Das Zeichen des Vampirs - Tod Browning (1935)

Moderator: jogiwan

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Maulwurf
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Das Zeichen des Vampirs - Tod Browning (1935)

Beitrag von Maulwurf »

 
Das Zeichen des Vampirs
Mark of the vampire
USA 1935
Regie: Tod Browning
Lionel Barrymore, Elizabeth Allan, Bela Lugosi, Lionel Atwill, Jean Hersholt, Henry Wadsworth, Donald Meek, Jessie Ralph, Ivan F. Simpson, Franklyn Ardell, Leila Bennett, June Gittelson


Mark of the vampire.jpg
Mark of the vampire.jpg (80.53 KiB) 130 mal betrachtet
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Die Menschen in dem kleinen Ort fürchten sich wenn die Nacht kommt, denn es scheint dass Vampire umgehen. Der untote Graf Mora und seine Tochter, die angeblich von ihm selber gemeuchelt sein soll, gehen um, und nur Fledermauskraut in Türen und Fenstern kann gegen das Eindringen der entsetzlichen Gestalten helfen. Graf Karl wird tot aufgefunden, und alle erzittern vor Furcht. Alle? Nein, denn der aus Prag angereiste Inspektor Neumann glaubt nicht an Vampire, ganz im Gegensatz zu Karls Freund Professor Zelin, der ursprünglich die verräterischen Bissspuren an Karls Hals gefunden hat. Genauso wie sich diese Male übrigens auch an Karls Tochter Irena und deren Verlobten Fedor finden lassen. Vampire? Zelin rüstet sich gegen die Blutsauger, und Inspektor Neumann (notgedrungen) und Graf Otto (furchterfüllt) müssen mitziehen, die garstige Brut auszurotten …

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Die Kritiken, vor allem die heutigen, pendeln zwischen gerade noch wohlwollend und vernichtend. Zugegeben ist die Mörderjagd des letzten Drittels eine komplette Umkehr des gängigen Gruselmotivs, und zerstört vermeintlich die gotische Atmosphäre vollkommen. Hat man in den ersten 40 Minuten noch fliegende Fledermäuse, die teilweise sogar mit dem Gesicht von Carroll Borland versehen wurden, Bela Lugosi der mit verkniffener Miene durch das Schloss geistert, und abergläubische Dorfbewohner deren Angst allein bereits die halbe Miete ausmacht, so wendet sich der Plot in den letzten 20 Minuten vollkommen, und das Terrain eines herkömmlichen Krimis wird betreten.

Aber man darf halt auch nicht vergessen, dass die ersten großen Monster- bzw. Horrorfilme bereits durch waren, dass die Welle der Nachahmer bereits anlief (trotz des erstklassigen FRANKENSTEINS BRAUT und der absolut herausragenden Neuverfilmung von ORLACS HÄNDE, MAD LOVE, die beide 1935 ins Kino kamen). Hinzu kam, dass die MGM nie wirklich an großartigen Horrorfilmen interessiert war (das war eher das Metier der Universal), sondern diese eher als eine Methode zum Geldverdienen sah, und dass Regisseur Tod Browning in dieser Situation aus der klischeebeladenen Gruselklamotte mehr rausholen wollte als nur den x-ten Aufguss von Vampir fliegt durch die Nacht und knabbert alles an was sich bei drei nicht hinter einem Kreuz versteckt, das kann ich persönlich sehr wohl nachvollziehen, zudem ja auch ab dem Sommer 1934 der Production Code zu berücksichtigen war, der das Unheimliche und Übernatürliche auf der Leinwand gar nicht gerne sah. Und ich halte es für reine Absicht, den Zuschauern diesen Twist zuzumuten und sie dadurch mit ihren eigenen Denkmustern zu konfrontieren.

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Denn wenn man mal ehrlich ist: So gotisch-unheimlich diese ersten 40 Minuten sind, so schablonenhaft sind sie auch. Die Bilder von Bela Lugosi und Carroll Borland sind ikonisch und erfreuen mein schwarzes Herz auf das Wundervollste, aber sie sind auch ganz schön platt. Platt im Sine von platitüdenhaft. Und genauso ehrlich muss man zugeben, dass der Krimianteil, und vor allem die Überführung des wahren Mörders, ziemlich spannend geraten ist. Und dass die Situation sich zum Ende hin außerordentlich zuspitzt und tatsächlich in einer gerade-noch-einmal-gutgegangen-Situation kulminiert, die ihren Spannungsbogen wirklich bis zum Letzten ausreizt. Vor allem Bela Lugosi erhält eine ganz wunderbare Möglichkeit, sein eigenes Leinwandimage ironisch und süffisant zu brechen.

Nein, diesen Twist kann man MARK OF THE VAMPIRE nicht vorwerfen, genauso wenig wie seinem Stummfilm-Original LONDON AFTER MIDNIGHT, bei dem dieser Schwenk 1927 das erste Mal eingesetzt wurde. Die gotischen Vignetten aus MARK OF THE VAMPIRE wie zum Beispiel die singenden Zigeuner zu Beginn, die alte Frau auf dem Friedhof, oder die Entdeckung des leeren Grabes in der Gruft sind mindestens genauso entzückend wie das hemmungslose Overacting von Lionel Barrymore, die offensichtlich benzinbetriebenen Fledermäuse (die Rauchschwaden hinter sich her ziehen) oder die nachträgliche Erkenntnis, dass keinerlei vampirische Aktivitäten im Bild gezeigt werden, sondern immer nur die Bebilderung von Erzählungen sind, und sich der Schrecken in erster Linie aus dem geschickten Schnitt ergibt. Hinzu kommt, dass man beim Anschauen so manches Detail und so manches Dekor entdeckt, welches die Italiener in den 60er-Jahren wiederverwertet haben – Was das Vergnügen nicht schmälert, und gleichzeitig Lust macht, die italienischen Gothic-Horror-Streifen mal wieder zu entdecken.

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Spannendes und klassisches Gothic-Kino der interessanteren Art …

6/10
Was ist die Hölle? Ein Augenblick, in dem man hätte aufpassen sollen, aber es nicht getan hat. Das ist die Hölle ...
Jack Grimaldi
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sid.vicious
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Re: Das Zeichen des Vampirs - Tod Browning (1935)

Beitrag von sid.vicious »

Ich habe "Das Zeichen des Vampirs" in den späten 1980ern im TV geschaut und hatte gerade wegen des Finales meinen Spaß. Leider gibt es keine deutsche DVD, denn wenn schon, dann würde ich ihn gern mit der deutschen Synchro
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schauen.
Zuletzt geändert von sid.vicious am Fr 19. Aug 2022, 11:09, insgesamt 1-mal geändert.
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FarfallaInsanguinata
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Re: Das Zeichen des Vampirs - Tod Browning (1935)

Beitrag von FarfallaInsanguinata »

sid.vicious hat geschrieben: Di 16. Aug 2022, 14:09 Ich habe "Das Zeichen des Vampirs" in den später 1980ern im TV geschaut und hatte gerade wegen des Finales meinen Spaß. Leider gibt es keine deutsche DVD, denn wenn schon, dann würde ich ihn gern mit der deutschen Synchro
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Also doch!
Ich hatte ebenfalls die Erinnerung, diesen Film im TV gesehen zu haben, war mir jedoch nicht mehr sicher. :smile:
Diktatur der Toleranz
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