Sklaven ihrer Triebe - Ottavio Alessi (1969)

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Moderator: jogiwan

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CamperVan.Helsing
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Sklaven ihrer Triebe - Ottavio Alessi (1969)

Beitrag von CamperVan.Helsing »

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Gibt es etwa noch keinen Thread über diesen Sleaze-Klassiker? :shock: Das geht ja wohl gar nicht...

Ich hoffe ja immer noch, dass sich mal eine Kinorolle nach Gelsenkirchen-Buer verirrt und/oder Camera Obscura die Rechte kauft. Es lohnt sich... :mrgreen:

Aber ich lasse aus Faulheitsgründen lieber den Filmgelehrten M.A. sprechen, dessen Meinung ich auch mal wieder teile.
Seefahrten waren mir schon immer gründlich suspekt. Welcher in seinen Grundzügen gefestigte Mensch begeht denn schon das Wagnis, sich auf schwankende Planken zu begeben, mit der dräuenden Aussicht eines nassen Grabes im Genick? Und Jachten sind ja überhaupt das Hintervorletzte: Reiche Schnösel, die sich mit sektbewehrten Gleichgesinnten auf Schippertörns begeben, um dort Geschäfte zu besprechen und einander mit des anderen Ehepartner zu betrügen. So ist das jedenfalls immer im Film...
TOP SENSATION (SKLAVIN IHRER TRIEBE, 1969) macht da keine Ausnahme: Die Gestalten, die sich auf dem Achterdeck tummeln (hat eine Jacht eigentlich ein Achterdeck?), gehören sämtlich der Spezies "Nutzlose Sektschwenker der oberen Deinhardt-Klasse" an. Man möchte ein Flugzeug einer ausländischen Chartergesellschaft auf sie herabregnen lassen wie den Schwefel des Jüngsten Tages.
Wenn man dann aber sieht, daß Rosalba Neri und Edwige Fenech zu den Gästen gehören, dann möchte man den Schwefel ruhig etwas hintanstellen, etwa für 80 Minuten. Refft die Segel, stellt den Klüverbaum auf Achtern und dann ab nach Lee, bis der Schotmast bricht!
Paola (Rosalba) gibt auch gleich Vollgas und schmeißt mit Dynamitpatronen. "Das geht in die Lenden, was?" begeistert sich ihr Freund Aldo (Maurizio Bonuglia), ein schleimiger Blondpopper. "Warum haben wir keinen Hai getroffen?" fragt Paola ganz geknickt. Diese kleine Exposition gibt uns knapp und präzise zu verstehen, daß dies Menschen sind, die ihre Menschlichkeit über Bord haben gehen lassen. Leiterin dieser Expedition für gestrandetes Menschentum ist Mudy (Nudy? Mutti?), eine eher herbe Dichterin mit menschenverachtenden Ansichten, die als Domina einen guten Erfolg zu verzeichnen haben müßte. Sie führt ein strenges Diktat über ihre Gäste: Aldo ist ihr Stecher vom Dienst, Paola ihre willfährige Gespielin. Als Ballast hat Aldo auch noch seine Freundin Ulla (Edwige) mitgenommen (Mudy: "Die ist nicht sexy, sondern schwachsinnig!"), die die undankbare Aufgabe hat, den geistig leicht zurückgebliebenen Mudy-Sohn Tony in die Freuden der Liebe einzuweihen. Tony ist zwar ziemlich debil, ekelt sich vor der degenerierten Gesellschaft aber zutiefst.
Anders sieht der Fall aus, als die Jollenschiffer auf ein zartes Eiland stoßen, das zwei rurale Originale birgt: den Hirten Andros (den eine Frau später als "den personifizierten Hoden" bezeichnet) und seine kindliche Frau Beba. Besagte Beba ist nicht nur schön, sondern auch schlicht im Geiste. Dieser Umstand wirkt anziehend auf Tony, der deutlich Interesse bekundet. Da für Aldo und Paola eine Erdölkonzession auf dem bösen Spiel steht, machen sie Nägel mit Köpfen: Beba wird aufs Schiff gelotst und abgefüllt, soll zur Sklavin ihrer Triebe gemacht werden. Leider kommt da der tumbe Andros des Weges, der sich aber ebenfalls abfüllen läßt und im betrunkenen Zustand die meisten Frauen durchbumst. Leider weiß Tony mit der holden Beba nichts Besseres anzufangen, als sie zu erdrosseln. Da dies immer noch strafbar ist, stehen die Caprifischer vor dem Problem, Leiche Beba und Schnapsleiche Andros loszuwerden...
Der schon etwas betagte Film (herausgekommen auf dem Label "Heeres Video") gibt eine Menge her: Absurdes Melodrama und draller Sex machen klar Schiff mit den gelegentlichen Prätentionen der Bildführung. Wer dekadente Beat-Bienen und -Bieneriche liebt, sollte nach dem Film Ausschau halten. Die Synchro ist toll. Meine Lieblinge sind: "Mensch, bi zu sein ist eine Gnade!"; "Am frühen Morgen schon verkehrt rum?"; "Liquidiere das Aas!"; und "Das Weib soll sich beschlafen lassen!" Interessant ist, daß der deutsche Verleih offenbar eigene Szenen reingeschmuggelt hat, die eine lustige Polizeigeschichte mit vielen Koteletten erzählen. Bulle Giuseppe wird wiederholt von seinem Boß aus den Federn geholt, in denen er sich mit ständig wechselnden Sexualpartnern wälzt. Und wie der Typ die Frauen behandelt - alles! Leider ist da wohl einiges Urmaterial rausgeflogen, aber jo mei. Schade ist es um eine Szene, in der sich die junge Fenech von einer Ziege die Brüste ablecken läßt! Deutlich geschnitten in der deutschen Fassung, wo Ziegenzungen unter den Hammer des Gesetzes fallen. Regisseur Ottavio Alessi, der das nasse Vergnügen mit Spuren von Loseyeskem Psycho-Kammerspiel-Dampf versieht, wie er in den 60ern beliebt war, hat nur noch einen weiteren Film gemacht, eine "Baby Jane"-Parodie mit Italiens Star-Komiker Totò in der Hauptrolle (einer seiner letzten Filme). Als Drehbuchautor trug Alessi u. a. zum Gelingen von Liberatores NERO VENEZIANO und Festa Campaniles ADULTERIO ALL'ITALIANA bei. Mudy-Darstellerin Maud de Belleroche war übrigens in den 60ern bekannt für einige skandalöse Memoiren, von denen ich neulich eine in einem Antiquariat abgegriffen habe: "Amazone der Lust". Ich würde nach Betrachten des Filmes nicht unbedingt auf diesen Titel kommen. Aber auch "Sklavin der Liebe" rutschte ja etwas am G-Punkt vorbei. Die hübsche Musik zu SKLAVIN ist jedenfalls auf Vinyl erschienen. Volle Kurs auf die Biskaya, ihr Seebären! Ob Luv oder Lee, wir haben die Pest an Bord, oh-heee...
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Re: Sklaven ihrer Triebe - Ottavio Alessi

