Falco – Forever Young - Patrick Hibler (2017) [Doku]

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Falco – Forever Young - Patrick Hibler (2017) [Doku]

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Originaltitel: Falco – Forever Young

Herstellungsland: Österreich / 2017

Regie: Patrick Hibler

Mitwirkende: Wickerl Adam, Rob Bolland, Horst Bork, Maurice Ernst, Herbert Fechter, Roman Gregory, Walter Gröbchen, André Heller, Gottfried Helnwein, Alois Hölzel, Maria Hölzel, Thomas Jarmer, Alexander Kerbst, Niki Lauda, Julian le Play, Caroline Perron, Bertl Pistracher, Robert Ponger, Nina Proll, Bernhard Rabitsch, Thomas Rabitsch, Peter Rein, Herwig Rüdisser, Paul Skrepek, Markus Spiegel, Barbara Stöckl, Peter Vieweger, Katharina-Bianca Vitkovic, Stefan Weber u. A.
Falco – das ist der Sound der Achtzigerjahre. Mit Songs wie „Rock Me Amadeus“, „Der Kommissar“ und „Jeanny“ schrieb der österreichische Popsänger die Tonspur einer ganzen Generation. Er war einer der ganz wenigen österreichischen Musiker, die international Erfolg hatten. Spätestens als „Rock Me Amadeus“ in den USA auf Platz eins der Charts gestiegen war, wurde klar, dass hier Popgeschichte geschrieben wurde.
Der 1998 tödlich verunglückte Ausnahmekünstler Falco wäre in diesem Jahr 60 geworden. Zu diesem Anlass entstand ein Porträt, in dem einige der namhaftesten Falco-Kenner zu Wort kommen: unter anderen André Heller, Niki Lauda, die Band Opus, natürlich die ehemaligen Bandkollegen sowie Vertreter der heutigen Generation von Popmusikern wie Bilderbuch, Julien Le Play u. v. a.
Außerdem äußert sich Falcos langjähriger Manager und Freund, der Ingolstädter Horst Bork. Er nahm eine zentrale Rolle in dessen Leben und Karriere ein und hat die Fäden für die internationale Karriere gezogen. Er war es auch, der Falco durch schwere Stunden seiner Karriere schleppte und begleitet hat.
Der Film zeigt Falco von seinen ersten Auftritten im Wiener Underground bis hin zur posthumen Vermarktung als Stilikone. Zu sehen sind bislang verschollen geglaubte und unveröffentlichte Archiv-Raritäten: Falco backstage bei Videodrehs, auf Promotion-Tour in den USA und bei Studioaufnahmen.
Nicht zuletzt sind ein bislang unveröffentlichter Konzertmitschnitt sowie noch niemals gesendete, sehr private Interviews mit dem Regisseur Patrick Hibler zu sehen. Er hat Falcos Karriere eine Zeit lang selbst journalistisch begleitet und zeigt die Kultfigur Falco von ihrer ganz persönlichen Seite.
Quelle: https://www.br.de/br-fernsehen/programm ... 54310.html

Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)
Diese Filme sind züchisch krank!
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Re: Falco – Forever Young - Patrick Hibler (2017) [Doku]

Beitrag von buxtebrawler »

„Er war einsam und zerrissen.“

Die Zusammenarbeit des ORF mit der Raum.Film-Filmproduktion, der ca. 77-minütige Dokumentarfilm „Falco – Forever Young“, ist eine von mehreren Produktionen, die sich anlässlich Falcos 60. Geburtstags im Jahre 2017 mit dessen Leben, Wirken und Kunst beschäftigten: Im selben Jahr strahlte der deutsche Privatsender Vox die fast dreieinhalbstündige Dokumentation „Er war Superstar: Falco - Eine Legende wird 60“ aus und erschienen Rudi Delozals „Falco – Die ultimative Doku“ sowie der Falco-Beitrag zur Arte-Reihe „Too young to die“. Dieser vom österreichischen Regisseur Patrick Hibler gedrehte Film feierte seine TV-Premiere am 4. Februar 2017 auf ORF III, die bundesdeutsche Ausstrahlung folgte am 21. Februar auf BR3.

