Fascination - Jean Rollin (1979)

Moderator: jogiwan

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funeralthirst
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Fascination - Jean Rollin (1979)

Beitrag von funeralthirst »

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Regie: Jean Rollin
Erscheinungsjahr: 1979
Mit: Brigitte Lahaie
Bezug: deutsche X-NK DVD (X-Rated Jean Rollin Collection)



Hexen leben länger - Faszination Frau - Frauendominanz

Man, bzw. ich muss nicht erwähnen, dass Rollin keine hundsgewöhnliche Filme macht, die man so einfach als Mainstreamorientierter Filmfan konsumieren kann, denn Rollin zeichnet einen Stil aus, den man heute noch mehr als damals als sehr träge und einschläfernd bezeichnen könnte. Fans sprechen dabei aber wiederrum von hypnotisierend, mysteriös, unerklärlich, poetisch und erotisch, aber immer mit dem unterschwelligen Grauen und einer tiefen Botschaft versehen. Und das mag wohl auch Rollins Stärke sein, zelebriert er unerklärliche Geschichten jenseits aller Realitätsvorstellungen, in die man sich hineinträumen,- denken,- bzw. hineinarbeiten muss, um deren Intention und tiefste Aussage herauszukristallisieren, schwebt hinter dieser oberflächlichen Melange aus Grusel und Erotik, die Rollin ja inszeniert, immer ein Abbild gesellschaftlicher Werte, menschlicher Träume oder Empfinden.

Und auch wenn Fascination an sich, von Rollins Beginnen in Die Vergewaltigung des Vampirs (1967) und Die nackten Vampire (1969) thematisch etwas abschreitet, hat er immer noch den Fokus der Frauendominanz im Vordergrund, zelebriert er hier wie so oft das Zusammentreffen eines scheinbar normalen Menschen, der in die Fänge von Frauen gerät. Und nicht nur die Thematik ist etwas anders, ist Rollins Inszenierungsstil zwar immer noch genauso theatralisch - künstlich wie eh und je, kann man das ganze Geschehen aber doch schon eher als Film titulieren, so wie er eben Pestizide (1977) und The Living dead girl (1982) aufarbeitete. In Rollins Vordergrund drang immer das Unerklärliche, bizarre Szenen wurden aufgezeigt, die der Konsument aufarbeiten musste, aber mit denen er letztendlich doch allein gelassen wurde. In Fascination ist das anders, auch wenn der Seher viel hineininterpretieren muss, sofern er das denn möchte.

Im Vordergrund steht nämlich die Geschichte um einen diebischen Mann, von 4 ärmlichen Bauern durch die französisch verträumte Felderlandschaft in den Anfängen des 20. Jahrhunderts verfolgt, da er deren Gold in Besitz genommen hat. Zuflucht des Mannes ist ein Wasserschloss, doch deren mysteriöse Aura scheint ungeklärt, befinden sich bloss 2 Damen dortdrin, die ihn alsbald überraschen und umgarnen. Die Situation scheint bizarr und auch wenn man erahnen könnte, was passiert, sehnt man sich als Zuschauer, ähnlich wie der Mann nach der Aufklärung was es mit den Frauen auf sich hat. Vampire, Geister, Dämonen? All das scheint ungeklärt, aber das Schauspiel dass sich propagiert, kann der Mann bloss als Komödie titulieren, sieht er sich in seiner ausweglosen Lage, in den Psychospielen der Frauen versetzt, als ängstlicher Verlierer etabliert, der sich den Spielen der Frauen ergeben muss, aber dies mit solchem Zynismus von sich abzulenken versucht.

Und hier blitzt die Rollin - Intention wieder hervor, um das Ganze dennoch wieder weiter zum Höhepunkt zu treiben, fallen allsbald die ersten Schüsse, denn auch wenn er seine Angst vor den Frauen, die mit Dolchen rumfuchteln und ihn wegen der Ankunft späterer Frauen, dem Tode persönlich, verneint, mischt sich diese, seine persönliche, offensichtliche Angst mit den Reizen der Frau, kommt es hier sehr wohl zu nackten Tatsachen.

