VIERZEHNTES OFFIZIELLES FORENTREFFEN: DELIRIA ÖVER LÜBECK

Die Info- und Diskussionsthemen zu allen vergangenen Forentreffen

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fritzcarraldo
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Re: VIERZEHNTES OFFIZIELLES FORENTREFFEN: DELIRIA ÖVER LÜBECK

Beitrag von fritzcarraldo »

Deliria öder Lübeck 2023 (II)

Kino
Tür zum Projektorraum
Tür zum Projektorraum
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Treppenlift in die Hölle
Treppenlift in die Hölle
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Nosferatu
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"Das Leben ist noch verrückter als Scheiße!" (Joe Minaldi -Burt Young- Es war einmal in Amerika)

"J&B straight and a Corona!"
(Patrick Bateman, American Psycho)

https://www.latenight-der-fussball-talk.de
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fritzcarraldo
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Re: VIERZEHNTES OFFIZIELLES FORENTREFFEN: DELIRIA ÖVER LÜBECK

Beitrag von fritzcarraldo »

Ah. Nosferatu war doppelt.
Wollen wir aber nicht abziehen. Bleibt so. :thup:
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Canisius
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Re: VIERZEHNTES OFFIZIELLES FORENTREFFEN: DELIRIA ÖVER LÜBECK

Beitrag von Canisius »

Es war scheen in Lübeck! Danke an OnkelJoe und Buxtebrawler für die Organisation und die Arbeit mit Herzblut, die Ihr da jedes Jahr reinsteckt! Danke auch an das KoKi vor Ort und alle, die da waren, Einleitungen vorbereitet haben, Stadtführungen gegeben haben, Kofferraumbier mitgebracht haben, Lobbywhisky, Lobbyrum, Lobbychipsmischungen offeriert haben, Marzipanbruch gekauft haben, beim Büffet Bananen und Rührei vermisst haben, mich im Doppelzimmer haben nächtigen lassen, mir Harzwanderungen angeboten haben, mich nach Hause gefahren haben, mir angeboten haben, Peter Pasetti Vinyl zu digitalisieren, mit mir über Rechtspopulismus, die Schwarzwaldklinik, Das Traumhotel, Diese Drombuschs diskutiert haben, uns am Donnerstag mit einem Kurzbesuch überrascht haben;

Sehr gerne wieder! :thup:

:prost:
„Ist es denn schade um diesen Strohhalm, Du Hampelmann?“
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Canisius
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Re: VIERZEHNTES OFFIZIELLES FORENTREFFEN: DELIRIA ÖVER LÜBECK

Beitrag von Canisius »

Nachtrag: Und ich habe es tatsächlich fertig gebracht, an Bekannte ein Foto der Salzspeicher mit dem Hinweis
Drehort von Fritz Langs "Nosferatu"
zu verschicken. :lol:
„Ist es denn schade um diesen Strohhalm, Du Hampelmann?“
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Re: VIERZEHNTES OFFIZIELLES FORENTREFFEN: DELIRIA ÖVER LÜBECK

Beitrag von buxtebrawler »

Canisius hat geschrieben: Mi 11. Okt 2023, 13:08 Nachtrag: Und ich habe es tatsächlich fertig gebracht, an Bekannte ein Foto der Salzspeicher mit dem Hinweis
Drehort von Fritz Langs "Nosferatu"
zu verschicken. :lol:
Das Forum mit dem Bildungsauftrag - und dann das! :shock: :palm: :D
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Re: VIERZEHNTES OFFIZIELLES FORENTREFFEN: DELIRIA ÖVER LÜBECK

Beitrag von buxtebrawler »

Lieber ugo, danke für deinen Beitrag, der mir zu verstehen hilft!
ugo-piazza hat geschrieben: Di 10. Okt 2023, 20:53 Du hattest lange Zeit in deiner Signatur stehen "Die Kunst im Leben ist, immer einmal mehr aufzustehen als man umgeworfen wird." Und damit hast du vollkommen recht.

Die Ereignisse des Jahres 2018 hätten mich seinerzeit fast das Leben gekostet. Und der Weg zurück ist dann nicht nur damit gekennzeichnet, dass Institutionen, die eigentlich helfen sollten, dir dann auch noch Knüppel zwischen die Beine werfen. Ich kam auch nicht umhin, mich mit ganz bitteren Erkenntnissen auseinanderzusetzen, die wohl jeden aus der Bahn geworfen hätten.

Und ob es mir nun gefällt oder nicht, es ging (bzw. geht z.T. immer noch) um wirklich existenzielle Fragen, und das hat Auswirkungen auch auf mich selbst. Es hat mich verändert, natürlich.
Ich erinnere mich natürlich und bin noch immer tief bewegt von deinen Schilderungen. Dass das auch noch mit Ärger mit Institutionen einhergeht, ist beschämend. Mir ist klar, dass "der Weg zurück", der nicht zuletzt auch psychische Heilungsprozess u.ä. seine Zeit brauchen. Nimm dir alle Zeit der Welt, so lange du sie brauchst. Du hast jedes Recht dazu und brauchst dich dafür vor niemandem zu rechtfertigen. Umso mehr habe ich mich gefreut, dass du tatsächlich in Lübeck aufgetaucht bist, wenn auch nur speziell für den einen Film :thup:
ugo-piazza hat geschrieben: Di 10. Okt 2023, 20:53Ich schau mittlerweile durchaus wieder gerne Filme, auch mit Unterstützung der heimischen Brauwirtschaft oder mit einem Glas Roten.

