Ein Tolpatsch auf Abwegen - Georges Lautner (1976)

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buxtebrawler
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Ein Tolpatsch auf Abwegen - Georges Lautner (1976)

Beitrag von buxtebrawler »

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Originaltitel: On aura tout vu

Herstellungsland: Frankreich / 1976

Regie: Georges Lautner

Darsteller: Pierre Richard, Miou-Miou, Jean-Pierre Marielle, Renée Saint-Cyr, Gérard Jugnot, Sabine Azéma, Gérard Chambre, Arlette Emmery, Valérie Mairesse, Jean Michaud, Jean Luisi, Maitena Galli u. A.
Der Werbefotograf François (Pierre Richard) will Filmregisseur werden und schreibt mit seinem Freund Mercier (Henri Guybet) ein Drehbuch. Erst haben die beiden Probleme einen Produzenten für den anspruchsvollen Film zu finden, werden dann aber doch noch fündig. Allerdings hat die Sache einen Haken, denn der Produzent will aus dem Stoff einen Pornofilm machen. Mercier ist strikt dagegen, aber François will unbedingt einen Film machen und beginnt hinter dem Rücken seines Freundes mit den Dreharbeiten. Problematisch ist nur, dass Mercier der Tochter seines Chefs die Hauptrolle in dem „Liebesfilm“ versprochen hat und dass François´ Frau Christine (Miou-Miou) sich querstellt und ihren Mann daran hindern will einen Porno zu drehen...
Quelle: www.ofdb.de
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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buxtebrawler
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Re: Ein Tolpatsch auf Abwegen - Georges Lautner (1976)

Beitrag von buxtebrawler »

„Was sind schon 46 Minuten Sex in einem eineinhalbstündigen Film?!“

Die französische Komödie „Ein Tolpatsch auf Abwegen“ von Regisseur Georges Lautner („Der Profi“) aus dem Jahre 1976 und mit Komödien-Star Pierre Richard („Der große Blonde mit dem schwarzen Schuh“) in der Hauptrolle nimmt die Filmbranche bzw. ihren Porno-Ableger aufs Korn.

Der glücklose Werbefotograf Francois (Pierre Richard) ist genervt und angeödet von seinem Beruf und fühlt sich zu Höherem berufen. Zusammen mit seinem Freund Mercier (Henri Guybet, „Der große Blonde kehrt zurück“) hat er ein Drehbuch verfasst und ist auf der Suche nach einem Produzenten. In Morlock (Jean-Pierre Marielle, „Sturmtruppen“) findet er einen Interessenten, doch ist diesem das Buch zu anspruchsvoll: Er möchte viel lieber einen Porno daraus machen und er hat auch schon einem Namen dafür: „La Vaginale“. Mercier ist strikt dagegen, doch Francois lenkt widerwillig ein – ohne Merciers Wissen... Er boxt die entsprechenden Drehbuchänderungen an seinem Freund und seiner Frau Christine (Miou-Miou, „Themroc“) vorbei durch und das Unheil nimmt seinen Lauf.

Direkt zu Beginn zeigt „Ein Tolpatsch auf Abwegen“ eindrucksvoll, weshalb der Beruf des Werbefotografen nicht unbedingt erstrebenswert ist und weckt Verständnis für Francois, als eine Fliege die Käsefotografie empfindlich stört und ins Chaos stürzt. Kein Wunder also, dass er sich nach einer beruflichen Veränderung sehnt. Dennoch hadert er mit seiner schicksalhaften Entscheidung, die Ursache vieler Turbulenzen ist. So hat Mercier zum Beispiel nichts ahnend der Tochter seiner Chefin eine Rolle im Film versprochen. Doch damit nicht genug: Als seine attraktive Freundin Christine von der Sache Wind bekommt, will sie Francois ein Schnippchen schlagen und bewirbt sich als Darstellerin für den Film, ohne dass Morlock von ihrer Beziehung zu Francois weiß.

