Verführerinnen-Report - Hans Billian (1972)

Moderator: jogiwan

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CamperVan.Helsing
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Verführerinnen-Report - Hans Billian (1972)

Beitrag von CamperVan.Helsing »

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D 1972

AT: Stundenplan einer Verführung

R: Hans Billian

D: Britt Corvin, Kurt Meinicke, Gaby Borck

Der Thomas ist etwas genervt. Nun ist er schon zweimal mit Monika ausgegangen, und sie haben immer noch keinen Sex miteinander gehabt. Will die Monika etwa als alte Jungfer sterben? So kommt es zu leichtem Gezanke, doch man verabredet, am Wochenende einen schönen Tag gemeinsam zu verbringen. Dieser bringt dann auch ein paar neue Erkenntnisse, als der Thomas die Monika mit einem geliehenen Opel Manta (Manta A natürlich, wir schreiben schließlich 1972, nicht die spätere Prollkarre, das war der Manta B! :opa: ) abholt. Man stößt auf zwei Mönche, die angesichts attraktiver Frauen auch nur an das Eine denken. Nach etwas Petting in freier Natur legen Monika und Thomas eine Pause in einem Ausflugslokal ein, wo sich auch gerade Sabine mit ihrem Geliebten trifft. Der hat ihr freilich unterschlagen, dass er verheiratet ist, und als seine Frau mitsamt den Kindern dort auftaucht, macht sie den beiden auch gleich eine Riesenszene. Der Gatte macht sich mit den Kindern schleunigst aus dem Staub, denn sein Weib wird erst recht zur Furie, als sie Sabines Kleid bemerkt. IHR Kleid! So flüchtet Sabine nackt durch den Außenbewirtschaftungsbereich des Lokals, wo sich Thomas als Gentleman erweist und ihr erstmal eine notdürftige Verhüllungsmöglichkeit anbietet. Nach einem Abstecher zur Sabines Arbeitsplatz, einem Reisebüro (sie hat dort Ersatzklamotten deponiert; ich hatte die ja eher zuhause vermutet), revanchiert sich Sabine, indem sie beiden erst zu einer Party mitschleppt, wo jeder sie kennt, und ihnen ferner eine geheime Adresse flüstert, wo es eine Live-Show zu sehen gibt. Schließlich führt der Weg zu Thomas' Bude, wo zunächst noch die Nachbarn bespannt werden. Doch unaufhaltsam naht der Moment der Entscheidung. Monika möchte ja gerne mit Thomas schlafen, aber noch weniger nach einem einmaligen Ereignis abgelegt werden. Und der Thomas versichert der Monika, dass das nicht passieren werde. Der Höhepunkt des Tages kann kommen.


Zwar gibt es neben dem Handlungsstrang um Monika und Thomas einige eingeflochtene Episoden, die am Rande liegen, weil Thomas z. B. vom Erlebnis eines Freundes erzählt. Gleichwohl erweist sich der Film nicht nur als ein lockeres und sympathisches Werk, sondern auch als ein Kontrapunkt zur SMR-Reihe mit all ihren Abgründen.

So beginnt hier Monika nach einem Telefonat mit Thomas damit, sich auf dem Bett liegend selbst zu befriedigen, als plötzlich ihr Vater in ihr Zimmer kommt. In einer Hartwig-Produktion käme es bestenfalls zu einer Standpauke, die das Mädchen beschämt hätte. Schlimmstenfalls hätte man dort einen Fall von Inzest draus gemacht. Und hier? Der Vater nimmt es zur Kenntnis, es ist überhaupt kein Problem, und bittet Monika, ihm beim Kofferpacken für eine anstehende Geschäftsreise zu helfen. That's all, folks.

In der von Thomas erzählten Episode schleicht sich sein Freund unter einem Vorwand aus der Wohnung. Blöderweise hat er die Zeitung auf dem Tisch liegenlassen, und dort die Anzeige einer Intimmasseurin mit dem Stift markiert. Worauf dessen Frau selbst die Annoncen durchforstet und sich selbst einen entsprechenden Masseur nach Hause bestellt. Gleiches Recht für beide.

Nett ist auch die Episode, bei dem eine Frau aus einem Bild steigt, um eine vernachlässigte Ehefrau lesbelnderweise zu befriedigen. Als der Ehemann nach Hause kommt, verziehen sich die beiden Grazien kurzerhand wieder in das Bild und lassen einen verstörten Gatten zurück...

BTW: Lesbische Einlagen fanden sich in vielen einschlägigen Werken wieder. Bei Billian darf aber auch ein schwules Pärchen knutschen, was Hartwig gewiss nie auf die Leinwand gebracht hätte. In der Bundesrepublik war männliche Homosexualität ja noch bis 1969 strafbar, und dass so eine Szene 1972 noch nicht "state of the art" war, kann man sich vorstellen. In der Lindenstraße war das ja 20 Jahre später ein gewaltiger Aufreger...

