Maulwurfs Hör-Bar

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Maulwurf
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Re: Maulwurfs Hör-Bar

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Death In June
The guilty have no pride

Mini-LP – 1983

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Musik, wie es sie nur in dieser Zeit und wahrscheinlich auch nur an diesem Ort geben konnte. England Anfang der 1980er. Alles war möglich, alles wurde gierig aufgesogen und alle waren auch ständig auf der Suche nach neuer Musik. Da konnte sich auch drei Leute auf die Bühne stellen, mit sauberem Bariton, Zirkusschlagzeug, akustischer Gitarre und Keyboards, und fremde musikalische Welten erkunden. Ursprünglich kamen DEATH IN JUNE aus der linksradikalen Ecke, aus Leuten der linken Punkband CRISIS, und haben das gemacht, was damals halt so angesagt war. Ein starker Melodiebass, etwas Industrial, abwechselnd Schlagzeugcomputer und das erwähnte Zirkusschlagzeug, dazu ein für damalige Zeiten völlig neuer Folkeinfluss, und eine Band war geboren, die 40 Jahre später immer noch innovativ ist. Und anders.

Mir persönlich gefallen diese frühen Alben, weil sie rau und geradheraus sind, weil sie den Geist des (Post-) Punk atmen und auf eine undergroundige Weise immer noch ins Tanzbein gehen. Wenn ich das so höre stelle ich fest, dass ich musikalisch eine verdammt gute Jugend hatte!


Death In June - Nation
Der Sieg des Kapitalismus ist die endgültige Niederlage des Lebens.
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Maulwurf
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Re: Maulwurfs Hör-Bar

Beitrag von Maulwurf »

Death In June
Burial

LP – 1984 - Pinke Nachpressung

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Musik, wie es sie nur in dieser Zeit und wahrscheinlich auch nur an diesem Ort geben konnte. England Anfang der 1980er. Alles war möglich, alles wurde gierig aufgesogen und alle waren auch ständig auf der Suche nach neuer Musik. DEATH IN JUNE haben neue Strömungen in sich aufgenommen. Auf der ersten Seite, den Studioaufnahmen, kommen jetzt auch mal akustische Gitarren dazu, was dann wie auf Klassenfahrt klingt, und Neo Folk-Bands bis heute beeinflusst. Die elektronischen Einflüsse werden stärker, es wird mit Soundscapes gearbeitet, und die Stimmung der Lieder wird kälter und fremdartiger.

Die zweite Seite ist ein kompletter Liveauftritt vom Oktober 1983 in London. Rauer und treibender Post-Punk, der in seinen stärksten Momenten durchaus an JOY DIVISION erinnert. Und wenn man sich auf der Röhre durch die alten Live-Mitschnitte aus den frühen 1980ern klickt, auch ganz schön direkt und brachial rüberkam.

Großartig, und, wie man über 40 Jahre später weiß, wegweisend ...


Death In June - Nirvana


Death In June - Heaven street
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Maulwurf
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Re: Maulwurfs Hör-Bar

Beitrag von Maulwurf »

Death In June
"Nada!"

LP – 1986 - Repress - 2nd Edition

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Musik, wie es sie nur in dieser Zeit und wahrscheinlich auch nur an diesem Ort geben konnte. Nun ist mir meine Zuneigung zu seltsamer Musik aus dieser Zeit durchaus klar, ab das hier ist schon ausgesprochen ... eigen. Einerseits sind da die Stücke mit reinem Neo-Folk, die mit tönenden Trommeln und klampfiger Klampfe jedem Schülerausflug Konkurrenz machen würden, wenn sie sich nicht textlich in niederste Menschenfeindlichkeiten begeben würden. Und andererseits hat Douglas Pearce jetzt den Schlagzeugcomputer entdeckt, und unterlegt dadurch geradezu sonnige Melodien mit treibenden Beats. Jede Plattenseite endet mit einem tieftraurigen Stück, musikalisch am ehesten einer Art Ballade ähnelnd, textlich hingegen das Gegenstück zu einem Abschiedsbrief eines chronisch depressiven Menschen. Nach dem Durchhören dieser Platte ist mir der Gedanke in den Kopf gekommen, gerade der Vertonung einer SM-Session zugehört zu haben. Mal zarter, dann wieder härter, Nähe und Wärme werden abgelöst von Brutalität und Härte, und dann wieder Nähe und Zärtlichkeit ...

Kein wirklich leichter Stoff, aber interessant. Vielseitig. Vielschichtig. Ganz ganz anders. Und zum Reinhören das eine Stück, dass die Klampfen mit der Tanzmusik kombiniert ...


Death In June - Carousel
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Re: Maulwurfs Hör-Bar

Beitrag von Maulwurf »

Decoded Feedback
Shockwave

CD – 2003

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Diese unglaublich schönen flächigen Keyboards. Einfach nur die Arme ausbreiten und auf diesen dunklen Flächen in den Nachthimmel über der tobenden Stadt schweben. Auf die Lichter der Straßen schauen, auf das Gewimmel der Menschen, und dann langsam in Richtung der Gebäude fliegen, an denen das Logo der Tyrell Corporation prangt ...

