Ab morgen bin ich mutig - Bernd Sahling (2025)

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Ab morgen bin ich mutig - Bernd Sahling (2025)

Beitrag von buxtebrawler »

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Originaltitel: Ab morgen bin ich mutig

Herstellungsland: Deutschland / 2025

Regie: Bernd Sahling

Darsteller(innen): Anna Bahners, Petra Kalkutschke, Jonathan Köhn, Cheyenne Aaliyah Roth, Theresa Scholze, Darius Pascu, Elijas Amerein, Tamino Gottlebe, Malvina Hoffmann, Niclas Meimberg, Markus Friedmann, Juliane Pempelfort, Thomas Kautenburger, Renate Kohn, Dustin Meyer, Karen Dahmen, Erdal Gürcü u. A.

Karl (Jonathan Köhn) ist ein 12-jähriger Junge, der kurz vor den Sommerferien entdeckt, dass er Gefühle für seine Mitschülerin Lea (Cheyenne Aaliyah Roth) hat. Obwohl er sich nicht bewusst für sie entschieden hat, möchte er sie unbedingt für sich gewinnen, bevor sie nach den Ferien auf getrennte Schulen gehen. Karl sieht die gemeinsame Projektfahrt als Chance, um Leas Freund zu werden, bevor es zu spät ist. Doch Lea scheint kein Interesse an ihm zu haben, was Karl dazu zwingt, kreativ zu werden und ungewöhnliche Wege zu gehen, um ihre Aufmerksamkeit zu gewinnen. Die Zeit läuft jedoch schnell ab, und Karl muss schnell handeln, bevor Lea endgültig aus seinem Leben verschwindet.

Quelle: https://www.filmstarts.de/kritiken/315310.html

Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Re: Ab morgen bin ich mutig - Bernd Sahling (2025)

Beitrag von buxtebrawler »

Autor und Regisseur Bernd Sahling („Die Blindgänger“) schrieb und drehte mit dem im Jahre 2025 veröffentlichten „Ab morgen bin ich mutig“ einen Coming-of-Age-Film weniger über die erste Liebe als vielmehr übers erste Verliebtsein, das hier einen zwölfjährigen Jungen ereilt.

Der zwölfjährige Karl (Jonathan Köhn) verknallt sich in seine Mitschülerin Lea (Cheyenne Aaliyah Roth), die locker einen Kopf größer als er, eher kleingewachsen, ist. Es ist kurz vor den Sommerferien und seine von seinem Vater getrenntlebende Mutter (Juliane Pempelfort, „Wishlist“) verreist beruflich, sodass Karl mit seinem älteren Bruder Tom (Darius Pascu) allein zu Hause bleibt. Karl fotografiert leidenschaftlich gern und entwickelt seine Bilder analog, Tom ist Sänger und Gitarrist einer Softrock-Band. Beim Schuljahresabschlussprojekt – ein Reportagenfilm, für den verschiedenste Menschen zum Thema erste Liebe befragt werden – übernimmt Karl die Kamera. Zugleich überlegt er, wie er mit seinen Gefühlen für Lea umgehen soll und er die hübsche Mitschülerin eventuell tatsächlich für sich gewinnen kann…

Was immer die Evolution sich dabei gedacht, dass bereits nicht einmal geschlechtsreife Kinder von ihren Gefühlen übermannt werden und sich (gefühlt) unsterblich in Gleichaltrige verlieben können – es ist Quell präpubertärer Irrungen und Leiden. Auch nach Einsetzen der Geschlechtsreife wird es oft nicht besser und die erste „Liebe“ oder vielmehr das, was man dafür hält, eventuell auch die zweite oder dritte, geraten zu hochnotpeinlichen Zuständen vollständiger Verwirrung, haben gar das Potenzial, suizidale Gedanken zu fördern, obwohl man bei Weitem und ganz, ganz bestimmt noch keine Kinder zeugen oder Familien gründen sollte, sich all das demnach eigentlich auch sparen könnte. Was also soll der Scheiß?

Diese Frage beantwortet natürlich auch Sahlings Film nicht, aber zumindest folgt er empathisch dem kleinen Karl, der noch vorm Stimmbruch steht, während Lea körperlich deutlich sichtbar bereits wesentlich weiterentwickelt ist. Dass mit der Pubertät auch schleichend die Abkapslung von den Eltern beginnt, signalisiert hier die Abwesenheit der Mutter, der ihre beiden Jungen zumindest versprechen müssen, sich in dieser Zeit nicht ausschließlich von Pizza zu ernähren. Wenigstens hat Karl aber seinen großen Bruder, sodass er eine eventuell sogar besser als seine Mutter geeignete Bezugsperson ansprechen kann und mit seinen Gefühlen nicht allein dasteht. Dass dies Segen und Fluch zugleich sein kann, wird im weiteren Verlaufe deutlich, möchte ich hier aber nicht vorwegnehmen.

Der Film nimmt Karl und Konsorten ernst, hier wird weder chargiert noch persifliert, niemand der Lächerlichkeit preisgegeben und auch gar nicht erst der Versuch unternommen, unangenehme Situationen humoristisch zu brechen. Andererseits löst hier in erster Linie die furchtbare Einschleimmusik, die Tom mit seiner Band spielt, Unbehagen aus, ansonsten verläuft eigentlich fast alles in mehr oder weniger geregelten Bahnen. Karl ist nett, Lea ist nett, beide sind nett zueinander und achten darauf, sich nicht gegenseitig zu überfordern oder zu verletzen. Und die Mitschülerinnen und Mitschüler sind auch alle nett, sogar die Lehrerinnen und Lehrer sowie die für den Projektfilm befragten Passantinnen und Passanten. Nett nett popett.

Davon unabhängig bewirkt dieser Film möglicherweise, dass sich die junge Zielgruppe auch für Hobbys wie Fotografie, Musik- oder, vor allem, das Filmemachen begeistern kann. Immer wieder sehen wir das Geschehen durch die Schulprojektkamera oder wohnen wir Karl beim Auswerten des Materials am Notebook bei und entwickeln so ein Gefühl dafür, wie eigentlich ein Film entsteht. Sympathisch ist der subtile Humor, wenn beiläufig gezeigt wird, wie sich immer mehr Pizzakartons in der Wohnung stapeln und das Chaos immer größer wird. Etliche Sequenzen spielen bei sommerlichem Sonnenschein, mitunter gar im Grünen, und sind nicht nur hübsch anzusehen, sondern erzeugen mitunter auch diese typische, unterschwellig melancholische Coming-of-age-Atmosphäre. Die Jungmimen Roth und Köhn empfehlen sich mit ihren schauspielerischen Leistungen in jedem Falle weiter. Narration und Dramaturgie hetzen nicht durch den Stoff, sondern geben den Figuren Raum, ihre Emotionen auszudrücken – doch wo sind diese?

Allen guten Ansätzen zum Trotz bleibt ausgerechnet ein Film mit diesem Titel mir persönlich ein wenig zu mutlos, wenigstens ein klein wenig dickere Bretter zu bohren, auch ein junges Publikum aus seiner Komfortzone und vor allem Protagonist Karl aus einer heilen Welt zu holen, in der es außer einem kurzen unerwiderten Verknalltsein kaum wirkliche Probleme zu geben scheint. Doch wer die Kinder auf die Liebe vorbereiten will, muss sie auch auf die Welt vorbereiten, in der sie passiert.
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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