Tatort / Polizeiruf 110 - Kritiken und Diskussionen

Moderator: jogiwan

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Canisius
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Re: Tatort - Der Diskussionsthread zur Krimiserie

Beitrag von Canisius »

Ich habe mir in den letzten Tagen die 4 bisher ausgestrahlten Tatorte mit Til Schweiger angesehen. :lol:
Der Actionanteil ist für deutsche Fernsehkrimis erwartungsgemäß überdurchschnittlich hoch und wenn es kracht, Tschiller sich boxt oder rumballert, ist die Inszenierung meistens gelungen. Artur Abraham, Helene Fischer und Ferris MC haben kurze Gastauftritte, werden aber von Tschiller oder Kollegen (der eine amtliche Vinylsammlung in der Bude stehen hat. Die Kamera fängt kurz ein Album von Alice in Chains ein. Das wirkt auf mich nicht unsympathisch. :thup: ) ziemlich schnell und unsanft entsorgt.

Tschiller hat nach der allerersten Szene permanent Blessuren im Gesicht, ist quasi zu 95 % in allen 4 Filmen dauerlädiert und erinnert in dieser Hinsicht ein wenig an Bruce Willis. Dessen Charisma versprüht Schweiger leider nicht mal ansatzweise. Da helfen auch keine Pflaster im Gesicht. Stellenweise gibt es auch etwas zu lachen. Bei einer Szene musste ich tatsächlich laut loslachen. Als Tschillers Ex-Frau erfährt, dass dieser der gemeinsamen Tochter nahezu jeden Tag Pizza mitbringt und seinen väterlichen Pflichten nicht nachkommt, entgegnet Tschiller nörgelnd-nuschelnd, dass er einfach keine Zeit zum Kochen habe. Schließlich habe er sich zu kloppen und rumzuballern :basi: :rambo: zu arbeiten. :lol:

Unfreiwillig komisch dagegen ist ein Dialog zwischen Tschiller und dessen Erzfeind, dem kurdisch-jesidischen Unterweltboss Astan. Der Gangster schildert, was seine Familie als verfolgte Minderheit schon alles hat durchmachen müssen (div. Fluchten, Unterdrückung durch das Regime von Saddam Hussein) und man denkt, dass jetzt ggf. etwas substanzielles kommen könnte. Aber nein. Tschiller entgegnet lediglich, dass ihn die Familiengeschichte nicht interessieren würde. Warum auch? Wozu über politische Zusammenhänge und religiöse Randgruppen nachdenken, wenn man die Welt auch in gut (Polizisten/Menschen ohne Vorstrafen) und böse (Menschen mit Vorstrafen) einteilen kann. Actioncops müssen schließlich stumpf unterwegs sein. :nick: Diese Stumpfheit erinnert mich ein wenig an Ralf Moeller in "Hai-Alarm auf Mallorca", der es ablehnt, einen seltenen Riesenhai zu fangen und der Wissenschaft zu übergeben, damit ein Heilmittel gegen Krebs hergestellt werden kann. Bademeister Moeller zieht es vor, den Hai in die Luft zu sprengen, damit er Rache für seine tote Frau nehmen kann. Das ist natürlich wichtiger als der medizinische Durchbruch bei der Heilung einer schweren Krankheit. :palm:

Ein toller Nebencharakter soll noch Erwähnung finden. Tschiller und Kollege arbeiten im zweiten Teil „Kopfgeld“ mit einem verlottert wirkenden Kollegen von der Drogenfahndung zusammen. Dieser wird intensiv und ausdrucksstark von Ralph Herforth gespielt (mit weitem Abstand der beste Schauspieler in allen 4 Filmen!) Richtig gut. Leider wird der Hintergrund von Herforths Charakter nur unzureichend beleuchtet. Schade. :nixda:

Mein Fazit: Ich glaube mittlerweile nachvollziehen zu können, warum die Schweiger Tatorte polarisieren. "Normale" Ermittlertätigkeiten, nach denen sich der "normale" Tatortgucker sehnt, sind Mangelware. Es gibt im ersten Teil ein kurzes Aufeinandertreffen von Actioncop Tschiller und „konventionellen“ Hamburger Ermittlern, die aber nicht weiter auftauchen. Die Art, wie diese Kollegen den neuen Draufgänger misstrauisch beäugen, dürfte auch auf das Publikum übertragbar sein, die einfach mehr Dialoge und (gewaltfreie) Verhöre in ihrem sonntäglichen Lieblingskrimi sehen möchten. Der Actionfan wiederum wird sich evtl. daran stören, dass eben budgetbedingt nicht so viel in die Luft fliegt wie in einem Hollywood-Actioner und hat wahrscheinlich sowieso Berührungsängste mit der Tatortreihe. Bleiben eigentlich nur Schweigers Fans als Zielgruppe übrig.

