Euer nächstes/letztes Konzert bzw. Live-Event

Moderator: jogiwan

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Re: Euer nächstes/letztes Konzert bzw. Live-Event

Beitrag von buxtebrawler »

07.12.2019, Lobusch, Hamburg:
GEWALTBEREIT + ANTIGEN + HATEHUG


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ABSTURTZ lockten ins Gängeviertel, CHEFDENKER beehrten das Hafenklang, ich aber entschied mich fürs Geballer-Konzert in der Lobusch. Kurz nach 21:00 Uhr war allerdings noch kaum jemand da, sodass noch reichlich Wasser die Elbe (und Bier die Kehle) runterfloss, bis das Berliner Krachquartett HATEHUG irgendwann sein Intro in Form einer Rückkopplung in zwei Tönen erzeugte und anschließend seinen D-Beat/Crust-Punk durchholzte. Das ging relativ unterbrechungsfrei, zu Ansagen oder Kommunikation mit dem mittlerweile in beachtlicher Anzahl erschienenen Publikum ließ sich der Brüllhannes im Sega-Shirt nicht herab. Eben jenes Publikum sah sich dann auch kaum zu Reaktionen genötigt, Gespräche in der Umbaupause ergaben aber, dass die Band durchaus zu gefallen wusste. Tight, konsequent und zudem gut abgemischt war’s allemal und meine Ohren nun frei.

Von ANTIGEN hatte ich bisher lediglich das 2006 erschienene Debütalbum gehört, das mir mit seinem deutschsprachigen Punkrock nicht so gut reinlief. Ehemals in Göttingen stationiert, ist Sängerin/Bassistin Steffi mittlerweile nach Prag übergesiedelt und scheint ihre Band dort einer Neuausrichtung unterzogen zu haben. Die Texte sind nun auf Englisch und der Sound ist verglichen mit dem Debüt – was seitdem veröffentlicht wurde, kenne ich ehrlich gesagt nicht – deutlich härter und kantiger, aggressiver Hardcore-Punk mit angecrusteter Klampfe und Steffis zwischen Rotz, wütendem Geschrei und etwas Melodik mäanderndem Gesang als Alleinstellungsmerkmal. Auch wenn man aufgrund der Verhinderung des zweiten Gitarristen lediglich in Triogröße auftrat, kam das sehr gut und machte Laune, zumal der herausragende Drummer technisch einwandfrei die flotten Beats wirbelte und das Tempo wie eine gut geölte Nähmaschine hielt. U.a. meine lautstarken Forderungen nach einer Zugabe brachten die Band in die Verlegenheit, einen bereits gespielten Song zu wiederholen. „Weißer Mann“, der Hit vom Debüt, zählt heutzutage leider nicht mehr zum Set, hätte wohl auch einen Stilbruch bedeutet. Nichtsdestotrotz: Toller, überzeugender Gig, der Stimmung in die Bude brachte!

Diese erreichte ihren Höhepunkt bei GEWALTBEREIT aus Leipzig, die erst letztes Wochenende im Störtebeker gespielt hatten. Supergarstiger Hardcore-Punk mit klasse auf den Punkt kommenden deutschsprachigen Texten wie damals in den ‘80ern, pfeilschnell und stakkatoartig vom auch mal die Bühne verlassenden Frontmann geshoutet. Im Prinzip klang die Band, als würde man die Klassiker des Genres auf 77 statt 33 rpm abspielen. Gefühlt war schon nach ‘ner Viertelstunde Feierabend, was ungefähr 20 Songs bedeutet hätte und somit sogar hinkommen könnte. ‘ne Zugabe war auch noch drin, außerdem habe ich mir das Stichwort „Kaninchen“ notiert, weiß aber nicht mehr, warum. Ganz nüchtern war ich auch nicht mehr, stattdessen hochgradig euphorisiert. Scheißegal also, GEWALTBEREIT sind die Underground-Band der Stunde für alle, die die Schnauze voll von Post-Gedöns, Ironiepunk und verklausuliertem Emorock haben!

Fazit: Schön, mal wieder Zeit für ein Konzert in der Lobusch gefunden zu haben. Es handelte sich um die letzte Veranstaltung der Disgigz-Konzertgruppe in 2019, die ‘nen klasse Job gemacht und ein sehens- und hörenswertes Line-up auf die Bühne geholt sowie ‘nen schön wuchtigen Sound aus der P.A. gekitzelt hat. So kann’s nächstes Jahr gern weitergehen!

