DELIRIA ÖVER DÜSSELDÖRF
Pt. II: Sonne, Sand und schwarzes Leder
Vorab: Ich habe mir wieder ein paar Fotos gemopst, aber den Fotografen jeweils genannt. Ich hoffe, das ist ok. Wenn nicht, bitte einfach kurz Bescheid sagen. Wie zuletzt sind auch wieder Bilder von den Einführungen dabei. Wer sich hier lieber nicht sehen möchte, braucht mich nur kurz darauf hinzuweisen.
Nach neun Jahren fand unser Forentreffen zum zweiten Mal im schönen Düsseldorf statt, erneut in Kooperation mit dem eingespielten Mondo-Bizarr-Team. Das bedeutete völlig reibungslose Koordination und Vorbereitung für uns – einer der großen Vorteile, wenn man dorthin zurückkehrt, wo man schon mal war. Zudem ist das Mondo-Bizarr-Team mit seinen regelmäßigen Veranstaltungen eines der erfahrensten seiner Art der Republik.
Foto: fritzcarraldo
Foto: Arkadin
Ein Teil war bereits am Donnerstag angereist, so auch ich – dank Schlandticket ohne Mehrkosten, aber auch mit gut einstündiger Verspätung. Nach dem Check-in in meine bezahlbare AirBNB-Unterkunft inmitten der Altstadt-Partyzone ging’s zu „Toys & Helden“, einem der überwältigendsten Läden, in denen ich jemals war. Einfach nur wow. Dort traf ich mich mit den anderen und mit ein paar Mad-, Kaputt- und Don-Martin-Heften, die mir noch fehlten, sowie zwei Actionfiguren, mit denen ich schon lange geliebäugelt hatte, ging’s wieder raus. Onkel Joes daraufhin häufig kolportierten Spruch, ich gäbe
„viel Geld für kleine Püppchen aus“, bitte ich nicht misszuverstehen.
Mangiare inklusive Gesprächen über drakonische, aber gerechte Strafen bei unangemessener Kritik an Gloria Guida gab’s im Japan-Viertel; und einen Einkauf in einem heillos überfüllten Rewe später gesellte ich mich wieder zu den Frühankömmlingen in einen Altbierausschank, wo ich einen Liter des Gesöffs in mich hineinkippte, während über Filme und Musik gefachsimpelt wurde. Anschließend ging’s in die Koje meines Zimmers, das glücklicherweise zum Hof hin lag, sodass ich vom Straßenlärm nicht viel mitbekam.
Freitag war Feiertag, „Shopping“ somit schwierig. Gut so. Zeit für Kultur. Ich unternahm einen Herbstspaziergag und versuchte unterbewusst offenbar, mich hinter einem Baum zu verstecken, doch keine Chance: Arkadin und Blap fanden mich trotzdem. Die Ausstellungen im Kunstpalast lasen sich zumindest für mich wenig aufregend, der für eine städtische Institution happige Eintrittspreis verschreckte uns zudem und trieb uns in NRW-Forum schräg gegenüber in die Ausstellung „Sex Now“. Wir hatten keine allzu hohe Erwartungshaltung, so wurde ich auch nicht enttäuscht. Anders als es der reißerische Titel suggeriert, ging es eben nicht um Vögeln heute, sondern historisch um weibliche Emanzipation, Liberalisierungen etc. in Politik, Gesellschaft und Kultur, garniert mit kuriosen Randerscheinungen, hier und das etwas Offenherzigerem, ein wenig Arty-farty-Gedöns, mehr oder weniger moderner Technik (völlig abtörnender Metaverse-VR-Quatsch) und Enttabuisierungen bis hin zu den von mir prophezeiten Dildos in Vitrinen. Vom sattsam bekannten, dennoch nicht uninteressanten chronologischen Beginn aus faserte das alles doch ziemlich aus und wirkte irgendwann wie ein etwas planloses Sammelsurium. Kann man mal machen, muss man aber nicht. Einigkeit herrschte anschließend bei unserer Bewertung: 6 von 10 Dickpics.
