Krampus: The Christmas Devil - Jason Hull (2013)

Moderator: jogiwan

Antworten
Benutzeravatar
jogiwan
Beiträge: 38289
Registriert: So 13. Dez 2009, 10:19
Wohnort: graz / austria

Krampus: The Christmas Devil - Jason Hull (2013)

Beitrag von jogiwan »

Krampus: The Christmas Devil

01.jpg
01.jpg (11.35 KiB) 301 mal betrachtet
Originaltitel: Krampus: The Christmas Devil

Herstellungsland: USA / 2013

Regie: Jason Hull

DarstellerInnen: Jay Dobyns, Paul Ferm, Andrew Ferrick, Darin Foltz, Richard Goteri

Story:

In ganz Amerika verschwinden und sterben über die Jahre zu Weihnachten Kinder und der Polizist Jeremy Duffin ahnt, dass eine mystische Kreatur namens Krampus dahinter steckt. Das weiß der abgeklärte Ermittler, da er als schlimmes Kind selbst vom Krampus entführt wurde und in letzter Sekunde seinem sicheren Tod entgehen konnte. Seitdem hat er nicht nur einen braven Lebenswandel eingeschlagen, sondern hat es sich zur Aufgabe gemacht, den Krampus zu jagen. Als wieder in seiner Nähe ein totes Kind gefunden wird, treibt jedoch auch ein weiterer Killer sein Unwesen, der dem Polizisten bittere Rache geschworen hat und da dieses Jahr auch Jeremys Tochter auf der Liste vom Krampus landet, stehen am Weihnachtsabend die Zeichen eindeutig auch auf Eskalation.
it´s fun to stay at the YMCA!!!



» Es gibt 1 weitere(n) Treffer aus dem Hardcore-Bereich (Weitere Informationen)
Benutzeravatar
jogiwan
Beiträge: 38289
Registriert: So 13. Dez 2009, 10:19
Wohnort: graz / austria

Re: Krampus: The Christmas Devil - Jason Hull (2013)

Beitrag von jogiwan »

Ich stamme ja aus der Gegend, in der der Krampus eine sehr lange Tradition hat und daher ist es für mich immer etwas befremdlich, wenn diese Kreatur für neumoderene Genre-Streifen völlig aus ihrem eigentlichen Kontext gerissen und kulturell angeeignet wird. Der Ami Jason Hull tut aber nichts anderes und macht aus dem eigentlich erzieherischen Image dieser teufelsähnlichen Figur einfach einen Serienkiller, der böse Kinder im Auftrag des Weihnachtsmanns (?) entführt und ermordet. Aber auch sonst liest man über den Streifen mit seiner 1,7 Wertung auf der IMDB nicht wirklich etwas Gutes, was auch völlig berechtigt erscheint. Der Streifen ist völliger Mist und technisch und inhaltlich ein völlig dilettantisches Ereignis. Die Darsteller wurden wohl im örtlichen Schießclub gecastet und agieren dementsprechend hölzern, überfordert und passen auch teilweise überhaupt nicht zu ihren jeweiligen Rollen. Die spärliche und dennoch haarsträubend konstruierte Handlung holpert gemütlich vor sich hin und lässt so etwas wie Spannung oder dergleichen ohnehin völlig vermissen. Die Sache mit dem Krampus wirkt völlig deplatziert und wenn dann noch der zweite Killer ins Spiel kommt, ist ja irgendwie sowieso alles vorbei. Unfassbar, dass dieses Amateur-Werk sogar noch einen Nachfolger bekommen hat. Viel schlechter geht eigentlich gar nicht und der Unterhaltungswert besteht daraus zuzuschauen, wie sich hier in einem episodenhaften Verlauf ohnehin alle völlig zum Affen machen.
it´s fun to stay at the YMCA!!!



