Tödliche Strahlen - Lambert Hillyer (1936)

Moderator: jogiwan

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buxtebrawler
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Tödliche Strahlen - Lambert Hillyer (1936)

Beitrag von buxtebrawler »

The_Invisible_Ray_poster.jpg
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Originaltitel: The Invisible Ray

Herstellungsland: USA / 1936

Regie: Lambert Hillyer

Darsteller: Boris Karloff, Bela Lugosi, Frances Drake, Frank Lawton, Violet Kemble Cooper, Walter Kingsford, Beulah Bondi, Frank Reicher, Paul Weigel, Georges Renavent u. A.
Eine Gruppe von Wissenschaftlern unter der Führung Dr. Rukhs (Boris Karloff) unternimmt eine Expedition nach Afrika, um einen vor Urzeiten abgestürzten Meteoriten zu untersuchen, der ungeheure Kräfte haben soll. Rukh setzt sich vor Ort der gefährlichen radioaktiven Strahlung aus, um Proben zu sichern und gerät in Todesgefahr, wird jedoch von Dr. Benet (Bela Lugosi) mit einem Gegengift vor dem baldigen Tod gerettet. Die Kräfte des Steins erweisen sich tatsächlich als hochwirksam und mit ihnen kann Erblindung bekämpft werden. Nur Rukh wird zunehmend paranoider und beginnt, seine Begleiter zu ermorden, weil er sie verdächtigt, seinen Fund zu ihrem Vorteil ausgenutzt zu haben. Dazu muss er sie nur berühren, denn die Vergiftung ist bei Hautkontakt tödlich...
Quelle: www.ofdb.de
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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buxtebrawler
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Re: Tödliche Strahlen - Lambert Hillyer

Beitrag von buxtebrawler »

„Tödliche Strahlen“ von US-Regisseur Lambert Hillyer ist ein schwer unterhaltsamer Science-Fiction-Horror-Film aus dem Jahre 1936, ein früher Beitrag zum schier unerschöpflichen, viele Filmemacher beeinflusst habenden Themenfundus „Radioaktive Strahlen“. Mit den Hauptrollen wurden niemand Geringere als Bela Lugosi („Glen or Glenda?“) und Boris Karloff („Die Hexe des Grafen Dracula“) betraut, durch ihre Arbeiten für die „Universal“ Stars der Frühzeit des Tonfilms und unsterbliche Genre-Ikonen.

Im Auftakt seines Films mischt Hillyer klassische Gruselelemente wie das an Gothic-Horror erinnernde, abgelegene Schloss des Forschers Dr. Rukh (Boris Karloff), in dem er mit seiner blinden, unheimlichen Mutter zusammenlebt, mit futuristischen Ingredienzien. Dr. Rukh hat eine Art Super-Teleskop entwickelt, mit dem es ihm gelingt, bis zum Andromeda-Nebel vorzudringen und durch einen eingefangenen Lichtstrahl Jahrtausende alte Bilder eines Meteoreinschlags auf der prähistorischen Erde zu projizieren. Diese führt er seinen wissenschaftlichen Kollegen vor und zusammen beschließt man, zur Einschlagsstelle in Afrika zu reisen, um das Objekt zu finden und untersuchen zu können. Während der Expedition erinnert „Tödliche Strahlen“ zeitweise gar an einen Abenteuerfilm; ein gelungenes Abwechslungsreichtum, das Interesse weckt. Besessen von seinem Forschungsdrang vernachlässigt er seine Frau, die sich schließlich in jemand anderen verliebt und sich von Rukh abwendet – eine unglückliche Romanze gesellt sich also auch noch hinzu. Es kommt, wie es kommen muss: Dr. Rukh wird von der Radioaktivität des Gesteins verstrahlt und kann fortan nur mit einem Medikament seines Kollegen Dr. Benet (Bela Lugosi) überleben.

Doch die Lebensgefahr ist nicht die einzige Folge seiner Verstrahlung. Alles, was Dr. Rukh im „strahlenden Zustand“, mit frühen Spezialeffekten durch leuchtende Körperteile visualisiert, anfasst, ist dem Tode geweiht. Außerdem wirkt sich sein Zustand negativ auf seine Psyche aus und er wird zu einem wahnsinnigen Mörder, der sich von seinen Kollegen, die die Strahlen humanmedizinisch einsetzen und wohldosiert mit ihr Blinde heilen, hintergangen und übervorteilt fühlt – und so muss einer nach dem anderen sterben.