Wer Brigitte Lahaie (Pestizide, Night of the Hunted) kennt, wird erahnen, welche Züge dies annimmt, denn solche Szenen, in der sie mit der Sense über die Brücke des hochanmutigen und gothischen Wasserschlosses geht, könnte schöner und grausamer nicht sein, vorallem weil im Hintergrund der verstörende, aber dennoch ruhige Score tobt. Das Geschehen hat sich längst in bizarre Ausmaße gehievt, denn gen Mitternacht erwartet den Mann unheilvollste Natur, denn der Club der Frauen lädt zum Tanz.

Rollin lässt wie auch so oft den vermeintlichen Protagonist tanzen und auch den Zuschauer, der zwischen den Zeilen liest und Fragen über Fragen häuft. Im Grunde genommen ist Fascination ein Film über Frauen. Lieblich, unerklärlich, grausam, und dennoch menschlicher, als wie es der Mann sein könnte. Und hier mag wohl der Knackpunkt in Story und Intention sein, denn auch wenn sich die Frau hier als vermeintlich stärkeres, humaneres und dominanteres Geschlecht, bezüglich ihrer Stärken der Verführung dominiert, ist das Trennen der Beiden Brigitte Lahaie und Jean - Marie Lemaire der Spalt, die Dramatik, scheint der Mann der Herr allen Übels, der die Vereinigung der Frauen stört und die Gefühle der Frau gewinnt.

Rollin lässt dabei wieder Poetisches in die Dialoge fliessen. Die Sehnsucht nach dem Tod, die Sehnsucht nach Freiheit, Liebe und Anerkennung. Oder doch ein Hilfeschrei? Rollins Filme sind wie immer sehr persönlich, sehr tiefblickend, und doch wiederrum die Gradwanderung zwischen Erotik, Grusel, Poesie, Sleaze und purstem Trash, aber das mag wohl die Stärke sein.

Man kann ihn und seine Filme nicht erklären. Man kann die wahre Intention nicht erklären. Drama, Horror, Erotik oder doch bloss bildgewordene, Drogenverseuchte Verwirrtheit eines alten Mannes?

Und seien wir ehrlich: Einen seiner Filme nur annähernd richtig und interessant genug zu beschreiben und zu rezensieren, scheint unmöglich, vorallem weil man im Schlussakt abermals allein gelassen wird.

Fazit:
Wunderschöner, herrlich atmosphärisch verträumter und poetischer Erotikgruselfilm, der vieles in sich zusammen vereint, aber wieder Unerklärlich bleibt. Wie das Leben, die Frau und deren lieblich, grausame Erscheinung.

Verstehe einer die Frauen...

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sid.vicious
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Re: Fascination - Jean Rollin

Beitrag von sid.vicious »

Jean Rollins 1979 gedrehter Film konzentriert sich, wie man es von Rollin kennt, auf das Spiel zwischen Gut und Böse mit der Kernfrage: Was ist denn nun wirklich das Gute und was das Böse? Der Freiraum zur Interpretation ist reichhaltig vorhanden und Rollin lässt dem Zuschauer dabei frei Hand. Die Geschichte arbeitet gezielt auf seine Lösung hin, Rollin baut bewusst einen Spannungsbogen auf, der sich erst mit den Abspanncredits löst. Bis es allerdings soweit ist, nimmt das Spiel Gut gegen Böse seinen unabsehbaren Lauf.

Hierbei werden Kamera und Beleuchtung in Perfektion eingesetzt, dazu kommt ein künstlich erzeugter Wind, der die Gewänder der Hauptdarstellerinnen in einer graziösen Art wehen lässt. Das Ganze ist ein einziger, optischer Genuss. Dazu gelingt es Rollin mit einfachen Mitteln, wie das Heulen des Windes und abgedunkelten Räumen eine herrliche Atmosphäre zu schaffen. Die Bilder wirken märchenhaft schön und werden durch die großartige Auswahl der Locations perfekt dargestellt. Trotz aller von Genialität gezeichneten Szenen, fällt eine besonders auf. Brigitte Lahaie schreitet mit einem schwarzen Gewand gekleidet und einer Sense in der Hand über die Brücke zum Schloss und tötet eine Diebin. Ausschlaggebend ist, dass diese Szene eine der wenigen Gewaltmomente in Fascination enthält, denn trotz ihres blutigen Gehalts, zeugt diese dennoch von einer einzigartigen Schönheit.