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karlAbundzu
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Re: Euer nächstes/letztes Konzert bzw. Live-Event

Beitrag von karlAbundzu »

5.12.19 Schlachthof Halle
FIL: A Fil on the Hill
Sind Comedians eigentlich nicht so meine Baustelle, ist dieser Kollege aus dem Märkischen Viertel mir sehr ans Herz gewachsen, er ist halt thematisch richtig beheimatet und scheint sich ähnlich mit Themen zu beschäftigen wie ich, manchmal unheimlich: Im neuen Programm auch wieder zwei Sachen, mit denen ich mich auch seit ein zwei Jahren beschäftige und die bisher noch nicht Teil seiner Show waren.
Also, der ehemalige inzwischen haarlose Punk spricht und witzelt über Jugend gestern heute, übers Älterwrden, über Deutschland und warum es genauso ist wie Bares für Rares, über Unsinnigkeiten der Integration, über berühmtere Kollegen, über quereinsteigend Lehrer und dies und das. Und das macht er so ähnlich wie der frühe Otto, er sagt immer wieder Lieder an, und das sehr sehr lang, täuscht ein Spielen an, bricht ab, erzählt und irgendwann kommt der Song. Ich kam aus dem Lachen einfach nicht heraus.
Hinterher verkaufte er noch CDs und sein neuen Sammelband von Stups und Krümel (den ich auch noch brauche, die Einzelausgaben fliegen verstreut hier rum). Fil ist ja eigentlich Comickünstler, am bekanntesten sind wohl Didi & Stulle.
Wer zum Lachen mal rausgehen will, hier noch Termine:
http://www.fil-berlin.de/start.php#anker
jogiwan hat geschrieben: solange derartige Filme gedreht werden, ist die Welt noch nicht verloren.
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karlAbundzu
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Re: Euer nächstes/letztes Konzert bzw. Live-Event

Beitrag von karlAbundzu »

7.12.19 COOL JERKS / THE RAMENOES in Der Friese
The Ramenoes feierten 25. und luden dazu die Cool Jerks ein, die praktischerweise 20. hatten.
Die Jerks begannen und heizten den prallgefüllten Laden ein. Heute mal nur zu dritt, teilen ihr Set ja ansonsten gerne in zwei Teile: Mit und ohne Orgel, doch der Tastensassa hatte wohl keine Lust. Dementsprechend das Set: Eher schnell, sehr Beatlastig, mal ins Surfige, mal ins 70er Punkige abdriftend. Die Leute bewegten sich, die Band hatte Laune, spielte hart mit wenig Pausen, es stank und wurde heiß, sprich: Viel Spaß, nur der Weg zum Tresen war kompliziert.
Dann die Ramenoes: Eine Ramones - Coverband, aber nicht eine, die mit dem Onetwothreefour - Programm durch die Städte tingelt, sondern ein Haufen Bremer Musikerfreunde, ein Spaßprojekt im Übungsraum entstanden. Der original Schlagzeuger ist leider dieses Jahr viel zu früh verstorben, wurde hier von zweien vertreten. Oft traten sie auch mit ungewöhnlichen Ideen auf: Ein erstes langes Set unplugged. Oder mal nur deutschtextige Versionen. Zum Jubiläum aber gab es das original Brett, und sie spielten nicht nur die Hits, sondern, das, was ihnen sichtbar Spaß macht, unbekannteres, was selbst die Original Punker seltenst bis gar nicht live spielten: SLUG, I wanna be well, usw. Eingeworfene Hitwünsche wurden dann auch gerne mal: Das können wir gar nicht beantwortet.
Nach den Jerks kam mir es anfangs so vor, als kämen sie ein bißchen langsam in den Beat, oder ich war noch zu berauscht von der Vorgruppe. Aber spätestens nach dem dritten vierten Song und einer launigen Ansage Stones (der ansonsten African Funk 'n' Jazz auflegt) sprang der Funken und es zog gut durch. Irgendwann kam noch Ray von VELVETONE (deren beliebte Weihnachtsshow mit vielen Gästen dieses Jahr leider ausfällt) als Gastsänger ein paar "neuerer" Ramonessongs (Poison Heart, Pallisades Park), die er hübsch im Elvis-Style singt, und dann noch Duett mit Stone. Passend zur Jahreszeit gab es als Zugaben Merry Christmas (I don't wanna fight tonight) und Wonderful World. Danach wurde noch gefeiert, ich angelte mir noch zu diesem Anlass die erschienene Single, von jeder Band ein Song namens Osterdeich, also ein Jerks Original und eine Bremer Cover Version von Rockaway Beach. Guido hat sich bei der Ausgabe wieder wirklich Mühe gegeben, seht selbst:
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Dazu noch ein Sheet mit den Txten
jogiwan hat geschrieben: solange derartige Filme gedreht werden, ist die Welt noch nicht verloren.
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buxtebrawler
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Beitrag von buxtebrawler »