Was in „Tödliche Strahlen“ aus heutiger Sicht als wissenschaftlicher Humbug erscheint, macht der Film mit dem Charme seiner zeitgenössischen Naivität locker wett und überzeugt mit einer für die damalige Zeit anscheinend so typischen tragischen Note sowie wirklich netten Effekten wie beispielsweise dem unter Strahleneinfluss zerberstenden/zerschmelzenden Felsen. Die charakterliche Fehlentwicklung, die Dr. Rukh erfährt, ist wahrlich erschreckend und führt zu einem ambivalenten Verhältnis des Zuschauers zur Figur, die sich zwischen den Polen Mitleid und Verachtung bewegt. Sie mahnt einerseits symbolisch den verantwortungsvollen Umgang mit Radioaktivität zum Wohle der Menschheit an und warnt andererseits vor ihren Gefahren. Karloff hat man eine so gelungene Maske verpasst, dass ich ihn zunächst fast nicht erkannt hätte und auch Lugosi steht seine ungewöhnliche Rolle als vernunftbetonter Dr. Benet großartig zu Gesicht.

So kann man sich an einer gut funktionierenden Melange verschiedener Genres mit Schwerpunkt auf Science Fiction, am Charme einfacher Spezialeffekte und veralteter wissenschaftlicher Visionen aus der Zeit vor der bemannten Raumfahrt sowie zwei fabelhaft aufspielenden Schauspielgrößen ebenso erfreuen wie an einer inhaltlichen Ausrichtung mit einem gewissen Tiefgang sowie einem kurzweiligen, dramaturgischen Konzept und inszenatorischen Geschick, die auch heute noch keinerlei Langatmigkeit aufkommen lassen. Für Freunde des phantastischen Films mit Sicherheit hochinteressanter, historisch wertvoller Stoff – fast wie ein prähistorischer Meteoriteneinschlag...

@ugo: Hab mir deine schöne Formulierung ("zeitgenössisch naiv") mal ausgeborgt ;)
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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untot
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Re: Tödliche Strahlen - Lambert Hillyer

Beitrag von untot »

Ein liebenswertes Filmchen wirklich, wenn man auf Karloff und Lugosi steht, kommt man um "Invisible Ray" nicht herum. Auch wenn ich Lugosis englischen Akzent sehr mag, so würd ich mir trotzdem eine deutsche Synchro zu diesem Schätzchen hier wünschen.
Die Effekte sind der Knaller, so wie auch ein Karloff mit Locken! :shock: :kicher:
Lugosi darf hier mal wieder den "Guten" mimen und das macht er mit Bravour.
Schönes altes Kino, so lieb ichs! :nick:

7,5/10
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buxtebrawler
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Re: Tödliche Strahlen - Lambert Hillyer

Beitrag von buxtebrawler »

Erscheint voraussichtlich am 06.08.2021 bei Ostalgica auf Blu-ray - einmal mehr mit einem hochkarätig besetzten AK:

Bild

Extras:
- Audiokommentar mit Lars Johansen, Marco Koch und Clemens Williges
- Video Essay von Lars Johansen vom „35 Millimeter – Das Retro-Film-Magazin“
- Bildergalerien, Originaltrailer
- Booklet 16 Seiten
- Exklusiv mit Hörspiel „Der Magnetiseur“ – nach E. T. A. Hoffmann
Mit Peer Augustinski, Sascha Draeger, Claus Wilcke, Peter Buchholtz, Wolf Rahtjen

Bemerkungen:
- Verpackung: Amaray Box im Schuber (DVD-Größe mit partielle Lackierung) und zusätzlichem Wendecover für das Keep-Case
- Deutsche Blu-Ray-Premiere
- Erstmals in Deutscher Sprache
- Limited Edition – 1000 Stück
- viele Extras
- Booklet (16 Seiten)

