Die gemütliche DELIRIA-LITERATUR-LOUNGE

Alles, was nichts oder nur am Rande mit Film zu tun hat

Moderator: jogiwan

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Dick Cockboner
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Re: Die gemütliche DELIRIA-LITERATUR-LOUNGE

Beitrag von Dick Cockboner »

@Bux :thup:
BTW: Ich wohne nur ein paar hundert Meter entfernt neben dem MfS- Headquarter in der Normannenstraße, latsche jeden Tag dran vorbei und, wenn auch nur kurz, ist der Irrsinn regelmäßig präsent.
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karlAbundzu
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Re: Die gemütliche DELIRIA-LITERATUR-LOUNGE

Beitrag von karlAbundzu »

Michael Azzerad: Nirvana
Buch über die Band von einem Journalisten, der wohl ungewöhnlich viel Zugang zu den dreien hatte.
Tja, aber so viel erfährt man dann auch nicht neues.
Und das deutsche E-Book ist eine Katastrophe: tausende Rechtschreibfehler durch ungenaues einscannen oder wie man das auch immer hier macht. Dazu oft ein holpriges deutsch, entweder schlechte KI oder kein deutschsprachiger Übersetzer oder halt kein gutes Anfangsmaterial. Die Bilder auch schlecht umgesetzt im book, in der Mitte durchschnitten, falsche Beschriftung.
Apropos falsch: trotzdem er sich als Kenner der alternativen Rock Szene ausgibt, sind dann doch ein paar Fehler drin (good das Debüt von Sonic youth?).
Immerhin reiter er nicht auf der Courtney ist an allem schuld Welle.
Ansonsten gibt es ein bisschen was zum Leben der dreien, wenig zur Musik. Ich rate ab.
jogiwan hat geschrieben: solange derartige Filme gedreht werden, ist die Welt noch nicht verloren.
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buxtebrawler
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Re: Die gemütliche DELIRIA-LITERATUR-LOUNGE

Beitrag von buxtebrawler »

karlAbundzu hat geschrieben: Mo 25. Aug 2025, 08:48 Michael Azzerad: Nirvana
Buch über die Band von einem Journalisten, der wohl ungewöhnlich viel Zugang zu den dreien hatte.
Tja, aber so viel erfährt man dann auch nicht neues.
Und das deutsche E-Book ist eine Katastrophe: tausende Rechtschreibfehler durch ungenaues einscannen oder wie man das auch immer hier macht. Dazu oft ein holpriges deutsch, entweder schlechte KI oder kein deutschsprachiger Übersetzer oder halt kein gutes Anfangsmaterial. Die Bilder auch schlecht umgesetzt im book, in der Mitte durchschnitten, falsche Beschriftung.
Love Nirvana - hate E-Books :lol:
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)
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buxtebrawler
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Re: Die gemütliche DELIRIA-LITERATUR-LOUNGE

Beitrag von buxtebrawler »

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M. Choquet / Y. Coulon / J. Erbin / J. Bastide / P. Fenech – Idefix und die Unbeugsamen, Band 1: Römer müssen draußen bleiben

Kleiner Hund ganz groß

Das ursprünglich vom „Asterix“-Duo René Goscinny und Albert Uderzo ersonnene Hündchen, das man als treuen Begleiter Obelix‘ kennt, erhielt im Jahre 2021 eine eigene Animationsserie im TV, deren Episoden man im Jahr darauf für diese Spin-off-Reihe in Comicform zu adaptieren begann, anscheinend zunächst im Taschenbuchformat. Diese Neuauflage des ersten, drei Geschichten umfassenden Bands ist 2024 als 52-seitiges Softcover-Album im Egmont-Ehapa-Verlag erschienen.

Die Geschichten drehen sich nicht nur um Idefix, sondern um ein ganzes Ensemble, das zu Beginn wie in den „Asterix“-Comics vorgestellt wird. Neben Idefix zählen Turbine, die schnellste Hündin Lutetias, Dertutnix (genial!), der Muskelprotz von einer Bulldogge, Sardine, die streunende Katze, Weißnix, der Uhu, und Astmatix, der alte Täuberich und Kriegsveteran dazu. Die Geschichten spielen nicht im berühmten gallischen Dorf, sondern im Jahre 52 v. Chr. im von Römern besetzten Lutetia, also dem antiken Paris.