08.12.2019, Bambi Galore, Hamburg:
EXCITER + ASOMVEL


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Wer schreit, hat recht

Die kanadische Speed-Metal-Legende EXCITER zählte bisher zu den Bands, die ich stets verpasst hatte, wenn sie in hiesigen Breitengraden ein Stelldichein gab. Um das endlich einmal zu ändern, raffte ich mich tatsächlich an diesem Sonntag auf und begab mich ins Billstedter Bambi. Meine Sorge, etwas zu spät zu kommen, erwies sich als unbegründet, technische Probleme verzögerten offenbar den Beginn. Mir bereits im VVK eine Karte gesichert zu haben erwies sich hingegen als weise Voraussicht, denn zu meinem Erstaunen platzte die Bude aus allen Nähten, der Großteil der HH-Oldschool-Metalszene schien sich in Bewegung gesetzt zu haben. Als die englischen ASOMVEL, die mir bis dato noch kein Begriff waren, sich inklusive ihres Drumkits den Bühnenabschnitt vor dem EXCITER-Drumriser aufteilten, vernahmen meine verwöhnten Ohren astreinen MOTÖRHEAD-Rock’n’Roll der klassischen Ära, konsequenterweise in Triogröße dargeboten. Bassist, Sänger und Lemmy-Sound-and-Lookalike Ralph zählt offenbar erst seit 2014 zur bereits 1993 (!) gegründeten Band und ließ wehmütige Erinnerungen ans goldene MOTÖRHEAD-Zeitalter aufkommen, das ASOMVEL sich tief injiziert haben. Der blonde Drummer Jani, sogar erst seit dem vergangenen Jahr in der Band, befand sich auf einer Höhe mit seinen Kompagnons, bangte, was das Zeug hielt, und trat seine beiden transparenten Bassdrums windelweich, während Gründungsmitglied Lenny an der Klampfe kräftig rock’n’riffte und in manch Refrain gesanglich unterstützte. ASOMVEL entpuppten sich als herrlich arschtretender Opener, der manch Sonntagskater austrieb und den Mob, der dies dankbar annahm, auf Temperatur brachte. Da schmeckte sogar das Konterbier!

Der EXCITER-Merchstand sah ganz schön traurig aus, außer ‘ner Mütze, ‘nem Metall-Pin und einer Autogrammkarte für’n Zehner (wer kauft so was?) gab’s nüscht – sämtliche Shirts waren im Tourverlauf bereits ausverkauft worden! Die aktuelle Inkarnation der Band verfügt erneut nicht mehr über die Originalbesetzung, nachdem Gitarrist John Ricci letztes Jahr ausgestiegen ist. Er wurde durch den Jüngling Daniel Dekay ersetzt, der auch kurz vor Beginn den Linecheck durchführte. Alleinstellungsmerkmal der Band ist natürlich der singende und schreiende Drummer Dan Beehler. Dieser ist fit und hat Bock, wenn er auch nicht mehr ganz so markerschütternd zu kreischen in der Lage ist wie einst in den ‘80ern. Seine ungewöhnliche Doppelbelastung meistert er ansonsten tadellos, wenn er auf seinem Riser erhaben über dem willigen Fußvolk thront, das seinerseits danach giert, seine Abhandlungen über Gewalt, Metal, Hass, Krieg und Tod, unterlegt von nachdrücklich polternden Drums, schneidenden Riffs und einem das Tieftonfundament gießendem Bass, in die Lauscher gebrüllt zu bekommen. Das Trio stieg mit „Violence & Force“, dem Titelstück des zweiten Albums, fulminant ein, forderte „Stand up and Fight“ und besang die „Victims of Sacrifice“. Irgendwas zwischen 15 und 20 Songs lang bot man einen handverlesenen Querschnitt durch die ersten vier Alben, also inklusive des etwas unterbewerteten „Unveiling The Wicked“ mit dem besonders hübschen Artwork, was mich positiv überraschte. Der Mob war vom ersten Ton an gut aufgelegt und in Bewegung, und bei „Heavy Metal Maniac“ brachen schließlich alle Schranken: Die Hymne wurde lautstark aus zig gut geölten Kehlen mitgesungen, Metalhead Niko erklomm sogar die Bühne dafür und zeigte stolz seinen zum Song passenden Rückenaufnäher, nackenmuskulaturstrapazierendes Banging und munteres Moshing vor der Bühne gingen mit entfesseltem Fistraising und feuchten Bierduschen einher. Ich habe mich auch besonders über „Break Down The Walls“ gefreut, ohne das man natürlich keine Deutschland-Tour antreten darf. Das fiese „Feel The Knife“, 1985 auf einer EP erschienen, kam ebenso zum Zuge wie – Überraschung! – das Demostück „World War III“, das ich noch gar nicht kannte. Ihm vorausgegangen war das mehrmals lauthals eingeforderte „Long Live The Loud“ und eigentlich sollte dann Schluss sein. Auf die Anfeuerungsrufe des Publikums hin fasste man sich jedoch ein Herz und hatte eine weitere Überraschung in petto: Eine höchst kompetent gezockte Coverversion des MOTÖRHEAD-Gassenhauers „Iron Fist“, zu der Bassist Allan Johnson eine ausgelassen tanzende junge Dame auf die Bühne bat.

EXCITER sind eines mittlerweile ja so vieler positiver Beispiele für Reunions alter ‘80er-Kultbands, von Rip-Off, Halbherzigkeit oder eingerostetem Talent keine Spur: Wie eine gut gewetzte Axt durch einen kanadischen Forst hatte sich die Band durch ihr Set geholzt. So blickte man im Anschluss auch ausnahmslos in begeisterte Gesichter, bevor ich schnellstmöglich den Heimweg antrat – immerhin stand bereits ein Lohnarbeits-Montag mahnend am Horizont…

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Arkadin
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Re: Euer nächstes/letztes Konzert bzw. Live-Event

Beitrag von Arkadin »

25.11.2019
ANNA TERNHEIM
Schlachthof, Bremen

Öfter mal was Neues. Als mir in den Facebook-Stream gespült wurde, dass Anna Ternheim nach Bremen kommt, fiel mir ein, dass ich den Namen schon mal von meiner lieben Frau gehört hatte und sie die schwedische Sängerin sehr gut fand. Also dachte ich mir, das wäre doch die ideale Gelegenheit mal wieder einen schönen Abend zu zweit zu verbringen. Nach einigem hin und her (ja, nein, ja, nein, ja) war es dann soweit. Die eigene Mutter als Babysitterin verhaftet, Karten besorgt und am Montag, den 25.11.2019 ging es in den gut gefüllten Schlachthof zum Konzert.

