Samsara - Ron Fricke (2011)

Moderator: jogiwan

Antworten
Benutzeravatar
Maulwurf
Beiträge: 2808
Registriert: Mo 12. Okt 2020, 18:11
Wohnort: Im finsteren Tal

Samsara - Ron Fricke (2011)

Beitrag von Maulwurf »

 
Samsara
Samsara
USA 2011
Regie: Ron Fricke


Samsara.jpg
Samsara.jpg (108.67 KiB) 145 mal betrachtet
OFDB

Samsara bezeichnet den immerwährenden Zyklus des Seins, die Abfolge von Werden und Vergehen und den Kreislauf der Wiedergeburten. SAMSARA, das ist eine Reise durch die Bilder dieser Welt. Aber es wird nicht zwingend auf die Schönheit der Natur und der unberührten (haha) Natur gedeutet; der Blick von SAMSARA ist weiter gefasst, universeller, und wir sehen neben beeindruckenden vietnamesischen Tempelanlagen und französischem Hochgebirge auch Hühnerfarmen und Massentötungen im Sekundentakt, genauso wie Dauerstau in Los Angeles und Changzhou. Abgelegene Hochtäler in Äthiopien stehen neben sich anbietenden Showgirls in Südostasien, die Türme von Mont Saint Michel neben Tanzertüchtigung in einem indonesischen Gefängnis. Die Massen die um die Kaaba in Mekka ziehen und eine tiefe Stille im Vatikan, Tempeltänzerinnen in Thailand neben swingenden Lederboys in Venezuela …

Bild Bild

Bild Bild

Bild Bild

Die Bilder sind zutiefst beeindruckend! SAMSARA ist auf 70mm gedreht und dürfte in einem geeigneten Kino mit einer entsprechenden Leinwand ein Erlebnis sein das man niemals vergisst. Umwerfende Bilder aus 25 Ländern und fünf Kontinenten, immer wieder geschickt verzahnt mit berührenden Großaufnahmen von Gesichtern. Die Tempeltänzerinnen, Stammesangehörige der Ibu (zeitgemäß in traditioneller Kleidung und mit Kalaschnikows) oder eine leise weinende Geisha. Bilder zum darin versinken und abtauchen. Aber gleichzeitig möchte ich mich allen Ernstes der Meinung von epd-Film anschließen: „Befremdlich die Auswahl, die sich im Negativen auf asiatische Soldaten in martialischen Positionen fixiert, während als einziger US-Vertreter ein durch Verwundung verunstalteter Offizier auf einem Heldenfriedhof posiert. [..]Befremdlich aber auch hier wieder die weitgehende Fixierung der US-amerikanischen Produktion auf exotische Menschen und Orte, von denen einige in den letzten Jahrzehnten fast zu Standardtopoi dokumentarischer Schaulust geworden sind: Indonesische Schwefelminen, chinesische Arbeiterkolonnen, brasilianische Müllhalden – alles in Panavision mit opulenter Musikbegleitung. Irgendwann kommt da der Gedanke, ob es – gerade bei dem von den Autoren für sich postulierten spirituellen Ansatz – nicht angemessener gewesen wäre, der Welt auch filmtechnisch mit weniger Gigantomanie und mehr Demut entgegenzutreten.“ (1)

Bild Bild

Genau so sehe ich es auch, denn spätestens mit den dicken Essern, den Patienten der Fettabsaugung und den leichtbekleideten Tänzerinnen in einem asiatischen Nachtclub entpuppt sich SAMSARA dann doch schlussendlich als eine moderne Variante eines Mondo-Filmes. Als ein Angehöriger des Genres, das niemand will, niemand mag, und dessen Hochzeit angeblich ach so lange zurück liegt: Schaut mal her, wie dekadent doch die Menschen in den exotischen Ländern sind, so scheint der Tenor dieses Filmes. Nur dass hier, anders als in den „klassischen“ Mondos der 60er- und 70er-Jahre, keine vergleichenden oder wertenden Off-Kommentare dazu abgegeben werden. Dies obliegt dem Zuschauer, der auf diese Art leicht zu der Überzeugung kommt, dass die Naturbilder schön sind, seine eigenen Wertungen und Vergleiche aber eher einseitig ausfallen lässt. Die Anblicke von Kindern auf asiatischen oder afrikanischen Müllkippen machen ja auch immer so betroffen! Wieso sieht man eigentlich nie Bilder von US-amerikanischen Müllkippen?
Die Auswahl der Drehorte scheint tatsächlich auf maximale Exotik ausgerichtet zu sein, wenngleich das Monument Valley und der Antelope Canyon für US-amerikanische Zuschauer sicher nicht unter den Begriff Exotik fallen, aber im Kanon der unsagbar faszinierenden Naturschönheiten natürlich niemals fehlen dürfen. Insgesamt bleibt ein gewisses zwiespältiges Gefühl zurück, welches von den opulenten Bildern eben nicht ganz an den Rand gedrängt werden kann – Das Gefühl, dass die Auswahl der Drehorte vielleicht doch nicht nur am maximalen Eindruck erfolgt ist …

(1) https://www.epd-film.de/filmkritiken/samsara

Bild Bild

Bild Bild

6/10
Was ist die Hölle? Ein Augenblick, in dem man hätte aufpassen sollen, aber es nicht getan hat. Das ist die Hölle ...
Jack Grimaldi
Antworten