Sado - Stoß das Tor zur Hölle auf - Joe D'Amato (1979)

Grusel & Gothic, Kannibalen, Zombies & Gore

Moderator: jogiwan

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karlAbundzu
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Re: Sado - Stoß das Tor zur Hölle auf - Joe D'Amato (1979)

Beitrag von karlAbundzu »

Ein reicher Hobby-Präparator verliert seine Verlobte und damit seinen letzten Anker in einer normalen Welt. Die Beziehung zu seiner toten Mutter, zu seiner Ersatzmutter- und Geliebten und sein Hobby lassen ihn immer mehr in den Wahnsinn abgleiten, befeuert von seiner Haushälterin in Tat und Magie.
Berüchtigt durch seine brutalen und fiesen Szenen, von denen es in der Tat einige gibt, die so richtig reinhauen (lebendig verbrennen, Maniküre etwas anders, Säurebad), leider nicht berühmt durch seine anderen Stärken (ich zähle die Goreszenen durchaus dazu).Atmosphärisch gefilmt, grandioser Score, und sehr gut gespielt. Zu erst hielt ich den Hauptdarsteller fehlbesetzt, einfach nur so ein junger Hübschling, aber wie er immer mehr in den Wahnsinn getrieben wird bzw. auch sich selbst treibt, ist spannend anzusehen. Auch sehr gut die beiden wichtigen Frauenrollen, dargestellt von Franca Stoppi als Übermutter, und Cinzia Monreale als Mädchen aus der realen Welt.
Der Score passt einfach super, obwohl es nur ein paar Melodiefetzen sind, die Goblin gekonnt variiert.
Dieses Ding auf großer Leinwand zu sehen war einfach ein Knaller, selbst so schmieriges wie die Joggerinnen-Szene wirkte gut.
Mir kam dabei ja auch immer PSYCHO in den Sinn, wahrscheinlich durch eine große Motivüberschneidung.
Meisterwerk!
jogiwan hat geschrieben: solange derartige Filme gedreht werden, ist die Welt noch nicht verloren.
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Canisius
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Re: Sado - Stoß das Tor zur Hölle auf - Joe D'Amato (1979)

Beitrag von Canisius »

Schließe mich den Bremer Arthouse-Hooligans an: "Buio Omega" hat für mich auf der großen Leinwand mehr Wirkkraft als im Heimkino entwickeln können.

Nichts gegen Romy Schneider und Michel Piccoli, aber Kieran Canter + seine Verlobte und Franca Stoppi sind das wahre Trio Infernal!

Höllentoraufstoßende 9/10 :twisted:
„Ist es denn schade um diesen Strohhalm, Du Hampelmann?“
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buxtebrawler
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Re: Sado - Stoß das Tor zur Hölle auf - Joe D'Amato (1979)

Beitrag von buxtebrawler »

Nach zahlreichen Erotikbeiträgen entdeckte der berüchtigte Italo-Regisseur Joe D’Amato 1979 das Horrorgenre für sich wieder und schockierte mit „Sado – Stoß das Tor zur Hölle auf“ sein Publikum. Als Inspirationsquelle diente ihm der 1966 von Mino Guerrini gedrehte Psycho-Thriller/Früh-Giallo „Das dritte Auge“, wobei „Buio Omega“, so der Originaltitel D’Amatos Films, als sehr eigenständige und -willige Neuverfilmung durchgeht.