Aber ich habe eben auch so einiges aussortiert bzw. werde das auch im nächsten Jahr noch weiter voranbringen. Und gerade, was Italoploitation angeht, habe ich so manche heilige Kuh mittlerweile geschlachtet. Polizeifilm- :vhs: müssen freilich noch bis zum Frühling warten -> Veronika, der Lenzi ist da! :mrgreen:

Klar, für "Milano Kaliber 9" gilt natürlich weiterhin :knutsch: Und ich besorg mir auch durchaus auch wieder breitgefächert neuen Stoff, und habe auch wieder Interesse an älteren Sachen gefunden (ein gewisses Retrofilmmagazin aus dem Saarland ist daran vielleicht nicht ganz unschuldig).
Es stimmt mich sehr froh, zu lesen, dass du der Filmleidenschaft wieder bzw. weiterhin fröhnst - ob nun etwas anders ausgerichtet als früher ist dabei ganz egal. Und wie immer gilt: Nichts wegschmeißen, im Zweifelsfall nehme ich alles, was übrigbleibt, und bringe es irgendwie unters Volk :D
ugo-piazza hat geschrieben: Di 10. Okt 2023, 20:53Italien freilich wird eine weitaus geringere Rolle spielen als früher. Selbst Herbert und Marcia wurden bereits ausgewiesen. Für ein Forum namens Deliria italiano ist das ein klarer Fall von Häresie und somit nicht die beste Zukunftsbasis...
Was das betrifft, verweise ich gern auf meine Signatur, meine Giallo-Skepsis, meine differenzierte Betrachtung von Polizeifilmen etc. pp - und darauf, dass allein der Amerika-Bereich hier glaube ich mittlerweile umfangreicher ist als die gesamte Italo-Sparte. Will sagen: Kontroverse Meinungen sind hier ja nun nichts Seltenes und die gesamte Filmwelt (und einiges darüber hinaus) findet hier statt, vom deutschen Stummfilm bis zum aktuellen US-Kino-Blockbuster. Du bist hier weiterhin herzlich willkommen und ein mit Vergnügen gelesener Schreiber :knutsch:
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Paco
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Re: VIERZEHNTES OFFIZIELLES FORENTREFFEN: DELIRIA ÖVER LÜBECK

Beitrag von Paco »

Hallo ihr Lieben!

Eigentlich wurde seitens meiner Forenkollegen auf den letzten Seiten schon alles gesagt, deshalb will ich mich einfach nur all den positiven Kommentaren anschließen: Deliria över Lübeck war ein Knaller - und alles, was vielleicht nicht optimal war (in erster Linie das Wetter), konnten wir letztendlich zu unserem Vorteil nutzen. Die Foyer-Party war sicher eines der Highlights des diesjährigen Treffens (soweit ich mich erinnern kann). :prost:

Onkel Joe hat natürlich recht, wenn er betont, dass das Forentreffen ohne uns Fans nicht gelingen könnte - trotzdem kann ich seine und Gunnars Leistung gar nicht hoch genug aufhängen! Ihr habt das alles erst möglich gemacht! Vielen herzlichen Dank noch mal an dieser Stelle :thup:
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buxtebrawler
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Re: VIERZEHNTES OFFIZIELLES FORENTREFFEN: DELIRIA ÖVER LÜBECK

Beitrag von buxtebrawler »

DELIRIA ÖVER LÜBECK
– Banditi a Deliria-Italiano –


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Vorab: Ich habe mir ein paar Fotos gemopst, aber den Fotografen jeweils genannt. Ich hoffe, das ist ok. Wenn nicht, bitte einfach kurz Bescheid sagen. Wie zuletzt sind auch wieder Bilder von den Einführungen dabei. Wer sich hier lieber nicht sehen möchte, braucht mich nur kurz darauf hinzuweisen.

Da hatten wir also tatsächlich noch ein schönes Kino in einer Stadt gefunden, in der wir bisher noch nicht gewesen waren, und dessen Betreiber Feuer und Flamme für unser Forentreffen war. Die Anreise war für mich diesmal denkbar einfach, von Hamburg ist’s nur ein Katzenwurf, die Regionalbahn war pünktlich – und das Beste: Meine bessere Hälfte diesmal wieder dabei! Auf dem kurzen Weg zum Hotel trafen wir schon die Bremer Delegation und beim Check-in die Frankfurter. Mit den Bremern verabredeten wir uns anschließend zu einem ersten kleinen Stadtbummel, setzten uns bei herrlichem Sonnenschein in den Außenbereich eines Cafés direkt an der Trave und suchten schließlich ein griechisches Restaurant auf, um zu Abend essen. So gut wie alle, die bereits in Lübeck waren, trafen dort nacheinander ein, was nun nicht gerade Wenige waren. Der Gastwirt konnte uns aber einen eigenen Raum zur Verfügung stellen, an dem wir kurzerhand die Tische U-förmig zusammenstellten und somit alle Platz fanden. Ein großes Hallo und wunderbarer Moment, mit so vielen bekannten, aber meist länger nicht mehr gesehenen Gesichtern zusammenzusitzen. Die Stimmung war bestens und die Witze albern, wozu auch ich unfreiwillig beitrug, als ich durch einen Spiegel versuchte, in den Nachbarraum zu lugen. „Sieht nicht so gut aus“, ja ja… Das Service-Team bestand anscheinend nur aus zwei Leuten, aber diese waren sehr auf zack, sodass niemand dursten oder hungern musste. Gestärkt ging’s zum Kino, wobei Onkel Joe und ich vorgingen, um letzte Details mit Kinobetreiber und One-Man-Army Vitter zu klären. Das klappte alles hervorragend und so hatten wir dieses Jahr vor und zwischen den Filmen auch mal wieder Hintergrundgrafiken auf der Leinwand und einen schönen Soundtrack mit Italo-Klassikern in der P.A. Vitter montierte nicht nur das Filmmaterial und führte es auf, sondern kümmerte sich auch um den Karten- und Getränkeverkauf, die Ausgabe der Lose (einmal mehr liebevoll von jogiwan gestaltet) und was weiß ich nicht noch alles, machte also alles ganz allein – und hatte dabei auch noch Spaß, wie er uns mehrfach versicherte. Bombentyp!