Aufgrund der Vielzahl dieser Produktionen mag das Thema auf den ersten Blick wie ein reichlich gemolkener Goldesel erscheinen, doch beweist sie das ungebrochene Interesse an Falco alias Johann „Hans“ Hölzel als Musiker und Person, von dem auch 20 Jahre nach seinem tragischen Tod noch eine ungeheure Faszination ausgeht. Hibler hatte als Journalist in jungen Jahren höchstpersönlich ein Interview mit Falco geführt, Auszüge dieses aufs Jahr 1991 datierenden Gesprächs finden sich im mit Off-Sprecher Matthias Euba verstärkten Film ebenso wie eine Vielzahl teils raren Archivmaterials aus alten Live-Ausschnitten, TV-Auftritten, weiteren Interviews etc. Prominente Freundinnen und Freunde, Kolleginnen und Kollegen sowie Weggefährtinnen und Weggefährten wie André Heller, Niki Lauda, Markus Spiegel, Thomas Rabitsch, die Band Opus und Nina Proll sowie Falcos langjähriger Manager Horst Bork kommen ebenso zu Wort wie jüngere österreichische Künstlerinnen und Künstler (Bilderbuch, Julien Le Play, Alkbottle, Thomas Jarmer von Garish) und Falcos vermeintliche Tochter Katharina-Bianca Vitkovic, die er wie ein eigenes Kind angenommen hatte. Das Besondere indes ist, dass es Hibler auch gelang, Falcos 89-jährigen Vater Alois Hölzel vor die Kamera zu bekommen, der das Potential und Genie seines Sohns nicht erkannt hatte und bis heute eher verwundert über dessen Erfolg scheint. Das ist eines der Alleinstellungsmerkmale dieser Dokumentation.

Hibler begibt sich auf einen chronologischen Streifzug durch Falcos Leben und Karriere. Sein Aufwachsen wird kurz angerissen, es folgen die Entwicklung der Kunstfigur Falco (über die Falco gern in der dritten Person sprach) und die ersten Bands, angereichert mit Szenen aus dem „Verdammt, wir leben noch“-Spielfilm. Vieles kennt man aus den zahlreichen anderen Falco-Dokus: Dass der erste große Hit „Der Kommissar“ ursprünglich als B-Seite gedacht war, sich das erste Album gut verkaufte und dessen Nachfolger „Junge Roemer“ Bowie-inspiriert und etwas überambitioniert war. Dass Opus auf ihm als Background-Sänger involviert waren, dürfte hingegen weniger bekannt sein. Der Drahdiwaberl-Sänger meint, das Album sei „zu kalt“ gewesen – da ist sicherlich etwas dran. Es folgte der Durchbruch mit dem dritten Album, das in enger Zusammenarbeit mit den Bolland-Brüdern entstanden war und mit dessen größtem Hit „Rock Me Amadeus“ Falco zunächst gehadert hatte. Zur Illustration dieses Abschnitts der Karriere Falcos hat Hibler in Form eines kritischen TV-Interview, das die Moderatorin Barbara Stöckl mit Falco führte, ein schönes Zeitdokument zu Tage gefördert.

Das Phänomen „Jeanny“ mitsamt Skandal findet natürlich ebenso Beachtung wie Falcos Nr.-1-Erfolg in den USA, den er als Belastung empfand, und seine vermeintliche Vaterschaft. Die Doku wirft nun ein kritisches Schlaglicht auf die Maschinerie des Musikgeschäfts und die Probleme, die sie Falco bereitete, beispielsweise auf der Japan-Tour zum „Emotional“-Album, und die schließlich zur Absage der US-Tour führten. Die nächsten beiden Alben wurden Misserfolge, was mir in Hinblick auf „Wiener Blut“ noch immer ein Rätsel ist, und auch „Data De Groove“ hat seine großen Momente. Musikjournalist Walter Gröbchen ordnet den „Junge Roemer“-„Flop“ korrigierend ein (denn nach diesen Verkaufszahlen hätte sich manch anderer die Finger geleckt) und bezeichnet „Data De Groove“ gar als missverstanden und visionär.