Frank Wyler (Kieran Canter, „Liebes Lager“) ist ein gutaussehender junger Mann und Erbe eines Adelsvermögens, der zusammen mit seiner Haushälterin Iris (Franca Stoppi, „Laura – Eine Frau geht durch die Hölle“) auf einem Südtiroler Schloss lebt und sich leidenschaftlich als Tierpräparator verdingt. Da Iris ihn jedoch für sich allein haben möchte, beraumt sie einen Voodoo-Zauber an, um Franks Verlobte dauerhaft unter die Erde zu bringen. Dies weiß Frank jedoch insofern zu verhindern, als er ihrer Leiche habhaft wird und sie ebenso ausstopft, wie er es zuvor bereits mit unzähligen Tieren getan hat. Den leblosen Körper legt er zu sich ins Bett und kann seiner großen Liebe so weiterhin nah sein. Doch damit hat Frank sich angreif- und erpressbar gemacht: Eine junge Tramperin, die er freundlicherweise mitgenommen hatte, muss grausam sterben, nachdem sie zu viel gesehen hat, ein Bestatter droht, ihm auf die Schliche zu kommen und Iris, die über alles Bescheid weiß, fordert als „Schweigegeld“ nicht weniger als die Eheschließung mit Frank. Doch dieser verfällt immer mehr dem Wahnsinn…

Frank, der in ländlicher Idylle auf einem ausladenden Anwesen mit seiner Haushälterin allein lebt, ist ein zwar reicher, jedoch furchtbar einsamer junger Mann. Iris dient ihm nicht nur als Angestellte, sondern auch als Mutterersatz und gibt sich ihm sexuell hin. Als sie ihn schließlich ganz für sich allein haben will, verkraftet Frank den Verlust seiner Verlobten nicht. Dieser Verlust ist keine Option, also konserviert er sie und glaubt, sie dadurch weiterhin besitzen zu können. Bis hierhin erinnert „Sado – Stoß das Tor zur Hölle“ mit seinem Voodoo-Prolog, seinen Friedhofszenen und seinem Drehort noch stark an klassischen (Gothic-)Horror, tendiert anschließend jedoch immer stärker zu einer Mischung aus Psycho-Thriller und Splatter-/Gore-Horror, wie sie die Welt bis dahin noch nicht zu sehen bekommen hatte. In D’Amatos atmosphärisch unbehaglichen, auch viel von seiner morbiden Stimmung lebenden Film mischen sich Ausweidung, Extremmaniküre, Säurebad, Einäscherung und Gulaschverzehr, naturalistisch bis realistisch inszeniert, von der ruhigen Hand an der Kamera ausführlich und ausgiebig eingefangen. Und so übertrieben und die Figuren überzeichnend diese Szenen auch sind, so sorgfältig wurden sie tricktechnisch aufbereitet, sodass sie keineswegs so unauthentisch und schluderig wirken wie in manch anderem Genrewerk und dadurch ihre Wirkung auf Ethikzentrum und/oder Magengegend des Zuschauers nicht verfehlen.

Diese Momente stehen jedoch gleichberechtigt neben tiefen Einblicken in psychische Abgründe, die das auf Ed Gein & Co. beruhende und seit „Psycho“ cineastisch etablierte Motiv des derangierten Serienmörders mit Ödipuskomplex aufgreifen und variieren – und in eine spannende Handlung eingewoben wurden, die trotz allem mit Frank bisweilen mitfühlen, ja, regelrecht mitleiden lassen. Entscheidenden Anteil daran hat Kieran Canter, hinter dessen Engelsgesicht sich das kalte Grauen verbirgt. Er schafft es, seiner Figur die nötige Ambivalenz zu verleihen. Franca Stoppi mit ihren strengen Gesichtszügen brilliert in ihrer Rolle als im Gegensatz zu Frank gewissermaßen permanent emotionslose, gefühlskalte Haushälterin und Verschwörerin, in der jedoch Verschlagenheit, Habgier und Eifersucht brodeln, nicht minder, zwischen beiden entwickelt sich eine fatale, für den Film ideale Chemie. Cinzia Monreale („Silbersattel“) in einer Doppelrolle spielt dann tatsächlich so etwas wie ein Final Girl, was den Film ein weiteres Stück in Richtung klassischen Genrehorrors rückt. Goblins Prog-/Synthie-Rock-Soundtrack verleiht dem Film zusätzliche Dynamik, aber auch Entrücktheit, vor allem aber Charakter und zählt zu den Euro-Horror-Stücken mit dem höchsten Wiedererkennungswert.

