Euer nächstes/letztes Konzert bzw. Live-Event

Moderator: jogiwan

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karlAbundzu
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Re: Euer nächstes/letztes Konzert bzw. Live-Event

Beitrag von karlAbundzu »

17.10.25
Zollkantine Bremen
Elsen / Angelika Express
Die Zollkantine ist ein recht kleiner Laden, organisiert von einem Verein der Musiker*innen Bremens. In dem alten Zollgebäude proben allerlei Bands, und oben in der ehemaligen Kabine gibt es häufig Konzerte. Das hat dadurch ein recht schrägen Charme, es sieht viel nach 70er Büro aus, hat aber auch eine große Fensterfront, so dass man immer zwischendurch weit in die Bremer Nacht schauen kann. Ich mag es gern, die Leute sind nett, die Getränke günstig, der Sound gut.
Ursprünglich sollten als Vorgruppe Wirr spielen, eine Bremer Kombo, die ich noch nicht kenne, wäre daher spannend gewesen. Doch kurzfristig sprangen die Elsen ein. Immer eine Bank. Fünf Frauen (Schlagzeug, Gitarre, Bass, Keyboard, Gesang), die verschiedenste Ecken des Postbank erkunden. Da wird sowohl bei PIL als auch bei Gang of Four sich angelehnt, der Punk ist aber auch immer da. Der Bass spielt schöne Melodien, ist eher JJ Burnel als DeeDee, die Gitarre wie bei New Order eher Rhythmusinstrument, das Keyboard hat schräge Orgelsounds, die Drummerin richtig nach vorne Druck. Manches hätte eine gute Single bei Crass Records sein können. Die Sängerin gab auch wieder sehr viel. Insgesamt machen sie aber vor allem Spaß, das Publikum liebte sie, direkt vor mir standen zwei von Angelika Express, die mit am lautesten Zugabe schrien. Doch sie ließen sich nicht erweichen: Da kurzfristig eingesprungen (sie proben auch da, der Weg war nicht weit) und lange aus verschiedenen Gründen ohne Probe, hatten sie schnell dieses Programm. Erfahren, wie sie sind, war das allerdings auch gar nicht so kurz. Und so auf den Punkt sah ich sie kaum. Sehr gut.
Dann Angelika Express. Anscheinend hatte ich ihre Bekanntheit/Beliebtheit überschätzt, das Publikum war tatsächlich überschaubar (40 Leute?), ihre bekannteste Zeit hatten sie wohl in den 00er Jahren. Da waren sie mit ihrem Sound und den ironisch, mit pop-Wissen gewürzten Texten irgendwo zwischen NNDW in Folge der Helden und Deutschpunk unterwegs. Und vielleicht von beiden Szenerien dadurch nicht ganz so angenommen. Ich kannte ja nur das Alltag Für Alle Album, das ich allerdings eine Zeitlang rauf und runter hörte. Einzig ständiges Mitglied ist ja der Gitarrist und Sänger Robert Drakogiannakis, begleitet wurde er von einer Bassistin und einem Schlagzeuger aus der Heavy Metal Szene. Und so war ihr Sound. Härter, garagiger als auf Platte, Robert spielte eher eine White Stripes Gitarre, mit vielen kleinen Zitaten, die Dani am Bass musste die ganze Zeit auf und ab hüpfen und verzückt lächeln und grinsen, wenn sie nicht mitsang. Und Drummer Tscherno gab ordentlich Druck, sein HM Background war durchaus zu spüren.
Das riss mich von Anfang an mit. Mittendrin im Set gab es eine meiner liebsten Nummern, eine Hommage an Nico. Es gab launige (vielleicht ein bisschen zu lange) Ansagen, die Elsen feierten mit. Sehr intensiv, die guten Texte waren durchweg zu verstehen, und alle Anwesenden hatten ihren Spaß. So rockten sie Recht lange, gaben zwei gute Zugaben und ließen uns selig in die Nacht. Danke.
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jogiwan hat geschrieben: solange derartige Filme gedreht werden, ist die Welt noch nicht verloren.
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karlAbundzu
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Re: Euer nächstes/letztes Konzert bzw. Live-Event