Daraus ergibt sich die Situationskomik des Films, der karikativ überzeichnet sowohl Filmproduzenten aufs Korn nimmt, die fürs schnelle Geld „Schmuddelfilme“ drehen und an wahren Inhalten schlicht überhaupt nicht interessiert sind, als auch die bizarre Stimmung der Vorbereitungen eines Pornodrehs, in die plötzlich arglose Biedermänner ebenso involviert sind wie zugeknöpfte Entscheidungsträger und Geldgeber. Doch über weite Strecken ist „Ein Tolpatsch auf Abwegen“ nur wenig lustig, stattdessen eher tragisch und dramatisch – was ihm sehr gut tut und Richard auch einmal von einer nur marginal klamaukigen Seite zeigt. So entwickelt man im Laufe der Handlung Verständnis für Francois und Christine und für die Versuche, Kompromisse zwischen allen Parteien zu finden. Zwar hat auch „Ein Tolpatsch auf Abwegen“ seine schlüpfrige Seite, doch wenn Christine nackt beim Darsteller-Casting die Blicke über sich ergehen lassen muss, fließen Tränen. Offensichtlich wollte man Erotikfilme nicht per se verdammen, denn zahlreiche weibliche Nackedeis bestimmen ebenso die Szenerie wie der kritische Blick auf die Pornoindustrie. Ein männlicher Porno-Darsteller freut sich darüber, „mal nicht bumsen zu müssen“ und übt damit subtil Kritik an Erwartungshaltung und Leistungsdruck, der Reduktion sexueller Lust auf eine Ware, während „im großen Finale“ sozusagen alles drunter und drüber geht und der Film zurückkehrt zu absurdem, übertriebenem – dabei komischem – Humor.

„Ein Tolpatsch auf Abwegen“ wird durchgehend spannend aufgebaut, da man als Zuschauer nie weiß, wie das alles ausgehen wird – und wie weit der Film gehen wird. Das ist nicht selbstverständlich für ältere Komödien und trägt entscheidend zum sehr positiven Gesamteindruck bei. Eine mutige, sich eindeutig an ein erwachsenes Publikum wendende Komödie mit teils derber Wortwahl, die gut gespielt den Grenzbereich zwischen harmloser Komik und provokantem Tabubruch auslotet, indem sie sich über eine tabulose Branche lustig macht.

7,5 von 10 Punkte

P.S.: Irritiert hat mich ein Dialog Merciers mit seiner Chefin, in dem er ihr eine Terrorismus-Geschichte auftischt und sie daraufhin von einer „gerechten Sache“ spricht...?! Oder ist Verständnis für gewaltsame, radikale Umwälzungen typisch für Arbeitgeber im Land der französischen Revolution?
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Re: Ein Tolpatsch auf Abwegen - Georges Lautner (1976)

Beitrag von untot »

Für einen Pierre Richard Film eher schwach und stellenweise zu ernst, auch konnte sich der Film nicht entscheiden gehts nun in die ernste oder in die komische Richtung, hat mir nicht so gut getaugt da gibts besseres von ihm.

5/10
Zuletzt geändert von untot am Mo 29. Apr 2013, 23:20, insgesamt 1-mal geändert.
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buxtebrawler
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Re: Ein Tolpatsch auf Abwegen - Georges Lautner (1976)

Beitrag von buxtebrawler »

untot hat geschrieben:Für einen Pierre Richard Film eher schwach und stellenweise zu ernst, auch konnte sich der Film nicht entscheiden gehts nun in die ernste oder in die komische Richtung, hat mir nicht so gut getaugt da gibts besseres von ihm.

