Die Abenteuer des Kardinal Braun - Lucio Fulci (1967)

Klamauk, Satire & jede Menge Gags

Moderator: jogiwan

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dr. freudstein
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Die Abenteuer des Kardinal Braun - Lucio Fulci (1967)

Beitrag von dr. freudstein »

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Originaltitel: Operazione San Pietro

Herstellungsland: Deutschland / Frankreich / Italien 1967

Regie: Lucio Fulci

Darsteller: Heinz Rühmann, Lando Buzzanca, Edward G. Robinson, Jean-Claude Brialy, Pinuccio Ardia,
Dante Maggio, Ugo Fangareggi, Christine Barclay, Uta Levka, Antonella Della Porta, Wolfgang Kieling
Herbert Fux

Story:
Irgendwann mußte der Pater Brown ja befördert
werden. Daß es gleich zum Kardinal mit hochwichtigen Aufgaben im Vatikan sei, kommt freilich unerwartet, genauso wie die kleine Namensänderung von „Brown" in „Braun". Am Aufgabengebiet hat sich wenig geändert. Mit geradezu traumhafter Sicherheit stößt auch der Kardinal Braun auf Verbrechen, die aufzuklären ihm natürlich heilige Pflicht ist. So muß er halt auch hier die geweihten Säle des Vatikans verlassen und sich in der rauhen Wirklichkeit der profanen Welt sehr handfesten Dingen zuwenden

http://www.ofdb.de/film/7690,Die-Abente ... inal-Braun
dr. freudstein
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Re: Die Abenteuer des Kardinal Braun - Lucio Fulci

Beitrag von dr. freudstein »

Man muß ja nicht immer nur die Splatter & Gore Eskapaden des Altmeisters abfeiern, Lucio Fulci war ja wie hier im Forum sehr oft bekundet, ein vielseitiger Filmemacher. Auch in anderen Genres hat er sich bekannterweise ja ausgetobt wie Gialli, Western oder wie im vorliegendem Fall sogar Komödien hervorgebracht.

Pater Brown ist mittlerweile zum Kardinal Braun emporgestiegen und so seinem Herrn und Schöpfer einige Treppen weiter entgegengekommen. Wieder ganz rührend gespielt von Heinz Rühmann (unglaublich, wer schon mal alles vor Fulcis Kamera arbeiten durfte) und diesen Mann mag ich einfach, alleine sein Lächeln, seine Stimme, seine Art.
Da andere Sympathieträger wie Hugo Stieglitz oder Paul Naschy ja dauerhaft belegt sind, nehme ich mir kurzfristig den Heinzi vor. Sicher sind nicht alle seine Filme mein Interessengebiet, aber rührend ist er in jedem Fall, eine Ikone und bei Bedarf reiche ich ihn auch gerne mal weiter.

Nun, genausowenig wie man Fulci auf Horror reduzieren darf, so ist dieser Film auch kein reiner Rühmann Film, sondern eine italienische Gangsterklamotte mit Gags, wie sie typisch waren für die 60er Jahre.

Eine etwas schusselige Gangsterbande bricht ins Gefängnis ein, statt in eine Bank, dabei entkommt der Insasse Napoleone und beschließt, das große Ding zu drehen. Nämlich den Raub der heiligen Statue Pietà, unbewacht wie sie ist, gelingt dieser Coup sogar ohne Zwischensfälle.
Dummerweise läßt sich diese aufgrund ihres Bekanntheitsgrades und der Beziehung zur Kirche überhaupt nicht verkaufen.
Der amerikanische Gangsterboß Joe Ventura, der in den 20er/30er Jahren so etwas wie ein Al Capone war, nimmt die Sache dann in seine Hand. HInzuzufügen sei, daß er sich grade von einem Dachschaden erholt hatte, der ihn jahrzehntelang auf ein Minimum seiner geistigen Fähigkeiten reduziert hatte. Einige Gangsterkollegen hatten ihn damals in den 30er Jahren ordentlich eins auf die Mütze gekloppt und seitdem blieb der Joe in dieser Zeit gedanklich gefangen. Verbrechen möchte er gerne auf die gute alte Art erledigen mit Maschinenpistolen ratt-tatt-tatt-ratt (usw.) und natürlich mit haltbarem, dauerhaftem Schuhwerk. Doch durch einen Zufall wird er aus seinem Trauma erweckt und er kann sich wieder mit klarem Kopf seinem neuesten Clou widmen, dem Verkauf der Pietà.

