Das Gesetz der Zwei - Primo Zeglio (1964)

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sid.vicious
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Das Gesetz der Zwei - Primo Zeglio (1964)

Beitrag von sid.vicious »

Originaltitel: I due violenti
Regisseur: Primo Zeglio
Kamera: Alfredo Fraile
Musik: Francesco De Masi
Drehbuch: Federico De Urrutia, Jesús Navarro Carrión, Manuel Sebares
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unnamed.jpg (29.33 KiB) 456 mal betrachtet
Der Texas Ranger, Bob Logan, erhält den Auftrag seinen ehemaligen Weggefährten, Joe Cassidy, dingfest zu machen und hernach der Gerichtsbarkeit auszuliefern. Logans gelobter Spürsinn lässt ihn auch diesmal nicht im Stich und es gelingt ihm, den Gesuchten zeitnah zu stellen. Doch der schnelle Erfolg hat bereits den nächsten Konflikt im Schlepptau, denn während einer Zwischenstation auf der Ranch von Mary Sheridan, wird das Anwesen postwendend von Viehdieben überfallen. Der Angriff kann zwar erfolgreich abgewehrt werden, aber Joe, der kontinuierlich seine Unschuld beteuert(e), nutzt die Gunst der Stunde zur Flucht. Folglich macht sich Logan auf den Weg in die nächstliegende Stadt, um den Hintergrund des Angriffs zu ergründen. Dabei stößt der Texas Ranger auf eine nahezu kollektive Ablehnung und gerät schnell in eine lebensbedrohliche Lage, aus der ihn ausgerechnet sein alter Freund und gegenwärtiger Feind, Cassidy, rettet. Ist Cassidy tatsächlich schuldig oder ist er das Bauernopfer innert einer abscheulichen Intrige im Kampf um die Vermehrung eines Großgrundbesitzes?

Ich habe bereits einige Male am Rande verlauten lassen, dass mir ein Faible für die Regiearbeiten von Mario Costa und Primo Zeglio geschenkt wurde, sodass ich nach und nach deren Œuvre abarbeiten und entsprechend würdigen möchte. In diesem Kontext wurde mir nun eine besondere Freude zuteil, da mir kürzlich Zeglios erste Westernarbeit zugespielt wurde: „Das Gesetz der Zwei“. Dessen Originaltitel, „Los rurales de Texas“, ins Deutsche übersetzt so viel wie „Das ländliche Texas“ bedeutet. Eine Firmierung, die uns - zumindest grob - vermittelt, dass wir (unter anderem) mit der Verteidigung wie der Vermehrung von Land konfrontiert werden. Diese Konstellation ist, wie ein Groß der US- und der europäischen Westernproduktionen, in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gelagert. Jenem Zeitabschnitt in der die Inbesitznahme sowie der Bau der Eisenbahnlinie von Ost nach West beschleunigt wurden und die Auseinandersetzung zwischen Zivilisierung und Wildnis sukzessive dem Ende entgegen blickte.

Das Produktionsjahr, 1964, lässt bereits erahnen, dass Zeglios Western deutlich an den US-amerikanischen Genreproduktionen orientiert ist. Der Film liefert demgemäß eine eindeutige Trennlinie zwischen Gut und Böse, einen zu Unrecht verfolgten Co-Helden, etwas Wide Open Town, was mit der Machtausübung eines Monopols wie der Gewinnmaximierung anklingt, und - „Die vier Geier der Sierra Nevada“ (1965) lässt grüßen - einen Texas Ranger. Jenem Grenzhüter, der im 19. Jahrhundert gegen Indianer, Viehdiebe und Desperados in den Kampf zog und innert der US-Westernlichtspiele en masse (in den italienischen Nebenbuhlern allerdings sehr selten) portraitiert wurde. Man sagt den Heroen der frontier nach, dass sie jederzeit zwei Bibeln griffbereit hatten: Die Heilige Schrift und die Fahndungsliste!

Im Gegensatz zu Sam Garrett, der als Texas Ranger im eben genannten 1965er-Vehikel unter Mordverdacht gerät, nistet sich der pechschwarze Peter diesmal („Das Gesetz der Zwei“) nicht beim Grenzhüter, sondern bei dessen altem Freund, Joe Cassidy, ein. Folglich wird eine Konstellation aufgerufen, die für reichlich Zündstoff sorgt und die mit etwas Phantasie eine Parallele zu den amerikanischen Gangsterfilmen, in denen der Polizist und der Gangster durch eine gemeinsame Jugendfreundschaft emotional gebunden sind und gleichermaßen als Helden fungieren, dechiffrieren lässt. Diese stets zuverlässige Methode besitzt die exorzistische Befähigung, dem Zuschauer das schlechte Gewissen, welches ein Mitfiebern zugunsten des Gangsters nun mal mit sich bringt, auszutreiben, was ihm die Identifikation mit dem Gangster deutlich erleichtert und diese schlussendlich gar legitimiert, sodass er (der Gangster) mit gleicher Berechtigung neben den Drachentöter (der Polizist oder der FBI-Mann) tritt. Ich erzähle das so lang und breit, um zu verdeutlichen, dass es Alan Scott in der Rolle des Joe Cassidy gelingt, mehr Sympathiepunkte einzufahren als es dem eigentlichen Helden (George Martin als Bob Logan) beschieden ist. Was zweifelsfrei an der Unbeschwertheit des Co-Helden liegt, der immerzu zur rechten Zeit am rechten Ort eintrifft und - wie der swashbuckler - mit einem rezidivierenden Lächeln im Gesicht dem Texas Ranger aus manch diffiziler Situation heraushilft.

Das skizzierte Co-Heldengespann erfährt (s)eine Zentralisierung, die dem Sujet als Fluchtpunkt und uns als Reflektorgespann dient, um die Suche nach den wahren Schuldigen zu intensivieren. Jene Fahndung ähnelt einem allegorischen Kreuzworträtsel, da ein gelöstes Wort die Suche nach dem nächsten erleichtert, sodass der Aktivierung des Türöffners zur Identitätsdechiffrierung des Rackets und dessen Helfer wie Helfershelfer schon bald nichts mehr im Wege steht.

Neben der US-lastigen Visualisierung demonstriert sich auch das Leitmotiv als typisch amerikanisch. Und wenn nach einer kurzen Einleitung die Fanfare einsetzt und das Musikkonstrukt in die mit einem hohen Wiedererkennungswert beseelte Hauptmelodie übergeht, dann lassen sich gar Gemeinsamkeiten zu Elmer Bernsteins Hymne „The magnificent seven“ erlauschen. Der Name Francesco De Masi - was hat der Mann doch für viele tolle Sachen komponiert - stand und steht halt für Qualitätsarbeit!

Fazit: „Das Gesetz der Zwei“ sucht und findet seine Inspiration in den zahlreichen Audie Murphy Western sowie in den eher ruppig mutenden US-Produktionen, wie beispielsweise „Stunden des Terrors“ (1956) und „Die Meute lauerte überall“ (1956), garniert diese Mixtur mit den Motiven der Wide Open Town Western und erzählt eine kurzweilige Geschichte aus dem - historisch betrachtet - längst nicht mehr so wilden Westen.
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