetzen begann, wurde das Kinopublikum mit Aufklärungsfilmen à la Oswalt Kolle konfrontiert, mit halbdokumentarischen, frechen, als Vorläufer der Report-Filme betrachtet werden könnenden schwedischen Erzeugnissen wie Vilgot Sjömans „Ich bin neugierig gelb/blau“ sowie immer offensiver bzw. im Umgang mit Nacktheit offener und unverkrampfter umgehenden Erotikfilmen, die die Sexualität zunehmend in den Mittelpunkt rückten. Viele dieser Filme erzeugten kleinere und größere Skandale, avancierten nicht selten trotzdem oder gerade deshalb zu wahren Kassenschlagern. Innerhalb dieses gesellschaftlichen Klimas und der zeitgenössischen Filmlandschaft ließ sich Hartwig zudem vom titelgebenden „Schulmädchen-Report“ des Psychologen Günther Hunold inspirieren, einem 1969 erschienenen Buch nach Vorbild anderer Reports à la Kinsey, das Interviews mit jungen Frauen enthält, die offen aus ihrem Sexualleben berichten. Wissenschaftlichen Ansprüchen hält das Buch nicht Stand, allein schon, weil es keine Auskunft über seinen Repräsentativitätsfaktor gibt. Hartwig erwarb die Rechte am Buch, ließ Günther Heller ein Drehbuch daraus konstruieren, das der im Erotikbereich bereits erfahrene Wiener Regisseur Ernst Hofbauer („Heißes Pflaster Köln“) schließlich verfilmte – der „Schulmädchen-Report“ als Kinofilm und damit der Beginn einer der langlebigsten Erotikfilmreihen überhaupt war geboren.

„Die Wahrheit hört keiner gern!“

Zur fröhlichen Titelmelodie Gert Wildens ertönen selbstbewusste Protest-Aussagen und kesse Sprüche einer weiblichen, jugendlichen Stimme aus dem Off, die das Selbstverständnis der aufbegehrenden jungen Generation zum Ausdruck bringen sollen, bevor eine Reporterstimme die vermeintliche Seriosität des Films betont. Nach dem Vorspann beginnt die Rahmenhandlung: Eine Schulklasse befindet sich auf Exkursion ins Kraftwerk. Am Ziel angekommen, setzt sich Renate ab und treibt’s mit dem Busfahrer, wobei sie in flagranti von der Lehrerin erwischt wird. Sie muss zum Rapport beim Direx, welcher im zwölfköpfigen Elternrat einen Antrag auf Schulverweis der Schülerin stellt. Doch der anwesende Psychologe Dr. Bernauer (Günther Kieslich, „Prositution heute“) bricht eine Lanze für die Jugend und berichtet von seinen Befragungen Jugendlicher – der Startschuss für die fortan in einzelne Spielfilmepisoden aufgeteilte Handlung.

„Rechtzeitig den Hintern voll – das ist die beste Psychologie!“

So erzählte ihm eine 15-Jährige von ihrem Verhältnis mit ihrem Stiefvater. Dieser habe sie als 12-jährige (!) defloriert, aber sie habe ihn dazu verführt (!!). Zwei 16-jährige gehen zur Beichte, eine von ihnen berichtet dem Pfarrer von Sex mit einem älteren Mann und will ihn dadurch aufreizen. Und dann ist da noch die 17-jährige Susi (Lisa Fitz in ihrem Spielfilmdebüt), die ihren Nachhilfelehrer verführt. Die Episoden werden unterbrochen von einem Reporter (Friedrich von Thun, „Tante Frieda – Neue Lausbubengeschichten“), der auf offener Straße Mädchen zum Thema Petting etc. befragt und ihm die meisten bereitwillig antworten. In der anschließenden Episode probieren zwei Freundinnen Klamotten an. Am familiären Esstisch dreht der Patriarch feil. Die Tochter liegt nachts wach, denkt an kopulierende Pferde (!) und macht es sich selbst, wobei sie von ihrer Mutter ertappt wird, die ihr eine Standpauke hält. Der Psychologe kommentiert die Geschehnisse aus dem Off. Zurück auf der Straße führt der Reporter eine Befragung zum Thema Masturbation durch und zitiert in diesem Zusammenhang interessanterweise Ingmar Bergmans „Skandalfilm“ „Das Schweigen“. Wir lernen die 18-jährige Michelle kennen, die sich 13-jährig von einem fünf Jahre älteren Jungen hat entjungfern lassen. Im Schwimmbad befinden sich drei Mädchen, einen von ihnen hadert mit ihrem verhauenen Aufsatz und bezeichnet ihre Lehrerin als „Schwuchtel“ (?). Sie sind scharf auf den Bademeister und entblößen ihre Brüste, woraufhin dieser sie ausschimpft. Doch der Rothaarigen gelingt es, ihn zu überreden, das Trio nachts noch einmal allein ins Schwimmbad zu lassen. Dort gehen sie Nacktbaden. Eines der Mädchen hat genug und verdünnisiert sich, die übrigen beiden machen mit dem Bademeister rum. Nun hat die Rothaarige Angst, schwanger zu sein und will die Mutter den Bademeister bestrafen. Dieser wird tatsächlich verurteilt. Anlass für den Reporter, zu diesem Fall eine weitere Befragung durchzuführen.

„Man kommt nicht über die Liebe zum Sex, sondern über den Sex zur Liebe!“

Die nun folgende Episode ist komödiantisch angelegt. Zwei Mädchen verabreden sich mit zwei Jungen zum ersten Sex auf einer Baustelle. Dort kommt es zu peinlichen Pannen. Eine weitere Befragung hat Sex ohne Liebe und vor der Ehe zum Inhalt. Marlene steht im Mittelpunkt der nächsten Episode, denn sie bleibt nach dem Sportunterricht länger und macht mit ihrem Lehrer rum. Auf der Straße will der Reporter Information zum jeweils ersten Sex, über den sich anschließend zwei Mädchen unterhalten. Die eine berichtet von einer Beinahe-Vergewaltigung durch den Vater einer Freundin, konstatiert aber: „Ich glaub‘ übrigens, dass kein Mann eine Frau vergewaltigen kann, wenn sie nicht irgendwie trotzdem will!“ Es folgt die obligatorische Lesbennummer, als sie davon berichtet, nach ihrem Umzug eine neue Freundin beim Ballett kennengelernt zu haben – es wird sogar ein Dreier. Weiterhin kommt ihr erstes Mal mit einem Jungen zur Sprache, natürlich alles hübsch in Erotik- bzw. Softporno-Szenen visualisiert. Ihr erster Orgasmus, den sie beim Masturbieren mit einem Plüschelefanten erlebte, wird jedoch lediglich kurz angedeutet. Sie schließt mit Aussagen zu ihrem aktuellen Freund. Zurück beim Elternrat hält Dr. Bernauer sein Schlussplädoyer und erwirkt ein Umstimmen, Renate darf auf der Schule bleiben.