Quelle: https://www.ofdb.de/view.php?page=fassu ... vid=110544
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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karlAbundzu
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Re: Tödliche Strahlen - Lambert Hillyer (1936)

Beitrag von karlAbundzu »

Ich packe meine Doppelkritik zu den beiden Filmen bei beiden rein, überschneidet sich ja:

Doppel Feature Leichtende Männer auf BluRay
Beide in der Classic Chiller Collection von Ostalgica herausgekommen

Man Made Monster 1941
Lon Chaney Jr spielt den Jahrmarktskünstler Dan McCormick, der bei einem Busunfall mit Starkstrom als einziger überlebt. Lionel Atwill in der Rolle des Mad Scientist möchte herausfinden, wieso, und mit diesen Erkenntnissen eine Armee heftiger Soldaten und eifriger Arbeiter schaffen.
Lon mal wieder in der Rolle des leicht dümmlichen Typen, der seine Wandlung vom lustigen Kerl zum apathischen beinahe Süchtigen prima spielt, und die Maske macht bei den Monsterszenen mit ihm auch vieles gut, auch wenn man den Effekten ansieht, dass mit Horror nicht mehr viel Geld zu machen war, und dementsprechend wenig reingesteckt wurde.
Mir hat er viel Vergnügen verbreitet.

Interessanterweise war der Film mal mit Lugosi und Karloff geplant gewesen, aber man sah zu viele Ähnlichkeiten mit dem 1936er The Invisible Ray.
Also dann, rein amit in den Player:
Dr. Rukh entwickelt in seinem abgelegenen Labor eine Möglichkeit, Strahlen von weit entfernten Planetensystemem aufzufangen und mit ihnen in die Vergangenheit der Erde zu sehen. So sieht er bei der Vorführung für zwei geschätzte Kollegen den Aufprall eines großen Meteoriten in Afrika. Sie vermuten, dass dieser eine noch größere Strahlung als Radium hat, was Heil- und Zerstörungschancen bietet. Sie rüsten eine Expedition aus, die sich trennt, Rukh ist eher so der Einzelgänger, er findet das Zeug, aber vergiftet sich auch damit. Dr. Benet, anerkannter Kollege und respektierter Konkurrent, gibt ihm ein Medikament , aber teilt auch seine Erkenntnisse mit der Öffentlichkeit, so dass Rukh, schon leicht bis schwer verrückt, vom geistigen Diebstahl spricht. Auch unschön, dass seine Frau ihn für einen jüngeren in Afrika verlassen hat. Eine Mordserie ist die Folge.

Auffallend ist erst mal die viel höheren Production Values als beim oben genannten. Tolle Studioeinrichtungen, viele Schauspieler und Statisten, verschiedene Drehorte. Allein Rukhs Teleskop Raum ist nahe am deutschen Filmexpressionismus, und ganz kurz hatte ich eine Alien-Assoziation. Dann aber auch die helle Welt in Paris und das heiße Afrika sind gut dargestellt.
Und eben die Hauptdarsteller. Ein Boris Karloff als osteuropäischer Einzelgänger, in seiner Entwicklung vom Einzelgängertypen zum verrückten Killer toll, ebenso Lugosi als Dr. Benet, tatsächlich der gute, der die Menschen heilen will, der auch seinem Konkurrenten jeden Erfolg könnt und ihm hilft, und der wohl selten so viel Dialog hatte. Prima. Sogar die Love Story nebenbei funktioniert. Interessant auch die Rolle der Mutter Rukhs (auch super gespielt), bei der ich eine zeitlang die Befürchtung hatte, dass sie für ein wenig Übernatürlichkeit steht, also osteuropa-klischee pur, aber am Ende tritt gerade sie für die Regeln der Wissenschaft ein.
Der Vergleich zum obigen hinkt natürlich, ähnlich halt nur der leuchtende Karloff und der leuchtende Chaney, und da waren die special effects im älteren Film klar besser. Aber dann könnte man auch sagen, Chaneys Dan wäre ein Vorläufer von Jamie Foxxs Electro, inklusive einer gewissen Dümmlichkeit (jetzt, wo ich es schreibe, klingt es sogar plausibel).
Wirklich toller Film!
Dazu gibt es bei beiden Filmen die Ostalgica Extras: Video-Essays, gutes Booklet und Audiokommentare von uns wohlbekannten Leuten: Magdebürger, Arkschi und weitere aus dem 35mm Umfeld.
Bei Invisible Ray noch das Schmankerl einer Folge des Serials Phantom Creeper mit Bela Lugosi, bei denen Szenen aus Invisible Ray verwandt wurden. Und es einen der hübschesten Roboter ever zu sehen gibt.
jogiwan hat geschrieben: solange derartige Filme gedreht werden, ist die Welt noch nicht verloren.
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sergio petroni
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Re: Tödliche Strahlen - Lambert Hillyer (1936)