Fotos: Arkadin
Eine weitere Station war ein Café, das mit alten Filmplakaten – viele forenrelevante darunter – tapeziert war. Der anschließende Stadtbummel mit unserer immer größer werdenden Gruppe durch Scharen von das Altstadtbild bestimmenden Fortuna-Anhängerinnen und -Anhängern (Düsseldorf kickte zu Hause gegen Nürnberg) endete bei Space Burger, einem nicht unbedingt günstigen, ansonsten aber großartigen Burger-Restaurant. Hier stießen weitere Delirierende – u.a. Forenmitbegründer Santini – hinzu, es wurde gemampft, getrunken und gelacht. Und unserem eigentlichen Auftrag kamen wir immer näher: dem Kino. Wir glaubten, dort eigentlich viel zu früh einzutreffen, doch Pustekuchen: Irgendjemand ohne Ahnung, davon aber viel, hatte ein neues Kassensystem eingeführt, das alles unnötig verkomplizierte, und eine Dame an die Kasse gesetzt, die ihren ersten Tag in der Black Box hatte, sich mit dem System erst vertraut machen musste, aber auch mehrfache Bestätigung brauchte, dass jemandem für einen der Filme ein Freiticket zusteht, weil er eine Einführung hält. Kombinationen wie
zweimal je eine Karte fürs Double Feature und die beiden Deliria-Filme am nächsten Tag, davon je einmal ermäßigt und auf verschiedenen Plätzen brachten das System an den Rande des Tilts. Unruhe und Ungeduld breiteten sich aus, der Ton wurde rauer, die Kassendame erhielt Hilfe von einem Kollegen – für den das ebenfalls komplett neu war. Aber statt trotzig die Brocken hinzuwerfen oder einen Nervenzusammenbruch zu erleiden, wahrte sie die Contenance, bis jeder seine Karte hatte und das Programm mit leider Verzögerung losgehen konnte. Chapeau!
Das Café (Fotos: Arkadin)
Auf unserer auf die Leinwand projizierten, eigentlich statischen Grafik hat Deewani vom Mondo-Bizarr-Team deren Logo leicht animiert; ein tolles Detail, das klasse aussah. Mondo-Bizarr-Mark stellte uns kurz vor, woraufhin Onkel Joe und ich alle Gäste begrüßten. Paco hielt seine (leicht gekürzte) Einführung in unseren ersten Film, das Sleaze’n’J&B-Drama „Sonne, Sand und heiße Schenkel“, die insbesondere zum Regisseur Silvio Amadio viele Informationen bereithielt und perfekt auf den Film einstimmte (nachzulesen
hier. Drei von Mondo Bizarr vorgeschaltete Trailer steigerten die Vorfreude zusätzlich, bis der Film dann in prächtiger Qualität gezeigt und neben reichlich heißen Schenkeln J&B noch und nöcher ins Bild gerückt wurde.
Foto: Arkadin
Vorm zweiten Film stand eine Verlosung an. Da niemand Einlass machte, übernahm – wie so oft in der Vergangenheit – Frauke McBrewer die Rolle der Losfee und drückte jedem eines in die Hand. Wir hatten 80 Lose, am Ende waren 79 weg. Das war knapp! Da Onkel Joe und ich nicht an der Verlosung teilnahmen, waren wir also 81 Zuschauerinnen und Zuschauer – holla! Deewani verteilte Repliken des „Das Syndikat des Grauens“-Filmprogramms und der gute Reinifilm hielt im Anschluss eine launige, ebenso informative wie kurzweilige Einführung, in deren Rahmen er auch auf Fulcis einzigen Regiefehler verwies, als dieser Frankfurter mit Offenbachern verwechselte, und bereite das Publikum angemessen auf die Anti-Drogen-Gewaltorgie vor, die anschließend von einer ebenfalls gut erhaltenen Kopie auf uns herniederbrach. Welch eine Drastik – welch ein Film!
Sorry, Reini – mir ist kein besseres Foto gelungen
Foto: Onkel Joe
Spät war’s geworden, erst gegen 00:50 Uhr verließen wir das Kino – und beschlossen kurzerhand, ob der vorgerückten Stunde und des verregneten Schmuddelwetters aufs Kofferraumbier zu verzichten.
Was man in Düsseldorf so trinkt...
Samstag kam ich erst relativ spät in die Gänge und gönnte mir nach dem Frühstück einen Besuch des Hitsville-Plattenladens, wo ich zu fairen Preisen fündig wurde und zwei Titel von meiner Wunschliste streichen konnte. Irgendwann traf ich mich mit Arkadin, mit dem ich einigen anderen über den Weg lief, schob mir noch rasch ein Brötchen zwischen die Kiemen und eilte zum zweiten Teil unseres Auftrags. An der Kinokasse wiederum zwei neue Mitarbeiter, glücklicherweise hatten viele ihre Karten schon. Nach einer raschen Begrüßung übernahm Fritzcarraldo, der Informationen zu den berüchtigten „Asphalt-Kannibalen“ in ein Quiz verpackte, aufs Publikum schoss, zahlreiche Preise verteilte und ungeahnte Entertainer-Qualitäten bewies. Großartig – beim nächsten Mal bauen wir ihm eine Showtreppe! Und das Beste: Onkel Joe und mir überreichte er am Schluss zwei Originale aus der fulminanten J&B-Ausstellung des Bremer-SV-Fanprojekts, an der er federführend beteiligt gewesen war! Vielen lieben Dank!