Um mich mal ein wenig überraschen zu lassen (das mag ich immer ganz gerne, weshalb ich solche Sachen wie das Bremer Überseefestival liebe), habe ich vorher gar nicht in die Musik rein gehört und wusste somit nicht, was mich erwartete. Wahrscheinlich hätte mir das bei einem oder zwei Liedern auch gar nichts gebracht, da die Bandbreite der schwedischen Songwriterin sehr breit ist. Das geht von treibenden Rhythmen mit aggressiven Gesang hin zu Sachen, die Bruce Springsteen in seinen Country/Folk-Phasen erinnert. Und da wird auch mal ein norwegisches Weihnachtslied angestimmt.

Offiziell firmiert Anna Ternheim unter Indie Pop/Folk. Ja, stimmt. Aber sie ist manchmal auch hübsch rotzig-rockig mit energischem Gesang, was mir gut gefällt. Insbesondere die Titel "Everytime We Fall" und ganz besonders "Let It Rain" jagten mir angenehme Schauer über den Rücken. Anna Ternheim ist dabei auch eine sehr charismatische Bühnenpersönlichkeit, die zwischendurch gerne mal ein paar Geschichten über sich und ihre Lieder erzählt, die Interaktion mit dem Publikum sucht. Besonders sympathisch fand ich, dass sie sehr darauf achtete, nicht nur das Publikum direkt vor der Bühne, sondern auch die, die etwas ungünstigere Plätze ganz am Rand oder sogar hinter der Bühne hatten, mit einzubeziehen. Bühnenbild und -show waren sehr stimmig. Das reicht dann von der großen Rockshow bis hin zum Solo am Klavier im Kerzenschein. Schön fand ich den großen Sessel, der mit auf der Bühne stand und häufiger mal vom Gitarristen in Anspruch genommen wurde. Am Ende meinte die Anna dann, wenn die schon immer dieses Sessel mit schleppen, möchte sie da auch auch was von haben, machte es sich darin gemütlich und sang das letzte Lied dann vor dort aus.

Überhaupt die Band. Diese bestand aus lauter Multi-Instrumentalisten, die unfassbar gut auf ihren verschieden Instrumenten unterwegs waren. Frau Ternheim griff dabei häufig auch in die Saiten (und später auch mal Tasten), was sie ebenfalls sehr, sehr gut machte. Musikalisch war das alles ganz weit vorne. Schön. Und da die Ternheim ihre Songs auch alle selber schreibt, kamen ihre Lieder auch sehr authentisch und echt rüber.

Lustiges Konzert-Detail am Rande. Da als wir eine halbe Stunde vor Konzertbeginn eintrafen waren alle Sitzplätze schon weg. Also machten wir das so, wir wir es bei der Jazzahead gelernt hatten. Schnell auf die Treppe setzen, beide hintereinander, damit die Leute auch durch können. Da kam so ein geschniegelter Typ mit seiner Frau, quetschte diese auf einen (eigentlich nicht mehr freien, aber wenn sich alle ganz dünn machen, doch noch gerade nutzbarer) Platz und setzte sich auf der Treppe daneben. Soweit, so gut. Doch zu Konzertbeginn sprang er dann auf und hielt mir quasi seinen Hintern vor das Gesicht. Als ich ihn nett bat, sich wieder hinzusetzen oder ein paar Schritte weiter nach unten zu gehen (wo vor der Bühne eh weit mehr als genug Platz zu stehen ist), drehte er sich um und meinte sehr herablassend "Echt jetzt? Sitzkonzert? Echt?". Auf meiner Erwiderung, "Wir sind alt, wir dürfen sitzen" fiel ihm dann aber nichts mehr ein, er ging zwei Stufen nach unten, gestikulierte noch, ob mir das denn jetzt recht sei und was ich mit einem kurzen Daumen hoch bejahte. Mit Genugtuung beobachte ich dann, dass der feine Anti-Sitzkonzert-Typ sich während des Konzerts dann doch hier und da mal hinsetzen musste. Am Ende war ich dann auch froh, dass man langsam in dem Alter ist, wo man sich nicht mehr dafür rechtfertigen muss, dass man nicht mehr zwei Stunden stehen möchte, wenn man nicht muss, und dass meine Frau nicht mitbekommen hat, dass ich "wir" gesagt hatte.
Früher war mehr Lametta
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Re: Euer nächstes/letztes Konzert bzw. Live-Event

Beitrag von buxtebrawler »

Arkadin hat geschrieben:(...) und dass meine Frau nicht mitbekommen hat, dass ich "wir" gesagt hatte.
:lol:
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Re: Euer nächstes/letztes Konzert bzw. Live-Event