» Es gibt 1 weitere(n) Treffer aus dem Hardcore-Bereich (Weitere Informationen)
Benutzeravatar
Salvatore Baccaro
Beiträge: 2992
Registriert: Fr 24. Sep 2010, 20:10

Re: Krampus: The Christmas Devil - Jason Hull (2013)

Beitrag von Salvatore Baccaro »

Zur Befriedigung meiner Krampus-Obsession bin ich, nachdem ich mir eine Handvoll österreichischer Dokumentarfilme, Low-Budget-Slasher und gar ein wundervolles Super8-Projekt aus den 80ern besehen habe, nunmehr bei der Rezeption angelangt, die das US-Kino dem alpenländischen Kinderschreck seit einigen Jahren angedeihen lässt: Am berühmtesten dürfte wohl der KRAMPUS sein, der 2015 unter der Regie von Michael Dougherty als US-neuseeländische Ko-Produktion entsteht, und wo es eine vierköpfige Familie und ihre zum Christfest geladene bucklige Verwandtschaft mit einer ganzen Horde Perchten zu tun bekommt. Wenn zum Leben erwachte Lebkuchenmänner zum Angriff blasen und ein godzillagroßer CGI-Krampus durch die winterstürmische Nacht stapft, weiß der Film zwar nie so recht, ob er nun ein Weihnachtsmärchen mit moralischer Botschaft, eine turbulente Komödie voller schräger Ideen oder ein grimmiger Horrorschocker sein möchte. Gerade die erste halbe Stunde, in der der Einbruch einer White-Trash-Sippschaft in die gutbürgerliche Stube unserer Protagonisten geschildert wird, hat mich aber doch einigermaßen amüsiert, selbst wenn es zum Finale hin dann vor allem auf Knalleffekte und das obligatorische Belagerungsszenario hinauslief. Zudem hat man sich immerhin die Mühe gemacht, den Krampus nicht vollkommen seines ursprünglichen Kontextes zu entkleiden: Auf US-amerikanischem Boden belässt es unser bocksbeiniger Freund natürlich nicht dabei, einfach nur unartige Kinder ins Sackerl zu packen, an den Ohren zu ziehen oder mit Schellen und Ruten zu verdreschen, sondern es muss gleich eine komplette Kleinstadt zerlegt werden, doch durch die Figur der „Omi“, der österreichstämmigen Großmutter unserer minderjährigen Identifikationsfigur, knüpft KRAMPUS auch rein dialekteingefärbte Bande ins Alpenvorland.

Noch bevor KRAMPUS einen wahren Krampus-Hype losgetreten hat – in den Jahren ab 2015 listet die OFDB mehr als eine Handvoll Produktionen, deren Titel oder Alternativtitel sich auf die Schreckgestalt beziehen –, hat ein gewisser Jason Hull das Thema bereits 2013 für seinen KRAMPUS: THE CHRISTMAS DEVIL verarbeitet – ein Werk, über das Jogi in seiner Kurzkritik im Grunde schon alles Wissenswertes berichtet hat, das mich aber derart in meinen Grundfesten erschütterte und derart ungläubig darüber zurückließ, dass besagter Hull – immerhin Regisseur, Drehbuchautor, Cutter, Produzent in Personalunion – den Film in derartiger Form überhaupt auf die Menschheit losließ, dass ich nicht umhin komme, auch noch meinen eigenen Senf dazuzugeben. Die Reviews auf der IMDB gehen allesamt hart mit dem CHRISTMAS DEVIL ins Gericht; kaum jemand ist bereit, dieses Machwerk mit mehr als einem einzigen Stern zu belohnen – und, puh, hat man sich sämtliche Kritiken durchgelesen und dadurch ein ungefähres Bild davon gewonnen, was einen bei diesem Höllenritt in die Abgründe uninspirierten Filmemachens erwarten wird, kann man trotzdem sicher sein, dass der Film die niedriggestapelsten Erwartungen bei der eigentlichen Sichtung noch spielerisch unterlaufen wird. Die Gründe, weshalb ich KRAMPUS: THE CHRISTMAS DEVIL für einen der schlechtesten Filme halte, die ich das vergangene Jahr gesehen habe, wären im Großen und Ganze folgende:

1) Was sich Jason Hull als Story aus den Fingern gesogen hat, ist eine inkohärente Masse eigentümlicher Einfälle, die zusammengenommen zumindest für mich niemals ansatzweise so etwas wie ein stimmiges Konzept ergeben haben. Im Kern folgen wir den Bemühungen eines Police Officers namens Jeremy Duffin, (den alle, selbst die eigene Ehefrau, einfach nur „Duff“ nennen), einen Serienkiller dingfest zu machen, der seit Jahrzehnten nicht nur die Gegend um eine Pennsylvanische Kleinstadt terrorisiert, sondern anscheinend überall in den Staaten Kinder verschleppt und ermordet. Obwohl, wie gesagt, in verschiedenen Bundesstaaten ähnliche Verbrechen begangen werden, scheint dennoch Jeremy allein mit der Ermittlungsarbeit betraut. Seine Obsession, den zuletzt vor exakt zehn Jahren in Erscheinung getretenen Schlächter hinter Schwedische Gardinen wandern zu lassen, hat indes mit Jeremys eigener Vergangenheit zu tun: Als kleiner Bub ist er nämlich selbst in die Fänge des Unholds geraten, der ihn in einem Sack in einen zugefrorenen See geschleudert hat – und weil Jeremy ein kleiner Houdini gewesen sein muss, hat er es nicht nur geschafft, sich eigenhändig aus dem Sack und den eiskalten Fluten zu befreien, sondern rennt in der Rückblende zu Beginn des Films sogar mit komplett trockener Kleidung heim zu den Eltern. Ein weiterer Grund für Jeremys Engagement wird im ersten Drittel zwar häufig angeschnitten, jedoch später nie weiter elaboriert: Sein Vater nämlich soll einer der besten Cops aller Zeiten gewesen zu sein, - ob dieser sagenhafte Vater noch lebt, was für ein Verhältnis Jeremy zu ihm gehabt hat, und wieso ihm jeder einzelne Kollege, den er im Verlauf des Films begegnet, ihm unter die Nase reiben muss, WIE großartig sein alter Herr gewesen ist, darauf findet das Drehbuch niemals eine Antwort. Nachdem sich Jeremy mit zwei Glatzköpfen, die ebenfalls Polizeibeamte sein sollen, jedoch eher wie zwei Motorradrocker wirken, in einer Sportsbar verabredet und sie dazu rekrutiert hat, mit ihm gemeinsam und einer Kiste voller Schusswaffen in die Wälder zu ziehen, um Jagd auf den Kindskiller zu machen, und nachdem die Jagdpartie damit geendet hat, dass Jeremys beide Freunde von dem Halunken, (den sie natürlich rein zufällig antreffen, als sie nur ein bisschen im schneebedeckten Forst herumgestiefelt sind: es ist ja nicht so, dass es irgendwelche Indizien dafür gegeben hätte, WO GENAU sich der Mörder vorzugsweise aufhält!), auf garstige Weise ermordet werden, stellt sich heraus: Der Sohn des besten Polizisten der Welt hat es mit einem übersinnlichen Wesen, dem leibhaftigen Krampus, zu tun, der im Auftrag des Weihnachtsmannes (!), (bei dem wiederum es sich um Krampus‘ Bruder handelt!), dessen „Naughty List“ unartiger Kinder abarbeitet, sprich, Buben und Mädels, die nicht auf ihre Eltern hören, den ganzen Tag vor der Playstation rumlungern, Altersgenossen grundlos vermöbeln, in eine Höhle irgendwo im Wald verschleppt, wo sie sich sodann in kleinen Käfigen sitzend die Tiraden Santa Claus‘ anhören müssen, der ihnen gehörig verbal die Leviten liest, bevor der Krampus sie (off-screen) um die Ecke bringt. Allerdings besitzt der Krampus auch eigene fleischliche Gelüste: Immer mal wieder scheint er Frauen zu entführen, die sodann barbusig an die Höhlenwand gekettet und von ihm mit einem Sex-Zauber belegt zu werden, (indem dem Krampus Fünkchen aus den Krallen stieben), um anschließend heißblütig bereit zu sein, die Beine für das Zottelwesen zu spreizen. Dem Weihnachtsmann wiederum geht es gehörig gegen den Strich, dass sein Bruder (!) und Handlanger es nicht nur bei den Minderjährigen belässt, die auf seiner „Naughty List“ stehen, rügt Krampus dafür, sich zusätzlich an Frauen zu vergreifen, und befreit die aktuelle Lustsklavin aus ihrer misslichen Lage. Inzwischen hat der Film zwei weitere Sub-Plots eröffnet: Zum einen wird Jeremy in der bereits erwähnten Sportsbar in eine Schlägerei verwickelt, weil, soweit ich mir das zusammengereimt habe, ein anderer Cop ihn für die Tod der beiden Beamten verantwortlich macht, die ihm auf Krampus-Jagd gefolgt sind; zum andern wird ein Vergewaltiger aus dem Gefängnis entlassen, der vor einer Dekade von Jeremy überführt worden ist, und der nun auf Rache sinnt – und deshalb Jeremys Frau und Teenager-Tochter mit ein paar Kumpanen in deren Haushalt überfällt und molestiert. In Jeremys Reihenhaus kommt es zum nervenaufreibenden Showdown, als auch der Krampus vorbeischaut, um ebenfalls Jeremys Frau zu töten und sein Töchterchen mitzunehmen. Das Monstrum nutzt die günstige Gelegenheit, seinen Bodycount zu erhöhen, und metzelt sich freudig durch die Reihen von Jeremys Feinden. Am Ende bleibt unser Held allein neben der Leiche seiner Frau zurück, während der Krampus sich mit seinem Nachwuchs davongemacht hat. Noch einmal fürs Protokoll: Ich habe mir diese komplett zerfaserte Handlung nicht ausgedacht, vielmehr mein Bestes versucht, ihre unmotivierten, teilweise hirnrissigen Wendungen etwas zu glätten und einzustampfen.