Die Kirche ist natürlich zutiefst bestürzt und jagt die Gangsterbande quer durchs ganze Land. Allem voran natürlich der Kardinal Braun, der sich auch als impulsiver Rennfahrer entpuppt und mitdank dem TomTom Gott, dem heiligen Navigator traut er sich so manche Stunt-Meisterleistung zu.

Ja, gelobt sei er und sein Sohn...ähm...Name vergessen :oops:
Auf einem Schiff wird die Bande gestellt und siehe da, die Herren Braun und Ventura verbindet eine alte Freundschaft und so ist die Rückgabe der heiligen Statue kein Hindernis mehr, wäre da nicht eine Gangsterbraut, die auf keinem Fall aufgeben möchte. Und da man gesegnete Herren und Damen (Nonnen waren auch zugegen) nicht mit einer Waffe beikommen kann im herkömmlichen Sinne, startet sie einen Striptease (Gelobt sei...). Doch Kardinal Braun bleibt cool.

Sehr gut inszeniertes Filmchen mit typischen Slapstick/Klamauk, keineswegs neu erfunden, aber damals eben dem Zeitgeist entsprechend und es gibt peinlichere Filme. Nervtötend fand ich diesen hier nicht und ich siedle ihn im Mittelmaß an. Rührt natürlich daher, daß dieses ja nun nicht mein bevorzugtes Genre ist, ich ihn also demzufolge auch nicht sehr oft anschauen werde. Aber meinen Spaß hatte ich.
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Onkel Joe
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Re: Die Abenteuer des Kardinal Braun - Lucio Fulci

Beitrag von Onkel Joe »

Der Film ist im großen und ganzen OK aber nach 45 minuten wünscht man sich einfach nur noch das Ende herbei.
Er plätschert einfach so dahin ohne größer aufzufallen, 2-3 mal kann man mal etwas schmunzel das war es dann aber auch schon.Alle 10-15 Jahre kann man den Sonntags zur Not mal als schlaftabletten einwerfen ;) .
Wer tanzen will, muss die Musik bezahlen!
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buxtebrawler
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Re: Die Abenteuer des Kardinal Braun - Lucio Fulci

Beitrag von buxtebrawler »

@Freudschi: Klasse Text! :thup:
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)
Diese Filme sind züchisch krank!
dr. freudstein
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Re: Die Abenteuer des Kardinal Braun - Lucio Fulci

Beitrag von dr. freudstein »

:prost:
Mein einziger Fan :D
Zum Glück diesmal nicht so sinnverfremdet ausgefallen :kicher:
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Maulwurf
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Re: Die Abenteuer des Kardinal Braun - Lucio Fulci

Beitrag von Maulwurf »

 
Die Abenteuer des Kardinal Braun
Operazione San Pietro / Au diable les anges
Deutschland / Frankreich / Italien 1967
Regie: Lucio Fulci
Lando Buzzanca, Jean-Claude Brialy, Heinz Rühmann, Christine Barclay, Uta Levka, Pinuccio Ardia, Ugo Fangareggi, Dante Maggio, Antonella Della Porta, Herbert Fux, Wolfgang Kieling, Edward G. Robinson, Giovanni Ivan Scratuglia, John Bartha, Angelo Boscariol, Angelo Casadei, Jed Curtis


Die Abenteuer des Kardinal Braun.jpg
Die Abenteuer des Kardinal Braun.jpg (105.35 KiB) 168 mal betrachtet
OFDB
Italo-Cinema (Prisma)