Brigitte Lahaie verkörpert mit der Rolle der Eva, Anfangs einen eher harmlosen Charakter, der sich durch Gehievtheit und Taktieren auszeichnet. Nachdem Alles in der von ihr beabsichtigten Weise abläuft, wechselt ihr Charakter in den einer Todesbotin. Sehr interessant ist ein Szene in der Eva von einem der Diebe dazu genötigt wird ihr weißes Kleid auszuziehen, sie kommt dem nach und tötet den Dieb. Das Messer entnahm sie einem schwarzen Umhang, welchen sie folgend überstreifte um somit als Engel des Todes ihren Weg zu gehen. In einigen afrikanischen Ländern ist die Bedeutung von Schwarz und Weiß entgegengesetzt zur Bedeutung in Europa. Sehen wir die europäische Definition, wird uns einiges klar. Weiß zeigt den Anfang, ein unbeschriebenes Blatt, hingegen wird mit Schwarz alles davor Erlebte und Praktizierte dargestellt. Es ist sozusagen ein komplettes Resümee des Lebens. Folglich ist der Zuschauer der Ansicht, dass Eva der Mittelpunkt des Bösen ist, was allerdings zum Ende des Film durch die Sinneswandlung von Elisabeth wieder in Frage gestellt wird.

Fazit:
Rollins Film mag unterschiedlicher Ansicht nach, nun Kunst oder Selbstverliebtheit sein, im Prinzip ist dieses vollkommen egal. Fakt ist: Fascination ist eine perfekte Studie über Liebe, Gut und Böse, über die reale Welt und eine parallele Zweitwelt. Alles was dabei Filmtechnisch geboten wird, ist einfach gesagt: Perfekt.
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Blap
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Re: Fascination - Jean Rollin

Beitrag von Blap »

Welche DVD zu "Fascination" könnt ihr mir empfehlen? Auf die deutsche Synchronisation kann ich verzichten.
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CamperVan.Helsing
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Re: Fascination - Jean Rollin

Beitrag von CamperVan.Helsing »

Blap hat geschrieben:Welche DVD zu "Fascination" könnt ihr mir empfehlen? Auf die deutsche Synchronisation kann ich verzichten.
Dann guck den doch einfach auf französisch, gewöhnt man sich bei Rollin eh an, weil die Encore-Scheiben (mit einer Ausnahme) keinen deutschen Ton haben.
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Blap
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Re: Fascination - Jean Rollin

Beitrag von Blap »

ugo-piazza hat geschrieben: Dann guck den doch einfach auf französisch, gewöhnt man sich bei Rollin eh an, weil die Encore-Scheiben (mit einer Ausnahme) keinen deutschen Ton haben.
Sicher, sofern zumindest englische Untertitel vorhanden sind, mache ich das sehr gern. Doch "Fascination" gibt es nicht von Encore (imo), daher hätte ich gern gewusst, welche Erfahrungswerte z.B. über die britische und/oder amerikanische DVD vorlliegen. :)
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jogiwan
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Re: Fascination - Jean Rollin

Beitrag von jogiwan »

ich hab die Ami-DVD und bin auch ganz zufrieden damit. Die hat imho auch das schönste und stimmigste Cover. Allerdings weiß ich ja auch, dass du mit der Optik von Fr. Lahaie ja auch ein bissl auf Kriegsfuß stehst... Die Bildqualität ist gut und neben der Franzen-Tonspur gibts englische Untertitel. Preis ist auch okay!

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Blap
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Re: Fascination - Jean Rollin

Beitrag von Blap »

Danke für die Auskunft.
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Blap
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Re: Fascination - Jean Rollin

Beitrag von Blap »

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Fascination - Das Blutschloss der Frauen (Frankreich 1979, Originaltitel: Fascination)