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Pünktlich konnten wir eine beachtliche Anzahl Delirierender, Sympathisanten und auch den einen oder anderen Einheimischen begrüßen und mit dem offiziellen Teil des Programms starten. Die einstündige Trailershow, von der ich mich wieder überraschen ließ, sprich: ich hatte keine Ahnung, was Onkel Joe alles herausgesucht hatte, mischte Genre- und Exploitation-Film mit Mainstream-Klassikern und hatte einige echte Kracher zu bieten, die jedoch vom „Rocky IV“-Trailer in den Schatten gestellt wurden: Versehentlich war dieser falschherum aufgezogen worden und lief somit in Bild und Ton rückwärts! Das war Vitter etwas unangenehm, aber dafür ein großer Spaß für alle Anwesenden – und nicht nur ich war der Meinung, dass der Trailer dadurch aufgewertet wurde :lol:

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Foto: Philipp Muhs

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Fotos: Arkadin
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Foto: karlAbundzu

Nach einer kurzen Pause übergaben wir an Magdebürger Lars, der – wie nicht anders zu erwarten – eine Spitzeneinführung in „Die Banditen von Mailand“ hielt: Lizzani, Milian, Volonté, die damalige Situation in Italien und das Poliziesco-Genre – alles fand Berücksichtigung, informativ und knackig auf den Punkt. Klasse! Der Film, hierzulande ja eine Rarität, die ich noch gar nicht gesehen hatte, entpuppte sich dann als echtes Qualitätsprodukt und das Material war prima erhalten. Zum Film später im Filmthread mehr. Eine mehr als würdige Eröffnung!

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Foto: Onkel Joe

Obwohl’s eigentlich noch gar nicht unbedingt vorgesehen war, versammelte sich, zurück am Hotel, eine durstige Meute um den Kofferraum von Reinis Karosse, in dem Onkel Joe und er „Fucking Hell“ geschmuggelt hatten, das sich als bekömmliches, herberes, ins Pilsige tendierendes Helles herausstellte und sich entsprechender Beliebtheit erfreute. Danke euch beiden! Steinalt wurde an diesem Abend aber niemand mehr, zu noch halbwegs ziviler Zeit ging’s in die Koje (im für zwei Personen recht engen Zimmer ohne wirklichen Kleiderschrank und mit zu wenig Haken für alle Handtücher, dafür aber bequemen Doppelbett).

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Das Notruftelefon

Am nächsten Morgen vermisste ich, wie offenbar bei B&B üblich, das Rührei (und Canisius seine Bananen), freute mich ansonsten aber über ein reichhaltiges Frühstück und verabredete mich für einen Stadtbummel inklusive Nosferatu-Tour, durch die karlAbundzu mit Unterstützung Salvatore Baccaros führte. Bewaffnet mit einem Stadtplan und ein paar Notizen führte uns Karl zu diversen Drehorten (und einem Dann-doch-nicht-Drehort) sowie enge Gässchen und morbide Teile Lübecks mit so vertrauenserweckenden Straßennamen wie „Düstere Querstraße“ oder „Fegefeuer“. Wie geil wäre bitte eine solche Anschrift? Blap entdeckte einen nach ihm benannten Schnaps (wenn auch mit Schreibfehler) und die eine oder andere Kuriosität wurde gesichtet, bevor ich mich in einer Kleingruppe Richtung Plattenladen abseilte und anschließend noch den Spiele- und Comicladen aufsuchte. Meine Frage, ob ich ein neues Castle Grayskull benötige, verneinte meine Liebste; ob sie vielleicht eines benötige, leider auch… Übrigens: Keine Müller-Filiale in Lübeck! :-o :D ‘ne Weile sitzen konnten wir dann in der Dicken Berta, einem sehr empfehlenswerten kleinen Café mit angenehmem Nachhaltigkeitskonzept und Öko-Touch, wo es den weltbesten Möhrenkuchen und hausgemachte Bananenmilch gibt. Einer der unseren musste sich beim Zahlen rechtfertigen, weshalb er nicht aufgegessen hat – zurecht!

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Zurück im Hotel war noch ein kurzes Nickerchen drin, bevor wir in kleineren Gruppen essen gingen. Da wir Bock auf Pizza hatten, ging’s ins San Remo, wo es sicher nicht die billigste, aber dafür eine sehr gute Pizza gab. Heizstrahler ließen es sich draußen aushalten, auch wenn sich die Hansestadt Lübeck an diesem Tage leider nicht von seinem besten Wetter zeigte. Das gemütliche Kino machte das aber schnell vergessen! Der gute Reini war kurzfristig für den leider verhinderte Il Grande Racket eingesprungen und führte in Lenzis Zombie- Infiziertenheuler „Großangriff der Zombies“ ein, als mache er regelmäßig nichts anderes. Wir erfuhren Hintergrundinformationen zum Regisseur sowie zu den Darstellerinnen und Darstellern, abgeschmeckt mit etwas Humor, mussten aber leider auf einen Spitzenwitz verzichten, den er tags zuvor an einem dafür offenbar ungeeigneten Testpublikum ausprobiert hatte. Danke fürs Einspringen, Reini, und deine mehr als gelungene Einführung! :thup: Der Film hatte im ersten Akt mit einer Tonstörung zu kämpfen, die sich unter den normalen Ton gelegt hatte, war ansonsten aber recht gut erhalten. Und er machte natürlich Spaß! Sein trashiger Charme kam auch in Lübeck an und versüßte uns den Abend, wir wurden allesamt gestiglitzt. Für mich war’s bereits das zweite Mal, dass ich das Kinovergnügen hatte.

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Foto: Onkel Joe

Im Zuge der ersten Verlosung brachten Onkel Joe und ich so einige Filme und auch Filmbücher unters Volk und spannten die Geduld der Anwesenden auf die Folter steigerten die Vorfreude, weil ich Schussel schlicht alle Lose in den Topf geworfen hatte – und nicht nur die Anzahl der tatsächlich ausgegebenen…

An karlAbundzu und Arkadin war es anschließend, in unseren diesjährigen Sleaze-/Erotikstreifen „Annie Belle – Zur Liebe geboren“ einzuführen – und damit in einen Film, den sie ebenso wenig bisher gesehen hatten wie der Rest des Saals (mit Kampfgigant als wahrscheinlich einziger Ausnahme), inklusive Onkel Joe, Filmkäufer Reini und meiner Wenigkeit. Und das löste das beredte Bremer Duo grandios: Dank Karl weiß ich nun alles über Maria Rohm und wie Arkadin Annie Belles Vita in ein voller Inbrunst geschmettertes Liebesgedicht eingearbeitet hat, zählt zu meinen Höhepunkten des Forentreffens! Der Film präsentierte sich, was das Material (und Annies Erscheinungsbild) betrifft, in bester Qualität, sorgte aber inhaltlich – zurecht – für Diskussionsbedarf. Diese nicht unkontroverse Rarität auf großer Leinwand sehen und damit einen kleinen Tribut an eine etwas in Vergessenheit geratene Erotik-Aktrice der ‘70er zollen zu können, hat mich überaus gefreut – zumal wir ja bereits Fenech, Gemser, Guida, Romay, Neri, Carati und und und… im Programm hatten. Danke, werter Reini! Auch zu diesem Film später im Filmthread mehr.