„Lawines Bällchen“ handelt von einem besonderen, antiken Ball, der dummerweise bei der Römerkatze Monalisa landet und durch seine Sprungeigenschaften manche Kettenreaktion auslöst. Auffallend ist, dass sowohl in Idefix' Clique als auch bei den römischen Hunden – und ihrem Herrchen natürlich – die eigentliche Chefin jeweils eine Katze ist. „Die Hicks-Epidemie“ enthält eine popkulturelle Anspielung auf Klaus Lages Evergreen „1000 und 1 Nacht (Zoom!)“, bei aller Feindschaft Hinweise auf die Fortschrittlichkeit der Römer und etwas albernen Slapstick-Humor, wenn auch mit lehrreicher Aussage. Gegen die Schluckauf-Epidemie suchen sow0hl die Römer als auch städtische Gallier den Druiden im Wald. Weitere bekannte Figuren aus dem gallischen Dorf finden am Rande statt. In „Ein Lied für Labienus“ haben es die Römer auf den aufmüpfigen, Protestlieder singenden Barden Grautvornix abgesehen, den die Unbeugsamen befreien müssen – mein Favorit dieses Bands.

In allen drei Geschichten kriegen die Römer ihr Fett weg, wobei der Humor kindlicher als der der „Asterix“-Mutterreihe ist und sich offenbar an eine jüngere Zielgruppe richtet. Insofern dürstet es mich jetzt auch nicht unbedingt nach der Fortsetzung, wenngleich die sich mühelos auf die Gegenwart oder jüngere Geschichte übertragen lassenden Versatzstücke der Geschichten durchaus Spaß machen. Bastide und Fenech beherrschen den grundsätzlich von Uderzo vorgegebenen französischen Funny-Stil perfekt und die drei- bis vierzeilige Panelstruktur bleibt stets übersichtlich und klar, aber variabel bei der Panelgröße. Die hübsch bunte Koloration und das sich an klassischen Comic-Handschriften orientierende, saubere Lettering entsprechen aktuellen Ansprüchen.
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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karlAbundzu
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Beitrag von karlAbundzu »

William Beckford: Vathek. Eine arabische Geschichte oder Die Geschichte des Kalifen Vathek.
1781 vom 21jährigen reichen Erben angeblich in nur zwei Nächten geschrieben. Beeinflusst von der damals hippen französischen Übersetzung Gallands von Tausendundeiner Nacht. Orientalistik war sowieso gerade in, so dass eine orientalische Feierlichkeit den jungen Mann tief beeindruckte und das Leben des immer wissbegierenden Abū Dschaʿfar Hārūn ibn al-Muʿtasim ihn auch beschäftigte.
Herausgekommen ist ein kurzer Roman über eine Reise eines Kalifen.
Vathek, ein immer neugieriger Kalif, mit Hang zu Wutausbrüchen und Sadismus, als Vertreter Gottes auf Erden steht er auch über allen. Eines Tages besucht ihn ein Mann mit wundersamen Schwertern, dessen Geheimnis er lüften will. Der erst schweigsame und später allzu redselige Inder offenbart nach und nach die dämonische Herkunft und den Ort, wo noch mehr solcher Dinge lagern. Und um den zu erreichen muss der Kalif eine Reise tun und Aufträge erfüllen. Und die haben es in sich.
Ein wahrer Fiebertraum: Hier wimmelt es vor Sadismen, Morden und anderen Bluttaten, es treten gemeine Menschen und schreckliche Wesen auf. Das ist ziemlich intensiv geschrieben und so recht war ich nicht drauf vorbereitet.
Alles im Duktus orientalischer Märchen, die ja auch sonst nicht ohne sind, geht Beckford hier in die Vollen. Hat mich beeindruckt.
Und auch kein Wunder, dass dieser Band Einfluss auf Lord Byron, Edgar Allan Poe und HP Lovecraft hatte und gilt als frühes Beispiel einer Gothic Novel.