Genau so klingt diese CD. Unten die wummernden Bässe, die den Magen und das Lebensgefühl ein paar Meter anheben, und darüber die Schönheit und Einfachheit dieser flächigen Keyboards, die die Freiheit unter dem Licht der Nacht versprechen. Der Beat ist hämmernd, es kommen immer wieder Reminiszenzen an House hoch, die Stimme verzerrt wie durch ein Megaphon, das Tempo ist größtenteils langsam bis mittelschwer, und über allem thront eine dunkle Melancholie. So schön ...

Der einzige Wermutstropfen ist, wie so oft, dass einzelne EBM-Stücke auf der Tanzfläche gut reinhauen, aber in Menge, wie auf einem Tonträger, irgendwann einmal langweilen. Das italienisch-kanadische Duo DECODED FEEDBACK lässt sich viel einfallen, kommt auch mal instrumental um die Ecke, und covert zum Schluss gar die SWANS. Aber in einzelnen Happen genossen kommt die Musik dann doch deutlich besser rüber ...


Decoded Feedback - Nothingness
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Re: Maulwurfs Hör-Bar

Beitrag von Maulwurf »

Deep Purple
Shades of deep purple

LP – 1968 - Reissue um 1980

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DEEP PURPLE ist ja nun eine der Bands, mit denen ich in den späten 70ern sozialisiert wurde. Vor dem Punk, vor dem Wave, vor allem anderen, waren die STONES, waren die DOORS, war DEEP PURPLE. Eine Liebe, die manche Zeit ein wenig in den Hintergrund trat, aber niemals verschwand. Und wenn ich heute Child in time im Radio höre, werde ich nach all den Jahren immer noch feucht im Höschen.

Bis zu Child in time war es bei der Veröffentlichung von Shades of deep purple aber noch ein wenig hin. Prinzipiell erstmal eine Art Boygroup, nämlich von geldgeilen Produzenten zusammengecastet, stand laut Keyboarder Jon Lord von vornherein fest, dass die Band "kein Vehikel für gesellschaftliche Rebellion, sondern für musikalische Perfektion war." Sprich, hier wird ganz ernsthaft Rockmusik mit hohem musikalischem Anspruch gemacht. Auf diesem ersten Album gelingt das vielleicht nicht immer, aber fast immer. Die Musik klingt so, wie man sich Swinging London nachts um 2 aus heutiger Sicht so vorstellt, mit den YARDBIRDS aus BLOW UP im Kopf und den Bildern der freakigen STONES in der Erinnerung. Ziemlich jedenfalls, nur ein ganzes Stück härter, wozu der Gesang von Rod Evans einen wunderlichen Kontrast bildet, klingt der doch eigentlich eher genau so, wie Boygroups dieser Zeit halt so klangen. Als ob HERMAN'S HERMITS plötzlich Metal spielen würden ...

Aber auch wenn das BEATLES-Cover Help aus heutiger Sicht nicht ganz so gelungen scheint, und auch wenn das ein oder andere Stück des Albums relativ poppig kling, trotzdem ist Shades of deep purple ein scheiße geniales Stückchen Rockgeschichte, das auch heute noch richtig gut reinhauen kann. Allein die Rhythmusfraktion ist ihrer Zeit nackenbrechende Jahre voraus, und das Songwriting ist erfrischen unkonventionell und geht schnurstracks nach vorne los. Hach, auf die nächsten Platten freue ich mich schon ... :sabber:


Deep Purple - And the address
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Re: Maulwurfs Hör-Bar

Beitrag von Maulwurf »

Deep Purple
Deep purple

LP – 1969 - Reissue 1976

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Das zweite Album, THE BOOK OF TALIESIN, fehlt mir in der Sammlung. Ein Umstand, der unbedingt geändert werden sollte! Bis dahin aber erstmal das dritte Album, das letzte in der Mk I-Besetzung mit Rod Evans am Mikro, und hier ist schon deutlich eine Entwicklung zu bemerken. Das poppige von SHADES ist verschwunden, viele Stücke sind eher rau, vor allem aber werden die handwerklichen Fähigkeiten immer mehr in den Vordergrund gestellt. Das letzte Stück, April, ist eine dreiteilige Suite, die vor allem das Können Jon Lords und Ritchie Blackmores zeigt. Und Rod Evans, klingt hier schon stark nach Ian Gillan, der ab Mitte 1969 den Frontmann machen wird. Das Feeling des Swinging London von 1969 ist noch allenthalben zu hören, aber etwa The painter ist die direkte Verbindung zum nächsten (nicht-klassischen) Studioalbum.

Was wäre wohl gewesen, wenn Blackmore sich mit dem Rauswurf von Rod Evans und Bassist Nick Simper nicht hätte durchsetzen können? Die Musikgeschichte wäre um einige verdammt geile Stücke ärmer gewesen. Und DEEP PURPLE wären sicher nie so groß und stilbildend geworden. Trotzdem, diese frühe Phase gehört zur Band, und hat ihren ganz eigenen Reiz.