Beitrag von Reinifilm »

Hat den jemand hier im Forum? *willhaben*
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Santini
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Re: Sklaven ihrer Triebe - Ottavio Alessi

Beitrag von Santini »

Reinifilm hat geschrieben:Hat den jemand hier im Forum? *willhaben*
PN. ;)
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McBrewer
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Re: Sklaven ihrer Triebe - Ottavio Alessi

Beitrag von McBrewer »

Nicht nur weil ich Ugo kenne & er mir diesen Film empfohlen frage ich:

WAS IST DAS FÜR EINE GRANATE ????!!!

Ich saß die letzten 80 Minuten sprichwörtlich mit offenem Mund vor dem gesehenen, meine Beine schmerzten schon von dem darauf Schlagen bzw. "abfeiern" !
"Das Rattennest" und "Nacht der blanken Messer" waren bisher meine Top-Sleaze-Lieblinge...nun kommt definitiv noch SKLAVIN IHRER TRIEBE hinzu!
Edwige ist zwar heiß wie eh & je...hier aber bestimmt noch heißer als sonst wo ;)
Sollte dieser Film irgendwo in Europa noch einmal auf der großen Leinwand zu sehen sein, so lasst es mich bitte wissen.

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...danke Ugo :thup:
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Reinifilm
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Re: Sklaven ihrer Triebe - Ottavio Alessi

Beitrag von Reinifilm »



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buxtebrawler
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Re: Sklaven ihrer Triebe - Ottavio Alessi

Beitrag von buxtebrawler »

Der "Filmgelehrte M.A." (eine exaktere Quellenangabe wäre schön gewesen, Signore Piazza) trifft es ganz gut, der Film ist wahrlich ein ungeschliffenes Juwel.

Allerdings übersieht er, dass der Film nicht "Sklavin ihrer Triebe", sondern "Sklaven ihrer Triebe" heißt... und dass eine Yacht nichts mit Jachtwurst zu tun hat und sich daher mit "Y" schreibt ;)
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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CamperVan.Helsing
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Re: Sklaven ihrer Triebe - Ottavio Alessi

Beitrag von CamperVan.Helsing »

buxtebrawler hat geschrieben:Der "Filmgelehrte M.A." (eine exaktere Quellenangabe wäre schön gewesen, Signore Piazza) trifft es ganz gut, der Film ist wahrlich ein ungeschliffenes Juwel.

Allerdings übersieht er, dass der Film nicht "Sklavin ihrer Triebe", sondern "Sklaven ihrer Triebe" heißt... und dass eine Yacht nichts mit Jachtwurst zu tun hat und sich daher mit "Y" schreibt ;)
Kritik angenommen, allerdings weise ich darauf hin, dass bei Threaderöffnung das Thema "Quellenangabe" noch nicht so brisant war wie heute.