Biggi und die Sense

Der kleine Gauner Marc (Jean-Marie Lemaire) ist auf der Flucht vor seinen Komplizen. Das Schlitzohr beabsichtigte die ehemaligen Mitstreiter zu übertölpeln, nun rennt er um sein Leben. In einem alten Schloss findet Marc ein geeignetes Versteck, seltsamerweise trifft er dort nur auf die beiden Schönheiten Elisabeth (Franca Mai) und Eva (Brigitte Lahaie). Die jungen Damen wecken die Neugier des Eindringlings, beantworten Fragen nur ausweichend, immer wieder ist von einer Zusammenkunft um Mitternacht die Rede. Mehr und mehr stürzt Marc in einen Taumel aus Verlangen und Lust, überspielt die eigene Unsicherheit mit einer aufgesetzten Mixtur aus Arroganz und Kühlheit. Als seine Verfolger plötzlich auftauchen, lernen die Schurken Eva auf eine besonders eindringliche und endgültige Art kennen. Marc wähnt sich derweil noch immer in einem harmlosen Spielchen überdrehter Weibsbilder. Er glaubt die Lage unter Kontrolle zu haben, daran ändert auch das Auftauchen der gestrengen Hélène (Fanny Magier) und weiterer Damen nichts...

Es war wieder an der Zeit sich einem von Jean Rollin inszenierten Filmerlebnis hinzugeben. Wer mehr über das Schaffen des leider 2010 verstorbenen Franzosen erfahren möchte, soll sich bitte im Netz nach entsprechenden Beiträgen umschauen. Ich verzichte an dieser Stelle auf das verdiente Loblied, da ich ansonsten vor lauter Begeisterung völlig die Contenance verlieren würde. "Fascination" lässt die Geschlechter aufeinanderprallen, das vermeintlich starke Geschlecht unterliegt dem ach so schwachen Geschlecht in jeder Hinsicht. Das Werk ist eine Liebeserklärung an die Frau, gleichzeitig verstrickt in ein Geflecht aus Begierden, Lust und Angst.

Zunächst zeichnet Rollin den männlichen Protagonisten als cleveren und abgebrühten Typ, der seine Komplizen weder achtet noch ernst nimmt. Überlegen im Wortschatz, besser gekleidet, hat Marc nur Gelächter für die groben Bauerntölpel übrig. Im Schloss angekommen weicht die Belustigung, den ihm gegenüberstehenden Schönheiten fühlt er sich dennoch überlegen. Mit Jean-Marie Lemaire hat Rollin diesen Part treffsicher besetzt, der Bursche verfügt über eine leicht schmierige und überhebliche Ausstrahlung, hat etwas "schäbig-schönes" an sich. Franca Mai und Brigitte Lahaie begegenen ihrem neuen "Gast" mit unverschämter Koketterie, deren Tragweite der Ankömmling nicht zu fassen imstande ist. Während sich Marc lustvoll zwischen Evas Schenkeln aufreibt, hat er sich bereits in einem gnadenlosen Netz verfangen, seine einbildete Dominanz verschleiert den Blick auf die kommenden Ereignisse. Längst hat der aufmerksame Zuschauer erkannt, wer in diesem Spiel die Geschicke lenkt, Marc bleibt diese Erkenntniss verwehrt, er verwehrt sie sich selbst. Später betritt Hélène die Bühne, an diesem Punkt glaubt der Herr der Schöpfung noch immer fest im Sattel zu sitzen. Mit der sich ankündigenden Mitternacht bricht schliesslich seine Unsicherheit hervor, die aufkeimende Angst lugt unübersehbar unter der harschen Tarnkappe hervor.

Kurz möchte ich auf die Qualitäten der Damen eingehen, zumindest die drei zentralen Charaktere Elisabeth, Eva und Hélène würdigen. Franca Mai ist in der Rolle der Elisabeth die menschlichste, schwächste (tatsächlich?) im Bunde, eine hübsche Frau die mit ihren Gefühlen zu kämpfen hat (Spiel? Maskerade?). Brigitte Lahaie habe ich früher gern kritisiert, ihr Körper faszinierte mich schon immer, ihr Gesicht weniger. Spätestens seit der Sichtung des grandiosen "La nuit des traquées" (1980), verliere ich kein schlechtes Wort mehr über die Lahaie, dazu nötigte mir ihre Darbietung viel zu viel Respekt ab. "Fascination" drückt den Stachel weiter in mein altes Herz, zu bezaubernd wirkt Brigitte Lahaie, ich kann und will mich ihren Reizen nicht mehr entziehen (wer hat jemals behauptet, die Frau habe kein hübsches Gesicht? Unfassbar!). Rollin weiss um die optischen Qualitäten seiner Königin der Erotik, er entlockt ihr aber weitaus mehr als den sowieso omipräsenten Sexappeal. Als Eva pendelt Brigitte gekonnt zwischen aufgesetzter Naivität, wilder Lust und zieht als (h)eisskalte Erntemaschine alle Register. Der Zaunpfahl des Herrn Rollin ist eine Sense, hier erscheint euch nicht der alte Gevatter Tod, der klapprige Sensenmann, hier tilgt euch pure Schönheit mit todsicherer Präzision aus dem irdischen Dasein! Fanny Magier rundet die weibliche Dominanz ab, verleiht dem Triumph des starken Geschlechts den letzten Schliff. Damit genug zu den Mitwirkenden vor der Kamera, entdeckt diesen Film auf eigene Faust, das ist viel aufschlussreicher als mein verzweifelt um die passenden Worte kämpfendes Gesülze.