Beitrag von sergio petroni »

Dr. Rukh (Boris Karloff) ist Wissenschaftler und schreibt Meteoritengestein hochwirksame Heilstrahlung zu.
Zusammen mit seiner Frau Diane und seinem Kollegen Dr. Felix Benet (Bela Lugosi) begibt man sich auf Expedition
nach Nigeria zu einer Meteoritenabsturzstelle. Tatsächlich sendet das Gestein eine hochwirksame Strahlung
aus. Dr. Rukh wird verstrahlt, was zur Folge hat, daß sein Körper von nun an im Dunkeln leuchtet.
Doch hat die Strahlung offenbar auch Auswirkungen auf Dr. Rukhs Geisteszustand.
Während Dr. Benet die Strahlung nutzt, um schwerkranke Patienten zu heilen und sich Diane einem
anderen Mann zuwendet, wird Dr. Rukh immer paranoider und beschließt, sich an den anderen
Expeditionsteilnehmern für den ihm angeblich gestohlenen Ruhm zu rächen.

Dieses Universal-Vehikel mit den Stars Karloff und Lugosi bringt neben den bewährten Horrorelementen
dieses Mal noch Beimengungen aus dem Science-Fiction-Genre und dem Abenteuerfilm ein.
Zudem wird die diffuse Angst vor Röntgenstrahlen aufgegriffen und man bediente sich offensichtlich
bei der Erzählung "Die Farbe aus dem All" von H.P. Lovecraft als Inspiration.
Entstanden ist ein kurzweiliger Genremix mit sehr gelungener Tricktechnik.
Die Idee, daß sich das letzte Bild vor dem Tod auf der Netzhaut einbrennt, und man dieses
abfotografieren könnte, führte hier nicht zum letzten Mal zur Ermittlung des Täters.
Dem Streifen wurde von Ostalgica eine schöne Veröffentlichung gegönnt. Anbei auch ein
Videoessay und ein Audiokommentar, an dem mehrere Forenmitglieder maßgeblich beteiligt
waren.
7/10
DrDjangoMD hat geschrieben:„Wohl steht das Haus gezimmert und gefügt, doch ach – es wankt der Grund auf dem wir bauten.“
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Maulwurf
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Re: Tödliche Strahlen - Lambert Hillyer (1936)

Beitrag von Maulwurf »

 
Tödliche Strahlen
The invisible ray
USA 1936
Regie: Lambert Hillyer
Boris Karloff, Bela Lugosi, Frances Drake, Frank Lawton, Violet Kemble Cooper, Walter Kingsford, Beulah Bondi,
Frank Reicher, Paul Weigel, Georges Renavent, Ernie Adams, Ricca Allen