Anfang der 1990er gelang mit dem Comeback-Album „Nachtflug“ ein Achtungserfolg. Falco ging wieder auf Tour, hatte mit Sylvia eine feste Partnerin an seiner Seite, versuchte, von seinen Achillesfersen Alkohol und Tabletten abstinent zu bleiben und wirkte aufgeräumt. Inmitten dieser Harmonie vertieft Hibler Falcos schwierige Beziehung zu seinem Vater in einem sehr persönlichen Interview mit Alois Hölzel – ein bis dahin wenig beachtetes Puzzlestück in den Versuchen, Falcos bzw. Hans Hölzels Persönlichkeit zu erkunden.

Die Endphase wird durch Falcos Technoprojekte T»MA (erfolgreich) und T»MB (weniger erfolgreich) eingeläutet. Zu dieser Zeit hatte er seinen Lebensmittelpunkt bereits in die Dominikanische Republik verlegt und in Carolin eine neue Lebensgefährtin gefunden. Er feierte seinen 40. Geburtstag und plante ein neues Album, war jedoch etwas verunsichert und feilte lange daran. Aufgrund seines tödlichen Autounfalls erscheint es posthum und beschert ihm ein – bittere Ironie des Schicksals – posthumes Comeback mit neuen Hits und hohen Verkaufszahlen. Darüber hinaus erfährt man, dass Falco mit einer Million in der Kreide gestanden habe. Falcos Stiftung und Nachlassverwaltung streift Hibler nur kurz und lässt unerwähnt, dass sich mit Ronald Seunig ein Unternehmer und bekennender Rechtsextremist den Stiftungsvorsitz gekrallt hat und seither mutmaßlich von Falcos Tantiemen profitiert, während er in der Öffentlichkeit den angeblich besten Freund Falcos markiert – ein unwürdiges Trauerspiel und vermutlich perfektes Beispiel für einen falschen Freund (von denen Falco viele gehabt haben dürfte) und einen schmierigen Erbschleicher. Abschließend geht Hibler auf Falcos musikalisches Vermächtnis und seinen Einfluss auf jüngere Generationen ein. Verweise aufs Falco-Musical und einige warme Nachrufe runden „Falco – Forever Young“ ab.

Da Hibler in Sachen Archivmaterial offenbar aus dem Vollen schöpfen konnte, gelang es ihm, jede Phase aus Falcos Karriere von eben jenem persönlich und treffend kommentieren zu lassen. Interessant ist es dabei, zu beobachten, wann Falco in Interviews offensichtlich in die Rolle seiner Kunstfigur schlüpfte – und wann eher nicht. Spezielle Single-Veröffentlichungen und Kooperationen Falcos mit z.B. Désirée Nosbusch oder Brigitte Nielsen bleiben leider unerwähnt, generell hätte man sich gern eingehender mit Falcos Musik auseinandersetzen dürfen. Andererseits verdeutlicht „Falco – Forever Young“ einmal mehr, dass Falco keinesfalls auf seine Musik reduziert werden konnte, sondern ein Gesamtkunstwerk war, eine Stilikone und Aushängeschild Österreichs, letztlich aber eben auch ein Menschen mit Fehlern und Problemen.

Mit vielen anderen Falco-Dokus hat der Film „Falco – Forever Young“ u.a. gemein, dass er wirkt, als habe ein ehrliches Interesse an Falco sowohl als Künstler als auch als Mensch bestanden. Kaum eine dieser Dokumentationen äußert sich despektierlich, allzu reißerisch oder wühlt auf üblem Gossip-Niveau im Intimsten. Man begegnet Falco mit einer Mischung aus Ehrfurcht und Faszination, untermauert seinen Stellenwert und hilft dabei mit, ihn weiter zu zementieren. Die Kehrseite der Medaille sind die Wiederholungen und Überschneidungen, die sich naturgemäß ergeben, wenn dasselbe Thema von verschiedenen Filmemachern immer wieder bearbeitet wird. Und angesichts weiterer Produktionen wie dem Falco-Spielfilm, dem Falco-Musical und diversen posthumen Tonträgerveröffentlichungen wirkt es bisweilen, als kralle sich die Unterhaltungsindustrie nach wie vor an Falco fest und möchte ihn einfach nicht gehen lassen.

Ob das als Statement in Bezug auf den aktuellen Popmusikmarkt und dessen Qualität interpretiert werden kann und wenn ja, wie es genau lautet, soll an dieser Stelle aber nicht diskutiert werden. Dass ich mir lieber noch einmal die „Einzelhaft“ auflege, soll als Antwort genügen…
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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