Deep Purple - Bird has flown
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Re: Maulwurfs Hör-Bar

Beitrag von Maulwurf »

Deep Purple & The Royal Philharmonic Orchestra
Concerto for group and orchestra

LP – 1969 - Repress 1970

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Diese Platte war damals für uns der Beweis, dass die langhaarigen Hottentotten auch richtige ernsthafte Musik machen konnten, wenn sie nur wollten. Also ganz anders als unsere Eltern es behaupteten. Gehört hat das Album, zumindest damals, allerdings keiner von uns, wir haben uns Ende der 70er mit den großen Hits der Band erheblich wohler gefühlt, und wenn man mal ein wenig Geld für Platten hatte, dann musste das wohl überlegt ausgegeben werden. Schließlich musste die nächste Klassenparty ja auch adäquat beschallt werden. Und dafür war DIESE Platte definitiv nicht das richtige.

Heute ist das alles etwas anders, und ich kann Concerto.. ziemlich genießen. Gerade weil ich damit groß geworden bin, dass am Sonntagvormittag klassische Musik lief, gerade deswegen ist das heute einerseits ein vertrauter Vorgang, ein Stückchen Kindheit, und andererseits ein sarkastischer Seitenhieb in Richtung der Eltern: Ätsch Bätsch, der Sonntag geht auch mit Rockmusik! :P
Das Konzert ist klassisch aufgebaut mit drei Sätzen, wobei mir der erste Satz oft ein wenig zu grobmotorisch wirkt. Band und Orchester sind nicht immer harmonisch aufeinander eingestellt, sondern spielen eher gegeneinander. Im zweiten Satz, dem Andante, ist dies schon ganz anders. Die beiden bislang so unterschiedlichen Komponenten ergänzen sich perfekt, sogar der Gesang Ian Gillans ist wunderschön eingebettet, und es ergeben sich wunderschöne klangliche Momente. Der dritte Satz, das Allegro, haut dann gewaltig auf die Pauke (im wahrsten Sinne, das Schlagzeugsolo von Ian Paice hätte es vielleicht nicht unbedingt gebraucht), und bietet neben einem kurzen und herzallerliebsten Italo Western-Intermezzo viel Power und viel spannendes Zusammenspiel. Großartige Musik, die über künstlich gesetzte Grenzen hinweggeht und das macht, was gute Musik machen soll: Bilder im Kopf erschaffen und unterhalten.

Ausgerechnet der zweite Satz ist auf der Schallplatte auf zwei Seiten aufgeteilt. Die Filmaufnahmen des Konzertes sind ebenfalls alle geteilt, wohingegen diejenigen Clips, die diesen Satz in einem Stück präsentieren, ohne die originalen Aufnahmen zu finden sind. Was soll ich tun? Ich habe mich für die historischen Aufnahmen entschieden, die die Stimmung dieses Abends hervorragend transportieren ...


Deep Purple - Second movement (Part 1)


Deep Purple - Second movement (Part 2)
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Re: Maulwurfs Hör-Bar

Beitrag von Maulwurf »

Deep Purple
Deep Purple in rock

LP – 1970 - Reissue 1983

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Die 60er sind vorbei, Swinging London ist nicht mehr, Flower Power und all das ganze Zeug wird den Rinnstein heruntergewaschen, und der Hard Rock begann seinen Siegeszug mit der klassischen Mk II-Besetzung DEEP PURPLEs. Das Album beginnt mit knapp einer Minute Krach einer einstürzenden Band, ein kurzes Orgelintro, und ab geht die Post mit Speed king. Knackiger und direkt nach vorn gehender Rock der sich in die Nackenmuskeln fräst. Ebenfalls auf dieser Seite: Child in time ... :wix:

Die B-Seite hat es danach naturgemäß schwerer. Sie besteht aus vier durchgehend flotten und herrlich rumpeligen Rocknummern mit hohem Wiedererkennungswert, ordentlichen Riffs und starker Produktion. Auf der Platte steht, dass alle Stücke von der gesamten Band geschrieben wurden, und genauso klingt die Musik auch. Keiner spielt sich in den Vordergrund, jeder leistet sein Scherflein um perfekte Rockmusik zu machen, und unter Kopfhörern bin ich vorhin auf den unglaublichen Wogen von Roger Glovers Bass in andere Sphären geflogen.


Deep Purple - Bloodsucker
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Arkadin
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Re: Maulwurfs Hör-Bar

Beitrag von Arkadin »

Lustigerweise habe ich mich kürzlich auch wieder näher mit Deep Purple beschäftigt. Getrieben durch meinen Sohn, der die CDs bei Papa im Regal gesehen und ins Kinderzimmer entführt hat. Ich habe dann neulich auch die neuen Sachen gekauft (aber nur auf CD und günstig): "Now What?!", "Infinite" und "Whoosh!". Die gefallen mir auch überraschend gut und haben auch den alten Spirit, auch wenn von der Ur-Besetzung nur noch Ian Paice dabei ist und von der MKII Roger Glover und Ian Gillian. Höre ich aber immer wieder gerne mal rein. Don Airey als Jon Lord (RIP) Nachfolger macht seine Sache auch richtig gut.
Früher war mehr Lametta
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