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Das typisch norddeutsche Schietwetter erlaubte leider keine Kofferraumverköstigung. Zusammen mit den Hamburgern, die an diesem Abend dazugestoßen waren, und Graciella Granata kehrten wir in einen auf dem Weg gelegenen Irish Pub ein, wo es auch Livemusik gab. Nach zwei Bierlängen seilten Madame und ich uns ins Hotel ab, wo wir mitten in eine Lobbyparty mit hochgeistigen Getränken aus Peppa-Wutz- und Einhornbechern platzten und natürlich noch ein wenig verweilten. Vorbildlich: Am Ende wurde der Saal sauber und ordentlich hinterlassen und nicht eine einzige Schnapsleiche blieb unter den Frühstückstischen liegen :mrgreen: (Ok, ganz so wild ging’s dann doch nicht zu.)

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Foto: Onkel Joe

Da es am Samstag bereits nachmittags mit dem Kinoprogramm weiterging, blieb nach dem Frühstück gar nicht mehr so viel Zeit für anderweitige Aktivitäten, also noch mal ins Bettchen gekuschelt, ein wenig zur Lektüre gegriffen und vorgefreut. Auf unseren allerersten Peplum nämlich, in den dann auch noch Sandalenfilmexperte Salvatore Baccaro einführte. Und wie er das tat: Von der Genre-Historie, dessen Charakteristika (u.a. Homoerotik :kicher:) und Subtexte im Allgemeinen über diesen Film „Einer gegen Rom“ alias „Kampf der Gladiatoren“ im Speziellen bis hin zur (einst bereits im Forum zitierten) Psychologie des mystischen Films, deren Fazit er uns mit auf den Weg gab und damit nachdenklich stimmte. Bildungsauftrag einmal mehr übererfüllt! „Kampf der Gladiatoren“ funktionierte für mich dann überraschend gut, mehr dazu später an geeigneterer Stelle. Ja, auch so was kann man ruhig mal bringen, vielleicht irgendwann tatsächlich mal einen mit Phantastik-Elementen.

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Foto: Onkel Joe

Nachdem mit der nächsten Verlosung wieder ein ganzer Stapel Blu-rays, DVDs, Mediabooks und Filmbücher den Besitzer gewechselt hatte, kamen wir zum Abschlussfilm, den ich damit ebenfalls bereits zum zweiten Mal im Kino bewundern durfte: Sergio Martinos „Der Schwanz des Skorpions“, nach „Der Killer von Wien“ unser zweiter Martino auf großer Forentreffen-Leinwand. Eigens hierfür war Bretzelburger angereist, der in seiner Einführung speziell auf Martinos Œuvre sowie die Darsteller(innen)-Riege einging und den Bogen vom Mondo-Film zum Giallo spannte, stimmgewaltig und mit gewohntem Enthusiasmus. Der J&B-Werbefilm bot spannende Unterhaltung, denn seit meiner letzten Sichtung hatte ich die Identität des Täters längst wieder vergessen. Ein äußerst unterhaltsamer Ausklang des offiziellen Teils.

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Foto: Onkel Joe

Nächster Halt: Die Schiffergesellschaft, jenes etwas hochpreisige, aber auch etwas edlere Restaurant. Eigentlich hatten wir Dr. Monkulas Tipp befolgt und im Kartoffelkeller reserviert, doch wenige Tage vorm Forentreffen sagte uns dieser wegen Personalmangels wieder ab. Keines der weiteren Restaurants, die Onkel Joe antelefonierte, hatte genügend Platz zu bieten, sodass wir letztlich bei den Schiffern landeten, die dafür mit gutem Essen, gutem Service, hanseatischem Ambiente, Teppichboden, gepolsterten Sesseln und tatsächlich angenehm viel Beinfreiheit aufwarteten. 30,- EUR für ‘nen Fisch sind mir trotzdem zu viel, sodass ich mich mit der Gemüse-Paella begnügte (und damit meinen bescheidenen Beitrag gegen die Überfischung der Meere leistete…). Offenbar ist dieses Lokal aber tatsächlich die Adresse, wenn es darum, in größerer Runde in Lübeck essen zu gehen, und allem Anschein nach haben wir damit an einem urtümlichem Stück Lübeck partizipiert. Bisher habe ich jedenfalls ausschließlich positives Feedback gehört, und ehrlich gesagt fiel mir ein Stein vom Herzen, dass doch noch alles so relativ gut geklappt hatte – unser Samstagabendmahl in großer Runde ist schließlich Deliria-Tradition. Und am Salzspeicher ließ sich dann tatsächlich noch Graf Orlok blicken!

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Der – abseits der Filme im Kino – schönste Moment für mich war dann das Austrinken der Kofferräume in bester Gesellschaft bei zwar nicht gerade spätsommerlich warmem, dafür aber endlich trockenem Wetter – und in der Gewissheit, dass alles halbwegs elegant über die Bühne gebracht wurde. Organisatorisch war eigentlich alles glattgelaufen, mit Vitter hatten wir einen äußerst kompetenten Waffenbruder vor Ort, und ich glaube, pro Film waren‘s zwischen 25 und 40 Zuschauer (und vereinzelte Zuschauerinnen). Seltsamerweise war ich trotzdem etwas nervöser als sonst – weiß der Geier, weshalb. Beim Frühstück am Sonntagmorgen trafen wir noch eine ganze Menge Delirierender und ausgerechnet am Abreisetag vertrieb strahlender Sonnenschein auch die letzten Regenwölkchen.