„Man will ja schließlich nicht für altmodisch gehalten werden!“

Das musste ja so kommen: Nachdem diverse sich progressiv mit dem Thema Sexualität auseinandersetzende Filme im Dokumentarstil aufgrund ihrer Skandalwirkung ein breites neugieriges Publikum erreicht hatten und auch ein Oswalt Kolle allen anderslautenden Beteuerungen zum Trotz selbstzweckhafte Softsexszenen sowie gestellte Interviews in seine Aufklärungsfilme integriert hatte, waren es schließlich findige, geschäftstüchtige Produzenten wie Wolf C. Hartwig, die das Thema in Sexploitation-Manier gewinnbringend für sich ausschlachteten und dabei vorrangig den eigenen Geldbeutel im Sinn hatten. Mit einem Budget von gerade einmal 220.000,- DM und unter Verpflichtung von größtenteils Laiendarstellern wurde ein rekordverdächtiges Ergebnis an den Kinokassen eingespielt. Natürlich ist der Film keine ernstzunehmende Auseinandersetzung mit dem Thema, sondern der wenig emanzipatorische, dafür überaus geglückte Versuch, aus der sexuellen Revolution Kasse zu schlagen, indem man sowohl die Phantasien einen lüsternen männlichen Publikums bedient, das sich hier die Pseudo-Bestätigung abholen durfte, dass auch minderjährige Jugendliche ständig auf Sex versessene Früchtchen sind, die einem an die Hose wollen, als auch die Ängste des konservativen Lagers bediente, was die Folgen einer sich in der Entwicklung befindenden neuen sexuellen Freizügigkeit betrifft, die nichts mehr auf kirchlich geprägte Moralvorstellungen gibt. Die mindestens zur Hälfte frei erfundenen Interviews sowie die wenn überhaupt nur Einzelfällen zugrunde liegenden, hier aber als exemplarisch verkauften Episoden vermitteln das Zerrbild junger weiblicher Sexualität, das insbesondere ältere Semester frohlocken haben lassen dürfte, zieht sich doch die Suche Minderjähriger nach Sex mit Erwachsenen durch den ganzen Film. Besonders kritisch wird diese Darstellung, wenn von Sex mit 12-Jährigen durch Aufsichtspersonen die Rede ist und angezweifelt wird, dass diese überhaupt Schuld tragen oder gar, dass Vergewaltigungen überhaupt möglich seien. Das ist Wasser auf die Mühlen einer der extremsten Formen des Sexismus und des sexuellen Missbrauchs und ich kann nur hoffen, dass kein Mädchen und keine Frau jemals Missbrauchs-/Vergewaltigungsopfer durch von den hier getroffenen Aussagen motivierten Tätern wurde. Damit ist „Schulmädchen-Report“ auch ein entlarvendes Dokument der Schattenseiten der sexuellen Revolution, als unter dem Deckmantel der Freiheit sexueller Missbrauch betrieben und der Gedanke weiblicher Emanzipation durch ihre Chance auf eine Vielzahl an Sexualpartnerinnen witternde, sich weltoffen und fortschrittlich gebende Männer pervertiert wurde.

Zu den positiven Seiten des Films zählt neben dem geballten Zeitkolorit der Unterhaltungsfaktor, der oftmals aus unfreiwilliger Komik, aber natürlich auch aus den offenherzigen, attraktiven Darstellerinnen in den als Phantasie- oder Sehnsuchtskonstrukte zumindest zum Teil als akzeptable Softsex-Erotik durchgehenden Episoden resultiert, aus der Tatsache, dass später zu einiger Berühmtheit gelangte Schauspielerinnen wie Jutta Speidel oder Lisa Fitz ihre ersten Gehversuche unternahmen sowie der bei allem Pseudo-Dokumentarstil und Spekulation letztendlich dann doch vorhandene aufklärerische Ansatz, der zumindest in denjenigen Straßen-Interviews, die authentisch waren oder denen zumindest echte Aussagen zugrunde lagen, in geballter Form ein neues Selbstverständnis der weiblichen Jugend transportiert, das heute tatsächlich selbstverständlich scheint, seinerzeit von vielen aber noch nicht wahrgehabt werden wollte. Hat der „Schulmädchen-Report“ dadurch das Verständnis für und die Akzeptanz von selbstbestimmter, von reaktionären und klerikalen moralistischen Fesseln befreiter weiblicher Sexualität ein Stück weit vorangetrieben, ist dies als positiver Nebeneffekt anzuerkennen. Last but not least handelt es selbstverständlich um ein interessantes filmhistorisches Zeitdokument, das aufgrund seiner Machart und seines Publikumszuspruchs Rückschlüsse auf den Zustand der damaligen Gesellschaft gestattet.

Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

Verfasst: Mi 10. Dez 2014, 15:24
von buxtebrawler
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Mrs. Lynch
Cheryl ist für Billy nicht nur Tante, sondern nach dem tragischen Tod seiner Eltern auch Ersatzmutter. Billy ist für sie einfach alles im Leben. Irgendwann gleitet die übertriebene Führsorgepflicht der Frau aus dem Ruder und sie täuscht eine Vergewaltigung vor, um so Billy zu ihrem Schutz für immer bei sich zu haben. Der Plan mißlingt, sie wird zu Mörderin und Billy wird mit in die Sache hineingerissen.
„Universitäten sind für reiche Kinder und Leute mit Hirn – da passt du nicht hin!“

„Mrs. Lynch“ alias „Night Warning“ alias „Butcher, Baker, Nightmare Maker“ ist ein harscher Psycho-Thriller, im Jahre 1983 von US-Regisseur William Asher („Die Rückkehr der bezaubernden Jeannie“) inszeniert.

Die Eltern des kleinen Billy (Jimmy McNichol, „Highway Kids“) starben bei einem tragischen Autounfall. Tante Cheryl (Susan Tyrrell, „Die Nacht der Schreie“) nahm sich seiner an und zog ihn groß. Nun ist Billy ein pubertierender Jugendlicher, der sich neben Basketball auch für Mädchen interessiert und damit den Unmut seiner Tante auf sich zieht: Diese hat Angst, von Billy alleingelassen zu werden und möchte mit allen Mitteln verhindern, dass er flügge wird. Als sie in Billys Abwesenheit plötzlich ausgerechnet den schwulen Klempner zu verführen versucht und auf dessen Desinteresse kurzerhand mit einem Küchenmesser im Rücken des Gas-Wasser-Installateurs reagiert, erfindet sie eine Notwehr-Geschichte und bittet Billy, diese zu bezeugen. Doch so recht Glauben schenken will ihnen der homophobe Bulle Carlson (Bo Svenson, „Frankenstein“) jedoch nicht und während er in Cheryls und Billys Umfeld herumschnüffelt, lernt Billy seine Tante nach und nach erst wirklich kennen…

Im Prolog zeigt ein rasanter Auto-Stunt den Unfall, der den Fahrer mittels eines Baumstamms den Kopf kostet. 14 Jahre steigt man in die eigentliche Handlung ein; Billy ist mittlerweile 16 Jahre alt und erfreut sich bester Gesundheit. Dass Tante Cheryl ein Kondom in seiner Brieftasche findet, ist sowohl ein Hinweis auf Billys beginnende sexuelle Aktivitäten als auch auf darauf, dass Cheryl auf seine Privatsphäre eher wenig wert legt. Nach dem „Zwischenfall“ mit dem Klempner und der anschließenden Befragung durch Detective Carlson sieht man sie bei Kerzenschein mit einem Foto reden, was weitere Rückschlüsse auf ihren psychischen Zustand zulässt. Es kommt heraus, dass das Opfer homosexuell war und Billys Basketballtrainer (Steve Eastin, „The Hidden – Das unsagbar Böse“) es ebenfalls ist und anscheinend in der Vergangenheit eine Beziehung zu ihm unterhielt. Dies ist der Startschuss für eine Reihe schwulenfeindlicher Sprüche Cheryls, vor allem aber Carlsons, der sich als wahrer Kotzbrocken von einem Bullen herausstellt und sich auf einer vollkommen falschen Fährte befindet.

