Titane - Julia Ducournau (2021)

Moderator: jogiwan

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jogiwan
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Titane - Julia Ducournau (2021)

Beitrag von jogiwan »

Titane

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Originaltitel: Titane

Herstellungsland: Frankreich, Belgien / 2021

Regie: Julia Ducournau

Darsteller: Vincent Lindon, Agathe Rousselle, Garance Marillier, Laïs Salameh

Story:

Alexia (Agathe Rousselle) trägt seit einem Autounfall in ihrer Kindheit eine Titanplatte im Kopf und hat auch ansonsten ein enges Verhältnis zu nicht-organischen Dingen: Sie ist eine erotische Tänzerin, die bei Autoshows auftritt und irgendwann sogar Sex nicht nur in, sondern mit einem der Vehikel hat. Männer aber leben in ihrer Nähe gefährlich – und nach mehreren männlichen Opfern, die auf Alexias Kappe gehen, muss sie untertauchen. Alexia gibt sich fortan als Mann aus und nimmt die Identität des als Kind verschwundenen Adrien an. Adriens Vater Vincent (Vincent Lindon), der lange nach seinem Sohn gesucht hat, nimmt die verkleidete Alexia also bei sich auf. Doch er wird schnell zu aufdringlich und außerdem kann Alexia bald kaum noch die sichtbaren Zeichen einer Schwangerschaft verbergen... (Quelle: www.filmstarts.de)
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jogiwan
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Re: Titane - Julia Ducournau (2021)

Beitrag von jogiwan »

nach dem kontroversen "Raw" mit dem Nachfolgefilm gleich mal die Goldene Palme abgeräumt. Gratulation und ich bin schon sehr gespannt - Auf "Titane" freue ich mich sehr. :nick:
Goldene Palme an französischen Film „Titane“

Die Goldene Palme in Cannes geht in diesem Jahr an den französischen Film „Titane“. Die Jury kürte das Fantasy-Drama der Französin Julia Ducournau heute Abend zum besten Film des diesjährigen Wettbewerbs. Zum erst zweiten Mal in der Geschichte des Filmfestivals geht die Goldene Palme damit an eine Frau – 1993 hatte die Neuseeländerin Jane Campion für „Das Piano“ die Auszeichnung erhalten.
quelle: orf.at
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buxtebrawler
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Re: Titane - Julia Ducournau (2021)

Beitrag von buxtebrawler »

jogiwan hat geschrieben: Sa 17. Jul 2021, 21:01 nach dem kontroversen "Raw" mit dem Nachfolgefilm gleich mal die Goldene Palme abgeräumt. Gratulation und ich bin schon sehr gespannt - Auf "Titane" freue ich mich sehr. :nick:
Ja, habe ich gestern auch mitbekommen. Bin gespannt.
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Adalmar
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Re: Titane - Julia Ducournau (2021)

Beitrag von Adalmar »

Klingt auf jeden Fall gut, ein bisschen nach Cronenbergs "Crash", was ich bislang so zufällig gelesen habe.
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fritzcarraldo
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Re: Titane - Julia Ducournau (2021)

Beitrag von fritzcarraldo »