Beitrag von buxtebrawler »

11.12.2019, Monkeys Music Club, Hamburg:
EXUMER + PRIPJAT + REACTORY


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Zuletzt kam’s knüppeldick mit Konzerten, die ich nur ungern hätte sausen lassen, auch wenn sie auf ungünstigen Terminen lagen: Das war bei EXCITER am Sonntag und auch bei diesem Thrash-Triple auf einem Mittwoch der Fall. Da ich den Headliner EXUMER noch nie live gesehen und Bock auf PRIPJAT hatte, ergriff ich die Gelegenheit der „Winter Hostilities Tour“ beim Schopfe – zumal REACTORY und PRIPJAT namentlich und konzeptionell ideal zusammenpassen. Gespräche bei EXCITER im Bambi hatten ergeben, dass die Hamburger Metal-Szene kaum Notiz von diesem Konzert genommen hatte. Die Promotion war offenbar nicht optimal gelaufen, tatsächlich fanden sich nicht überall, wo man es erwartet hätte, Hinweise auf diese Veranstaltung. Als etwas unglücklich empfand ich es auch, den Konzertbeginn mit 20:45 Uhr anzugeben, aber nur wenige Stunden vorher per Facebook bekanntzugeben, dass er auf 20:30 Uhr vorgezogen wurde – insbesondere, wenn der Opener ohnehin lediglich 25 Minuten spielt. Pünktlich wie die Maurer schroteten REACTORY aus Berlin dann auch vor leider nur rund zehn Leuten los. Die 2010 gegründeten Nuklear-Thrasher blicken auf eine Mini-LP und zwei Alben zurück, eine neue Langrille steht bereits in den Startlöchern. Ihr Stil bewegt sich zwischen ruppig, hektisch und technisch anspruchsvoll, manchmal auch alles gleichzeitig, der Gesang ist schön giftig und ein paar Gangshouts sorgen für eine leichte Crossover-Note. Selbstbewusst spielte die Band gleich vier Songs vom noch unveröffentlichten neuen Album, die Lust auf mehr machten, und der Sänger wanderte auch mal durchs Publikum, statt nur auf der Bühne zu verharren. Ein paar mehr Hooks würden REACTORY hier und da gut zu Gesicht stehen, so oder so jedoch knallte der Gig des mit nur einer Gitarre ausgestatteten Quartetts vielleicht auch gerade wegen seiner würzigen Kürze, ganz sicher aber aufgrund des bombigen, druckvollen P.A.-Sounds gut ins Mett.

Die ein Jahr später als REACTORY in Leben gerufenen Kölner PRIPJAT mit zum Teil ukrainischen Wurzeln gehören zum geilsten, was diese Dekade an Thrash-Bands hervorgebracht hat. Als ich sie vor drei Jahren erst- und bis hierhin leider auch letztmals im Vorprogramm von PROTECTOR gesehen hatte, hatten sie mich völlig weggeblasen und mich zum Fan gemacht. Mittlerweile hat man zwei Alben draußen und nichts, aber auch gar nichts an Spielfreude eingebüßt. Das permanente Vollgas vergangener Tage wird nun von ein paar getrageneren, atmosphärischen Momenten und dem einen oder anderen weniger temporeichen Song aufgelockert. Der Fünfer holte alles aus seinen zwei Gitarren heraus und war permanent in Bewegung, der achtarmige Drummer Yannik leistete Übermenschliches und Kirill beherrschte die Doppelbelastung des Gitarrenspiels bei gleichzeitigem infernalischem Schreigesang perfekt. Das Publikum dürfte auf knapp 50 Personen angewachsen sein und bildete einen kleinen, dafür umso aktiveren Pit, der zusätzlich zur Kernschmelze beitrug, von der Band ständig gelobt wurde und dem wiederum mit gesteigertem Körpereinsatz begegnete – man schien sich gegenseitig hochzuschaukeln. Der vermeintlich letzte Song wurde von einem Sprach-Sample-Intro per Playback eingeleitet, natürlich folgte eine weitere Nummer und aufgrund der präzisen Pünktlichkeit und hohen Spielgeschwindigkeit aller hatte man sogar Zeit für einen letzten Absacker, der die Reaktormauern endgültig zum Einsturz brachte. Ein gnadenloser Gig, nach dem man sich selbst, wenn man sich nur außerhalb des Pits aufgehalten hatte, wie kräftig durchgenommen fühlte.