Beitrag von karlAbundzu »

19.10.25
Modernes Bremen
Howard Jones
Trotz meiner Zugehörigkeit zu den eher außenseitigen Jugendkulturen in meiner Teenagezeit, hatte ich doch auch immer ein Ohr und ein Platz in meinem Herzen für Pop der in den Charts stattfand. Und die Songs des jungen Mann aus Southampton mit dem Synthesizer mochte ich, und den Sound und dir Frisur auch. Während die erste LP noch eine Sammlung sehr guter Lieder war, war das zweite Dream Into Action ein in sich auch sehr gelungenes Album. 40 Jahre her, war es der Anlass für eine neue Tournee. Ich zögerte lange, da der Eintrittspreis nicht gerade günstig war, aber da die LP wichtig für mich war, und ich das Modernes mag, ging ich doch hin.
In den Anfangstagen noch alleine mit einem Tänzer/Pantomimen/Performer unterwegs, ist er jetzt mit Band am Start: Bass, Gitarre, Schlagzeug, zwei weitere Keyboarder. Howard selbst an verschiedenen Tasteninstrumenten und am Gesang.
Irgendwie vermutete ich, dass er die LP zur Gänze nachspielt, aber schon der Opener Pearl in the Shell, ein Hit der ersten LP bewies, das dem nicht so war. Und bewies auch etwas anderes: Howard ließ das Publikum gerne und oft mitsingen. Dies war leider nicht ganz so zahlreich wie gedacht, das Modernes war halbvoll. Und obwohl er alle Töne traf, und die vielen Höhen problemlos mitging, hatte das Mitsingenlassen wohl auch seine Gründe, dass er in Sachen Ausdauer und druckvolles singen nicht mehr ganz so stark war. Nun, der Mann ist 70. Sehr schön das Licht, inklusive Bühnenklamotten, die auch Effekte hatten, Brillen, die rote Strahlen versendeten, oder im Dunkeln glitzernden Anzüge. Doch auch die Gestaltung der Songs nicht ganz so gelungen, es gab viel Gitarre, die so altherrenmäßig rockte. Die erste Ansage gab es nach drei Songs (keins vom Dream into Action), dass er vermehrt DiA Lieder spielen werden würde. Es wurden am Ende 7 von 12. Immerhin. Aber richtig gut wurde es nicht. Immer wieder ließ er mitsingen, die Gitarre gniedelte, der wunderbare Bass kam kaum dagegen an, und ein paar wichtige Dream into Action Lieder fehlten mir: Hunger for the Flesh bspw. Nun, Howard war trotzdem gut gelaunt, zog sich gerne um, und war immer dann am besten, wenn er mühelos zwischen Sitzpiano, Steh-Synthie und Umhängetastatur wechselte. Besonders schön waren zwei Lieder hintereinander: Das nachdenkliche No One Ever is to blame, was er alleine am Piano anfing und behutsam steigerte. Und der eher schräge Hit Hide And Seek (auch wenn er ihn mit den Worten einleitete, wie toll das war, es mit 72000 in Wembley zu singen....), in dem er sich wirklich mal an andere Sounds traute. What is Love? Gab es dann am Ende nach dem regulären Set, und als Zugabe eine lange Things can only get better Version, so dass circa 75 Minuten zusammen kamen. Das Publikum um mich herum war im Gegensatz zu mir begeistert, weiter hinten sahen sie nicht ganz so euphorisch aus. Ob der letzte Titel Prophezeiung ist. Nun, das hat sich jedenfalls nicht so recht gelohnt. Aber wäre ich nicht hingegangen, hätte ich mich wohl geärgert.
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jogiwan hat geschrieben: solange derartige Filme gedreht werden, ist die Welt noch nicht verloren.
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fritzcarraldo
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Re: Euer nächstes/letztes Konzert bzw. Live-Event

Beitrag von fritzcarraldo »

So. Spontan gestern Tori Amos Tickets für 2026 klar gemacht, da 2023 verpasst.
"Das ist nicht möglich!"
"Aber notwendig!"