The invisible ray.jpg
The invisible ray.jpg (169.46 KiB) 41 mal betrachtet
OFDB

Der Wissenschaftler Dr. Rukh kann beweisen, dass vor Millionen von Jahren ein Komet aus dem Andromedanebel auf die Erde gestürzt ist. Die Beweisführung auf seinem Schloss in den Karpaten ist so eindrucksvoll, dass sein bis dato Erzfeind, der Astrochemiker Dr. Benet, und ein vormaliger Zweifler, Dr. Francis Stevens mitsamt Frau und Neffe, ihn mitnehmen auf eine Expedition nach Afrika, damit Rukh dort vor Ort den Kometen suchen kann. Tatsächlich findet Rukh den abgestürzten Himmelsstein, aber der Komet verstrahlt Rukh tödlich. Benet kann gerade noch Rukhs Leben retten, allerdings wird Rukh für den Rest seines Lebens ein Gegengift nehmen müssen, und zwar jeden Tag pünktlich um Mitternacht.
Was aber niemand ahnt ist, dass der Komet auch einen Einfluss hat auf Rukhs Geist. Als Benet mit Hilfe der außerirdischen Strahlung Heilungen an bedürftigen Patienten durchführt, sieht Rukh seinen Ruhm in Gefahr – Alles wird ihm geraubt, gestohlen, alle sind Diebe, Diebe sind sie, alle wollen seinen Schatz (verdammt, falscher Film …) – denn der Fund ist doch seiner seiner seiner. Und dieser dumme kleine Neffe Ronald Drake hat ihm seine Frau gestohlen. Alle müssen sie sterben! Unter der kosmischen Strahlung schmelzen wie die Steine!!

Manchmal ist die Welt ganz schön ungerecht. Nein, damit meine ich nicht die unfreundliche Behandlung von Dr. Rukh, die auch, ja, aber vor allem meine ich damit den Film TÖDLICHE STRAHLEN. Was wäre wenn? Wenn von der Universal nicht genau während der Zeit der Produktion verkündet worden wäre, dass ein Verkauf ansteht? Wenn der ursprünglich vorgesehene Regisseur Stuart Walker, der den Film auch begonnen hatte zu drehen, seine drei Tage Pause für eine Überarbeitung des Drehbuchs bekommen hätte? Wenn die Regie nicht an den Western-Spezialisten Lambert Hillyer gegangen wäre sondern an jemanden, der sich mit sowas auskennt? Wenn die Kameraarbeit von einem, sagen wir, Karl Freund übernommen worden wäre? Wenn einfach alles besser zusammengepasst hätte?

TÖDLICHE STRAHLEN ist ein ordentlicher gemachter Film, ohne Frage, und das Zusammenspiel der beiden Ikonen Karloff (ohne Vorname!) und Bela Lugosi klappt recht gut. Aber meine persönliche Meinung ist, dass das Skript ständig gegen irgendwelche Hindernisse rennt, und die Regie nicht fähig war, diese Hindernisse kreativ aufzulösen. Karloff mit lockiger Hundefrisur beginnt den Film als Good Guy während Lugosi im Vorführraum steht, finster vor sich hin dräut, und unheilvoll rüberkommt. Jeder macht halt das was er am Besten kann – Karloff schauspielert und Lugosi wirkt. Aber ab der Hälfte des Films und nach dem x-ten Schauplatzwechsel mutiert Karloff allmählich zum Mörder, während Lugosi mit schickem Spitzbärtchen zum Wohltäter und Menschenfreund wird. Eine Rolle die ihm sehr gut steht, allein er hat nicht das schauspielerische Vermögen, dies auch adäquat zu zeigen. Und während der überbelichtete (wörtlich gemeint!) Karloff immer mehr in den Hintergrund gedrängt wird, und seine ganz allmählich hervortretende Verkommenheit gar nicht so recht zeigen mag, kann Lugosi nicht wirklich in den Vordergrund treten und zeigen was für ein guter Mensch sein Dr. Benet ist. Doch, die Herzensgüte zeigt er, aber seine eigentliche Stärke, dämonisch neben die Kamera zu starren und Bosheit auszustrahlen, das darf er in dieser Rolle nicht. Und damit fallen beide Hauptdarsteller aus dem Rampenlicht.