Beim Titel gab es allerdings beide Varianten, sowohl "Sklaven" als auch "Sklavin", wie ich anhand meines Tapes feststellen kann, wo sich die eine Variante auf dem Cover und die andere im Vorspann findet.
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Re: Sklaven ihrer Triebe - Ottavio Alessi

Beitrag von buxtebrawler »

ugo-piazza hat geschrieben:Beim Titel gab es allerdings beide Varianten, sowohl "Sklaven" als auch "Sklavin", wie ich anhand meines Tapes feststellen kann, wo sich die eine Variante auf dem Cover und die andere im Vorspann findet.
Dann nehme ich alles zurück und behaupte das Gegenteil :D

Paar mehr Worte über den Film folgen...
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Re: Sklaven ihrer Triebe - Ottavio Alessi

Beitrag von AL NORTHON »

Ich meine auch,dass der Titel im Trailer nach Lady Frankenstein von Heeres SKLAVIN IHRER TRIEBE ist.
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Re: Sklaven ihrer Triebe - Ottavio Alessi

Beitrag von buxtebrawler »

„Das Weib soll beschlafen werden!“

Der zweite und gleichzeitig letzte Film des italienischen Regisseurs Ottavio Alessi, „Sklaven ihrer Triebe“ aus dem Jahre 1969, ist ein Sleaze-/Erotik-Drama, das sich gewaschen hat. Besetzt mit den Sexbomben Rosalba Neri („Lady Frankenstein“) und Edwige Fenech („Der Killer von Wien“) als dauergeile Paola und Ulla, Maud Belleroche (ihre einzige Rolle?) als resolute, dominante, knallharte Mudy, die ihren zurückgebliebenen oder autistischen, erwachsenen Sohn zum Sex mit der käuflichen Ulla verführen will und Maurizio Bonuglia („Ein schwarzer Tag für den Widder“) als blondem Tunichtgut und Mann Paolas nimmt die Geschichte einer verhängnisvollen Reise auf einer Privatyacht ihren Lauf. Die Charaktere sind reiche Schnösel, die glauben, mit ihrem Geld alles kaufen zu können und sich in ihrer Arroganz und ihrem Hedonismus einen Spaß daraus machen, mit den einfachen Dorfbewohnerin Beba (die „Unschuld vom Lande“) und deren Mann Andro ihre Spielchen zu treiben, nachdem man sich zuvor schon gegenüber der Fauna wie die Axt im Walde benommen und Dynamitstangen ins Meer geworfen sowie zur kurzweiligen Unterhaltung Ziegen erschossen hat. Wenigstens durfte in einer angedeuteten und in der deutschen Fassung anscheinend beschnittenen Sodomie-Szene eine Ziege Ulla die Brust abschlecken...

So richtig grün ist man sich untereinander nicht, denn schon von Haus aus ist jeder sich selbst der Nächste – was natürlich niemanden davon abhält, dem fröhlichen Sex und Partnertausch zu frönen. Jeder verfolgt seine eigenen Interessen, die Aussicht auf eine Beteiligung an den Erdöl-Geschäften Mudys ist eines davon. Bezeichnenderweise ist der apathische, ebenfalls in einer eigenen, allerdings gänzlich anders gearteten Welt lebende Sohn die „moralische Instanz“, denn er ist angewidert von der ganzen Mischpoke und lässt sich weder von Geld, noch von Titten beeindrucken. Erst, als er die Ziegenhirtin Beba kennenlernt, taut er auf, muss aber mit ansehen, wie sie von Paola, Ulla & Co. innerhalb kürzester Zeit benutzt, verbraucht und weggeworfen wird. Spätestens ab hier nimmt die Handlung einen wahrlich dramatischen Verlauf, denn den Anspruch, seine Protagonisten mit all dem nicht einfach davonkommen zu lassen, hatte Alessi an seinen Film. Wer darin eine Allegorie auf das Klassensystem, auf die Ausbeutung der Unterschicht durch die an Geld und Besitz reiche Oberschicht, „das Kapital“, erkennt, liegt gewiss nicht falsch. Einem nicht unbeträchtlichen Teil des Publikums dürfte das aber herzlich egal sein, während es sich sabbernd an der zeigefreudigen Darbietung der Schauspielerinnen ergötzt. Oder möchte Alessi seinem Publikum bewusst verdeutlichen, dass es selbst nicht besser, eben „Sklave seiner Triebe“ ist?

Die vom deutschen Verleih offensichtlich nachträglich eingefügte Parallelhandlung, die suggeriert, dass bereits der letzte Begattungsversuch Tonys tödlich endete und einen herumhurenden Bullen auf die Ermittlung schickt, verstärkt den Sleaze-Faktor, ist aber zu vernachlässigen. Hochgradig gelungen ist hingegen die deutsche Synchronisation, die mit ihren stets zwischen schlüpfrig und zynisch pendelnden Dialogen für einen nochmals erhöhten Unterhaltungsfaktor sorgt. Ein ungeschliffenes Juwel!
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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