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Herzlichen Dank an Vitter und das Koki, an „Magdebürger“ Lars Johansen, Reinifilm, karlAbundzu, Arkadin, Salvatore Baccaro und Bretzelburger Udo für die Einführungen, an Reinifilm zudem für Fahrdienste, die „Annie“-Kopie und Getränke, an McBrewer ebenfalls für Getränke sowie alle weiteren Lieben, die Speis & Trank mit der Gruppe teilten, an Dr. Christoph Seelinger, Cineploit Records & Discs, cmv-Laservision, Colosseo Film, Ostalgica und Kompakt Media fürs Stiften der Verlosungspreise, an jogiwan für die Lose, an Kampfgigant, Canisius, Familie McBrewschi und Dr. Monkula für die Mitbringsel, an fritzcarraldo fürs Zurverfügungstellen eines J&B-Aschenbechers sowie natürlich an alle, die sich aufgerafft haben, um in geselliger Runde Lübeck unsicher zu machen, Filme zu genießen und/oder zu diskutieren und mit uns zu feiern! Und nicht zuletzt danke meinem Kompagnon Onkel Joe, ohne den all das nur schwer möglich wäre. :prost:

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Ich hoffe, ich habe jetzt nicht vergessen…
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Re: VIERZEHNTES OFFIZIELLES FORENTREFFEN: DELIRIA ÖVER LÜBECK

Beitrag von Salvatore Baccaro »

Auch von meiner Seite den herzlichsten Dank an die beiden Organisatoren sowie sämtliche Beitragenden und Gäste für das zuckersüße Wochenende.

Zu meinen persönlichen Höhepunkten zählten, unter anderem: 1. Dass mir vier Personen weitgehend unabhängig voneinander bezüglich homoerotisch konnotierter Männerkörperinszenierungen im Genrefilm das Oeuvre des Shaw-Brothers-Regisseur Chang Cheh empfohlen haben, von dem ich, da das asiatische Kino größtenteils einen blinden Fleck innerhalb meiner cineastischen Expertise darstellt, tatsächlich noch nie zuvor ein Sterbenswörtchen gehört habe. 2. Dass ich im Niederegger Marzipanstore insgesamt drei Verkäuferinnen fragen musste, ob sie denn flambiertes Marzipan im Angebot hätten, bevor diese, da sie damit (offenbar nicht zuletzt wegen Sprachbarrieren) rein gar nichts anzufangen wussten, ihre Chefin herbeiriefen, die mir erklärte, dass es korrekterweise „geflämmtes Marzipan“ heißen würde, schlussendlich aber zu der Hiobsbotschaft ausholte, dass dieses derzeit nicht verfügbar sei, nämlich wegen Produktions- und Lieferschwierigkeiten gleichermaßen - und dass ich diese rare Ware ein paar Meter weiter völlig problemlos tütenweise in den Regalen der Konkurrenz fand. 3. Dass mir Reini beim Griechischen Abendbrot seinen berühmten Umberto-Witz auftischte und ich die Pointe erst verstand, nachdem man sie mir lang und breit erklärt hatte, was dann wohl auch der Grund war, dass er ihn bei seiner Zombie-Einführung nicht noch einmal anzubringen wagte. 4. Dass mich eines Morgens das Getöse eines Zugs durchs offene Fenster derart unsanft weckte, dass ich träumte, ein Flugzeug würde im Sturzflug auf mich herabsausen, und hochschreckte in dem Moment, als mich die Schnauze des Fliegers zu durchbohren drohte. 5. Dass mich ein externer Gast auf der Kinotoilette nach dem Screening von SOLO CONTRO ROMA ansprach, das Beste an dem Film sei noch mein „Intro“ gewesen, ansonsten habe er die Zeit für ein Nickerchen genutzt, denn, beileibe, ein solcher Streifen gehöre doch nun wirklich nicht auf ein „Exploitation-Festival“, besser einen Italowestern oder mehr Zombies und Kannibalen.

Zu den einzelnen Filmen:

BANDITI A MILANO beginnt wie eine Dokumentation über die Verbrechen, in denen die norditalienische Industriemetropole Tag für Tag versinkt: Als habe Lizzani einen subtil ironischen Kommentar dazu abgeben wollen, wie die (sensationslüsternen) Massenmedien Täter und Opfer vor ihren eigenen Karren spannen, begleiten wir Tomas Milian als Kommissar bei der Jagd auf subversive Elemente, wobei diese freilich für die Kamera nachgestellt werden – inklusive einer Szene, in der der Gesetzeshüter selbst zum Regisseur wird und in bester Reality-TV-Manier einem Statisten Anweisungen für die möglichst realistische Darstellung eines Raubüberfalls erteilt. Fließend sind die Übergänge, die diesen ersten semi-dokumentarischen Filmteil von seiner rein fiktionalen zweiten Hälfte trennen, denn unmerklich gleiten wir in eine Rückblende hinein, die uns vor Augen stellt, was zu dem Blutbad mit zahlreichen Kollateralschäden geführt hat, von dem wir zu Beginn schon ein paar beiläufige Impressionen zu Gesicht bekommen haben. Dabei bleibt BANDITI A MILANO ganz einem ostentativen Realismus verpflichtet, wenn er illustriert, wie Gian Maria Volonté und seine zwei Komplizen über Jahre hinweg erfolgreiche Banküberfälle organisieren, bis eines Tages doch eine Kleinigkeit schiefgeht, und das Ganze in einer außerordentlich brutalen Verfolgungsjagd kulminiert - ein Realismus, der deshalb auf wackligen Stelzen steht, weil wir ja, wie gesagt, zuvor ausführlich die (Re-)Inszenierungen der Medien miterlebt haben. Am Ende fließen Realität und Fiktion vollends ineinander, wenn Volontés dingfest gemachte Figur zum Medienstar avanciert. Ein vielschichtiges Werk, das das Kunststück vollbringt, zugleich anspruchsvoll wie unterhaltsam zu sein.