„Sado – Stoß das Tor zur Hölle auf“ wurde in einem gialloesken Umfeld angesiedelt, dessen Protagonisten sich vornehmlich über Besitz definieren und einen hohen Grad innerer Verkommenheit aufweisen, dadurch zur Gefahr für normale Mitmenschen werden. D’Amato nährt zudem die Angst vor einem Typ Mensch, dessen Sensibilität in Bezug auf die eigene Gefühlswelt dazu führt, diese nicht adäquat verarbeiten zu können und gegenüber anderen in mit kalter Präzision durchgeführte, brutale Gewalt umschlägt. Er hätte auch ohne Gore-Anteil und die Ausflüge in die Phantastik zu Beginn und am Ende funktioniert, doch gerade diese krude Melange trägt zum Status dieses Films, der als D’Amatos gelungenster gilt, bei, zur von ihm ausgehenden Faszination und natürlich zur Kontroverse um ihn – ohne würde er wohl kaum im bekannten Ausmaße provozieren und polarisieren.
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Reinifilm
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Re: Sado - Stoß das Tor zur Hölle auf - Joe D'Amato (1979)

Beitrag von Reinifilm »

Kreisch… Sado ist nicht mehr indiziert: https://www.schnittberichte.com/news.php?ID=18822 :shock:
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FarfallaInsanguinata
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Re: Sado - Stoß das Tor zur Hölle auf - Joe D'Amato (1979)

Beitrag von FarfallaInsanguinata »

So fallen all die Ikonen unserer Jugend!
Mal ernsthaft, kennt ihr das nicht?
"Psst! Hammer-Film, total derbe, da wird dir garantiert schlecht! Wurde auch gerade verboten!"
Und demnächst als 5-fach Mediabook mit 17 verschiedenen Covern. :rambo:
Sorry, ich bleibe bei meiner Zweitkopie von einem Bekannten, der sich die Erstkopie von seiner Videothekenkassette ziehen konnte. In meinen örtlichen Videotheken gabs den leider nie.
So ein wenig Zeitcolorit gehört für mich nunmal dazu...
Ansonsten wäre das wie Musik aus den 50ern auf CD zu hören, einfach kacke!
Diktatur der Toleranz

Die Zeit listete den Film in einem Jahresrückblick als einen der schlechtesten des Kinojahres 2023. Besonders bemängelt wurden dabei die Sexszenen, die von der Rezensentin als „pornografisch“ und „lächerlich“ bezeichnet wurden.
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Borderline666
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Re: Sado - Stoß das Tor zur Hölle auf - Joe D'Amato (1979)

Beitrag von Borderline666 »

SADO ist einer der filmischen Höhepunkte im Leben von Joe D´Amato, nach dem, was ich bisher von ihm kennen gelernt habe. Man mag zu seinen Filmen stehen wie man will, aber was man ihm nicht nach sagen kann, dass er ein fauler Nichtstuer war, denn seine Filmographie wartet mit einer Anzahl von um die 170 Filmen auf, die mehrere Genresparten bedienen. Der vorliegende SADO wurde 1979 veröffentlicht un stellt eine Art Liebesgeschichte samt Horrorinhalt dar, was sich um das Thema Nekrophilie dreht, was für damalige Verhältnisse in deutschen Landen für einen Aufschrei sorgte, wessen sich die damaligen Gremien annahmen und den Film beschlagnahmten. Nach guten 40 Jahren kam er dann endlich vom Index insgesamt runter.

SADO ist ein Film, der nicht als extrem bezeichnet werden kann, trägt zusammen mit Antropophagus dazu bei, Aristide Massaccesi alias Joe D'Amato einen respektablen Platz im Olymp des italienischen Horrorkinos zu verschaffen. Inspiriert wurde SADO von dem 1966 erschienen Film DAS DRITTE AUGE von Mino Guerrini, der inhaltlich nahezu 1:1 die "Vorgängerversion" von SADO ist. Wohl anzumerken ist, dass SADO eine düstere Atmosphäre aufzuweisen hat, die in einem dekadenten Schloss spielt und sich um einen jungen Mann dreht, der nach dem Verlust seiner Eltern und seiner Verlobten in eine tiefe Trauer stürzt und weitreichend seinen Verstand verliert.