Als die Hessen EXUMER nach kurzer Umbaupause – so wurde beispielsweise das Drumkit um eine zweite Bassdrum erweitert – mit einem Klavierintro aus dem Playback in „The Raging Tides“ übergingen, waren einige leider bereits nach Hause gegangen, andere strichen während des Auftritts die Segel. Vermutlichen mussten sie am nächsten Morgen saufrüh raus, denn an EXUMER kann’s eigentlich nicht gelegen haben. Aber blicken wir zunächst einmal zurück: 1986 und 1987 hat die Band zwei Alben veröffentlicht, von denen sich besonders das Debüt „Possessed by Fire“ in Thrasher-Kreisen ungebrochener Beliebtheit erfreut. 2008 reaktivierte man EXUMER und veröffentlichte seitdem drei Studioalben, darunter das nun betourte „Hostile Defiance“. In der aktuellen Besetzung sind Sänger Mem von Stein und Gitarrist Ray Mensh aus der Ursuppe übriggeblieben, verstärkt um drei jüngere Mitglieder. Der durchtrainierte, bullige Glatzkopf und Frontmann Mem braucht nun keinen Bass mehr zu spielen, kann sich also voll auf sein akzentuiertes Shouting konzentrieren – scheint sein Instrument aber auch bisweilen zu vermissen, denn immer wieder setzt er zum Luftbassspiel an. Der Nachwuchs machte seine Sache sehr gut, die insgesamt dreiköpfige Saitenfraktion bereitete einen schön drückenden Soundwall. Mit dem Material seit der Reunion bin ich nicht sonderlich vertraut und freute mich daher, nun live eine Art Best Of geboten zu bekommen. Das Set lieferte einen guten Überblick über die drei jüngeren Werke, gewürzt mit ein paar Songs des „Possessed By Fire“-Debüts (das Zweitwerk „Rising From The Sea“ blieb glaube ich unberücksichtigt). Die alten Songs klingen ungestümer, die neueren kontrollierter und live wuchtiger, dafür ist aber die Hysterie aus der Stimme gewichen. Meines Erachtens hat die Band eine deutlichere Hardcore-Kante bekommen, die mich bisweilen an einen Act wie MERAUDER erinnerte. Mems Gesangsstil ist sehr eindringlich, deklamierend, in Kombination mit seiner von einigem Posing begleiteten Bühnenpräsenz ergibt das ein durchaus beeindruckendes Bild zwischen „No bullshit“ und „Don’t fuck with me“. Mir fehlen aber ein bisschen die Killer-Refrains, in denen man noch mal aufdreht, ‘ne Schippe drauflegt und damit letztlich im Ohr bleibt. Zum EXUMER-Stil scheint auch zu gehören, die meisten Songs recht abrupt enden zu lassen, was sie noch schnörkelloser und von Ballast befreit wirken lässt und mich einmal mehr an Hardcore erinnert. Alles in allem war das schon ein geiles Live-Erlebnis, das EXUMER schließlich vor einer leider arg spärlichen Kulisse bereiteten. Das hatten sie nicht verdient und tat mir echt leid. EXUMER gaben sich allerdings keine Blöße, zockten absolut souverän ihr Set durch und kamen sogar noch mal für ‘ne Zugabe aus dem Backstage zurück: Dem vom verbliebenen harten Kern frenetisch bejubelten Titeltrack des „Possessed By Fire“-Debüts! Sehr geil, Respekt!

Ob neben der eingangs erwähnten nicht optimal verlaufenen Promo auch der Umstand, dass alle drei Bands dieses Jahr schon mal in Hamburg gespielt hatten, zur überschaubaren Besucher(innen)zahl beigetragen hat und/oder evtl. gegen Jahresende gerade einfach zu viel los ist, lässt sich nur mutmaßen. Stirnrunzeln bereitet mir aber auch, dass man die beiden größten Städte Deutschlands an einem Dienstag und einem Mittwoch beehrte, statt diese auf Wochenendtermine zu setzen und die anderen Orte drumherum zu buchen. Ich will aber gar nicht meckern, denn für mich war’s eigentlich optimal: Ein Gig in der Quasi-Nachbarschaft, auf dem ich nachholen konnte, was ich dieses Jahr verpasst hatte. Ich wünsche allen drei Bands aber, dass die letzten Tourstationen besser besucht und größere Partys waren!

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Re: Euer nächstes/letztes Konzert bzw. Live-Event

Beitrag von karlAbundzu »

27.12.19
Lagerhaus
Dr. Orgel - Die Liga der gewöhnlichen Gentleman
Im Dezember war in Bremen Konzertmäig viel los, vieles gleichzeitig und inzwischen gibt es haufenweise traditionelle Jahresendveranstaltungen. Aufgrund sozialer Verpflichtungen ging ich zu DLDGG, zum fünften Mal hintereinander in Bremen und zum zweiten Mal mit Dr. Orgel davor.
Es wird auch von Jahr zu Jahr voller. Sehr gut kamen Dr Orgel an, mit ihrer Mischung aus Jazz, Funk, 60s Beat, Ska, elaborierter Spät-NDW, kam gut an, eine Trompete ist jetzt auch dabei, wird richtig eng auf der Bühne. Herrlich. Und: Ich konnte mir die CD zu legen.
Danach die Liga. Auch hier haben wir ja Mod-beeinflußte 60s Zeug im 80er Sinne, gepaart mit klugen Nostalgie-Texten und Ohrwürmern. "Alleine auf Parties" hatte ich noch Tage im Ohr. Irgendwie nciht ganz so gut gelaunt wie sonst, weniger humorvolle Ansagen, aber trotzdem nett und man konnte es gut durchhören.
Uns kam der Gedanke: Musik für Frauen und Texte für Jungs.
Guter Abend der dann noch mit Bier und Cocktails woanders ausklang....
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Beitrag von buxtebrawler »