Die Point-of-View-Perspektive, die jemanden durch Billys Fenster lugen lässt, versinnbildlicht dessen noch ungeahnte Beobachtungssituation, in der er sich befindet, seit nicht nur Tante Cheryl ein verstärktes Augenmerk auf ihn richtet, sondern er auch zum Gegenstand der polizeilichen Ermittlungen wurde. Der Verlust jeglichen Privatlebens verdeutlicht sich, wenn seine Tante just ins Zimmer platzt, als seine Freundin (Julia Duffy, „Sador - Herrscher im Weltraum“) sich auszieht, um kurz darauf von Cheryl hinauskomplimentiert zu werden. Diese Momente nimmt Asher auch zum Anlass, nackte Haut zu zeigen und erlaubt einen Blick auf die Oberweite von Billys Freundin sowie auf Billys Rückenansicht. Die psychologischen Abgründe Cheryls treten immer stärker zum Vorschein: Mittlerweile wenig überraschend kommt heraus, dass die Bremsen des Unfallautos seinerzeit manipuliert worden waren – durch wen, ist nicht schwer zu erraten. Cheryl schreckt auch nicht mehr davor zurück, Billy ein Gift zu verabreichen, woraufhin er bei einem Basketball-Spiel zusammenbricht.

Die Zeit seines Komas nutzt Cheryl, um ihm ein Appartement auf dem Dachboden einzurichten, doch als er in alten Briefen zu stöbern beginnt, zieht er erneut ihren Unmut auf sich. Die Dame hat eine Menge zu verbergen. Der für einen Bullen in dieser Kleinstadt gar nicht so doofe Mitarbeiter Carlsons findet derweil heraus, dass Cheryls Ex-Freund Chuck eines Tages spurlos verschwunden ist, wird jedoch nicht ernstgenommen. Cheryl dreht immer mehr auf und läutet per Fleischhammer langsam aber sicher das Finale ein, denn mit diesem schlägt sie Billys Freundin k.o., während ihr Neffe in einer Schmuckschatulle wühlt. Die durchaus überraschende Wendung nehme ich nicht vorweg, jedenfalls spielt der bedauernswerte Chuck wieder bzw. immer noch eine Rolle und darf Tante Cheryl in bester Pamela-Voorhees-Manier die Machete schwingen – währenddessen das klischeehafte Unwetter in Form eines Gewitters ebenso wenig fehlt wie die eine oder andere dramatische Zeitlupe. Es kommt zu einem Kampf im Gartenteich und zu deftigen Notwehrhandlungen Billys. Sein Trainer ist ebenso vor Ort wie mittlerweile die Polizei um Carlson, die jedoch viel zu spät eintraf und sich noch immer aufführt wie die Axt im Walde – aber ihre gerechte Strafe bekommt. Eine Texttafel informiert schließlich darüber, wie es Billy nach dieser Horrornacht erging.

Fazit: William Ashers zweifelsohne exploitativer, dabei aber recht drastischer, weil brutaler und bisweilen blutiger Psycho-Thriller schlägt im Verlauf immer wieder zu den Polen Krimi mit bekanntem Täter, aber Frage nach dem Motiv auf der einen und Horror-Slasher auf der anderen Seite aus und macht dies derart geschickt, dass er stets interessant und spannend bleibt. Obwohl er aus heutiger Sicht bestimmt nicht hektisch erzählt wirkt, legt er ein recht hohes Tempo für die Entfaltung der Handlung an den Tag, so dass er zeitweise etwas sehr konstruiert erscheint. Das stört jedoch kaum angesichts des gelungenen Aufgreifens des ebenso beliebten wie dankbaren Motivs einer ganz besonderen Form der Mutterliebe und mit seiner Kritik an reaktionärer Staatsmacht im Allgemeinen und Homophobie im Speziellen sowie seinem absolut kompromisslosen, erfreulich konsequenten, kathartischen Ende kann er durchaus als Metapher auf einen pubertären Befreiungsschlag gegen erdrückende Autoritäten interpretiert werden. Ihren Teil zum Gelingen tragen die Schauspieler bei, die besonders in den extremeren Rollen (allen voran Susan Tyrrell) in Richtung Overacting tendieren, dabei jedoch stets im Genre-Rahmen bleiben. Ein empfehlenswerter Film, der es auch ohne Whodunit? versteht, gezielt mit kleineren oder größeren Überraschungen zu arbeiten, im Finale genüsslich ein großes Fass aufmacht und seinen Inhalt über den Zuschauer ergießt.

Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

Verfasst: Fr 12. Dez 2014, 00:13
von buxtebrawler
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Freitag der 13. Teil V - Ein neuer Anfang
Der mittlerweile 18-jährige Tommy, dem es einst gelungen war, Jason zu töten, hat die blutigen Geschehnisse der Vergangenheit nicht richtig verkraftet und daher einen an der Tüte. Er tritt einer Therapiegruppe für Jugendliche bei, die in einem abgelegenen Haus wohnen. Doch das Grauen scheint Tommy zu verfolgen, denn schon bald geschieht wieder ein Mord…
„In winzigen Städten erwarten die Leute doch nicht dauernd Morde!“

In Joseph Zitos „Freitag der 13. – Das letzte Kapitel“ hatte man Massenmörder Jason Voorhees scheinbar endgültig sterben lassen. Ähnlich wie seinerzeit nach „Halloween II“ wollte man die Reihe unter geänderten Voraussetzungen fortführen, sprich: ohne Jason. Stattdessen sollten zukünftig wechselnde Charaktere in dessen Fußstapfen treten. Anscheinend war man sich der Zugkraft der mit Jason geschaffenen Genre-Ikone nicht bewusst oder aber man war es doch, weshalb man dem Killer hier ebenfalls die charakteristische Hockeymaske aufsetzt und neben dem Lenken des Verdachts auf den mittlerweile erwachsenen Überlebenden aus Teil IV, Tommy Jarvis, damit kokettiert, dass Jason – wie auch immer – weiterhin sein Unwesen treiben könnte. Mit der Regie betraute man Danny Steinmann („Savage Street - Die Straße der Gewalt“), der zuvor lediglich einen Porno und zwei Spielfilme drehte und nach seinem Beitrag zur „Freitag der 13.“-Reihe prompt seine Regiekarriere beendete. So wirklich leicht hatte er es aber auch nicht: Einerseits war im Entstehungsjahr 1985 das Interesse an formelhaften Slashern deutlich abgeebbt, nachdem Wes Craven das Subgenre mit seinem fulminanten „A Nightmare on Elm Street“ auf ein neues Level gehievt hatte (dennoch gab es mit dem Weihnachts-Slasher „Silent Night, Deadly Night“ und dem finsteren „Mutilator“ zwischenzeitlich dennoch wirklich gute Genre-Beiträge), andererseits machte ihm die Zensur zu schaffen, denn sowohl das Drehbuch als auch die blutigen Spezialeffekte mussten fürs R-Rating reichlich Federn lassen.