Oldenburg Filmfestival. Casablanca Kino.
Titane
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(Frankreich 2021)
Regie: Julia Ducournau
Mit Agathe Rousselle, Vincent Lindon.
Man kann die Handlung von TITANE zwar sogar in zwei Sätzen zusammen fassen, aber was dann folgt, hat man in der Form wahrscheinlich so noch nie gesehen. Vergleiche zu Cronenberg, besonders zu CRASH, zu Tsukamotos TETSUO oder aber auch zu Gaspar Noé sind natürlich zwangsläufig und passen auch irgendwie, aber TITANE geht schon einen eigenen Weg.
Hier aber erstmal die besagten zwei Sätze:
"Eine erotische Tänzerin und Serienkillerin mit Titanplatte im Kopf hat Sex mit einem Auto und wird schwanger. Auf ihrer Flucht gibt sie sich als Sohn eines alternden Feuerwehrmannes aus."
Alexia (Agathe Rousselle) hatte als Kind einen Autounfall. Danach wurde ihr eine Titanplatte in den Kopf eingesetzt. Das Verhältnis zu ihrem Vater ist sehr unterkühlt. Die Mutter wird immer nur kurz gezeigt. Wir sehen Alexia beim Sex und beim Morden, wenn ihr dann doch jemand zu nah kommt. Allein die Mordszenen sind sehr explizit. Als sie Sex mit einem Auto hat, wird sie schwanger. Irgendwann ist sie auf der Flucht.
Dann ein Bruch in der Story. Man sieht zwar wie sich auf eine Metamorphose vorbereitet, um die Identität eines jahrelang vermissten Jungen anzunehmen, aber wie sie dann plötzlich beim Vater, dem besagten Feuerwehrmann, landet, ging mir dann fast zu schnell. Dies ist aber das berühmte Meckern auf hohem Niveau. Nach der ersten sehr temporeichen Hälfte, beruhigt sich der Film etwas. Was aber nicht heißen soll, dass die bis dahin gezeigte Wahnwitzigkeit verloren geht. Alexia muss ständig verschleiern, dass sie eine Frau und schwanger ist. Vincent (Vincent Lindon), der Feuerwehrmann, hadert mit sich und seinem Schicksal. Er hat seinen Sohn verloren und wir ahnen natürlich, dass er genau weiß, dass die plötzlich aufgetauchte Person eben nicht der langvermisste Sohn ist. Er fühlt sich alt und versucht darüberhinaus, mit zu vielen Steroiden seinen Körper zu stählen. Wir schauen dabei zu, wie sich Alexia und Vincent annähern und dann steht ja noch die Geburt des Kindes bevor.....
Ist es möglich, dass ein Film voller Gewalt, Splatter und Sex feinfühlig erzählen kann, wie Menschen sich annähern und ihrer (Geschlechts-) Identität suchen? Ja. Es ist möglich. TITANE ist der Beweis dafür.
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Arkadin
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Re: Titane - Julia Ducournau (2021)

Beitrag von Arkadin »

Was kann man zu „Titane“ schreiben? Muss man überhaupt etwas dazu schreiben? Kann man sich nicht einfach in seine seltsam brutal-zärtliche Welt begeben und sich dann darin treiben lassen? Den Film einfach nur erfühlen, statt ihn intellektuell zu verarbeiten? Tatsache ist, auch nach einer Woche tauchen immer noch Bilder und Situationen aus „Titane“ in meinem Unterbewusstsein auf. Der Film mag mich nicht loslassen. Warum das so ist, vermag ich mit Worten kaum zu erklären. Vielleicht war ich einfach zu tief drin in der Welt von „Titane“. Vielleicht hat mich diese Welt nachhaltig verstört. Mir Fragen gestellt, auf die ich keine leichten Antworten weiß. Am Ende war ich verstört, verwirrt, angeekelt, beglückt, verängstigt und gefühlsselig.

So widersprüchlich wie diese Gefühle ist auch der ganze Film. Ein Freund und Mitseher fasste „Titane“ wie folgt in zwei Sätze zusammen: „Eine erotische Tänzerin und Serienkillerin mit Titanplatte im Kopf hat Sex mit einem Auto und wird schwanger. Auf ihrer Flucht gibt sie sich als Sohn eines alternden Feuerwehrmannes aus.“ Das trifft es genau und erzählt doch nur ein Bruchteil dessen, was „Titane“ ist. Angefangen von der ersten Szene, in der eine störrisches, missgelauntes Kind ihren Vater im Auto nervt – um damit einen fatalen Unfall zu provozieren bis hin zur letzten Szenen, die eine unmögliche Geburt zeigt und in einem Bild endet, welches mich stark an „Rosemarys Baby“ erinnert hat, gleichzeitig beängstigend, zärtlich und auch wunderschön ist. Dazwischen: Extrem brutale Morde, Szenen in denen selbst ich mir kurz die Augen zuhalten musste (Stichwort: Nase), Musik, Tanz, sehr laute und sehr leise Momente. Märchenhafte Elemente, fast dokumentarische, sehr reale Elemente. Angst vor dem Alter. Angst vor Nähe. Dinge die man nicht versteht, Dinge die man nur allzu gut versteht.