2) Scheitert schon das Drehbuch daran, mir die meisten seiner Entwicklungen irgendwie plausibel zu machen, scheitern die Darsteller daran, ihren schemenhaft bleibenden Figuren irgendeine Form von Leben einzuhauchen: Hauptdarsteller A. J. Leslie schlafwandelt durch den Film – und hat wohlgemerkt zur Aufklärung des Krampus-Falls nicht mehr zu tun als ein einziges Mal mit seinen beiden Kumpels auf die Pirsch zu gehen, (wo diese sodann ihr Leben verlieren): Ansonsten plagt er sich mehr mit seinen Kindheitstraumata und irgendwelchen Dudes herum, die ihn in seiner Lieblingsbar blöd von der Seite anquatschen, statt auch nur in der Nähe eines Fahndungserfolgs zu gelangen. Dass Jeremy am Ende nicht mal seine Frau und seine Tochter vor dem sicheren Tod bewahren kann, ist da nur eine folgerichtige Konklusion – und fast würde ich es für schwarze Ironie halten, dass Jeremy in der Schlussszene sogar am Suizid scheitert, und es partout nicht über sich bringt, sich mit der Dienstwaffe den Kopf wegzuschießen, wenn KRAMPUS: THE CHRISTMAS DEVIL über seine Laufzeit von siebzig Minuten hinweg nicht einen so betont ernsthaften, so völlig unironischen Ton anschlagen würde. Alle übrigen Castmitglieder wirken nicht anders wie die Laien, die sie nun mal sind. Auffallend ist, wie viele der Darsteller rein habituell Assoziationen zum Rocker- und Biker-Milieu wecken: Ob Jason Hull schlicht im örtlichen Motorradclub nachgefragt hat, wer denn bereit wäre, sich vor seiner Kamera zum Äffchen zu machen? Die einzige Person mit etwas schauspielerischem Talent dürfte Bill Oberst Jr. sein, der anscheinend etliche Direct-to-Video-B-Movies auf dem Kerbholz hat, und der jenen Vergewaltiger verkörpert, den Jeremy einst zum Gesiebte-Luft-Atmen brachte und der sich nun auf großem Rachefeldzug befindet: Eine neue Dimension des Over-Actings wird erklommen, wenn Oberst jr. sich vor der gefesselten und geknebelten Ehefrau Jeremys absichtlich mit Milch vollsudelt, sich von ihr einen Speichelklumpen mitten ins Gesicht rotzen lässt, ihr mit sich überschlagender Stimme entgegenbrüllt: Where is your hus-bääääääänd! – doch, ehrlich gesagt, fand ich das Ganze auch ziemlich verstörend und eklig. Was man wiederum aus den Figuren von Krampus und Weihnachtsmann gemacht hat, darüber sollte sich eigentlich eine gnädige Schneedecke aus Schweigen legen: Santa Claus sieht, wie gesagt, nicht anders aus als irgendein beliebiger Eckkneipen-Dartspieler, den man in ein rotes Kostüm gezwungen hat; Krampus ist ein Statist in einem mehr oder weniger überzeugenden Halloween-Kostüm, das man wenigstens versucht, so oft wie möglich im Halbschatten oder in gänzlicher Dunkelheit zu zeigen, um seine Geisterbahnhaftigkeit zu kaschieren. Mit dem ursprünglichen Mythos hat es freilich wenig bis gar nichts zu tun, dass Santa Claus und Krampus Brüder sein sollen, und sowieso steht deren gesamte Hintergrundgeschichte auf einer längst zersplitterten Eisfläche: Im Kosmos von KRAMPUS: THE CHRISTMAS DEVIL scheinen Weihnachtsmann und Kramperl ja real existente, mit übermenschlichen Kräften beseelte Wesen zu sein, - doch weswegen sich diese während der Weihnachtszeit auf das Niveau gewöhnlicher Child Molesters herabbegeben, weshalb es ihnen so wichtig ist, ausgerechnet Jeremy eine üble Zeit zu bereiten, und wieso sie ihre Beute erstmal in einer Höhle mitten im Wald gefangen setzen – darüber sollte man besser gar nicht zu lange nachdenken…