Foto: Santini
Fotos von fritzcarraldo gemopst, Fotograf unbekannt
Der nach ein paar abermals äußerst sehenswerten Trailern gezeigte Film rockte erwartungsgemäß die Hütte und präsentiere sich in kräftigen, gut erhaltenen Farben. Kurze Pause, die nächste Verlosung (Tausend Dank, Frauke! Erneut knapp 80 Zuschauerinnen und Zuschauer waren’s.), Danksagungen und Verabschiedungen – nur um übergehen zu einem weiteren Höhepunkt des Wochenendes: Dallamanos „Der Tod trägt schwarzes Leder“, in den Magdebürger Lars gewohnt klug und souverän, wenn auch nicht ganz spoilerfrei, einführte und einen Assoziationsraum öffnete, der mich den Film bei meiner dritten Sichtung (alle drei im Kino) wiederum etwas anders auffassen und vielleicht erstmals richtig verstehen ließ. So gut wie an diesem Samstag hatte er mir jedenfalls bisher nie gefallen. Die Kopie war toll erhalten, eine kleine Panne (Riss?) wurde schnellstens ausgemerzt. Im Vorprogramm war jedoch der ausländische „Der Killer von Wien“-Trailer abgeraucht.
Foto: Onkel Joe
Apropos Vorprogramm: Als Verbesserungsmöglichkeit nehme ich mit, klarer zu kommunizieren, dass zu den Uhrzeiten auf den Flyern etc. nicht etwa der jeweilige Film beginnt, sondern eben das Vorprogramm, von dem wir nie genau wissen, wie lange es dauern wird. Wer unsere Forentreffen nicht kennt, wird sich über eine solche Info vielleicht freuen und seinen Besuch anders timen als diejenigen, die leider deutlich vor Filmende bereits gehen mussten (nein, Fritzo – hatte mit dir wirklich nichts zu tun

(kleiner Insider)).
Der Rudelmampf beim Kubaner, wo Onkel Joe nach persönlichem Erscheinen dann doch noch hatte reservieren können, entpuppte sich als Besuch in der Erlebnisgastronomie, wo zwischen den Tischen plötzlich Samba-Tänzerinnen mit den Hüften wackeln, wo ein Musikduo Latino-Evergreens ins Mikro haucht und die Damen so wuschig macht, dass sie sich heißblütige Eifersuchtsszenen liefern, und wo großzügig nicht bestellte Vorspeisen serviert werden, die dann später mit 250,- EUR zu Buche schlagen, was den Aufenthalt wesentlich teurer als geplant machte. Das Personal allerdings war sehr auf zack, Essen und Getränke schmackhaft.
Der unermüdliche und harte Kern versammelte sich zum Abschluss zur liebgewonnenen Kofferraumbier-Tradition, wo Reini, Onkel Joe, McBrewer und weitere sehr nette Menschen hochgeistige Getränke und Snacks anboten und das heurige Forentreffen seinen Ausklang fand.
Es war mir wie immer ein außerordentliches Vergnügen, zumal mir das Forentreffen aus privaten Gründen ersehnte Ablenkung und Zerstreuung bot. Vielen Dank allen, die dazu beigetragen haben, von der Black Box im Filmmuseum und dem Mondo-Bizarr-Team über meinen Kompagnon Onkel Joe, allen, die eine Einführung übernommen haben, abermals Losfee Frauke, Reini, McBrewer und dem ganzen Kofferraumgenussteam, allen, die sich irgendwie konstruktiv eingebracht haben, unseren Verlosungssponsoren cmv Laservision, Ostalgica und Film Art, Jogiwan für die Lose bis hin zu selbstverständlich allen, deren Interesse wir geweckt und die den Weg ins Kino gefunden haben! Ich hoffe, wir sehen den Großteil nächstes Jahr wieder und vielleicht auch jemanden derer, die es dieses Jahr aus unterschiedlichsten Gründen nicht geschafft haben.