Andreas Scheffler: Ausdruckstanz ist keine Lösung
In meiner Berliner zeit ging ich gerne zu den sogenannten Lesebühnen, da trafen sich Leteraten und lasen aus frisch geschriebenen kurzen Sachen vor, oder sangen auch mal. Eine meiner Lieblingsbühnen war der Dr. Seltsams Frühschoppen, mit Bov Bjerg, Horst Evers, Hinerk Husen, Sarah Schmidt und Andreas Scheffler. Letzterer war auch Mitherausgeber der von mir eine zeitlang gern gelesener Schrift Salbader.
Andreas Scheffler erzählte gerne aus seiner Jugend in Gütersloh oder aus interessanten oder humorvollen Begebenheiten in Berlin. Das konnte er auch immer launig vortragen.
Nun fiel mir ein Band solcher Geschichten, „Ausdruckstanz ist keine Lösung“ in die Hand, und ich dachte, eine alte Liebe aufleben zu lassen.
Thematisch irgendwie geordnet (so richtig passte es nicht), zeitlich sehr springend: Jugend in Gütersloh, Tage in Berlin, inzwische auch aus dem Dorfleben Brandenburgs. Alles gewürzt mit sehr viel Alkohol.
Was auf der bühne vor 20 Jahren funktionierte, tut es für mich leide rin Buchform nicht. Die Geschichten sind allzu normal, schon mit Anflügen von Schmunzelhumor, aber dann auch sehr redundant, und oft fehlt dieses besondere etwas oder Ausflüge ins Sur- oder Irreale. Und die Geschichten aus Ostwestfalen, aus Berlin, vom Ost-Land haben ich aich schon oft gehört, und hier fügt sich wenig Neues hinzu. Sein Bühnenkollege Horst Evers macht das meines Erachtens interressanter.
Schade.
jogiwan hat geschrieben: solange derartige Filme gedreht werden, ist die Welt noch nicht verloren.
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Blap
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Re: Die gemütliche DELIRIA-LITERATUR-LOUNGE

Beitrag von Blap »

IMG_20250910_105555.jpg
IMG_20250910_105555.jpg (4.44 MiB) 134 mal betrachtet
• Und Jimmy ging zum Regenbogen (Johannes Mario Simmel, 1970)

Manuel Aranda eilt aus seiner Heimat Argentinien nach Wien. Sein Vater wurde dort mit Gift getötet, offenbar von einer Frau namens Valerie Steinfeld, die sich danach ebenfalls das Leben nahm. Manuel trifft in Wien auf Irene, die Nichte von Valerie Steinfeld. Zunächst beherrscht gegenseitiges Misstrauen das Szenario, doch bald begibt man sich gemeinsam auf Spurensuche. Was führte zu dem scheinbar irrsinnigen Mord an Raphaelo Aranda, dem Inhaber eines großen Chemiekonzerns? Der junge Aranda gerät mehr und mehr in ein Netz von Verschwörungen, mitten in Wien, einer der Welthauptstädte der Geheimdienste und Agenten ...

Winter 1969. Simmel zeichnet ein tristes Bild der pulsierenden Hauptstadt Österreichs. Einheimische Behörden sind überfordert und meist schlicht machtlos, Geheimdienste der Großmächte spielen ihre gnadenlosen Spiele. Manuel Aranda ist als sympathischer Protagonist angelegt, wird aber eher oberflächlich umschrieben, geht im Mahlwerk der Strippenzieher auf. Es mangelt nicht an Intrigen, kriminellen Aktivitäten, bei denen man im Bedarfsfall auch nicht vor Morden zurückschreckt.

Interessante Nebencharaktere an allen Fronten. Der arbeitsame und moralische gefestigte Kriminalbeamte, der Manuel Aranda hilfreich zur Seite stehen möchte. Agenten verfeindeter Machtblöcke, deren Ziele und Methoden sich dennoch kaum voneinander unterscheiden. Geheimnisvolle Frauen und natürlich immer wieder ausführliche Rückblenden in die Zeit des Dritten Reichs, hier und da auch in die Zeit davor. Nun kennt man Simmels kritische Haltung gegenüber Behörden und Obrigkeiten, doch einmal mehr haucht er auch den fragwürdigen Gestalten einen Hauch von Menschlichkeit ein, abgesehen von ein paar extrem widerwärtigen Nazi-Schergen.

Eine packende Tour durch das Wien der späten Sechziger. Ein Club der sexuellen Ausschweifungen, eine alte Buchhandlung, ein Hotel der Oberklasse, in Alkohol und Rauch getränkte Büros und Hinterzimmer. Nicht zu vergessen, der gigantische Zentralfriedhof Wiens.