Rein technisch gesehen ist INCUBO SULLA CITTÀ CONTAMINATA, seinem deutschen Titel zum Trotz, kein klassischer Zombiefilm, haben wir es bei seinen Kontaminierten doch mit Opfern nuklearer Verseuchung zu tun, die Umberto Lenzi, wie er selbst einst in einem Interview erklärt hat, als Metapher für all die Verwerfung der modernen Gesellschaft verstanden wissen will à la leichtfertiger Umgang mit Atomenergie, zunehmende Schnelllebigkeit und zwischenmenschliche Isolation innerhalb der Großstädte, ein allumfassender Verlust jedweder transzendentaler moralisch-ethischer Koordinaten. Eine von Lenzis Heldinnen, die mit Hugo Stieglitz verehelichte Ärztin, spricht das im Laufe des Films offen aus, wenn sie die Hybris der modernen Wissenschaft beklagt, die sich an der Stelle Gottes wähnt, und dabei im Gegenzug dazu führt, dass Flora, Fauna und alles, was nicht mit positivistischem Instrumentarium erfasst werden kann, vor die Hunde geht. Tatsächlich bietet die Religion keine Zuflucht mehr, denn dort baumeln bereits die Zombies am Glockenseil, und Halbgötter in Weiß werden während Operationen, die Leben retten sollen, abgemurkst, und selbst dem Philosophen, der im Krankenbett die Absurdität der Welt beschreit, bleibt nichts übrig, als den Löffel abzugeben, wenn die Verseuchten anrücken, um mit allem, was sie in die Hände kriegen, ob nun Äxte, Messer oder Eisenknüppel, Tod und Chaos zu verbreiten. Dafür, dass andauernd etwas passiert, ist INCUBO doch eher besonnen, fast schon lethargisch inszeniert und zerfällt in zwar parallel erzählte, jedoch zueinander in eher loser Beziehung stehende Vignetten, die episodenhaft veranschaulichen, was einzelnen Personen während der Apokalypse an Widrigkeiten widerfährt: Eine Bildhauerin allein in ihrem Häuschen; die Tochter eines Generals und ihr Boyfriend, die kurzerhand raus aufs Land fliehen; natürlich Hugo Stieglitz als Fernsehmoderator, der mit ein und demselben Gesichtsausdruck von einem Alptraumszenario ins nächste stolpert. Das interpretationswürdige Finale ist Poe pur, nämlich „a dream within a dream“, Stelvio Ciprianis Synthie-Score dürfte jeden Weltuntergang akustisch versüßen, und viele der Massenszenen sind großartig choreographiert, wenn die Statisten, Kontaminierten, sogar Hündchen aus unterschiedlichen Richtungen in den Bildkader rennen, übereinander herfallen, sich unerwartet direkt dem Objektiv zuwenden - ein Ballett der Zerstörung, fürwahr!

Irgendwann findet wohl jeder einmal sein ureigenes Kryptonit – und meines durfte ich während der Sichtung von LA FINE DELL’INNOCENZA literweise aus dem sprichwörtlichen Schierlingsbecher saufen. Ich habe mich fast durch das gesamte Oeuvre Andreas Bethmanns gekämpft, ich bin mit etlichen Shockumentaries der menschenverachtendste Sorte à la TRACES OF DEATH auf Tuchfühlung gegangen, ich verbrachte über 13 Stunden in einem Kinosaal, unterbrochen nur von kurzen Toilettenpausen, um mir die Langfassung von Jacques Rivettes OUT 1 in einem Rutsch zu besehen – und dann kommt ein italienisches Erotikdrama mit einem vollkommen unschuldigen Titel daher, und scheucht mich vorzeitig aus dem Kommunalkino Lübeck. Tatsächlich riss mein Geduldsfaden relativ spät, etwa zehn Minuten vor Abspann: Die Sequenz, in der unsere Titelheldin von einer buddhistischen Nonne mit Glückskeks-Kalendersprüchen konfrontiert wird, bildete den letzten Tropfen, der noch fehlte, um mein inneres Fass zum Überlaufen zu bringen. Zuvor malträtierte mich LA FINE DELL’INNOCENZA mit einer absolut abscheulichen Vergewaltigungsszene, bei der das (weibliche) Opfer nur lange genug bearbeitet werden muss, um Lust zu empfinden; mit einer Holzhammermetaphorik, die Annie Belle zu Beginn, obwohl längst im fortgeschrittenen Teenager-Alter, ständig im Spiel mit irgendwelchen Püppchen zeigt, von denen sie dann, je weiter sie zur Frau heranreift, zunehmend die Finger lässt; mit einem dahingehauchten Titelsong aus der Feder, unter anderem, Fabio Frizzis, der derart permanent und penetrant in unterschiedlichen Versionen dudelt, dass meine Ohren Blut weinten; mit humorvoll gemeinten Entgleisungen wie einer sich in rassistischen Fernost-Klischees suhlenden Spielkasinosequenz, bei der – welch Spaß! – Annie Belle, nachdem sie beim Glücksspiel verloren hat, dem Croupier und seinem überdimensionalen Glied zur Verfügung stehen soll; mit einem Sugar Daddy, der sich im Laufe des Films zur einer Figur mausert, mit der ich offenbar Mitleid und Sympathie empfinden soll; mit einer derart uninspirierten Inszenierung, dass man kaum glauben mag, Massimo Dallamano, immerhin der Schöpfer einiger interessanter Gialli und Polizeithriller, soll auf dem Regiestuhl gesessen haben. Im Grunde vereint LA FINE DELL’INNOCENZA wie im Brennglas all die Dinge, die mich an einem Film vergraulen, und es fällt mir schwer, irgendein lobendes Wort über dieses Machwerk zu verlieren, dessen Postkartenästhetik mich genauso abtörnt wie seine gedankenlose Sexualisierung (zumindest intradiegetischer) Minderjähriger, sein neo-kolonialistischer Blick auf die asiatische Welt, seine ganze Attitüde, wir hätten es mit einem profunden Liebesdrama zu tun, wo größtenteils doch nur eklige Altmännerphantasien abgefackelt werden. Puh, selbst die Blödeleien von LA COMPAGNA DI BANCO beim Forentreffen 2021 in Freiburg erscheinen mir im Rückblick golden im direkten Vergleich. Zu diesem schrieb ich damals: „Mit diesem Streifen wurde ich während eines Deliria-Forentreffens zum ersten Mal in unmittelbare Nähe zu meiner eigenen Belastbarkeitsgrenze gebracht, und überhaupt ist mir kein Film bekannt, den ich in letzter Zeit gesichtet hatte, und der mir derart wie ein hartes Brot erschienen ist, dass mir sämtliche Zähne abzubrechen drohten.“ LA FINE DELL’INNOCENZA beließ es nunmehr nicht bei der Drohung, sondern hat mir die gesamte Kauleiste mit gezielten Tritten aus dem Mund befördert – und mich dazu gebracht, zahnlos vor Ende der Vorstellung durch das verregnete Lübeck ins Hotel zu eilen, um im süßen Schlaf Vergessen zu suchen.