(Interstellar)

"J&B straight and a Corona!"
(Patrick Bateman, American Psycho)

https://www.latenight-der-fussball-talk.de
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buxtebrawler
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Re: Euer nächstes/letztes Konzert bzw. Live-Event

Beitrag von buxtebrawler »

09.11.2025, Metropolis-Kino, Hamburg:
THE TYPHOONS


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Im Rahmen des großartigen „Monster machen mobil“-Filmfestivals, das im Hamburger Metropolis satte vier Tage lang stattfand, gab es am Sonntag im Vorprogramm des vergnüglichen mexikanischen Batgirl-Rip-Off-Trash-Heulers „Draculas Tochter und Professor Satanas“ anstelle einer Trailer-Show einen Live-Auftritt der lokalen Surf-Rock’n’Roll-Legende THE TYPHOONS (aus Schulau bei Wedel bei Hamburg). Die hatte ich vor etlichen Jahren mal in der Wedeler Villa live gesehen und als überaus kompetent abgespeichert, seither aber nicht mehr das Vergnügen gehabt.

Ich hatte keine Ahnung, wie lange die spielen würden oder wie das im opulenten, nicht vollständig, aber durchaus großzügig gefüllten Kinosaal klingen würde, und ließ mich einfach überraschen. Nach einer launigen Ansage und dem Versprechen an die furchtlos die erste Reihe besetzenden Gäste, einen Hörschaden davonzutragen, ließ es die mit zwei Gitarren spielende Band ordentlich krachen – und siehe bzw. höre da: Der Sound war perfekt! So kam der klassische, (bis auf Zwischenrufe des Bassers) instrumentale ‘60s-Surf-Sound mit ordentlich Reverb und Twang optimal zur Geltung und stimmte auf das pulpige Filmvergnügen ein. Nach einer Handvoll Songs suggerierte man, auch noch Zugaben spielen zu können, was dankend angenommen wurde. Ich glaube, das rasante „Barracuda“ bildete nach einer guten halben Stunde den Schlusspunkt eines klasse Auftritts in besonderem Ambiente – und das am Sonntagmittag! Verrückt.

Inklusive ein paar Live-Bildern auch hier:
https://www.pissedandproud.org/09-11-20 ... -typhoons/
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)
Diese Filme sind züchisch krank!
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karlAbundzu
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Re: Euer nächstes/letztes Konzert bzw. Live-Event

Beitrag von karlAbundzu »

15.11.25
Helga Kneipe
Koprolith + Die Behörde
Zweimal Punk in Walles Finest Kneipe, mittlerweile ja auch ein beliebter Auftrittsort.
Zuerst gab es Koprolith aus Leipzig, drei Menschen, Bass, Gitarre, Schlagzeug, alle drei singen. War es zuerst noch nur hart und schnell mit Gebrüll, und kaum zu verstehen (es ging um Moloch, um Polizisten...) wurde es nach und nach immer abwechslungsreicher. Das Tempo variierte und die drei sangen mit verschiedenen (2 weibliche, eine männliche) Stimmen verschiedene Texte. Das wurde richtig intensiv, erinnerte an die düsteren Sachen aus der Crass-Ecke, aber auch an dunklen Postpunk wie frühe Killing Joke. Nach anfänglicher Zweifelei pusteten sie mir meine vorgefestigten Klischees aus dem Kopf und auch der Saal, gut gefüllt, ging mit.
Danach die Bremer Die Behörde. Die wohl demnächst in Leipzig vor Koprolith spielen. Ich sah sie ja schon mal im Sportamt. Zwei Gitarren, Bass, Schlagzeug, Sängerin. Also recht eng. Aber sie nahmen sich die Energie und hauten ein wütenden Knaller nach dem anderen raus. Insgesamt genauer, weniger rumpelig, und aggressiver als im Sommer. Sie deuteten an, dass sie im Studio aufnehmen, vielleicht gibt es da bald was. Als Lokalmatador*innen hatten sie das Publikum sowieso in der Hand und so wurde es ein klasse Abend.
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jogiwan hat geschrieben: solange derartige Filme gedreht werden, ist die Welt noch nicht verloren.
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karlAbundzu
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Re: Euer nächstes/letztes Konzert bzw. Live-Event