Ich hätte es nicht gedacht aber *hüstel* Schweiger als Actioncop ist durchaus guckbar. :kicher:
„Ist es denn schade um diesen Strohhalm, Du Hampelmann?“
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Die Kroete
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Re: Tatort - Der Diskussionsthread zur Krimiserie

Beitrag von Die Kroete »

Das ein Warmduscher mit Pieps-Stimme wie Til Schweiger hier in Deutschland zum Frauenschwarm und Mega-Star werden konnte, sagt schon ne Menge über die gegenwertige Kultur hierzulande aus! :palm:

"Tatort-Fieber" im Bereich Film und Fernsehen gibt dem ganzen noch den Rest! :thdown:
...und dabei geht es mir nicht um die wirklich qualitativ guten Folgen aus früheren Tagen.
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Il Grande Silenzio
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Re: Tatort - Der Diskussionsthread zur Krimiserie

Beitrag von Il Grande Silenzio »

Im Kino lief gestern der Trailer zu TSCHILLER: OFF DUTY.

Der Trailer zeigte einen "Tatort", der kaum etwas mit der Krimiserie zu tun hat, sondern wie ein reiner Actionfilm rüberkommt. Muss ja nicht per se schlecht sein, ich frage mich dabei nur, warum diese Filme unter dem Siegel der Tatort-Reihe vermarktet werden.
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karlAbundzu
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Re: Tatort - Der Diskussionsthread zur Krimiserie

Beitrag von karlAbundzu »

TATORT OST: POLIZEIRUF 110 Und vergib uns unsre schuld

Ich finde, Polizeiruf und Tatort unterscheidet nur der unterschiedliche Vorspann. Daher passt das hier hin.

Gestern ein Münchner mit Matthias Brandt.
Ein wegen Mordes eingesperrter Häftling der Marke Weichei bringt sich, nachdem er verprügelt wurde, im Knast um.
Das war der erste wichtige Fall von von Meuffels. Er wird dann von einem Mann gestalkt, der behauptet, dass er es war, und überzeugt nach und nach von Meuffels.
Toller Schauspieler-Krimi um Matthias Brandt und Karl Markovics (Stockinger!). Wie die beiden den sich immer verzwickter und heftiger werdenden Fall wieder afrollen und wie das filmisch mit immmer anderen Rückblicken gelöst wird, ist schon klasse.
Ich hab zwar das Auftauchen von von Meuffels in München anders in Erinnerung, aber gut.
jogiwan hat geschrieben: solange derartige Filme gedreht werden, ist die Welt noch nicht verloren.
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Onkel Joe
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Re: Tatort - Der Diskussionsthread zur Krimiserie

Beitrag von Onkel Joe »

Theoretiker hat geschrieben:Im Kino lief gestern der Trailer zu TSCHILLER: OFF DUTY.

Der Trailer zeigte einen "Tatort", der kaum etwas mit der Krimiserie zu tun hat, sondern wie ein reiner Actionfilm rüberkommt. Muss ja nicht per se schlecht sein, ich frage mich dabei nur, warum diese Filme unter dem Siegel der Tatort-Reihe vermarktet werden.
Dieser Trailer lief auch gestern vor "Creed" und das ist meiner Meinung nach pure Spinnerei!
Da füttern sich der Schweiger und der Alvart einfach nur ihr Ego, mehr ist das nicht.
Wer tanzen will, muss die Musik bezahlen!
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Il Grande Silenzio
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Re: Tatort - Der Diskussionsthread zur Krimiserie

Beitrag von Il Grande Silenzio »

Den gestrigen Polizeiruf fand ich auch sehr gelungen, obwohl mal wieder der Täter (so gut wie) feststand und mehr dessen Gemütslage und vor allem dies des Ermittlers im Vordergrund stand. Zwar gehen mir diese Psychodramen so langsam etwas auf die Nerven, aber dieser war zum einen sehr gut geschauspielert und zum anderen trotz des vorhersehbaren Endes spannend inszeniert.
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McBrewer
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Re: Tatort - Der Diskussionsthread zur Krimiserie

Beitrag von McBrewer »

Lief gerade auf EINSFestival:

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Mythos TATORT

Sehr unterhaltsam und man bekommt doch auch glatt Bock auf die "alten" Tatort Folgen :popcorn:
Bild
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karlAbundzu
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Re: Tatort - Der Diskussionsthread zur Krimiserie

Beitrag von karlAbundzu »

TATORT 24.1.16 Totenstille

Ein Mord, eine Erpressung und ein vernachlässigter Sohn. Also fast ein Derrick.
Ein saarlänidischer Tatort mit einem gut aufgelegten Devid Striesow, ein guter Schauspieler mit einer ungewöhnlichen und starken Rolle. Die Story um die Gehörlosen, Söldner, Eifersucht und alte Familiengeschichten ist allerdings ein wenig zu sehr konstruiert und viel zu leicht zu erahnen. Schade.
jogiwan hat geschrieben: solange derartige Filme gedreht werden, ist die Welt noch nicht verloren.
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karlAbundzu
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Re: Tatort - Der Diskussionsthread zur Krimiserie

Beitrag von karlAbundzu »

TATORT: Du gehörst mir (2016)
Der neue Odenthal und Kopper ( und Stern).
EIn Bodybuilder wird (ziemlich heftig) in einem Parkhaus über den Haufen gefahren und angezündet. Im selben Parkhaus wurde vor kurzem eine junge Frau und Balletttänzerin vergewaltigt undins Koma gerügelt.
Heftige Themen, daher auch nicht lustig. Interessant, wie hier ermittelt wird, das Trio bricht auseinander, ob anderer Theorien, anderer Vorghensweisen und aufgrund ihrer sowieso vorhandenen Animositäten. Kopper und Lena driften auseinander, Kopper spricht endlich aus, was ihn in letzter Zeit so nervte.
Gut hier, wie die perönlichen Sachen und der Fall ineinander verwoben sind. Nicht gut: Der Krii ist als Whodunnit angelegt und dann doch zu leicht zu durchschauen; die ganze Gangster-Rapper-Nebenstory ist zu klischeehaft aufegesetzt.
Insgesamt aber gut gespielt und erzählt.
jogiwan hat geschrieben: solange derartige Filme gedreht werden, ist die Welt noch nicht verloren.
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jogiwan
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Re: Tatort - Der Diskussionsthread zur Krimiserie

Beitrag von jogiwan »

und noch rasch was aus der Rubrik "Unsere-Tägliche-Schweiger-News-Gib-Uns-Heute: ;)
kleinezeitung.at hat geschrieben: Schweigers Kino-"Tatort" wird zum Kassengift

Im Fernsehen erreicht er ein Millionen-Publikum, im Kino will "Tatort"-Kommissar Nick Tschiller (Til Schweiger) kaum jemand sehen. "Tschiller: Off Duty" kam am Wochenende auf 67.000 Zuschauer.

Der erste Kino-"Tatort" 1985 mit Götz George als Schimanski hatte damals 2,7 Millionen Besucher. Angesprochen auf die Erwartungen für seinen Ausflug in die Lichtspielhäuser sagte Til Schweiger am 3. Februar: "Es kann sein, dass das Kino-"Tatort"-Experiment wieder funktioniert, es kann sein, dass das nicht passiert. Ich bin gespannt."

Mittlerweile steht fest: Diesmal ging das Experiment vollends daneben. Schon in der zweiten Woche fiel "Tschiller: Off Duty" aus den Top 10 der deutschen Kinocharts. Am ersten Wochenende wollten das Special nur rund 110.000 Zuschauer sehen, am zweiten gerade noch 67.000. Laut DWDL liegt das Einspielergebnis bislang somit bei 615.000 Euro. Die ARD kann also unbesorgt sein, dass Schweigers fünften "Tatort" bei seiner Fernsehpremiere 2018 schon alle seine Fans gesehen haben werden - im Gegenteil. Klassisch am Sonntagabend im Fernsehen funktioniert der Krimi mit dem 52-Jährigen bislang gut. Trotz rückläufiger Quoten sahen zuletzt 7,7 Millionen "Tatort"-Freundinnen und -Freunde zu.

Das Kino-Abenteuer "Tschiller: Off Duty" führt Ermittler Nick Tschiller in seinem persönlichsten Fall auf eine gewohnt actiongeladene Odyssee durch halb Europa. Gedreht wurde an Originalschauplätzen in Istanbul, Moskau, Berlin, Brandenburg und Hamburg.
it´s fun to stay at the YMCA!!!



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