Groß! Mehr davon!
Das Blap™ behandelt Filme wie Frauen
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buxtebrawler
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Christian Blees – Der absolute HORROR: Die Geschichte der Gruselcomics in Deutschland

In der Edition-Alfons-Reihe „Texte zur graphischen Literatur“ erschien im Jahre 2024 dieses rund 240-seitige Taschenbuch des Comic-Experten Christian Blees, der Licht ins Dunkel deutscher Grusel- und Horror-Comicpublikationen zu bringen antritt – und damit auch als Ergänzung zu Alexander Brauns zwei Jahre zuvor erschienenen „Horror im Comic“-Kompendium verstanden werden kann, das sich dem internationalen Raum widmete (und ich noch nicht gelesen habe, daher keine weiteren Vergleiche). Das Buch ist in zehn Kapitel gegliedert, die von einem Vorwort sowie je einem Inhalts-, Literatur-, Stichwort- und Abbildungsverzeichnis flankiert werden.

Klar, die „Gespenster Geschichten“ aus dem Bastei-Verlag kennt jeder, aber was gab und gibt es sonst noch alles und womit fing’s eigentlich an? Blees steigt in sein Thema mit Vorläufern wie Leihbüchern und Verkaufsromanen ein, die allesamt noch erfolglos gewesen seien, mindestens einer sei gar direkt indiziert worden. Früheste deutsche Gruselcomics waren dann „Geisterschiff“-Adaptionen und einzelne Ausgaben der „Illustrierten Klassiker“. In der zweiten Hälfte der 1960er-Jahre erschien eine erste kurzlebige, „Boris Karloff“ betitelte Heftreihe in US-Lizenz beim Bildschriftenverlag. Von den verspätet in den deutschen Kinos angekommenen Horrorfilmen der „Hammer Productions“ über erste Heft-, auch „Groschen“-Romane genannte Belletristik mit Gruselinhalten und Horror-Taschenbuchreihen bis zu ersten in den Geschichtenheften stattfindenden Horrorcomics, von einer ersten, ebenfalls kurzlebigen „Light-Horror“-Comicheftreihe über in Italien lizenzierten Erotikhorror für Erwachsene im Freibeuter-Verlag bis zu den ebendort erschienenen „Tomba“- und „Horror Comic“-Büchern, die jeweils von 1972 bis 1974 publiziert wurden, spannt Bees den Bogen bis zu jenem Zeitpunkt, als der Horrorcomic endlich in Deutschland Fuß zu fassen schien und mit dem bisher meine deutsche Horrorcomic-Zeitrechnung begonnen hatte: dem Erscheinen der schlicht „Horror“ betitelten Heftreihe bei BSV Williams.

Dort wurden von 1972 bis 1984 in 148 Heften Grusel- und Fantasycomics aus dem US-amerikanischen DC-Verlag veröffentlicht, die bereits unter Einfluss des US-Zensurcodes standen, aber auch Marvels Frankenstein- und Dracula-Reihe – jeweils angereichert mit Kurzgeschichten Marvels – und eine Art „Best of EC“ als Sonderband. Blees stellt die interessante These auf, dass die erfolgreichen Riesenmonster aus dem Kino auf den Zensurcode hin für die Comics adaptiert und abgewandelt, in den frühen 1960ern aufgrund sich wandelnden Leserinteresses aber durch Superheldencomics abgelöst worden seien. Keine Ahnung, ob das stimmt, aber dies einmal zu analysieren wäre sicherlich interessant. Ab den 1980ern bekamen Horrorcomics starke Konkurrenz durch die Videofilmindustrie, hier belegt durch ein Zitat aus einem panischen „Spiegel“-Artikel.

Auf die bei Pabel erschienene „Vampirella“ geht Blees detailliert inklusive aller Zusammenhänge ein und zeichnet die Entstehung der US-Magazine „Creepy“ und „Eerie“ nach. Deutschland zensierte und verbot „Vampirella“ schließlich, aber Pabel kehrte kurzerhand ohne Vampirella mit der Heftreihe „Vampir-Comic“ zurück. Diese wurde 1975 bereits wieder eingestellt, weil Pabel generell keine Comics mehr verlegen, sondern sich auf seine Groschenromane konzentrieren wollte. 1981 erlebte „Vampirella“ eine Renaissance im seit jeher aufmüpfigen Volksverlag, Ende der 1990er einen Reboot bei Splitter und von 2000 bis 2004 eine Fortsetzung bei mg publishing.