„Ach du grüne Scheiße!“

Tommy Jarvis (John Shepherd), dem es gelungen war, Jason Voorhees, den Massenmörder vom Crystal Lake, zu töten, ist mittlerweile 18 Jahre alt, hat die furchtbaren Ereignisse von vor sechs Jahren aber noch nicht verarbeitet. Aus diesem Grund reist er zusammen mit anderen verhaltensauffälligen und mit psychischen Problemen behafteten Jugendlichen ins Pinehurst Youth Development Center, einem Jugendcamp zu therapeutischen Zwecken. Doch kaum ist er dort angekommen, beginnt eine unheimliche Mordserie…

„Wenn es nach mir ginge, sollten alle diese Irren abgestochen werden!“

(Spoiler-Warnung: Relativ detailliert schildere ich in den kommenden vier Absätzen die Handlung, um einen möglichst genauen Eindruck des Films zu geben und muss auch die Pointen für meine Bewertung und ihre Begründung heranziehen.) Blitz und Donner und Manfredinis aufgeregte Streicherklänge, während Tommy zu Jasons Grab stapft und Zeuge wird, wie zwei Jugendliche den Toten ausgraben wollen. Jason wurde mit seiner Machete beerdigt, scheint aber alles andere als tot: Er tötet die Grabschänder und steigt aus seiner letzten Ruhestätte, um auf seinen Bezwinger Tommy loszugehen. Doch Pustekuchen, all das entpuppt sich lediglich als Alptraum Tommys, der seit seiner Begegnung mit Jason traumatisiert ist und sich in psychologischer Behandlung befindet. Von Teil IV auf Teil V gab es demnach den bisher größten Zeitsprung innerhalb der Reihe, der Film spielt 1990. Trotzdem handelt es sich um keinen Science-Fiction-Film, darauf mussten die Slasher-Freunde noch ein paar Jährchen warten. Generell versucht dieser Film zu keiner Sekunde, den Eindruck zu erwecken, in einer nahen Zukunft zu spielen, Ausstattung, Kostüme etc. bleiben also unbetroffen und fest in der Mitte des Jahrzehnts verankert. Tommy, der sich noch immer für schaurige Masken interessiert, kommt also ins nun nicht am Crystal Lake gelegene Camp und lernt dort zusammen mit dem Zuschauer die anderen Patienten kennen: Einer klischeehafter als der andere, vom Stotterer über einen zurückgebliebenen Adipösen und den sehr jungen „Quotenneger“ bis hin zum aggressiven Soziopathen, dazu Mädels, deren Probleme gar nicht so recht ersichtlich werden. Als noch weitaus überzeichneter als die Psycho-Kids entpuppt sich aber die Redneck-Mutter mit ihrem debilen Redneck-Sohn, die auf dem Moped angetuckert kommen und sich lauthals beschweren. Schmutzige Gesichter, schmutzige Wörter, dabei komplett auf Komik gebürstet und irre nervig.

Dass man ausgerechnet den aggressiven Victor (Mark Venturini, „The Return of the Living Dead“) das Holz hacken lässt, was dieser zum Anlass nimmt, den nervenden dicken Joey (Dominick Brascia, „Hilfe, ich bin ein Außerirdischer - Ausgeflippte Zeiten auf der Erde“) mit der Axt zu erschlagen, spricht nicht gerade für die pädagogische Kompetenz der Einrichtung. Mit dem Tod der zwei Jungs, die nach einer Autopanne per Leuchtfackel im Mund und Kehlenschnitt dahingerafft werden, hat er aber nichts zu tun und unter Verwendung des „Kikiki... Mamama...“-Samples beginnt das Whodunit?. Dass der ehemals so kleine Tommy mittlerweile ein wahres Muskelpaket ist, lässt sich feststellen, als er oberkörperfrei vorm Spiegel posiert, währenddessen er von Erinnerungen und Wahnvorstellungen geplagt wird. Als sein Mitpatient Eddie (John Robert Dixon, „Assault of the Killer Bimbos“) ihn erschreckt, verprügelt er ihn kurzerhand. Ist er der fiese Mörder? Der Film richtet sein Augenmerk zunächst auf Nebenkriegsschauplätze und führt einen Mann in die Handlung ein, der für die Rednecks arbeiten möchte. Ein Billy (Bob DeSimone, „Savage Street - Die Straße der Gewalt“) will außerdem eine Imbiss-Angestellte abholen und während diese sich umzieht und dabei ihre Oberweite präsentiert, zieht er ‘ne Line Koks und führt dabei Selbstgespräche. Ein Klischee-False-Scare durch eine springende (eher geworfene) Katze erschreckt das Pärchen, bevor es tatsächlich umgebracht wird. Es hält sich das Gerücht, dass Jason eingeäschert wurde (was sich im nächsten Teil als falsch herausstellen wird) und der Arbeiter für die Rednecks wird auf dem Fuße für seine Spannerei bestraft, als er Eddie und Tina (die mit ihrem Namen prädestinierte Debi Sue Voorhees, „Angriff aus dem Jenseits“) beim Sex im Wald beobachtet. Tina mit ihrem beachtlichen Busen werden im Anschluss per Heckenschere die Augen ausgestochen und Eddie sadistisch mit einem Lederriemen um die Ecke gebracht.

Mittlerweile geht es also so richtig rund um das Pinehurst Center. Nur weiß das bisher kaum jemand, so dass der kleine schwarze Reggie (Shavar Ross, „Wo das Grauen lauert“) völlig unbedarft seinen älteren Bruder besucht und Tommy das Redneck-Muttersöhnchen verprügelt. Der Bruder geht aufs Klo, was der Killer zum Anlass nimmt, sich erst die Freundin Reggies Bruders vorzuknöpfen und schließlich ihn in der Klokabine aufzuspießen. Der Redneck braust derweil schreiend auf seinem Moped durch die Gegend und brüllt: „Du musst sie umbringen, alle umbringen!“ Zu wem spricht er? Kennt er den Mörder? Wohl kaum, denn er wird jäh geköpft. Zurück in der Einrichtung guckt Stotterer Jake (Jerry Pavlon, „He’s My Girl“) einen Film mit der rothaarigen Robin (Juliette Cummins, „Psycho III“) und gräbt sie an. Er wird Opfer der Machete, Robin zieht sich aus, geht ins Bett und erblickt den toten Jake neben sich. Draußen tobt derweil ein Unwetter, drinnen muss auch Robin sterben. Violet (Tiffany Helm, „Hard to Hold“) übt sich zum Hit des Films, der New-Wave-Nummer „His Eyes“ von „Pseudo Echo“, in einem seltsamen Robot-Tanz (oder so) und wird leider ebenfalls erstochen. Langsam aber sicher wird das Finale eingeläutet, denn Reggie entdeckt einen wahren Leichenberg in Tommys Zimmer, Jason bzw. jemand, der ebenfalls hinter einer Hockeymaske sein Antlitz verbirgt, bricht durch die Tür, Reggie und die Betreuerin Pam (Melanie Kinnaman, „Karate Tiger IV - Best of the Best“) laufen weg, Pam wird mit weiteren Toten konfrontiert, eine Leiche wird durchs Fenster geworfen, Reggie fährt einen Mini-Bagger und rettet so Pam, „Jason“ rappelt sich wieder auf, der Showdown verlagert sich auf den Dachboden einer Scheune und es kommt zu einem aufregenden Kampf zwischen Kettensäge und Machete. Und siehe da: Tommy ist zurück, kann also nicht hinter der Maske stecken! „Jason“ verletzt Tommy und umgekehrt, den Schlusskampf verliert der Maskenmann, der auf strategisch wohlplatzierte Stahldornen gestoßen wird. Die Demaskierung ergibt: Es ist gar nicht Jason, sondern jemand, der kaum eine Rolle spielte und auf den man auch nicht unbedingt hätte kommen können, zieht man nicht als auch nur halbwegs logische Möglichkeit heran, dass ein um seinen von einem psychopathischen Derangierten getöteten Sohn Trauernder mir nichts, dir nichts zu einem noch viel größeren Psychopathen avanciert.

