Ich bin zwiegespalten.
Ein Spalt sagt: Wie schön, dass Guadagnino es vermieden hat, der visuellen Überfülle SUSPIRIAs auch nur ansatzweise nacheifern zu wollen - statt kunterbunten Primärfarben dominieren entsättigte, triste Töne, Grau & Schwarz, das quasi das ekakte Kontrastprogramm -; und wie schön auch, dass Guadagnino sich nur des Kernkonzepts SUSPIRIAs bedient hat, und nicht versucht, den Film 1:1 nachzubrabbeln - eine vertraute Figur hier, ein vertrauter Name dort; vertraute Details, Motive, Szenarien, jedoch ganz anders verwandt als im Original, mal nur angedeutet, mal wesentlich stärker ausgeführt -, und ansonsten seine ganz eigene Geschichte erzählt; wie schön, dass Guadagnino ein überzeugendes Zeitbild der Bundesrepublik in den 70ern entwirft, in der vor allem der unterschwellig ständig präsente Polit-Terror der klaustrophobischen Atmosphäre zuträglich ist - (wie in UNDER THE SHADOW explodiert einmal draußen eine Bombe, und das scheint für die Protagonisten bereits so sehr Alltagsgut zu sein, dass man nicht mehr tut als kurz mit den Augenbrauen zu zucken) - und wie schön letztlich, dass so viele fähige Darsteller diesen Film auf ihren Schultern tragen, und wie geschmackvoll die gesamte mise en scène ausgefallen ist, und wie sehr Guadagnino sich einer spekulativen Schlachtplatte verweigert, zu der beispielweise Argentos offizieller dritter Mütter-Film, meiner Meinung nach, tendiert.
Ein anderer Spalt fragt sich bei all den positiven Überraschungen allerdings pausenlos: Was will dieser Film denn nun eigentlich von mir? Wo soll seine Handlung mich hinführen? Was hat die RAF mit den Hierarchie-Streitigkeiten innerhalb der Tanzakademie zu tun? Soll der Hexenspuk eine Allegorie auf das politische Klima der BRD sein? Mehr noch: Wo genau besteht nun eigentlich die Verbindung zwischen Hexenspuk und der nominellen Hauptfigur Dr. Klemperer? Für mich laufen da permanent zwei relativ unabhängige Geschichten nebeinander her, ohne dass sie sich irgendwann wirklich überzeugend treffen; So, als habe Drehbuchautor Kajganich zwei für sich stehende Erzählungen gewaltsam in eine gemeinsame Form pressen wollen. Weshalb muss der Film eigentlich zweieinhalb Stunden dauern, wo doch viele Szenen mir bei der Erstsichtung relativ ins Leere stocherten, und reine Redundanzen bildeten? Wieso erscheint mir der Thom-Yorke-Soundtrack so überaus deplatziert? Sind all die surrealen Alptraumsequenzen reiner Selbstzweck oder steckt in ihnen eine tiefere Botschaft, die ich nur bislang nicht decodiert habe?
Wie gesagt, ich bin zwiegespalten, als habe TENEBREs Axt mich durchhauen.