7/10
Hier gibste 7, im Zuletzt-gesehen-Thema gibste 5 - ja wie denn nun? ;)

Ich fand gerade die ernsten Szenen ungewöhnlich und interessant.
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Re: Ein Tolpatsch auf Abwegen - Georges Lautner (1976)

Beitrag von untot »

Huch vertran, habs verbessert! :oops:
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dr. freudstein
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Re: Ein Tolpatsch auf Abwegen - Georges Lautner (1976)

Beitrag von dr. freudstein »

buxtebrawler hat geschrieben:
Hier gibste 7, im Zuletzt-gesehen-Thema gibste 5 - ja wie denn nun? ;)
Stasi in da House :shock: Was du dir alles merkst oder per Suma recherchierst :angst:
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buxtebrawler
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Re: Ein Tolpatsch auf Abwegen - Georges Lautner (1976)

Beitrag von buxtebrawler »

Erscheint voraussichtlich am 14.07.2022 bei EuroVideo noch einmal innerhalb der "Pierre Richard Edition 1"-4-DVD-Box:

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Beinhaltet:
- Alfred, die Knallerbse
- Ein Tolpatsch auf Abwegen
- Der Sanfte mit den schnellen Beinen
- Der Regenschirmmörder

Quelle: https://www.ofdb.de/view.php?page=fassu ... vid=117796
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Re: Ein Tolpatsch auf Abwegen - Georges Lautner (1976)

Beitrag von CamperVan.Helsing »

buxtebrawler hat geschrieben: Sa 2. Mär 2013, 00:20 Offensichtlich wollte man Erotikfilme nicht per se verdammen,
Warum auch? Schließlich zeigt auch Morlock (eine Anspielung auf H. G. Wells?) seine menschliche Seite, wenn die Tochter der Ferronis am Set eintrifft, und er sie im Glauben lässt, tatsächlich in einer kurzen Szene eines Liebesfilms mitzuwirken. Und FFCM/AlphaFrance hat doch die französische Lebensart erst wirklich po-pulär gemacht. :wink:


Ansonsten zeigt der Film mal wieder kongenial auf, welche schwerwiegenden Folgen aus fehlender Kommunikation entstehen können. Dass es nun nicht der Weisheit bester Schluss ist, sich in die Hände eines Pornoproduzenten zu begeben, um als Filmregisseur groß rauszukommen, scheint auf der Hand zu liegen. Allerdings war diesbezüglich in Frankreich ja durchaus eine Durchlässigkeit zwischen Films X und dem klassischen Kino gegeben (Claude Bernard-Aubert, Jean-Claude Roy, Serge Korber, José Benazeraf). Dass Francois gleichwohl nicht der richtige Mann für diesen Job, auch wenn er es sich noch solange einredet, ist natürlich von Anfang an klar. Sein eifersüchtiges Verhalten auf die Provokationen seiner Freundin Christine sorgt aber für einige herrliche Szenen, während der Film die negativen Auswirkungen von Pornographie auf Beziehungen und Erwartungshaltungen nicht ausspart.

Lohnenswert!
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Dick Cockboner
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Re: Ein Tolpatsch auf Abwegen - Georges Lautner (1976)

Beitrag von Dick Cockboner »

Ich stimme Ugo vollumfänglich zu und stelle dabei fest, das ich Lust habe, mich endlich mal intensiver mit den Filmen mit Miou-Miou auseinanderzusetzen, denn die Madame gefällt mir sehr :knutsch:
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Arkadin
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Re: Ein Tolpatsch auf Abwegen - Georges Lautner (1976)

Beitrag von Arkadin »

Kurze Frage. Ich erinnere mich dunkel an einen Film, den ich mal vor Jahrzehnten im TV sah. Der spielte auch teilweise im Ferkelfilm-Millieu und könnte dieser hier gewesen sein, da ich meine, dass es dort auch zu Verwechselungen kam. Was mir im Kopf geblieben ist ist eine Szene, wo die Darsteller sich beim Dreh alle in Zahlen unterhielten, weil die Szene ja eh nachsynchronisert werde. Ist das der?
Früher war mehr Lametta
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