SOLO CONTRO ROMA dürfte gewiss nicht zu den absoluten Sternstunden des Peplum-Genres gehören – der Olymp ist, zumindest, wenn man mich fragt, dann doch eher jenen Streifen vorbehalten, die ihre Bodybuilder in mythologisch-phantastische Settings versetzen, wo sie sich Gummihydren, Statisten in Affenkostümen oder nymphomanischer Sirenen erwehren müssen. Luciano Ricci wiederum schlägt in SOLO CONTRO ROMA geerdetere Töne an, wenn die Bevölkerung des besetzten Galliens im 1. Jahrhundert n. Chr. von Tribun Philippe Leroy geknechtet wird, und zwei wackere Recken, nämlich der Kanadier Lang Jeffries und der junge Gabriele Tinti, diesem Umstand Abhilfe zu schaffen versuchen, (wobei ersterer im Grunde 80 Prozent Laufzeit in Gefangenschaft oder als Gladiator wider Willen verbringt, und zweiterer letztendlich durch strategisches Geschick und diplomatisches Taktieren als heimlicher Held den Tag rettet). Unterm Strich erweist sich SOLO CONTRO ROMA als generische Melange der obligatorischen Ingredienzien eines handelsüblichen Sandalenabenteuers: Unser Held wird ans Mühlrad gekettet; minutenlang irrt man durch unterirdische Höhlengewölbe; Arenakämpfe dienen zur Belustigung dekadenter Römer; zwischendurch verbrät man noch zwei Wägen, die noch von den Dreharbeiten des Hollywoodepos BEN HUR in Cinecittà zurückgeblieben sind, ergeht sich in melodramatischen Herzschmerzexzessen und führt eine (reichlich überzeichnete) Apostelfigur ein, die das Ganze mit einem (narrativ einigermaßen unmotivierten) christlichen Subplot unterfüttern soll. Für jemanden wie mich, der sich in diesem Genre inzwischen wohlfühlt wie der Mops im Haferstroh, ist es natürlich trotz aller dramaturgischer Mängel ein wahres Fest, endlich einmal einen Peplum auf der großen Leinwand genießen zu dürfen – zumal die vom großen Riccardo Freda im Amphitheater von Pula im heutigen Kroatien inszenierten Arenaszenen tatsächlich derart feines Actionkino liefern, dass ich gerne ebenso über die schauspielerischen Unzulänglichkeiten von Lang Jeffries hinwegsehe wie darüber, dass keiner der Verantwortlichen es für eine gute Idee hielt, unsere Helden bei ihren Höhlenirrungen doch wenigstens einmal kurz auf einen Statisten im Affenkostüm stoßen zu lassen.

LA CODA DELLO SCORPIONE bedeutete bereits bei meiner Erstsichtung des Films zu Teenager-Zeiten und auch bei einem Jahre später erfolgten Wiedersehen für mich derjenige Giallo aus der Hochphase Sergio Martinos Anfang der 70er, der mich am wenigsten abholen konnte: Tatsächlich mag ich meine Italo-Thriller lieber, wenn sie mit Gothic Horror flirten, wenn sie in Primärfarben ertrinken, wenn sie freudianische Untiefen ausloten – und eher kalt lässt es mich, wenn sie ihre Plots in der mondänen Großstadtwelt entfalten, wo eher schöne und eher reiche Menschen sich zwischen den Morden zu Cocktails, Yachttouren und vor allem Sex verabreden. LA CODA DELLO SCORPIONE besticht auf dem Papier mit einem feinen Cast, der Score von Bruno Nicoali liefert genau das, was man sich von der Tonspur eines gelbstichigen Krimis erhofft, die Inszenierung wirkt größtenteils routiniert, zuweilen durchbrochen von wahrlich wilden Gewaltspitzen – (man denke nur an die Begegnung zwischen einem Stewardauge und einer Glasscherbe, die beinahe ja schon die Sehorgandestruktionen eines Lucio Fulci antizipiert) -, von eigenartiger Komik – (wenn George Hilton seinen Wagen quasi mitten auf der Straße abstellt, und sich dann wundert, dass ein besorgter Nachbar verlangt, das Gefährt doch bitte anders zu parken) -, von recht unvorhersehbaren Plot-Volten - (wenn die bisherige Hauptfigur Evelyn Stewart nach einem Filmdrittel unvermittelt à la PSYCHO abgemurkst wird, und ihre Rolle eine bislang überhaupt nicht in Erscheinung getretene Anita Strindberg übernimmt). Sicher, das Finale an der Ägäis ist Suspense pur; es gibt zudem nette Ansichten von Griechenlands Hauptstadt, eine im besten Sinne trashige (Modell-)Flugzeugexplosion, einen puzzelnden Luigi Pistilli als Kommissar, eine weitere Hitchcock-Hommage (diesmal VERTIGO), und den Versuch, in ein verschlossenes Zimmer einzudringen, der möglicherweise einer ganz ähnlichen Szene in Argentos SUSPIRIA inspiriert hat, - doch unterm Strich ist LA CODA DELLO SCORPIONE wohl derjenige Giallo Martinos, in dem für mich am meisten Leerlauf herrscht, dessen Logiklöcher mich am meisten stören, dessen sprunghafte Struktur sich für mich am wenigsten zu einem homogenen Ganzen zusammenfügt.