Napoleone und seine Leute sind ziemlich erfolglose Diebe mit großem Hunger und noch größerem Dilettantismus. Cajella lebt davon, als Gigolo alte amerikanische Touristinnen auszunehmen. Joe Ventura war vor 40 Jahren mal eine große Nummer in Chicago, backt aber, seitdem er von seinen eigenen Leuten zusammengeschlagen wurde, ziemlich kleine Brötchen, da er geistig nicht mehr ganz auf der Höhe ist. Seine Partnerin Samantha hat einen großen Job in Rom vor, für den sie die Gangster Poulain und Targout an Bord holt. Weil aber Joe Ventura unbedingt ein Blutbad anrichten will, so wie damals in Chicago, haha, mit der Maschinenpistole rein und takatakatakataka …Man erinnere sich dass er geistig nicht so mehr ganz und so, deshalb steigen Poulain und Targout also wieder aus. Also muss jemand anders her, und da läuft Samantha gerade Cajella über den Weg. Und weil Napoleone und seine Freunde gerade bei Cajella leben, sind so die Beziehungen erstmal halbwegs geknüpft.
Napoleone stiehlt allerdings in einem Anfall von geistiger Umnachtung die Pietà von Michelangelo aus dem Vatikan (also wirklich die Pietà von dem Michelangelo) und stellt sie bei Cajella unter. Für 40 Milliarden Lire will er sie verkaufen. Samantha kriegt das mit, und Joe Ventura stiehlt daraufhin von Cajella die Pietà, um sie selber dem Vatikan für 40 Milliarden anbieten zu können. Und Heinz Rühmann als Kardinal Braun? Der will die Polizei aus dem Spiel lassen und vertraut ganz auf die Hilfe Gottes …

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So im Groben ist das die Handlung, die aber den Irrsinn, der hier stattfindet, und das Tempo nicht einmal ansatzweise beschreibt. Kardinal Braun setzt die gesamte Organisation der römisch-katholischen Kirche in Gang, um die Pietà wieder zurückzubekommen. Priester mit wehenden Rockschößen auf Motorrädern, die durch das Lazio rasen. Nonnen-Funkerinnen, die alles koordinieren („Taube an Pinguin, Taube an Pinguin …“), die Druckereien des Vatikans werden hergenommen um Steckbriefe zu drucken, und weil an dem LKW, mit dem die Pietà gestohlen wurde, das Plakat einer nackten Frau hing, wird auch dieses kurzerhand gedruckt und verteilt. Kardinal Braun steuert das alles wie ein Feldherr, sein Adjutant Siegfried macht die Drecksarbeit, und am Ende kommt sogar Bruder Gabriel in seinem Flugzeug („Er ist zwar kein Engel, aber er fliegt wie einer“) und übernimmt in voller Fahrt einen der Mönche vom Sozius eines Motorrades, um den Abtransport der Pietà per Schiff noch rechtzeitig zu verhindern.

Viel Action und ein irrsinniges Tempo, da kann man die ersten 30 Minuten und die vielen peinlichen Momente im Nachhinein auch ganz gut verschmerzen. Die Rolle Jean-Claude Brialys tut manchmal fast weh, so platt ist sie, und auch Uta Levka übertreibt an vielen Stellen hemmungslos, nicht immer zum Vorteil des Films. Mitleid hat man auch mit Edward G. Robinson, der sich als recht vertrottelter Gangster darstellt – Ich kann mir aber andererseits auch durchaus vorstellen, dass er beim Spielen einen Heidenspaß daran hatte, seine eigenen Rollen von vor 30 Jahren zu karikieren. Die deutsche Synchro ist dazu dann zweckdienlich, wobei bis auf eine Ausnahme alle deutschen Schauspieler sich selber sprechen. Diese Ausnahme allerdings ist Rolf Schult auf Herbert Fux, was etwas gewöhnungsbedürftig ist, auch heute noch. Andere Highlights sind zum Beispiel ein Striptease Uta Levkas um die heranrückenden Heerscharen der Kirche aufzuhalten, oder das bemerkenswert feine und nuancierte Spiel Edward G. Robinsons. Dafür stimmt auf der anderen Seite oft das Timing einzelner Szenen nicht.

Nach einigen schmerzhaften Momenten und einigem Kokolores ist das gesamte letzte Drittel für den geneigten Italo-Fan ein guter Grund, sich diesen herrlichen Unfug anzuschauen. Sicher kein Film der regelmäßig im Player landen wird, aber ich muss zugeben, dass er einen gewissen Charme hat. Wenn man genauer hinschaut …

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6/10
Zuletzt geändert von Maulwurf am Do 27. Jul 2023, 19:22, insgesamt 1-mal geändert.
Was ist die Hölle? Ein Augenblick, in dem man hätte aufpassen sollen, aber es nicht getan hat. Das ist die Hölle ...
Jack Grimaldi
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FarfallaInsanguinata
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Re: Die Abenteuer des Kardinal Braun - Lucio Fulci (1967)

Beitrag von FarfallaInsanguinata »

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