Sehr berühmt ist die Szene der Autopsie seiner Verlobten, verziert mit schreienden Spezialeffekten und inszeniert mit unendlich vielen Tierabfällen, die damit endet, dass Francesco in das noch blutende Herz der verstorbenen Geliebten beißt. Auch sonst bietet der Film einige harte Momente, die einem noch lange im Gedächtnis bleiben, gepaart mit dem Wahnsinn, dass sich zwischen der Haushälterin und Francesco eine "inzestuöse" Beziehung auf baut, beide gemeinsame Sache in puncto Morden machen und es zu vielen gewalttätigen Aktionen kommt. Man beachte wie kalt und distanziert mit dem Tod umgegangen wird, als ob es das normalste der Welt sei.

Zu weiteren Pluspunkten zählen die Lagen der Drehorte, sowohl das Bergdorf, in dem alles von schläfriger Stille und einem drohenden Todesgefühl durchdrungen ist, als auch die dekadente Villa, eine der verstörendsten Villen unseres Horrorkinos und das nicht allein und die Musik der Goblins, die nicht zuletzt dazu beiträgt, den Rhythmus straffer zu machen. Auch wenn manches trashig anmutet, zählt SADO zu einem der besten Filme des italienischen Horrorkinos und es ist heutzutage undenkbar, dass solche Werke nochmal gedreht werden würden.
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buxtebrawler
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Re: Sado - Stoß das Tor zur Hölle auf - Joe D'Amato (1979)

Beitrag von buxtebrawler »

Borderline666 hat geschrieben: So 25. Jun 2023, 09:33 SADO ist ein Film, der nicht als extrem bezeichnet werden kann
:-?
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Borderline666
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Re: Sado - Stoß das Tor zur Hölle auf - Joe D'Amato (1979)

Beitrag von Borderline666 »

buxtebrawler hat geschrieben: Mo 26. Jun 2023, 09:00
Borderline666 hat geschrieben: So 25. Jun 2023, 09:33 SADO ist ein Film, der nicht als extrem bezeichnet werden kann
:-?
Für damalige Verhältnisse bestimmt, für heutige, je nachdem was man sonst so schon vor der Linse hatte, geht's fast noch...aber nur fast.😁
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Dick Cockboner
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Re: Sado - Stoß das Tor zur Hölle auf - Joe D'Amato (1979)

Beitrag von Dick Cockboner »

buxtebrawler hat geschrieben: Mo 26. Jun 2023, 09:00
Borderline666 hat geschrieben: So 25. Jun 2023, 09:33 SADO ist ein Film, der nicht als extrem bezeichnet werden kann
:-?
:kicher:
Wirklich extrem ist auf jeden Fall Hartmut Neugebauer im Trailer zu Sado :D
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fritzcarraldo
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Re: Sado - Stoß das Tor zur Hölle auf - Joe D'Amato (1979)

Beitrag von fritzcarraldo »

Iris Stew
Sado - Stoß das Tor zur Hölle auf
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IMG_20230720_194232.jpg (3.76 MiB) 104 mal betrachtet
Ital. 35mm Fassung m. Engl. UTs.
Fast-Gothic-Nekro-Love-Story mit Rumgemansche. Sehr schön in Szene gesetzt.
Und am Schluss geht der Gaul dann endgültig durch. Wie man es dreht und wendet, das Ende macht gar keinen Sinn mehr. Insgesamt unfassbar.
"Das Leben ist noch verrückter als Scheiße!" (Joe Minaldi -Burt Young- Es war einmal in Amerika)

"J&B straight and a Corona!"
(Patrick Bateman, American Psycho)

https://www.latenight-der-fussball-talk.de
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