Während des Epilogs darf Tommy sich dann noch darauf vorbereiten, im nächsten Teil der Reihe nun endlich der Mörder zu sein: Er träumt davon, Pam umzubringen. Als er erwacht, hat er die Vision, dass Jason vor ihm stünde. Er setzt sich eine Maske auf, baut sich hinter Pam auf und erhebt das Messer – Abspann.

Tja, die Idee mit Tommy als Mörder wurde wieder verworfen, stattdessen hat man für den sechsten Teil Jason reanimiert und zombifiziert. Und das ist auch wenig verwunderlich angesichts dieses weitestgehend misslungenen, weil unglaublich halbherzigen Versuchs einer Variation. Es reicht eben nicht, eine typische „Freitag der 13.“-Fortsetzung von der Stange mal locker zwei bis drei Nummern schlechter als in den vorausgegangenen Teilen zu erzählen / zu inszenieren und eine miese Auflösung nach dem Motto „Ätsch-bätsch, es ist weder Tommy noch Jason!“ zu montieren, die fernab jeglicher filmischer Logik passiert. Sogar noch vor der Pointe aber ist der größte Schwachpunkt die Rollengestaltung, diese albernen, zum Teil bis zum Gehtnichtmehr überzeichneten „Charaktere“, noch marginaler als genreüblich charakterisiert und noch dümmlichere Dialoge plappernd. Was witzig sein soll, ist niveauloser Dämlack-Humor, der dem Film alles andere als zuträglich ist. So hat es auch die gewohnte Jugendcamp-Atmosphäre schwer, sich zu entfalten, wenn sie denn überhaupt einmal aufkommt. Nun stehen bei einem Slasher natürlich auch die Morde gewisserweise im Vordergrund und diesen lagen hier einige originelle Ideen zugrunde – doch wurden viele, die es überhaupt vom Drehbuch in den Rohschnitt geschafft hatten, derart kastriert, dass nicht mehr viel übrig blieb und meist lediglich das Ergebnis zu sehen ist. Mit Kunstblut wird generell etwas sehr geizig umgegangen. Wirklich gut umgesetzt aber wurde beispielsweise der Mord an der Redneck-Mama, blutig und sehr schnell geschnitten. Ansonsten blitzt auch an anderen Stellen immer mal wieder Kreativität durch, ich denke z.B. an das Duell Kettensäge vs. Machete oder an die Momente, in denen sich der Soundtrack mit Herzklopfen mischt. Auch die Pointe des Epilogs ist nicht von schlechten Eltern, ebenso wenig der in seiner Direktheit trotz Ankündigung und Überzeichnung irgendwie erschreckende Axtmord zu Beginn. Schauspielerisch ist hier kaum ein Blumentopf zu gewinnen; vorrangig in Erinnerung dürften Nacktszenen und Ableben bleiben, aber bestimmt keine Schauspielkunst. In diesem Zusammenhang interessant: Statt John Shepherd sollte eigentlich erneut Corey Feldman die Rolle Tommys spielen, dieser war allerdings in Dreharbeiten zu „Die Goonies“ eingespannt und taucht lediglich kurz per Cameo auf.

Fans der Reihe oder von Stalk’n’Slash-Filmen allgemein werden auch diesem Film hier und da etwas abgewinnen können, alles in allem handelt es sich aber um den schwächsten Teil der Reihe, der wie ein rein auf Kommerzialität ausgerichteter Schnellschuss ohne richtiges Konzept wirkt: Trashig und stumpfsinnig.

Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

Verfasst: Fr 12. Dez 2014, 16:39
von buxtebrawler
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Frauen bis zum Wahnsinn gequält
Eines nachts wird eine junge Frau auf der Straße von einem Mann angefallen und bedroht. Dabei sagt er ihr, daß ihr Mann Peter ein Halunke und Mörder ist. Als die Frau sich gerade ein wenig von dem Überfall erholt hat, bekommt sie nachts einen Anruf von ihrem Peiniger, der ihr ein Tonband vorspielt, auf dem ihr Mann Peter bei einem Mord zu hören ist. Damit sie das Tonband bekommt und es nicht bei der Polizei landet, muss sie ihn besuchen und sich ihm unterwerfen. Kurze Zeit später wird sie wieder erpresst, diesmal aber mit den Photos, die in der vorherigen Nacht geschossen worden sind. Jetzt erfährt sie, daß ihr Mann gar kein Mörder ist und die Tonbandaufnahme nur gefälscht ist. Von nun an bedroht und belästigt er sie immer wieder, aber immer so, daß niemand außer ihr ihn bemerkt. Aus diesem Grund halten sie alle für geistesgestört und machen sich Sorgen um sie. Als eines Abends Peter zu einem Termin weg muss und sie alleine im Bett liegt, kommt ihr Peiniger zu ihr, um sie zu ermorden. Plötzlich kommt Peter von seinem Termin zurück und bricht mitten ins Geschehen ein. Nun ergibt sich eine überraschende Wende im Fall und wir erfahren die Wahrheit...
„Keine Anzüglichkeiten! Das ist ein Befehl!“

Italo-Regisseur Luciano Ercolis („Killer Cop“) Spielfilm-Debüt ist der 1970 erschienene Giallo „Le foto proibite di una signora per bene“, in Deutschland unpassend reißerisch als „Frauen bis zum Wahnsinn gequält“ vermarktet. Das Drehbuch stammt aus der Feder Ernesto Gastaldis, der für manch Italo- bzw. Giallo-Klassiker das Skript lieferte. Als Co-Autor fungierte Mahnahén Velasco.