20.12.2019, Monkeys Music Club, Hamburg:
SMALL TOWN RIOT + THE VAGEENAS + VIOLENT INSTINCT


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Jetzt, da der Festtagstrubel überstanden ist und ich auf ein paar Litern Staropramen ins neue und letzte Jahr der Dekade gerutscht bin, ist es an der Zeit, endlich den Eintrag über’s letzte besuchte Konzert 2019 nachzureichen: Um die Weihnachtszeit herum öffnet das Monkeys ganz gern mal seine Pforten für gemeinnützige Veranstaltungen, diesmal unter dem Motto „Straßenklang: Von der Straße – für die Straße“ zugunsten der Obdachlosenhilfseinrichtung Alimaus. Feine Sache, vor allem, wenn sie dann auch noch mit drei musikalischen Hochkarätern aus dem Bereich des Punkrocks einhergeht. Als Opener gab’s dann auch noch ‘ne Überraschung: Der mir bisher nur von Fotos oder Videos bekannt gewesene HAMBURG CITY PUNKROCK SINGERS AKA MONKEY CHOIR schmetterte, anmoderiert von KAMIKAZE-KLAN-Sänger George, ’77- und Oi!-Punk-Klassiker bis hin zum „Dirty Old Town“-Traditional stimmgewaltig ins Rund, angeleitet von einer Dirigentin/Gesangslehrerin und nur vor einer dezenten Gitarre begleitet. Das hatte zwar teilweise ein bisschen was von Schulchor in der Aula, andererseits wurde der von einiger Szeneprominenz durchsetzte (mein lieber Herr) Gesangsverein offenbar mit derart motivierten und geschmackssicheren Mitgliedern besetzt und die Stücke auf die unterschiedlichen Stimmlagen hin chorgerecht inkl. vereinzelter Soloeinlagen so originell arrangiert, dass das Zuhören tatsächlich zum Genuss und das Projekt zum klasse Anheizer wurde.

Die spielfreudigen Oi!-Punks und -Skins VIOLENT INSTINCT hatte ich nun schon länger nicht mehr live gesehen, wurde also mal wieder Zeit – zumal sie seit einiger Zeit eine starke EP mit englischsprachigen Songs am Start haben, die schön ins Live-Programm integriert wurden. Durchdachte, mitsingkompatible Texte treffen auf Ohrwurmmelodien, die Kraft der zwei Klampfen und einen Ausnahmedrummer sowie natürlich Agas kraftvollen, melodischen Gesang. So ist’s jedes Mal eine Freude, diese Band live zu sehen und zu hören, die nur wenige Klischees erfüllt und gerade deshalb so wichtig für die Szene ist. Der vorletzte Song wurde um ein fantastisches Basssolo Ätzers angereichert, zum Abschluss gab’s gar eine ganz neue, bisher unveröffentlichte Nummer – und als Zugaben zwei ihrer größten Hits, „Hamburg“ und „Sei stolz“, zu denen es Gitarrist Dennis H. nicht mehr auf der Bühne hielt und er wie zuvor bereits Sängerin Aga durch die begeisterten Reihen wandelte.

THE VAGEENAS vom Niederrhein habe ich früher echt gern gehört, das dürften die „I Wanna Destroy“- und „We Are The Vageenas“-EPs sowie das „Live in Hell“-Album gewesen sein. Dann hab‘ ich die Band ums quirlige Fliegengewicht Babette irgendwie aus den Augen verloren und wusste ehrlich gesagt gar nicht, dass es die noch gibt. Und wie es die noch gibt! Inspiriert von wilderem ’77-Punk und sicherlich auch der ‘82er-Schule rotzkrähte die mittlerweile gut zutätowierte, aber einen unheimlich fitten Eindruck machende und kein Gramm Fett am Körper tragende Sängerin einen Hit nach dem anderen raus, wuselte, tanzte und sprang durchs Publikum, kletterte auf die Traversen und wirkte generell wie ein hyperaktiver pinker Flummi. Auch mit ihren gern mal etwas provokanten Ansagen lockte sie den Pöbel aus der Reserve, was in ausgiebigen Publikumsanimationen beim trashigen MR.-PRESIDENT-Song „I Give You My Heart“ – einem der wenigen erlaubten ‘90er-Dancefloor-Scheißdreck-Cover – mündete. Insbesondere in Kombination mit ihrem sich auch im Outfit ausdrückenden Spiel mit Girlie-Klischees ein großer Spaß – wie der ganze Gig. Anner Schießbude übrigens mittlerweile Ex-DISTRICT-Trommler Burn Harper. Geil!