Wer könnte denn dann stattdessen in das Rampenlicht treten? Frances Drake als Diana Rukh, Karloffs Ehefrau? Sie schaut gut aus, sie gibt sich Mühe, aber sie ist eine Frau, und damit in einem Horrorfilm des Jahres 1936 eine Nebenfigur, auch wenn sie ein paar mal erstaunlich emanzipierte Aktionen zeigt. Frank Lawton als Neffe Ronald Drake? Nein, der Mann ist trotz seines guten Aussehens Stichwortgeber und nur für einen kleinen Teil der Nebenhandlung zuständig. Wirklich stark und eigentlich der heimliche Star ist die Britin Violet Kemble Cooper in ihrem vorletzten Film – In dunkler Kleidung mit strohblondem Haar und immer irgendwie zwischenweltlich beleuchtet wirkt sie als Mutter Rukh wie eine Sendbotin aus einem anderen Reich; ein Medium aus einer Welt, in der tödliche Strahlen aus dem Weltall fast alltäglich sein könnten. Sie wird die Handlung ein paar Mal mit den Gänsehautszenen bereichern, die eigentlich Karloff und Lugosi zugestanden hätten, doch leider sieht man sie viel zu wenig. Walter Kingsford und Beulah Bondi spielen noch als weitere Stichwortgeber mit, der eine manchmal etwas komisch, die andere ist für den mondänen Touch zuständig, und das war‘s. Auf der Ebene der Charaktere tummeln sich nicht wirklich starke Identifikationsfiguren.

Also die Szenerie. Mal abgesehen davon, dass Kulissen aus FLASH GORDON und aus FRANKENSTEIN verwendet wurden, was ja nun beileibe kein Vorwurf sein soll, abgesehen davon leidet der Film meines Erachtens darunter, dass so viele verschiedene Drehorte verschlissen werden, und alle nicht richtig genutzt werden. Das Schloss in den Karpaten mit seinem klassischen Mad Scientist-Labor ist wunderbar düster und böse, durchdrungen von der Melancholie des menschenabgewandten Dr. Rukh, aber leider verweilt man dort viel zu wenig. Flugs zieht die Truppe nach Afrika, wo man in Zelten lebt, von pittoresken Eingeborenen umgeben ist, und irgendwann einen rauchenden Stein entdeckt. Ich frage mich, was jemand wie Karl Freund aus dem Dialog gemacht hätte, bei dem Rukh seine tödliche Vergiftung gesteht, und Benet ihm anbietet zu helfen – Die Szene, in der die beiden letzten Endes ihre Charaktere tauschen. Im Hintergrund Schattenspiele auf der weißen Zeltleinwand, die ein Eigenleben zu führen, die ihre Seelen zu verschachern scheinen. Stattdessen reden und reden und reden die beiden, und die Dialoge bringen die Handlung sehr wohl voran, aber die grafischen Möglichkeiten bleiben völlig ungenutzt.
Afrika hat viele helle Farben und Tageslicht, also muss das Showdown dann folgerichtig in einem großen Haus ohne Licht stattfinden. Viele Menschen stehen dort im Dunklen, und mittendrin der leuchtende(!) Dr. Rukh, der seine Opfer grausam töten will. Wie THE OLD DARK HOUSE in Tschernobyl. Aber das Drehbuch bleibt zahm, der Regisseur kann oder will das Drehbuch nicht großartig verändern (am Ende ist der Film sowieso erst weit über Zeit und Budget fertiggestellt), und das ganze Showdown bleibt irgendwie farblos. Einzig wenn Dr. Rukh seiner Mutter begegnet wird es gruslig, wird es spannend, zieht sich die Atmosphäre zu etwas zusammen was Gänsehaut beschert. Aber bis dahin heißt es leider nicht Gänsehaut sondern höchstens Hühnerfrikassee. Was zwar gut schmeckt, aber gegen die Gans nicht wirklich anstinken kann …

TÖDLICHE STRAHLEN ist ein ordentlich gemachter Film, der auch heute noch Spaß macht und unterhält, und den man sich immer wieder mal ansehen kann, auch weil er mit seinen 76 Minuten Laufzeit keine Lebenszeit stiehlt. Aber wenn man sieht wie der Film hätte werden können, wenn die Möglichkeiten, die der Film bietet, ausgeschöpft worden wären, dann wird man ganz traurig, weil hier so viel Potential brach liegen blieb. Und man sich hinterher beim darüber nachdenken so viele Szenen herrlich gruselig und atemberaubend vorstellen kann. TÖDLICHE STRAHLEN ist ein Film der verpassten Chancen, und so etwas tut halt doch immer ein klein wenig weh …

6/10
Was ist die Hölle? Ein Augenblick, in dem man hätte aufpassen sollen, aber es nicht getan hat. Das ist die Hölle ...
Jack Grimaldi
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