Dabei unfassbar gute Schauspieler. Die bisher unbekannte Agathe Rousselle ist gnadenlos intensiv als Titane. Vincent Lindon schafft es, dass man seinen alten Feuerwehmann Vincent ebenso ins Herz zu schließen kann, wie ihm gegenüber auch permanent misstrauisch zu bleiben. Was ist das für eine seltsame, bedingungslose und besitzergreifende Liebe gegenüber seinem „Sohn“. Inzest und unterdrückte Homosexualität liegen da ebenso in der Luft, wie eine tiefe, ernstgemeinte Vaterliebe und die tiefe Verzweiflung und Traurigkeit um den verlorenen Sohn. Alles gleichzeitig.

Vom Stil hier scheint sich Julia Ducournau (ihr Debüt „Raw“ muss ich endlich sehen) teilweise bei Gaspar Noe, Nicolas Winding Refn und Lars von Trier inspiriert zu haben. Aber eigentlich sind diese Vergleiche unfair, denn sie zieht hier ihr ganz eigenes Ding durch. Wie oben angedeutet: Ein schwieriger und zugleich leichter, ein abstoßender und zugleich anziehender Film. Hässlich und wunderschön. Ein Kunstwerk. Ein Meisterwerk. Eine emotionale Achterbahn. Grandios in Bilder umgesetzt. Und sicher eine Film, wie ich ihn bisher in dieser Form noch nicht gesehen habe.
Früher war mehr Lametta
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Re: Titane - Julia Ducournau (2021)

Beitrag von buxtebrawler »

Startet morgen regulär in den Kinos:

Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Salvatore Baccaro
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Re: Titane - Julia Ducournau (2021)

Beitrag von Salvatore Baccaro »

Am meisten bin wohl ich selbst von meiner Reaktion auf TITANE überrascht, den ich vorgestern endlich als OmU im Kino gesehen habe, denn normalerweise stehe ich ja, wie man weiß, auf solch weirden, Konventionen und Grenzen niederfackelnden, sich bewusst zwischen alle Stühle setzenden, mit konventionellen Erwartungshaltungen und Seherfahrungen brechenden Stuff, doch meine Euphorie hält sich wirklich in Grenzen. Ich meine, handwerklich ist das Ganze echt sauber, und auf eine seltsame Art und Weise fand ich's sogar einigermaßen unterhaltsam; zudem hat mir die Musikuntermalung ziemlich zugesagt, ("Macarena" als A-Capella, haha!), und schauspielerisch gibt's schon gar nichts zu mecken - nur bleibt das Gefühl, dass Julia Doucurnau doch sehr gezwungen, zuweilen nahezu etwas krampfig, versucht, eine ganze Reihe von Tropen subversiv auseinanderzunehmen, dabei stellenweise beinahe etwas plump wirkt, (ein techno-femistischer Text wie Donna Harraways "Cyborg Manifesto" schreit einem als Inspirationsquelle ja regelrecht ins Gesicht: Take that patriarchy!), und andererseits dann ästhetisch doch nie zum wirklich flächendeckenden Overkill ausholt, (so wie es beispielweise Bertrand Mandicos thematisch gar nicht unähnlicher LES GARCONS SAUVAGES getan hat), und, puh, ohne die eine oder derbe Gewaltspitze, die eine oder andere Verbeugung vor dem Body-Horror-Kino eines David Cronenberg und die eine oder andere "bizarre" Sexszene hätte ich durchaus leben können. Ich bin irritiert: Von diesem Film, von meiner Reaktion auf diesen Film, von mir selbst...
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jogiwan
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Re: Titane - Julia Ducournau (2021)

Beitrag von jogiwan »

ein schöner Artikel zum Kinostart in Österreich

https://orf.at/stories/3235223/


"Elevated Horror" klingt aber doof - keine Ahnung warum die Arthouse-Fraktion dieses Schublade braucht... :roll:
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Dick Cockboner
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Re: Titane - Julia Ducournau (2021)

Beitrag von Dick Cockboner »

jogiwan hat geschrieben: Fr 5. Nov 2021, 08:55 ein schöner Artikel zum Kinostart in Österreich

https://orf.at/stories/3235223/


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Naja, ist halt schön elitär gebranded & da fühlen sich die Kollegen eben am wohlsten... :doof:
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