Der Bastei-Verlag hingegen überflutete das Land ab 1973 mit einer Unmenge an Gruselgroschenromanen, und ein Jahr später folgten die legendären „Gespenster Geschichten“ und Konsorten. Zu letzteren gehörte „Axel F.“, eine anspruchsvollere, sich qualitativ absetzende Reihe, die aufgrund der Ignoranz des dafür zu alt gewordenen Herrn Lübbe persönlich ein trauriges Ende nahm.

Spannend auch die Gründung des Condor-Verlags, in dem 1981 neun Ausgaben des „Gänsehaut“- und von ‘81 bis ‘82 des „Grusel-Comics“-Hefts erschienen, die sich auch heute noch lohnen dürften, weil laut Blees viel älterer US-Stoff enthalten sei. Beide Heftreihen waren nur kurzlebig; im weiteren Verlauf der Dekade spielte Horror auch keine große Rolle mehr für Condor (zwei „Dracula & Co.“-Taschenbücher erschienen noch), bis man gegen Ende der ‘80er mit den großformatigen Heften „Horror“ und „Geisterhaus“ noch einmal angriff und auch ein paar wenige Taschenbücher dieser Titel veröffentlichte. Das verglichen mit der klassischen Comicheft-Größe übergroße Format lag damals im Trend, war von Condor aber bereits Anfang der ‘80er für „Grusel-Comics“ verwendet worden. Jedoch war auch „Horror“ und „Geisterhaus“ nur eine kurze Existenz vergönnt.

Darüber hinaus widmet sich Blees britischen Comics in Deutschland, beginnend mit dem Carlsen-Verlag und dem „Swamp Thing“, dessen Hintergründe ebenfalls genauestens aufgedröselt werden. In den 1980ern wehrte sich das „Swamp Thing“-Team erfolgreich gegen den Zensurcode – endlich! Ab Ende der 1990er mischte Carlsen mit einer Art TV-Comics, darunter „Buffy“, plötzlich auch auf dem Heftmarkt mit, woraufhin ein Abriss zur Geschichte der TV-Comics in den USA folgt. (Es geht in diesem Buch also mitnichten nur um Deutschland, der Titel ist tiefgestapelt.) Auf „Buffy“ folgte Anfang der 2000er-Jahre „Dylan Dog“ bei Carlsen, der dann bei Schwarzer Klecks fortgesetzt wurde und später bei Libellus farbige Neuauflagen erhielt. Auch hierzu führt Blees alles an, was man wissen muss. An Dylan Dog zeigt sich deutlich: Was im Ausland (hier: Italien) ein riesiger Erfolg ist, kann hierzulande auf Sparflamme köcheln oder gar floppen. Mir nicht bewusst gewesen ist es, dass sich mehrere Hefte umfassende Sammelbände erst in den 1980ern in den USA etablierten, in den ‘90ern daraufhin auch hier – und sich als regelrechte Verkaufsschlager entpuppten. Auf Seite 137 beschreibt Blees auch wissenswerte Veränderungen auf Verlags- und Rechteebene, die Zeichnerinnen und Zeichner nicht mehr als reine Angestellte an Verlage banden, die ihnen weitestgehend die Rechte an ihrer Kunst abknöpften. Zwei Seiten weiter erhält man sogar aufschlussreiche Einblicke in die Bezahlung.

Der 2001 gegründete Cross-Cult-Verlag übernahm „Hellboy“ und wurde ab 2006 mit „The Walking Dead“ noch erfolgreicher. Von hier aus unternimmt Blees einen Abstecher zum deutschen „Spawn“-Verleger Infinity. 2007 gründete sich Panini-Comics, wo unter anderem die „Marvel-Zombies“ erschienen. Es folgte die Gründung des neuen Splitter-Verlags mit diversen Hardcover-Horrorcomic-Ausgaben. „From Hell“ erschien bei Cross Cult, „Die Legende von Malemort“ bei Splitter, „Locke & Key“ bei Panini; mit „D“ und „American Vampire“ hielten Vampire bei Splitter und Panini Einzug und, und, und – Blees notiert genau, was bei den jeweiligen Verlagen so alles innerhalb des Genres erschien.