Wie man es von Rollin kennt und erwartet, verwöhnt uns selbstverständlich auch "Fascination" mit herrlichen Bildern und Farben, durch die die schaurige Schönheit der Damen und die herrliche Gruselgeschichte (?) in einen geschmackvollen Rahmen gebettet werden. Die Frau, Krönung der Evolution, überschäumender Fleischeslustpalast, Rausch der Sinne und Emotionen, rote Liebe, rote Verführung, rot rinnt das Leben aus dem Leib der Opfer und/oder Erlösten (?) (Übrigens sollte der Zuschauer jegliche Erwartungen in Richtung Mettgut vergessen, Rollin baut auf eine dem Theater ähnliche Darstellung/Ausführung entsprechender Szenen. Übliches Gepansche wäre IMHO sowieso unangemessen, störend. Siehe die Beschädigungen, die dem ansonsten durchaus reizvollen "Les raisins de la mort" (1977) dadurch zugefügt wurden). Rollin stellt viele Fragen, die Beantwortung bleibt dem Zuschauer überlassen, den zahllosen Hinweisen (?) kann jeder Betrachter in der eigenen Phantasie nachhängen. Die Frau als Essenz des Lebens, zerbrechlich und zugleich hart und kalt wie eine stählerne Klinge, verführerisch und sündig, klug, naiv, dem Spieltrieb folgend... Was bleibt da noch für uns Männer? Der ausgepresste Mann, ein trauriges Extrat ohne Nährwert? Immer wieder schreibe ich, dass man sich auf manche Filme mit Haut und Haaren einlassen muss, für Werke von Jean Rollin gilt dies in ganz besonderem Maße! Wer auf übliche Spannungsbögen, Abläufe und Logik konditioniert ist, sich nicht von diesen Hemmschuhen befreien kann/mag, der wird vermutlich wenig mit den Schöpfungen dieses grossen Filmachers anfangen können. Genug des Geschwafels, schaut euch den Film an!

Mir liegt "Fascination" auf einer DVD aus dem Hause X-Rated vor. Die gebotene Qualität geht in Ordnung, die angefertigte Synchronisation ist überraschend gut gelungen, leistet sich nur kleine und verzeihbare Schnitzer. Angenehmerweise bietet die Scheibe auch den französischen Originalton an, der sich auf Wunsch durch deutsche Untertitel ergänzen lässt. Zugegeben, im O-Ton wirkt die Lahaie noch verführerischer. Vorsicht: Die "Kaufhausversion" von VZM ist stark gekürzt, Finger weg! Mit der X-Rated DVD kann ich gut leben, der angekündigten US-BD sehe ich trotzdem erwartungsvoll entgegen, die wundervollen Bilder verdienen die bestmögliche Aufbereitung (hoffentlich bauen die Herrschaften keinen Mist).

Wenn ich "nur" extrem dicke 8/10 (sehr gut) ziehe, liegt es lediglich daran, dass andere Filme des Meisters die höheren Werte bereits für sich beansprucht haben. Die Punkteskala verkommt zur armseligen Krücke, dieses Schätzchen entzieht sich jedem Zahlenraster!

Lieblingszitat:

"Jetzt bist du in der Welt von Elisabeth und Eva. In der Welt von Wahnsinn und Mord."
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CamperVan.Helsing
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Re: Fascination - Jean Rollin

Beitrag von CamperVan.Helsing »

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Blap
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Re: Fascination - Jean Rollin

Beitrag von Blap »

Das griffige Zitat hat dich also auch im Nacken gepackt. Sehr schön. :knutsch:
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