3) Technisch-ästhetisch ist KRAMPUS: THE CHRISTMAS DEVIL eine Bankrotterklärung, für die sämtliche Beteiligte im Grunde selbst die Hintern mit Rutenschlägen gestäubt bekommen sollten: Wie man einen Film – selbst mit niedrigem Budget, selbst mit überfordertem Cast, selbst mit einem Drehbuch voller kanonenkugelgroßer Logiklöcher – derart an die Wand fahren kann, ist schon wieder fast als eigene Kunst zu werten. Hulls Film ist unglaublich geschwätzig: Endlose Dialogszenen, in denen die Darsteller die immer selben Informationen ad infinitum wiederholen, so, als würde ihnen der Inhalt ihrer Sätze von einem viel zu leise sprechenden Souffleur außerhalb des Bildkaders zugewispert werden, weswegen sie die Zeit, die sie zum akustischen Verständnis brauchen, mit Füllwörtern aufstocken; etliche Szenen, die völlig ohne rudimentäres Gespür für filmischen Rhythmus und Flow, viel zu lange ausgespielt werden, wenn beispielweise Oberst jr. Jeremys Gattin einen minutenlangen Psycho-Monolog hält, oder wenn wir Jeremy einfach mal (in Zeitlupe!) eine halbe Ewigkeit beim Duschen zusehen dürfen. Zeitlupen werden übrigens öfter eingesetzt, genauso wie Zeitraffer und andere Effekte, die selten narrativ oder anderweitig motiviert anmuten: Hull legt mehrere Bild-Layers übereinander; er ist völlig verliebt in eine Funktion des Videoschneideprogramm seines Vertrauens, mit dem man das Bild zittern lassen kann, als erleide es einen epileptischen Anfall; andererseits simuliert er einen Faustschlag in Zeitlupe ganz ohne eine Zeitlupe einzusetzen: Stattdessen bewegt Jeremy, der ihn in der Kneipenschlägerei ausführt, einfach seinen Arm im Schneckentempo auf seinen Kontrahenten zu. Noch nie in meinem Leben habe ich einen Film gesehen, der derart „out of focus“ ist wie dieser hier: Kaum eine Szene, in der die Schärfe richtig eingestellt wurde. Einzig, wenn selbstzweckhaft die blanken Brüste von Krampus‘ unfreiwilliger Gespielin vor die Kameralinse geraten, müht man sich darum, ja keinen Zentimeter derselben im Unklaren zu lassen. Da KRAMPUS: THE CHRISTMAS DEVIL anscheinend mit 200-Euro-Camcordern gefilmt wurde, die selbst im Jahre 2013 schon nicht mehr dem technischen Standard entsprochen haben dürften, verwundern die technischen Defizite allerdings genauso wenig wie die Tatsache, dass der Sound teilweise so leise ist, dass man die Dialoge nur unter Anstrengung verstehen kann, (weil man nämlich mutmaßlich den Ton nur über das Kameraequipment aufzeichnen ließ, ohne externe Mikrophone zu verwenden.) Hinzukommen eine uninspirierte Montage, die die Bilder eher stumpf nebeneinander aufpflanzt, statt sie harmonisch ineinander übergehen zu lassen, eine musikalische Untermalung, bei der sich mir die Eingeweide zusammenziehen (Metalcore und Gangsterrap mit Christmas-Thematik!) und solche brillanten Notlösungen wie, dass die Cops, weil Hull offenbar nicht die Möglichkeit hatte, auf authentische Polizeiuniformen zurückgreifen, Wintermützchen mit der Aufschrift „Police“ tragen, um als solche erkannt zu werden, dass im einzigen nominellen Splatter-Effekt des Films ein menschliches Herz in den Krampus-Pranken zu Früchtegelee zerrinnt, und ein furchtbar bedeutungsschwangerer Vorspann, der uns über die Hintergründe der Krampus-Figur aufklären möchte, dabei aber vor allem negativ durch reichliche Verwendung von Stock Footage aus der Rubrik „Weihnachtsfeier“ oder „Weihnachtsshopping“ und eine scheußliche Credit-Sequenz auffällt, die auf einem CGI-Buch Vintage-Postkartenmotive vom Krampus entrollt.