Und zweimal gibt es dann noch die Kombination weiße Frau und schwarzer Mann. Auch dies einfach so, ohne das weiter zu thematisieren. Was eben auch bedeutet, dass sonst gerne bediente Vorurteile gar nicht erst aufgegriffen werden.

Einmal war da allerdings ein Punkt, wo ich gedacht habe: Das ist jetzt nicht euer Ernst! Als Sabine im Reisebüro ihr Ersatzkleid holen will, trifft sie dort überraschend einen Arbeitskollegen an, der sich am Wochenende darum kümmern will, die Buchhaltung aufzuarbeiten. Und der unzureichende Bekleidung Sabines sogleich als Aufforderung ansieht. Er will sie, sie will nicht. Sie weist ihn ab, doch sie kommt aus der Situation nicht raus, die bedrohlicher wird. Man weiß, was passieren wird, und denkt sich, dass eine Vergewaltigung doch überhaupt nicht in diesen Film passt.

Und dann passiert etwas Unerwartetes in dieser für Sabine ausweglosen Situation: Dem Möchtegern-Straftäter verweigert sein kleiner Freund den Dienst und tritt in einen Impotenz-Streik. Sabine kann aus der Situation flüchten und macht klar, dass sie dem Chef davon erzählen wird. Es wäre natürlich schöner gewesen, wenn Sabine noch ein- oder zweimal zugetreten hätte, dahin wo es wirklich weh tut. Aber die Fraktion schmieriger alter Männer dürfte auch so entsetzt gewesen sein. Gut so!

Und schließlich die Geschichte von Monika und Thomas. Er ist schon ein Aufreißer gewesen, äußert aber am Anfang gegenüber einem befreundeten Pärchen, bei Monika sei es anders. Ja, er drängt durchaus, aber Monikas Auffassung ist klar: Sex gibt's erst, wenn ich dazu bereit bin. Und das hängt wiederum auch von Thomas' Einstellung ab. Und genau das sollte ja eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein. Hartwig & Hofbauer sahen das offenbar anders...

Tja, und über die SMR-Reihe redet man immer noch. Die Geschichte von Monika und Thomas hingegen lief nie im Fernsehen und erschien auch nie auf Video (?). Um so erstaunlicher, dass nicht nur dieser Film, sondern noch weitere Raritäten der REPA-Film ausgegraben und auf DVD rausgebracht wurden. Für Filmar(s)chäologen ein Muss. :mrgreen:
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Maulwurf
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Re: Verführerinnen-Report - Hans Billian

Beitrag von Maulwurf »

Klingt interessant, vielen Dank für die Vorstellung! STUNDENPLAN EINER VERFÜHRUNG ist in der OFDB als HC deklariert (was ich für unwahrscheinlich halte - Was sagst Du, Ugo?), aber sonst findet sich da nichts mehr. Kannst Du sagen, bei welchem Label der erschienen ist?
Was ist die Hölle? Ein Augenblick, in dem man hätte aufpassen sollen, aber es nicht getan hat. Das ist die Hölle ...
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CamperVan.Helsing
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Re: Verführerinnen-Report - Hans Billian

Beitrag von CamperVan.Helsing »

Maulwurf hat geschrieben: So 30. Jan 2022, 06:42 Klingt interessant, vielen Dank für die Vorstellung! STUNDENPLAN EINER VERFÜHRUNG ist in der OFDB als HC deklariert (was ich für unwahrscheinlich halte - Was sagst Du, Ugo?), aber sonst findet sich da nichts mehr. Kannst Du sagen, bei welchem Label der erschienen ist?
Bei dem als HC deklarierten Werk handelt es sich um einen Kurzfilm auf Super-8.

Dieser Kinofilm wird in der OFDB, wie schon von Dick C. verlinkt, als "Die wilden Sexschülerinnen" geführt. Ob das wirklich das Originaltitel war, erscheint mir doch sehr zweifelhaft. Einge Google-Suche fördert zutage, dass das VFL-Label ein Tape mit diesem Titel hatte. Ob das tatsächlich eine verschärfte Fassung dieses Films ist, weiß ich nicht. Möglich wäre es wohl, wenn man sich die Beteiligten anschaut. Hierzulande wäre das 1972 freilich noch nicht legal gewesen.
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Maulwurf
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Re: Verführerinnen-Report - Hans Billian (1972)

Beitrag von Maulwurf »

VIelen Dank euch beiden! Hätte ich im Leben nicht unter diesem Titel gefunden ...
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Re: Verführerinnen-Report - Hans Billian (1972)

Beitrag von buxtebrawler »

Erscheint voraussichtlich am 28.03.2024 bei Sedna Medien noch einmal auf DVD:

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Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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