Die junge und attraktive, aber psychisch etwas labile Minou (Dagmar Lassander, „Straßenbekanntschaften auf St. Pauli“) wird eines Nachts von einem finsteren Gesellen (Simón Andreu, „Beyond Re-Animator“) auf der Straße bedroht. Doch statt sie zu vergewaltigen, wie zunächst befürchtet, eröffnet er ihr, dass ihr Mann Peter (Pier Paolo Capponi, „Note 7 - Die Jungen der Gewalt“) einen Mord begangen habe. Er lässt von ihr ab, meldet sich zu einem späteren Zeitpunkt jedoch telefonisch und erpresst sie mit einem verräterischen Tonband, auf dem tatsächlich Peters Stimme zu hören ist und ihn mit einem Mord in Verbindung bringt. Statt Geld verlangt der Erpresser von Minou, dass sie sich ihm sexuell hingibt. Doch auch nach dem Schäferstündchen nimmt der Terror kein Ende, denn nun erpresst er sie mit heimlich geschossenen Fotos des Geschlechtsakts. Zur Seite steht ihr ihre beste Freundin Dominique (Nieves Navarro, „Nackt unter Kannibalen“), in deren Sammlung erotischer Fotografien sie ein Bild des Erpressers entdeckt. Doch kaum jemand schenkt ihr Glauben…

„Wahrscheinlich ist das Ganze nur ein Scherz gewesen!“

Zu Maestro Ennio Morricones Titelmelodie räkelt sich Lassander in der Badewanne und sinniert darüber, das Rauchen und den Alkohol aufzugeben sowie ihren geliebten Mann Peter eifersüchtig zu machen, um ihn anschließend zu überraschen. Ihre Gedanken werden aus dem Off gesprochen und bereits diese Szene besticht durch ihre stilvolle Bildästhetik und ihre Erotik. Ihr Zuhause entpuppt sich als fast schon unwirkliche, durchgestylte Wohnung, was wenig verwunderlich ist, denn wie so viele Gialli wurde auch dieser in der Welt der Wohlhabenden und Schönen angesiedelt. Die Begegnung mit dem Erpresser fügt der Idylle starke Risse zu und wirkt sich ungut auf ihren psychischen Zustand aus. Als sie mit einer schlimmen blonden Lockenperücke tanzen geht, trifft sie ihre Freundin Dominique und erfährt vom Selbstmord einen Finanziers. Dominique, der sie sich anvertraut, ist quasi das genaue Gegenteil Minous: Eine abenteuerlustige, selbstbewusste Frau, die Minou erotische Fotos von sich sowie pornographische Aufnahmen zeigt.

„Ich ließe mich gern mal vergewaltigen!“

Nachdem es zur verhängnisvollen Nacht mit dem Erpresser gekommen ist, erhält sie zwar das Tonband, wird kurz darauf jedoch auch mit den kompromittierenden Fotoabzügen konfrontiert. Zu dissonanter Musik mischen sich Bilder des Sex mit dem Unbekannten in ihre Träume; die sensible, ängstliche Minou trägt schwer an dieser Last. Der Fiesling geht gar noch weiter, setzt sich in ihre Wohnung und bezeichnet sie als seine Sklavin. Ferner eröffnet er ihr, dass ihr Peter gar niemanden umgebracht, sondern dass er lediglich dessen Stimme auf dem Tonband imitiert habe. Und zu allem Überfluss vergnügt sich Dominique derweil mit niemand Geringerem als Peter. Spielt sie ein falsches Spiel?

„Wir haben doch alle unsere kleinen Geheimnisse…“

Das verrät ihr die ein raffiniertes Kleid tragende Dominique natürlich nicht, bietet aber ihre Hilfe an: Sie will Minou finanziell unterstützen, damit diese für 20.000 Lire die Negativen kaufen könne. Minou gesteht Peter, was geschehen ist, welcher daraufhin mit einem Kommissar die Wohnung des Erpressers aufsucht. Diese jedoch scheint seit Monaten leerzustehen. Hat sich Minou alles nur eingebildet? Immerhin schluckt sie ständig irgendwelche Pillen und droht, in die Medikamentenabhängigkeit abzurutschen.

„Jeder hat seinen Preis – auch ein Verrückter!“

Es wird düster: Ein Unwetter bricht herein und jemand scheint in die Wohnung eingedrungen zu sein, doch es handelt sich lediglich um das gemeinsame Haustier, die Schildkröte (!). Doch durch die Fensterfront grinst der Erpresser Minou plötzlich diabolisch an! Kurz darauf ruft er sie an und erinnert sie an seine Drei-Tages-Frist. Dominique indes verhält sich immer verdächtiger: Sie tut so, als habe sie Minou nie Pornobilder des Täters gegeben und in der Tat findet Minou das Bild einfach nicht mehr wieder. Aber es wird noch unheimlicher: Als Peter zu einer Besprechung fährt, erscheint Dominique maskiert auf der Bildfläche. Die Point-of-View-Perspektive offenbart, dass jemand durchs Haus schleicht. Die Lage eskaliert: Der Erpresser ist da und greift Minou an! Da kommt Peter nach Hause…

Die finalen Wendungen und Pointen á la Gastaldi behalte ich für mich, um niemandem den Spaß an diesem edlen Hochglanz-Giallo zu verderben, der über weite Strecken gänzlich ohne herbe Ausbrüche physischer Gewalt auskommt und stattdessen in schöner Psycho-Thriller-Tradition steht, wenn die erbarmenswerte Minou in den Wahnsinn getrieben werden soll und dem Zuschauer stets ein Informationsvorsprung einem oder mehreren Charakteren gegenüber gewährt wird, der die Geschehnisse in bester Krimi-Manier trotz bekanntem Täter jedoch nur noch rätselhafter macht, sich am Schluss aber zu einem stimmigen Puzzle gekonnt zusammensetzt. Ein weiterer mitentscheidender Teil des Fundaments, auf dem „Frauen bis zum Wahnsinn gequält“ felsenfest steht, ist der Erotik-Anteil, den die Damen Lassander und Navarro einbringen, ohne jemals ins Schmierige abzudriften. Der Kontrast zwischen beiden Rollen erzeugt zudem eine knisternde Spannung. Wer von beiden die größere Augenweide ist, muss jeder mit sich selbst ausmachen, aber die gute und zweifelsohne stets attraktive Dagmar habe ich selten derart hübsch wie hier gesehen. Mit ihrer tragischen Rolle appelliert sie zudem verstärkt an den männlichen Beschützerinstinkt, während die Herren der Schöpfung allerdings schlucken müssen, hier nicht sonderlich gut wegzukommen (und auch schauspielerisch sowie ihre Präsenz betreffend die untergeordnete Rolle spielen) – wie die ganze aufpolierte Scheinwelt, in der der Film spielt, die unter der schönen Fassade manch tödliche Intrige und persönlichen Abgrund bereithält. Im Prinzip ist Ercolis in Spanien gedrehtes und produziertes Werk eine Respektbekundung an freche Frauen voller Selbstvertrauen, die wissen, wie sie in derartigen Haifischen nicht nur überleben, sondern auch das bekommen, was sie wollen. Dafür benötigt Ercoli kein hohes Tempo, im Gegenteil: Gerade die eher gemächlichere Erzählweise sorgt für Nervenkitzel und Spannung. Etwas irritierend wirkt das ostentative Happy End und dass der Tod ihres Liebhabers eine gewisse Dame kaum zu kratzen scheint – was jedoch auch als Indiz für die Abgebrühtheit jener Klientel gedeutet werden kann. Ein sinnliches, vielleicht gemessen an anderen Genrevertretern etwas unspektakuläres Vergnügen längst vergangener Zeiten, das in Sachen Ästhetik und Stil um ein Maximum bemüht ist, für den zwischenzeitlich aufgefahrenen Thrill nach meinem Geschmack aber gern noch etwas schwerer verdaulich hätte ausfallen dürfen. Als technisch wie inhaltlich sauber inszenierter und konstruierter Giallo der lockereren Sorte zweifellos ein Glanzlicht.

Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

Verfasst: Mo 15. Dez 2014, 14:01
von buxtebrawler
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Die nackten Augen der Nacht

Zwischen der De-Sade-Verfilmung „Die Jungfrau und die Peitsche“ und dem erotischen Vampirfilm „Vampyros Lesbos“ drehte der Spanier Jess Franco im Jahre 1970 in Liechtenstein’scher Produktion das Erotik-Drama „Die nackten Augen der Nacht“, das lange als verschollen galt, nach seiner Bergung aber sogar eine deutsche Synchronisation spendiert bekam.

Striptease-Tänzerin Anna de Istria (Diana Lorys, „Der Hexentöter von Blackmoor“) arbeitete in einem Nachtclub in Zagreb, wo sie die dominante Cynthia Robins (Colette Giacobine, „Die Jungfrau und die Peitsche“) kennengelernt hatte, die sie zu sich in ihrem Palast holte, um eine sexuelle Beziehung mit ihr einzugehen. Dort wird Anna jedoch von Alpträumen geplagt und zunehmend fällt es ihr schwer, Traumwelt und Realität voneinander zu unterscheiden. Was hat das Blut an ihren Händen zu bedeuten? Ist sie in Mordfälle verwickelt oder bildet sie sich alles nur ein? Der hinzugezogene Arzt Dr. Paul Lucas (Paul Muller, „Der Vampir von Notre Dame“) verspricht, ihr helfen zu wollen…

Francos Film beginnt mit dem Erwachen Annas aus einem Alptraum und dem Blut an ihren Händen. Als der Arzt hinzustößt, besteht der Hauptteil des Films aus einer mehr als einstündigen Rückblende, in der Anna von ihrem Beruf und ihrem Kennenlernen mit Cynthia berichtet. Und dafür nimmt sich Franco alle Zeit der Welt… Kammerspielartig und auf die Gruppe der drei genannten Personen beschränkt, lädt Franco ein zu einem minimalistischen Wachkoma-Erlebnis, das haarscharf an einem erzählerischen Nichts vorbeischrammt. Der Erotikanteil besteht vorrangig aus größtenteils langweiligen bis sogar statisch gefilmten Strip- und Nackteinlagen, die seltsam unmotiviert wirken. Annas weit ausgeholte Berichterstattung ist gespickt mit poetischen Monologen, die den „Nackten Augen der Nacht“ zumindest stellenweise zu stimmiger Atmosphäre zwischen Verwunderung, Angst und Realitätsverlust verhelfen. Erst gegen Ende werden zwei weitere Charaktere halbherzig eingeführt, die das Geschehen vom Nachbarshaus aus beobachten. Dadurch findet auch Soledad Miranda („Vampyros Lesbos“) in den Film, jedoch wurden diese Szenen aus einem anderen Film hineingeschnitten.

Die finale Auflösung ist wenig überraschend und setzt den Schlusspunkt unter einen extrem langatmigen Film, der weder sonderlich viel Wert auf seine Handlung, noch auf die voyeuristisch-erotische Inszenierung seiner Darstellerinnen zu legen scheint und zu einer wahren Geduldsprobe gerät, sofern man nicht bereits völlig ins Franco-Universum eingetaucht ist und Freude an allen Werken des umtriebigen Vielfilmers findet, die ein gewisses Niveau nicht unterschreiten. Von der avisierten Sinnlichkeit war für mich indes nicht viel zu spüren und so ließen mich „Die nackten der Augen der Nacht“ recht ratlos und ermüdet zurück.

Fazit: Hilft bei Schlaflosigkeit-bedingten „nackten Augen“ wunderbar, die Lider zum Verhüllen der Sehorgane zu bewegen.

Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

Verfasst: Di 16. Dez 2014, 21:01
von buxtebrawler
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Oswalt Kolle: Was ist eigentlich Pornographie?

Der siebte „Kolle“, also der siebte Aufklärungsfilm des dem Zeitgeist geschuldet skandalträchtig um die Sexualerziehung der prüden und religiös beeinflussten Westdeutschen bemühten Journalisten Oswalt Kolle, fällt stark aus der Reihe: Nicht nur, dass Kolle jetzt Bart trägt, er arbeitete auch erstmals ohne Regisseur bzw. übernahm die Regie seines Dokumentarfilms selbst. Der Grund: Sein 1971 veröffentlichter Film „Was ist eigentlich Pornographie?“ kommt komplett ohne eigens inszenierte Spielfilmsequenzen aus.

Stattdessen hätte Kolle lieber reichlich explizite Ausschnitte aus Pornofilmen gezeigt, jedoch machte die Zensur bzw. die Rechtslage ihm einen Strich durch die Rechnung. Als Aufhänger für seinen Film, durch den Kolle einmal mehr höchstpersönlich führt, dienen die Irrungen um den damals erst gelockerten, dann wieder verschärften „Porno-Paragraphen“, wozu er mit einer Erklärung eröffnet. Er zieht alte Urteile zu Pornographie heran und zitiert sie, zeigt Ausschnitte aus der TV-Reportage „Pornographie als Gesellschaftskritik“ und lässt sich darüber aus, dass er seinen Film nur verstümmelt zeigen könne. In sehr scharfem Tonfall wendet er sich gegen Reaktionäre und Katholiken, bevor er relativ sachlich auf die schwierige Definitionsfrage von Pornographie eingeht. In diesem Zusammenhang zeigt er klassische Zeichnungen des Koitus bis hin zu Sodomie, Pädophilie und Sadomasochismus. Ein kurioses Stück Zeitkolorit ist der Pornoschmuggel von Dänemark in hiesige Gefilde, der aufgrund der seinerzeit wesentlich liberaleren Gesetzeslage unserer nordischen Nachbarn stattfand und unter Kolle ebenfalls Erwähnung findet. Im Anschluss geht er auch dazu über, diverse Beispiele für zeitgenössische Pornographie zu zeigen, verdeckt jedoch die „entscheidenden“ Stellen. Er zeigt sogar Ausschnitte aus einem albernen Zeichentrickporno und kündigt weitere Hardcore-Ausschnitte an, die jedoch der Zensur zum Opfer fielen und durch informierende Texttafeln ersetzt wurden. An diesen Stellen wurde der Film also bewusst nicht umgeschnitten, sondern wird mit der Enttäuschung oder Empörung der Zuschauer kalkuliert, die sich auf die avisierten Sexszenen gefreut hatten. Zwischenzeitlich wird’s literarisch und Kolle zitiert aus Henry Millers „Sexus“, aus „Fanny Hill“ sowie aus der „Geschichte der O.“, letzteres zu Bildern einer S/M-Darbietung, er zeigt einen Einblick in die gemischtrassige Aufführung in einem Live-Sex-Club, bringt weitere entschärfte Porno-Ausschnitte und führt/zeigt Interviews, u.a., als handele es sich um eine quasi gleichberechtigte Form der Sexualität, mit einer Sodomistin, ferner mit einem Porno-Produzenten.