Kurzum: KRAMPUS: THE CHRISTMAS DEVIL dürfte einer der wenigen Filme meines Lebens sein, dem ich so gut wie keine Qualitäten zugestehen kann – nicht mal als unfreiwillig komische Trash-Kanone könnte man mit diesem haareraufenden Humbug einen einzigen Spatzen vom Himmel holen. Jason Hull wiederum scheint von seinem Konzept derart überzeugt gewesen zu sein, dass er drei Jahre später noch ein Sequel folgen ließ – (finanziert durch Crowdfunding: na, die Gesichter der edlen Spender möchte ich bei der Premiere gerne gesehen haben!) –, das unter dem Titel KRAMPUS: THE DEVIL RETURNS nach einem Zeitsprung von fünf Jahren die Geschichte Jeremy Duffins und seiner beiden Gegenspieler Santa und Kramperl weiterspinnt: Nach dem Tod seiner Frau und der Verschleppung seiner Tochter hat sich Jeremy als Einsiedler in die Wildnis zurückgezogen. Genau dort spüren ihn zu Beginn zwei ehemalige Arbeitskollegen auf, um ihn zurück in die Zivilisation zu locken: Erneut verschwinden Kinder en masse und vielleicht könne man ja doch noch ein Lebenszeichen seiner Tochter finden! Weshalb man bei der Tätersuche unbedingt auf Jeremy angewiesen ist, der ja im Vorgängerfilm exakt NICHTS in dieser Hinsicht auf die Beine gestellt hat, bleibt rätselhaft, - zumal Jeremy auch in den kommenden achtzig Minuten wenig dazu beitragen wird, Krampus und Santa das Handwerk zu legen. Stattdessen zaubert Hull den Bruder des im ersten Teil vom Krampus ermordeten Psychopathen aus dem Hut; der wiederum vermutet Jeremy als Mörder seines Bruders und schwört seinerseits Rache, die er mit einer Rockergang und seiner großbusigen Geliebten auszuagieren gedenkt – für weite Laufzeitstrecken vergisst KRAMPUS: THE DEVIL RETURNS sein titelgebendes Ungeheuer und konzentriert sich vor allem auf die Versuche Jeremys und seines Teams, besagtes Biker-Killer-Squad auszuheben. Wenn Santa und Kramperl ausnahmsweise mal auftauchen, dann, um, wie gehabt, Kinder in den Sack zu stopfen: Allerdings ist die Behausung der beiden Brüder nicht mehr die lauschige Waldhöhle, sondern nunmehr eine einsame Waldhütte – und auch der Krampus sieht kein bisschen mehr aus wie im Vorgänger, wo man wenigstens noch auf ein Kostüm zurückgriff, das entferne Ähnlichkeit mit dem österreichischen Fabelwesen besaß; die Maske, die unser Teufelchen jetzt trägt, erinnert mich persönlich ja eher an irgendein B-Movie-Alien auf den Fährten von H.R. Giger. Ansonsten gibt es einen Cat Fight zwischen einer Polizistin und der Liebsten des Rockerbosses zu bestaunen; in einer sprachlos machenden Szene hält Santa Claus einen Monolog darüber, wie sehr ihm die Kommerzialisierung seiner Person in der westlichen Welt auf die Nerven gehe, und dass er an Weihnachten am liebsten seine Ruhe hätte, denn er sei ja immerhin ein fuckin‘ God!; Frauenschreie wurden anscheinend von Wasserkocherpfeifen synchronisiert; für einen zwischendurch eingespielten Pseudo-TV-Report mimt ein Mann mit gruslig weit aufgerissenen Augen vor irgendeiner Gartenmauer den Reporter; Santa Claus verdingt sich in einer weiteren irritierenden Szene offenbar in seiner Freizeit als Weihnachtsmann, der in Shopping-Malls die Kinder bespaßt; zu Beginn fallen zwei halbstarke Bübchen in ein verlassenes Haus ein, um dort Radau zu machen, und einer von ihnen besprüht die Wände mit dem schlimmsten Graffiti, das ihm einfällt: MARY X MAS!; fürs Finale hat sich Hull einen ganz besonderen Schlusstwist aufgespart: Jeremy steht nämlich deshalb seit Kindertagen auf der Abschussliste des Weihnachtsmannes, weil er als halbwüchsiger Bengel die Tochter von Santa Claus getötet haben soll, - weshalb Santa Claus zur Strafe Jeremys inzwischen gehirnwaschene und dämonisch besetzte Tochter zuvor dazu gebracht hat, ihren eigenen Vater zu vergewaltigen! Mehr Worte erspare ich mir besser zu diesem wahnsinnigen Sequel, das sämtliche Fehler des Originals sowohl narrativer wie inszenatorischer Natur konsequent erneut begeht. Eigentlich würde ich ja schon gerne mal ein paar Worte mit Regisseur Hull wechseln, um zu erfahren, ob ich einfach den Witz nicht verstehe und seine beiden Krampusse möglicherweise als Parodien oder dekonstruktivistische Film-Experimente intendiert gewesen sind, oder ob der Mann tatsächlich davon überzeugt ist, zwei sehenswerte Filme vorgelegt zu haben, die es verdienen, dass Menschen ihr hartverdientes Geld ausgeben, um sie sich auf DVD kaufen oder bei Netflix anzuschauen…
Benutzeravatar
Salvatore Baccaro
Beiträge: 2992
Registriert: Fr 24. Sep 2010, 20:10