Beitrag von karlAbundzu »

16.11.25
Lila Eule
Bella and The Bizarre
Jon Spencer
In der altehrwürdigen Kellerdisco gibt es ja immer mal wieder Konzerte, und diesmal kam Jon Spencer den weiten Weg. Ich hätte nicht gedacht, dass ich ihn nochmal sehen würde. Doch ist er auch nach seiner Hochzeit in den 90ern und dem späteren Split der Blues Explosion immer aktiv geblieben, und so freute ich mich auf einen Auftritt auf kleiner Bühne.
Davor gab es noch Bella and The Bizarre aus Berlin. Und anscheinend mit Bremer Bezug.
Sängerin und Gitarristin Bella Khan wurde begleitet von einer Bassistin, einer weiteren Gitarristin, einem Schlagzeuger. Und zu zwei Songs spielte noch die Tourfahrerin auf Gitarre mit.
Im Herzen eine 60s Garagen Band, mit exotischen Ausflügen. Und wunderbare Instrumentalist*innen. Der Schlagzeuge mit richtigem Gefühl, dabei schien er kaum mehr als seine Handgelenke zu bewegen (und trug ein Devo-Shirt), die Bassistin (und Backgroundgesang) arbeitete hart am Bass, und neben Bellas wunderbarer Stimme und bezaubernder Ausstrahlung (erinnerte mich zum Teil an Susannah Hoffs) (und für Nerds: sie hatte ihre Gitarre mit der original Enterprise und dem Vulkan-Spruch verschönt) gab es die unglaubliche Oliwia, die sich zwar auf der Bühne im Hintergrund hielt, aber wohl eine der abgefahrensten Gitarrist*innen des Genres ist. Wie das passend schräge und überraschende leicht aus ihr Spiel floss, toll.
Die Band selbst ging dabei nicht auf Geschwindigkeit oder Big Beat, sondern auf Melodie und leicht exotischem Touch.
Das war schon mal sehr gut, und die LP im Kopf schon gekauft. Nun noch Hallo Spencer in der richtig vollen Eule. Und die Umbaupause war kurz, er betrat die Bühne mit zwei jungen Musiker*innen, einer Bassistin und einem Schlagzeuger, wohl sonst bei den Bobby Lees beschäftigt. Und es ging von Anfang an laut und hart zur Sache. Der Jon spielte aus seiner gesamten Geschichte Songs, die zwar irgendwas mit RnR und Blues und Garage und Punk, angereichert mit Noise und Alternative Sounds. Dabei „singt“ er auf seine eigene Art (und verliert dabei sehr viel Wasser, wie wir aus der Nähe sahen), er schreit, erzählt, hechelt. Der Schlagzeuger ein unentwegter Unruhiger, der aus seinem minimalen Schlagzeug schon einen derben Hard Rock Sound rausholt, immer etwas mit seinen Händen macht, wenn sie nicht spielen, dreht er etwas, macht Zeichen, hält sie hoch. Die Bassistin spielt einen verzerrten Noise Punk Sound, geht dabei auch gern auf die hohen Töne oder spielt Riffs. Also ein anderer Sound als bei der Explosion. Doch passt es wunderbar. Und sie sind auch sehr gut eingespielt. Eigentlich gibt es keine Pausen. Nach jedem Lied, die meist recht abrupt enden, nennt Jon ein Lied, und es geht sofort weiter, erstaunlich, da sie meist zu dritt anfangen. Mitten drin ist immer wieder Zeit für musikalische Kommunikation auf der Bühne oder Kommunikation mit uns, inzwischen seinen Jüngern, im Publikum. Wenn Reverend Jon uns auffordert, dem Götzen Little Richard zu huldigen, oder auch mal mitzuklatschen, mache sogar ich das. Ansonsten bin ich ja kein Freund davon.
Insgesamt ein einziger Rausch in wirklich beinah intimer Atmosphäre. Danke.
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jogiwan hat geschrieben: solange derartige Filme gedreht werden, ist die Welt noch nicht verloren.
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