In Kürze folgen dann noch die Photos der Drehorte von NOSFERATU nebst einigen Eindrücken der kompetent von Karlabundzu geguideten Tour…
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Salvatore Baccaro
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Re: VIERZEHNTES OFFIZIELLES FORENTREFFEN: DELIRIA ÖVER LÜBECK

Beitrag von Salvatore Baccaro »

Ehrlich gesagt hatte ich mich auf die Nosferatour so gut wie gar nicht vorbereitet, ganz im Gegensatz zu Karlabundzu, der gar einen Lübecker Stadtplan mit den entscheidenden Stellen markierte, und uns kompetent, wie es auf der Tourismusseite metergenau veranschlagt wird, 2,94km durch die Altstadt geleitete.

Insgesamt vier Drehorten konnten wir dabei begegnen, von denen einer sofort ins Auge springt, wenn man den Film gesehen hat, und einer von meiner Seite aus etwas Anstrengung bedurfte, um betreten werden zu können.

Gleich neben dem Holstentor – eines von zwei noch erhaltenen Portalen der alten Stadtbefestigung – stehen die sogenannten Salzspeicher, ein Ensemble ehemaliger Lagerhäuser im Stil der Backsteinrenaissance an der Obertrave, das in Murnaus Film dem Grafen Orlok als Domizil dient, nachdem er es endlich mit seinen Sarg und seinen Pestratten von den Karpaten ins fiktive Wisborg geschafft hat. Eine Szene zeigt ihn, wie er ein Bootchen per mentaler Kräfte über den Travekanal steuert; später bereitet er Heldin Ellen schlaflose Nächte, da er jeden Abend am Fenster seiner neuen Behausung klebt, und sie lüstern angafft, die im Haus direkt gegenüber der Salzspeicher wohnt. Heute befinden sich in den insgesamt sechs Gebäuden Geschäftsräume und Büros – und nach Einbruch der Nacht kann man eine Projektion ihres berühmtesten Bewohners bestaunen, wie er aus jenem Fenster lugt, an dem er auch in Murnaus Film vorzugsweise seine Zeit verbringt.

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Den zweiten Drehort auf Anhieb zu erkennen und zuzuordnen stellt auch für Menschen wie mich, die NOSFERATU schon an die vierzigmal gesehen haben dürften, eine kleine Herausforderung dar, schaut doch die Straße mit Namen Depenau, die unweit der Salzspeicher mit leichter Steigung von der Obetrave in die Altstadt führt, heutzutage reichlich anders aus als vor hundert Jahren. Das ist vor allem einem alliierten Luftangriff geschuldet, der 1942 vor allem die historische Bausubstanz der Südseite in Schutt und Asche legte. In Murnaus Film gibt es mindestens zwei Szenen, die hier spielen: zum einen stiefelt der Trommler die Depenau herab, der die Bevölkerung von Wisborg darüber informiert, dass die Pest in ihrem beschaulichen Städtchen ausgebrochen sei; später, nachdem die Seuche erst recht zu wüten begonnen hat, werden mehrere Särge voller Opfer derselben die Gasse hinabgetragen.

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Wie Karlabundzu richtig referierte, ist die Lübecker Ägidienkirche im fertigen Film nicht zu sehen; zwar wollte Murnau hier drehen, jedoch schien dem örtlichen Pastor ein Vampirschocker doch zu suspekt, als dass er sein Gotteshaus dafür hergegeben hätte, weswegen das Filmteam letztlich nach Wismar auswich, um bei der dortigen Marienkirche zu drehen. Nichtsdestotrotz fand immerhin der Ägidienkirchhof in NOSFERATU Verwendung, nämlich als Wohnhaus von Hutter und Ellen, das sich ja innerhalb der Diegese direkt gegenüber der Salzspeicher befinden soll, in der außerfilmischen Wirklichkeit aber freilich einen Fußweg von etwa 800 Meter entfernt liegt. Im Film ist die Außenfassade der Ägidienkirchhofhäuser mehrmals zu sehen, zum Beispiel, als Hutter von seiner Rumänienreise heimkehrt und Ellen in die Arme fällt, und später, wenn Graf Orlok mit Sarg unterm Arm und schlimmen Plänen hinter der Stirn daran vorbeischleicht.

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Beim vierten Drehort stand unser kleines Nosferatour-Grüppchen zunächst vor verschlossenen Türen. Es handelt sich um den sogenannten Füchtingshof, eine frühbarocke Wohnanlage, die auf eine selbstständige Stiftung zurückgeht, und in der Murnau filmte, wie sich zu Beginn Hutter und Van-Helsing-Verschnitt Professor Bulwer auf angeblich offener Straße über den Weg laufen, (in Wirklichkeit befindet sich dort, von wo der Professor ins Bild tritt, eine Hausmauer, und auch Hutter kann eigentlich nur aus dem Innern eines weiteren Wohnhauses in den Hof gelangt sein). Obwohl Karlabundzu an den Pforten rüttelte, wollten diese sich uns nicht öffnen – ein Umstand, der mir mittags im Hotelzimmer keine Ruhe ließ, weshalb ich im strömenden Regen noch einmal loszog: Laut Stadtplan führten mehrere Gebäude in diesen Hof, und es sollte doch mit dem Leibhaftigen zugehen, wenn man nicht doch irgendwie dort hineinkommen könne. Letztlich ist es eine betagte Anwohnerin, die mir freundlicherweise durch ihre Privatstube Zugang gewährt: Nein, davon, dass hier ein Film gedreht worden sei, habe sie noch nie gehört; Wann? Vor hundert Jahren?!; erst wirkt sie misstrauisch, lässt sich überzeugen, als ich ihr einen zuvor angefertigten Screenshot zeige: Schauen Sie doch, das ist Ihr Innenhof! Ach ja, stimmt sie nachdenklich zu - und wer weiß, vielleicht wird daraus ja in Zukunft für die gute Dame ein profitabler Nebenerwerb, mit dem man weiteren Drehorttouristen den einen oder anderen Euro aus den Taschen zupfen kann.

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