Re: Krampus: The Christmas Devil - Jason Hull (2013)

Beitrag von Salvatore Baccaro »

Normalerweise ist es ja so, dass Filme, die ich als besonders schlecht empfunden habe, in meiner Erinnerung entweder gänzlich verblassen oder dass ich mit einer Art wohlwollenden Milde auf sie herabsehe, sie gewissermaßen im Nachhinein fast ein bisschen aufwerte, im Stil von: So schlimm kann es doch gar nicht gewesen sein. Selten aber hat mich ein Werk, dem ich die Miserablen-Medaille zuerkannt habe, derart noch Wochen nach meiner Sichtung in Atem gehalten wie Jason Hulls Diptychon vom CHRISTMAS DEVIL. Mir wollen diese beiden Filme einfach nicht aus dem Kopf. Nach wie vor stehe ich fassungslos - ach was, so, als sei ich gegen eine Betonmauer gelaufen -, vor der Existenz dieser insgesamt etwa zweieinhalb Stunden Haarerauferei - und mit etwas zeitlichem Abstand komme ich nicht umhin, jedem, der einmal mit vollem Anlauf gegen eine Betonmauer prallen und danach voll Fassungslosigkeit vor derselben stehen möchte, zu raten, sich diese beiden Filme schnellstens zu Gemüte zu führen...
Benutzeravatar
buxtebrawler
Forum Admin
Beiträge: 38557
Registriert: Mo 14. Dez 2009, 23:13
Wohnort: Wo der Hund mit dem Schwanz bellt.
Kontaktdaten:

Re: Krampus: The Christmas Devil - Jason Hull (2013)

Beitrag von buxtebrawler »

Erscheint voraussichtlich am 20.10.2023 bei Magic Movie noch einmal innerhalb der "Horror Weihnacht"-Ramsch-Doppel-DVD:

Bild

Beinhaltet:
Film 1: Stille Nacht, Horror Nacht / USA / 1984 / ca. 81 Min.
Film 2: Mercy Christmas / USA / 2017 / ca. 80 Min.
Film 3: Die Schneekönigin / USA / 2013 / ca. 84 Min.
Film 4: The Christmas Devil / USA / 2013 / ca. 78 Min.
Film 5: Killer God / Kanada / 2010 / ca. 80 Min.
Film 6: Blood Snow / USA / 2009 / ca. 74 Min.

Quelle: https://www.ofdb.de/vorabfassung/846,12 ... ror-Nacht/
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)
Diese Filme sind züchisch krank!
Antworten