Kolle betont zwar mehrmals und vollkommen richtig, wie wenig die Darstellung in Pornos mit der Realität zu tun habe, bleibt ansonsten aber oberflächlich und nur in eine Richtung kritisch. Seine undifferenzierte Auseinandersetzung mit dem Thema Pornographie liefert kaum tiefere Einblicke in die Branche und spart sämtliche Schattenseiten aus, findet keine kritischen Worte zu Rand-, Begleiterscheinungen und Themen wie Kinder- und Jugendpornographie, Sodomie, die Ausnutzung von Darstellerinnen, Geschlechterklischees, Zwang, Sucht, Geschlechtskrankheiten, gesellschaftliche Ächtung etc., ist stattdessen in erster Linie eine spürbar wütende, provokante Reaktion auf die Gesetzeslage der damaligen BRD, über die sich Kolle deutlich erregt echauffiert, der anscheinend am liebsten seinem Publikum unter dem Mantel des Dokumentarischen eine ordentliche Breitseite echten Sex um die schamesroten Ohren gehauen hätte. Inwieweit auch kommerzielle Erwägungen dabei eine Rolle spielten, vermag ich nicht zu beurteilen. Kolles Empörung über Erwachsenenbevormundung ist verständlich, seine Trotzreaktion ist es auch, ein unaufgeregterer, auf mehr echte Information bedachter Film wäre aber bestimmt ein adäquateres Argument geworden. Einige Szenen wurden aus anderen Dokumentationen entliehen, Kolle liest ständig ab und auch, wenn er schöne Worte zum Schluss zum Themenkomplex Liebe, Sex und Abenteuerlust findet, scheint sich die eigene Recherchearbeit auf ein Minimum zu beschränken. Filmhistorisch betrachtet ein interessanter, bisweilen kurioser, in seiner Undifferenziertheit aber auch entlarvender Kommentar zur damaligen Zeit auf dem Weg zur Porno-Liberalisierung.

Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

Verfasst: Mi 17. Dez 2014, 16:37
von buxtebrawler
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Mania

Bei „Mania“ handelt es sich um einen vierteiligen Episodenhorrorfilm, entstanden 1986 in US-kanadischer TV-Produktion unter der Regie der Herren Paul Lynch („Prom Night“), David M. Robertson („Höllenhunde des Highways“), John Sheppard („Higher Education“) und Peter R. Simpson („Prom Night 3“). Einziger namhafter Regisseur ist Paul Lynch (Episoden drei und vier), der hierdurch interessanterweise indirekt mit dem späteren Regisseur der zweiten Fortsetzung seines populären Slashers „Prom Night“ sowie mit zwei Schauspielern aus der ersten Fortsetzung („Mary Lou“) zusammenarbeitete.

Episode „See No Evil“: Buchhalter Steve (Wayne Robson, „Dolores“) vergnügt sich ohne Wissen seiner Verlobten (Susan Sneath) mit einer Prostituierten und schenkt ihr ein paar teure Klunker. Als sie seine Wohnung verlässt, beobachtet er durchs Fenster, wie sie von einem Mörder (Deryck Hazel, „Mary Lou“) umgebracht wird. Da er seine Aktivitäten mit der käuflichen Dame geheimhalten möchte, schweigt er gegenüber der Polizei, obwohl er den Mann genau erkannt hat. Dieser versucht unterdessen, den Verdacht auf Steve zu lenken…

Episode „The Intruder“: Die sich durch vermehrte Einbrüche in der Nachbarschaft bedroht fühlende Ruth (Cheryl Wilson, „Stimme der Dunkelheit“) überredet ihren Mann Jack (Richard Monette, „Mary Lou“) zur Anschaffung eines Wachhunds. Was sie nicht weiß: Seit einem traumatischen Erlebnis in seiner Kindheit leidet Jack unter einer ausgeprägten Hundephobie, die er gegenüber seiner Frau geheimhält und die dank der Anwesenheit des bulligen Hunds wieder zunehmend Besitz von ihm ergreift. Als Ruth für ein paar Tage verreist, versucht er, das Tier loszuwerden…

Episode „Have a Nice Day“: Kellys (Deborah Grover, „Mad Killer“) Tochter Hillary (Rikki Lynn Wosnack) möchte eines Wintermorgens nicht in die Schule, doch Kelly besteht darauf. Kaum wähnt sie sie in der Lehranstalt, behauptet ein Anrufer (Bill Croft, „Es“), Hillary entführt zu haben und untersagt strengstens jegliche Interaktion mit der Polizei. Er fordert Kelly auf, wertvollen Schmuck aus ihrem Bankschließfach zu holen. Als Kelly von der Bank zurückkommt, lauert ihr der Entführer in der Wohnung auf und stellt weitere Forderungen…

Episode „The Good Samaritan“: Auf dem Heimweg wird Dan (Stephen Hunter, „Bullies“) Zeuge, wie eine Frau in der U-Bahn-Station von einem bewaffneten Übeltäter (Dwight McFee, „Malone“) angegriffen wird. Dan greift ein und flieht mit dem Angriffsopfer Julie (Leonore Zann, „Ab in die Ewigkeit“) aus der Station, doch beide werden weiterhin vom Angreifer verfolgt. Dan eilt schließlich mit der Frau zu sich nach Hause, doch der Täter lässt nicht von ihr ab...

Eine Rahmenhandlung gibt es bei „Mania“ nicht, alle Episoden laufen hintereinander ab. Ihnen gemein sind neben dem wenig aufregenden, tendenziell biederen TV- oder auch ‘80er-Video-Look die bitterbösen Pointen, die mehr oder weniger überraschend ausfallen und darum bemüht sind, alles ganz anders kommen zu lassen, als man zunächst annimmt. Die ersten beiden sind dabei moritatisch-moralisch, in der dritten und vierten erwischt’s hingegen Unschuldige. Das Erzähltempo ist gemächlicherer Natur, was den Episoden ganz gut zu Gesicht steht, da sie dadurch sowohl zur Entspannung taugen als auch den Zuschauer nicht zu überfordern drohen, zudem die Spannungskurve langsam anziehen können. Wirklicher Nervenkitzel kommt allerdings nur schwerlich auf, insbesondere bei einem genreerfahrenen Publikum. Flotter geht es übrigens in „The Good Samaritan“ zur Sache, wirklich aus der Reihe fällt aber „Have a Nice Day“. Diese Episode ist mehr Thriller denn Horror und scheitert leider, Spannung erzeugen, lässt die Protagonistin wenig nachvollziehbar (um nicht zu sagen: doof) agieren und leidet unter ihrer Vorhersehbarkeit.

Die anderen drei Episoden wissen aber durchaus zu gefallen und alle vier erinnern wie so oft in Episodenhorrorfilmen wohlig an alte Gruselcomics, überlieferte Schauergeschichten etc. und kommen komplett ohne Übersinnliches aus. Den großen Terror-Rundumschlag sollte indes niemand erwarten, es handelt sich um – wohlgemerkt sorgfältig gemachte – kostengünstige TV-Unterhaltung, die ein bisschen unter ihrer Zweckmäßigkeit leidet; Freunde des gepflegten Episodengrusels, der auch gern mal etwas biederer ausfallen darf, sollten aber nicht enttäuscht werden.