Abschließend beehrten SMALL TOWN RIOT im Rahmen ihres „Reunion ja, aber nur noch seltene, ausgewählte Live-Auftritte“-Konzepts mal wieder die Hansestadt mit ihrem Melodic-Streetpunk/Punk’n’Roll – und wie so oft war im Vorfeld die Rede von viel zu wenigen Proben, von nichtexistenten, letztlich improvisierten Setlists oder Ähnlichem, was manch andere Band vielleicht aus dem Tritt bringen würde, bei SMALL TOWN RIOT aber zum guten Ton gehört und nicht zuletzt schlicht punk ist. Deshalb machte ich mir auch überhaupt keine Sorgen, und natürlich flutschten „Addicted to Authority“, „Working Class Family“ und die „Love Song Trilogy“ ebenso ohne größere Probleme durch wie „Suicidal Lifestyle“ und „Living Hell“, die das echt gut und von vielen bekannten Gesichtern besuchte Monkeys zum Tanzen und Skandieren brachten, das ruhigere „Cemetery Hall“, das für einen angenehmen Kontrast sorgte, bevor es mit „Cheers & Goodbye“, „Peer 52“ und dem lautstark eingeforderten „Timmy“ wieder auf die Omme gab, „Bad Taste in our Big Mouth“, „It’s True“ und „Take a Ride“ zwischen aggressiv, euphorisch und beschwingt mäanderten und die berüchtigte Mischung aus SLIME-Medley und -Ehrerbietung den Schlussteil einleitete, bevor „Working Class Family“ den Gig besiegelte. Besser konnte auch ich als Gast das Konzertjahr 2019 eigentlich gar nicht abschließen; Abzüge in der B-Note muss ich mir nur selbst für die Schnapsidee erteilen, mir noch die VIOLENT-INSTINCT-7“ gekauft und natürlich prompt verloren zu haben. Die dürfte sich jetzt in guter Gesellschaft mit all meinen anderen auf dem, äh, „Transportweg verschollenen“ Tonträgern befinden…

Reich bebildert auch hier:
https://www.pissedandproud.org/20-12-20 ... -instinct/
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)
Diese Filme sind züchisch krank!
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karlAbundzu
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Re: Euer nächstes/letztes Konzert bzw. Live-Event

Beitrag von karlAbundzu »

24.1.2020, Schule 21, 20 Uhr, Alain Croubalian

An diesem Freitag war wieder die Wahl groß, in der Kunsthalle eine dufte Party mit guter Livemusik; die alten Metalpunker Rumble Militia feierten ihre Wiederankunft mit illustren Gästen im Aladin, u.a. mit Killbite und Discharge.
Ich entchied mich für etwas ruhigeres in einer Location, die ich noch nicht kenne, und schon seit langem mal hin wollte.
Die Schule 21 liegt ein bißchen weg, lustigerweise um die Ecke von der Rock-Großraumdisco, in der Rumble Militia aufspielten, und so zog eine Kolonne von der Straßenbahn Richtung Hemelingen City und trennte sich kurz vor den Events. Ich bog mit ein paar Mitstreitern links ab zu den ehrenamtich geführten ehemaligen Schulraum. Eine Gruppe hat sich den geschnappt, unter anderem dabei Dad Horse Experiment, Keller Gospel und One Man Band. Einmal im Monat gibt es Konzerte, oft derselbe Act zwei Tage hintereinander, mehr als 35 bis 40 passen auch nicht rein. Nun, für einen Schulraum hat man mit Sofas, Sesseln und Wandbeschmückung hat man doch Atmosphäre geschaffen, nur die Decke mit diesem Polysterol oder so Fliesen sind halt unhübsch.
Das Bier war günstig, der Laden füllte sich, dabei ein paar Bekannte, ich sicherte mir einen rollbaren Sessel. Dad Horse machte eine lange Ansage, und es war Alain Croubalians erster reines Solo Konzert. Bekannt ist er als Teil der Dead Brothers, eine Dark Country Alternativ Folk Kapelle aus der Schweiz, die sich hauptsächlich mit dem Thema Tod beschäftigen.
Heute also solo, er erzählte auch immer mal wieder was zwischen den Liedern etwas, meist leider ein wenig leise, ich glaube auch unvorbereitet, verschluckte sich, berlegte, was er sagte, machte Pausen, und dann sang er. Zur Gitarre, zur E-Gitarre zum Banjo. Das war sehr schön. Dann brauchte er ein Piano, was auf der kleinen Bühne nicht passte. Also gab es einen Ortswechsel in den Gemeinderaum der Kirche nebenan, und hier wurde es wirklich wunderbar: Das Publikum war sich nciht so ganz sicher, wie lange der Umzug dauert bzw. ob das irgendein moderner Scherz ist. Nachdem ich dann Platz nahm fing er an, die Leute kamen nach und nach hinein. Am Piano war es noch intensiver und schöner. Irgendwann ging es zurück, da in der Schule Musik vom Band lief, waren wir uns wieder nicht sicher, ob es weiterging, aber nachdem alle mit Getränken versorgt waren, ging es weiter. Wieder mit Gitarre und Banjo.
Das ganze Programm bestand aus DB-Songs, Liedern, die auch die Deads covern, andere COver, alte deutsche Schlager, Elis und natürlich Country. Angekündigt als traurigster Song überhaupt der Shrimps Song von Elvis. Auch interessant der Gedanke, das die ganzen Todeslieder auf Partys und so ironisch lustig sind, aber auf Beerdigungen zB vollkommen anders kommen.
Der ganze Abend war beinahe magisch, und es war so gemütlich, dass wir nicht gehen wollten, und noch lange da saßen und quatschten!
Danke Alain (und Guido für den Weg zurück)
jogiwan hat geschrieben: solange derartige Filme gedreht werden, ist die Welt noch nicht verloren.
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