Kapitel 9 über Horror-Mangas beginnt mit einer Erläuterung der konzeptionellen Unterschiede zwischen Comic und Manga sowie der Geschichte der Mangas in Deutschland, der hierzulande mittlerweile erfolgreichsten Comicgattung. Im letzten Kapitel behandelt Blees das Revival der Comichefte sowie aktuelle Publikationen und ilovecomics-Nachdrucke. Um einmal zu veranschaulichen, wie Blees ins Detail geht: ilovecomics druckte 2019 und 2020 die einzigen beiden „Monster“-Hefte nach, die im Jahre 1953 in den USA erschienen waren. Bei dieser Information belässt Blees es nicht, sondern handelt die Geschichte des US-Verlags ab und zeichnet ausführlich die Lebensläufe der beteiligten Zeichner und Texter nach. So sehr er aber aufs Drumherum eingeht, so wenig erfahren wir über den Inhalt – ein kleiner Kritikpunkt. Blees schließt sein Buch mit sehr zuversichtlichen Worten, was den Horrorcomic in Deutschland betrifft.

Apropos Kritik: Der einzige mir aufgefallene Fehler ist ein Setzpatzer auf den Seiten 179 und 180. Dafür scheint mir das Literaturverzeichnis nicht ganz vollständig zu sein. Auf Seite 214 hätte ich gern etwas von Esteban Maroto gesehen, um den es dort geht, statt von Miguel Gómez Esteban – das ist etwas verwirrend. Grundsätzlich ist es aber sehr zu begrüßen, dass Blees mit vielen farbigen Bildern (Titel- und Comicseiten, Panels) arbeitet, sodass sein Buch weit von einer Bleiwüste entfernt ist. Zum Thema Zensur hätte ich mir ein separates Kapitel gewünscht, vielleicht gar inklusive Liste, und ein themenübergreifendes Interview mit einem Horrorcomic-Experten hätte ebenfalls einen Mehrwert darstellen können.

Andererseits ist Blees dieser Experte selbst. Er schuf ein Buch mit wissenschaftlicher Akkuratesse, das zahlreiche erschöpfende Hintergrundinformationen, ja, regelrechte Kurzporträts der Zeichner bietet, deren Originalzitate einflicht und mit Auszügen damaliger Kritiken arbeitet. Blees erwähnt auch gern, was zeitgenössisch jeweils parallel auf dem Horrorfilm- und Buchmarkt angesagt war, und liefert so Kontext und Zeitkolorit. Er sprach mit einigen Persönlichkeiten, unter anderem mit Condor-Gründer Biehler. Das ist hochinteressant und spannend, nicht zuletzt, weil man so nebenbei allgemein etwas über die Geschichte der Comics, nicht nur in Deutschland, erfährt. Blees‘ Querverweise, was wann wo in deutschen Veröffentlichungen publiziert wurde, ist ebenfalls bestes Comichistoriker- und Nerdfutter. „Der absolute HORROR: Die Geschichte der Gruselcomics in Deutschland“ liefert ein Geschichtsseminar der neunten Kunst, Hintergrundinformationen, belegte Zitate der Verantwortlichen und nicht zuletzt Kaufempfehlungen en masse. Ich habe mir einige Titel notiert und freue mich auf deren Lektüre.

Seltsam? Aber so steht es geschrieben …
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Re: Die gemütliche DELIRIA-LITERATUR-LOUNGE

Beitrag von karlAbundzu »

Jasper Fforde: Wo ist Thursday next?
Der sechste Band der Reihe um die Literatur-Geheimagentin Thursday Next. Diesmal spielt es ganz in der Buchwelt, Thursday ist verschwunden, soll aber an den Friedensverhandlungen teilnehmen, die Schrfen Romane und die FemLit stehen kurz vor dem Krieg. Doch sie ist verschwunden; ihre Buchwelt Version wird mehr und mehr hineingezogen.
Ja, eine Art Meta-Roman, es wird hier mit Erzählerwartungen, -genres, -figuren gespielt, parodiert. Und das macht zum sechsten Mal großes Vergnügen. Gerade eine große Flussfahrt mit all den üblichen Verdächtigen macht dahingehend Spaß. Und dadurch, dass hier von den ganzen Figuren die Romanversionen genommen werden (also sozusagen Meta im Meta-Raum), kann Fforde auch mit diesen herum spielen. ich mag ja auch Ffordes Stil und diesen Ansatz. Die Thursday Next haben tatsächlich einen leichten Ton, der mich sofort mitnahm. Ist mir nur ein Rätsel, warum der 7. nicht auf deutsch erschien....
jogiwan hat geschrieben: solange derartige Filme gedreht werden, ist die Welt noch nicht verloren.
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