Frankenstein (2025) - Guillermo del Toro

Moderator: jogiwan

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karlAbundzu
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Frankenstein (2025) - Guillermo del Toro

Beitrag von karlAbundzu »

Frankenstein (2025)
R: Guillermo del Toro, D: Oscar Isaac, Jacob Elordi, Mia Goth, Christoph Waltz, Felix Kammerer, Lars Mikkelsen, David Bradley, Christian Convery, Charles Dance, Nikolaj Lie Kaas, Burn Gorman, Ralph Ineson; M: Alexandre Desplat
frankie.jpg
frankie.jpg (342.35 KiB) 22 mal betrachtet
Handlung: Der Oscar-prämierte Regisseur Guillermo del Toro verfilmt Mary Shelleys Klassiker über Victor Frankenstein, einen brillanten, aber egoistischen Wissenschaftler, der eine Kreatur durch ein monströses Experiment erschafft, was schließlich zum Verhängnis sowohl für den Schöpfer als auch seiner tragischen Schöpfung wird. (Quelle: Netflix)
jogiwan hat geschrieben: solange derartige Filme gedreht werden, ist die Welt noch nicht verloren.
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karlAbundzu
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Re: Frankenstein (2025) - Guillermo del Toro

Beitrag von karlAbundzu »

Del Toros lang gehegter Wunsch, den Sci Fi- und Horrorklassiker zu verfilmen, wurde einst von Universal gekippt und nun, dank Netflix, realisiert. Leider bei dem Studio dann eben nicht fürs Kino, sondern Streaming. Aber in ein paar Kinos zu ein paar Vorstellungen lief er dann.
Del Toro (auch Drehbuch) fügt der Geschichte ein bisschen was dazu: Viktor bekommt eine schlimme Kindheit, statt einer Frau eine Schwägerin, statt einen Studi-Freund einen Bruder, und einen finanziellen Gönner. Ansonsten bleibt er nahe der Geschichte und dem Geist des Buches. Und räumt auch viel Zeit der Geschichte des Monsters ein. So wird, neben der bekannten Rahmengeschichte um den im Eis liegenden Schiff, zu erst die Geschichte aus Sicht Viktors erzählt (im Prinzip bis zur Flucht des Monsters aus Viktors Fängen), und dann die Erfahrungen des Monsters nach seiner Flucht aus dessen Sicht.
Das ist alles opulent gefilmt und in starken Farben und Farbkontrasten aufgenommen von Dan Laustsen. Große Bilder, schräge Ausstattungen, man denke nur gerade die Inszenierung der Kindheit Viktors, das Schloss, die Särge. Später dann der Turm, in dem die Erschaffung stattfindet. Das geht alles kaum besser.
Beim Monster-Design ließ er sich vom alten Horror-comic-Meister Bernie Wrightson inspirieren, das sich man vor allem beim Kopf. Was mir nicht ganz so gefiel, war diese Glätte (die im Comic noch ganz gut kam), die hier irgendwie an andere bleiche menschenähnliche Figuren in der Filmgeschichte erinnerten (zB ausgerechnet an Prometheus (!))..
Die Figurenkonstellation ist eine andere: Klar, wir haben Viktor, den überheblichen Wissenschaftler, der Grenzen überschreiten will. Und sein Monster, tragisches Wesen in einer oberflächlichen Welt, die das Fremde hasst. Aber eben keine willfährige Braut. Sondern eine eigenständige Frau, selbst an Forschung interessiert, teils von Viktor fasziniert, für diesen aber eine verbotene Frucht, da die Braut seines Bruders. Stark gespielt von Mia Goth. In einer Doppelrolle: Sie übernimmt auch die Rolle von Viktors Mutter, spielt hier zwar ganz anders und sie ist auch nicht wesensverwandt mit Elizabeth. Doch trotzdem sind wir bei Freud: Fick Deine Mutter, töte deinen Vater. Der kommt nämlich nicht gut weg. Streng, egoistisch und in Viktors Augen Schuld am Tod der geliebten Mutter. Das ist auch glaubhaft inszeniert (und beinah mit den tollsten Bildern ausgestattet, schon großes Kostümkino), ich bin mir nur nicht sicher, ob es dem ganzen gut tut oder nötig war, Viktor eine traumatische Erklärung für seinen Charakter zu geben.
Elizabeth selbst, nach eigenen Worten, immer auf der Suche nach dem einfachen, reinen. Erst im Kloster, dann bei Insekten und schließlich beim Monster, wo es tatsächlich auch eine sexuelle Anziehungskraft gibt, sie möchte die reine Seele anscheinend nicht nur platonisch lieben. Das wirkte für meine Begleitung etwas aufgesetzt, ich fand es eine ganz spannende Variante, warum sie allerdings bei William landete (der sozusagen aus dem Buch umgedichtet wurde: vom Bruder-Monster-Opfer zu einer Art Handlanger zweier Alphamännchen), wird nicht ganz klar. Und auch so bleibt sie letztlich nur ein Spiegel für den Charakter Viktors und des Monsters.
Das andere Alpha, Onkel (und Erziehungsberechtigter ?) der Braut, Hedonist, Waffenhändler und eben Gönner Viktors bekommt seine eigene kleine Story, die Anlass gibt, ein wenig über die aktuelle Welt und den Krieg zu urteilen. Aber auch hier bleibt es manchmal ein wenig unangebunden. Auch wenn Waltz das auch sehr gut macht.
Zusammengehalten wird es aber nicht nur durch den inszenatorischen Stil, Kamera, Ausstattung (siehe oben), sondern auch von einem wunderbaren Soundtrack. Desplat hat hier eine tolle fast schon Symphonie geschaffen. Genau richtig groß.
Und so war das trotz meiner leicht kritischen Anmerkungen brillantes Kino, trotz nur weniger Action und blutigen Szenen, insgesamt eher Drama denn Horror, blieb ich die ganzen 150 Minuten gespannt im Kinosessel, und dachte da kommt noch einiges, so verflog die Zeit und die Szenen am Nordpol hätten meinetwegen noch länger gehen können.
jogiwan hat geschrieben: solange derartige Filme gedreht werden, ist die Welt noch nicht verloren.
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